Im Fall ging es um eine Zahnärztin.
>>Der Auskunftspflichtige hat Auskunft über die Einkünfte zu erteilen, soweit sie für die Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich sind.
Keinesfalls erstreckt sich die Auskunftsverpflichtung eines Selbstständigen auf sämtliche Betriebseinnahmen und Aufwendungen (Betriebsausgaben), die erzielt wurden bzw. angefallen sind. Auskunft zu erteilen ist über den im Auskunftszeitraum erzielten Gewinn – nicht aber über die diesem Gewinn zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle.
Ein Anspruch über im Auskunftszeitraum erzielte Steuererstattungen besteht nur, soweit diese dem Auskunftsberechtigten nicht bekannt sind. Bei gemeinsamer Veranlagung ist aber eine erfolgte Einkommensteuererstattung bekannt. Umsatzsteuererstattungen sind bereits im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen.
Schließlich besteht auch keine Rechtsgrundlage, dass sie verpflichtet wird, Auskunft über Alters- und Vorsorgeaufwendungen sowie Kinderbetreuungskosten zu geben.<<
OLG München, Beschl. v. 03.08.2018 – 16 UF 645/18
Der BGH-Beschluss vom 15. November 2017 änderte die Auskunftspflicht und Darlegungslast für Fälle der sog. "relativen Sättigungsgrenze", wenn also mehr als 11.000 € netto Einkommen monatlich vorhanden sind.
Zuvor genügte es, wenn ein gut verdienender Unterhaltspflichtiger sich für unbegrenzt leistungsfähig erklärt - der Unterhaltsberechtigte bezifferte dann seinen Bedarf, ohne je zu erfahren, wie viel genau der andere verdient.
Neu ist:
Durch die Erklärung, man sei "unbegrenzt leistungsfähig", entfällt der Auskunftsanspruch nicht mehr.
Denn der Auskunftsanspruch dient auch dazu, den Unterhaltsberechtigten in die Lage zu versetzen, sich ein Bild von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu machen und das Prozess- bzw. Verfahrensrisiko verlässlich einschätzen zu können.
(...) Gleichwohl bleibt das Einkommen auch dann ein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Darlegung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Denn auch in diesen Fällen kann der Unterhaltsberechtigte seinen Bedarf im Wege der Quotenmethode ermitteln. Allerdings muss er dann mangels tatsächlicher Vermutung für den vollständigen Verbrauch der Einkünfte zu Konsumzwecken zusätzlich vortragen, dass und in welchem Umfang die hohen Einkünfte zur Deckung der ehelichen Lebensverhältnisse verwendet worden sind. Wenn der Unterhaltsschuldner dem substantiiert widerspricht, bleibt es bei der Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsberechtigten auch für den vollständigen Verbrauch dieser Einkünfte zu Konsumzwecken.
Soweit der Senat in diesen Fällen stets eine konkrete Darlegung des Unterhaltsbedarfs für notwendig erachtet hat, hält er daran nicht fest.
BGH-Beschluss 15.11.2017 - XII ZB 503/16
Die 20jährige Studentin bekam aufgrund eines Unterhaltstitels mtl. 625 € Unterhalt von ihrem Vater. Sie brach das Studium ab, begann eine Ausbildung mit Vergütung, sagte dem Vater nicht Bescheid und nahm den Unterhalt weiter an. Der Vater verlangte nun Rückzahlung (Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB).
Ein solcher Anspruch kann im Unterhaltsrecht bestehen, wenn ein unrichtig gewordener Unterhaltstitel in vorsätzlicher und sittenwidriger Weise weiterhin durch den Berechtigten ausgenutzt wird.
Den Fall sah das OLG Brandenburg aber nicht als gegeben an. Es bestehe weder ein deliktischer Schadensersatzanspruch, noch lasse sich ein Anspruch über bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlagen nach §§ 812 ff. BGB begründen. Die Tochter habe jedenfalls den Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB erhoben, Umstände für eine verschärfte Haftung seien nicht dargelegt worden.
Zur „vorsätzlichen und sittenwidrigen Ausnutzung“ gehöre, dass dem Berechtigten die Unrichtigkeit bewusst sein müsse. Das habe der Vater nicht ausreichend dargelegt. Ein evident unredliches Verhalten lasse sich nicht aus dem Wechsel der Ausbildungsstelle herleiten. Für den Anspruch auf Ausbildungsunterhalt komme es maßgeblich darauf an, ob das Studium zügig und konzentriert absolviert werde. Zu Beginn des Studiums werde dem Unterhaltsberechtigten eine Orientierungsphase zugebilligt. Ein Ausbildungswechsel könne dabei – wie im vorliegenden Fall – dann gerechtfertigt sein, wenn zwischen beiden Ausbildungen ein sachlicher Zusammenhang besteht. Durch einen solchen Ausbildungswechsel gehe der Unterhaltsanspruch nicht verloren, gleichfalls müsse der gewährte Unterhalt für die erste Ausbildung nicht zurückgezahlt werden.
Nach Auffassung des OLG Brandenburg besteht keine allgemeine Verpflichtung des Unterhaltsberechtigten zur ungefragten Information: der Vater habe ja fragen können.
Eine solche Pflicht zur Offenbarung veränderter Verhältnisse kann sich aber ergeben, wenn der Unterhalt durch eine Vereinbarung (Vertrag / Vergleich) geregelt wurde, denn dann entsteht eine vertragliche Treuepflicht, die die Offenlegung unterhaltsrelevanter Veränderungen begründet.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.3.2020 – 15 UF 164/18
Zwei Kinder lebten nach der Trennung beim Vater, die Mutter zahlte ihm keinen Kindesunterhalt. Das Jugendamt – Unterhaltsvorschusskasse – sprang daher vorläufig ein und wollte prüfen, was die Mutter zu erstatten hatte. Im Mai 2019 bekam sie dazu erstmals Post, dann im November 2020 wieder. Bis Februar 2021 meldete die Mutter sich nur zwecks Fristverlängerung beim Amt und reichte keine Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse ein.
Im März 2021 beantragte das Jugendamt beim Familiengericht, die Mutter zum Mindestunterhalt zu verurteilen. In diesem Verfahren legte die Mutter nun erstmals Unterlagen vor. Daraus ging hervor, dass sie krankheitsbedingt kein Einkommen erzielen konnte. Das Jugendamt verfolgte daher den Antrag auf Unterhaltszahlungen nicht mehr, aber es ging noch um die Verfahrenskosten, und das ging bis zum OLG. Die Mutter berief sich auch darauf, das Jugendamt hätte ja auch nur erst die Auskunft einklagen können und nicht direkt einen – teureren – Zahlungsantrag stellen dürfen.
Das OLG bestätigte das AG darin, dass die Mutter die Verfahrenskosten tragen musste.
Das Jugendamt habe direkt den Mindestunterhalt einklagen dürfen, denn der Unterhaltspflichtige trägt die Darlegungs- und Beweislast für eine mangelnde oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit, einschließlich des Fehlens einer realen Beschäftigungschance. Wenn ein Unterhaltspflichtiger dazu also nichts vorträgt, muss er automatisch – mindestens – den Mindestunterhalt zahlen.
Wie das Verfahren letztendlich ausgeht, dass nämlich kein Unterhalt geschuldet war, spielte für die Kostenentscheidung keine Rolle. Die Verpflichtung, die Kosten zu tragen, besteht nämlich auch dann, wenn die im Verfahren erteilte Auskunft dazu führt, dass der Antrag auf Zahlung von Unterhalt zurückgenommen werden muss.
Hinweis:
Die Mutter konnte wegen Mangels an Erfolgsaussicht auch keine Verfahrenskostenhilfe bekommen und hätte das ganze kostenfrei erledigen können, wenn sie die außergerichtlichen Briefe des Jugendamtes ordentlich beantwortet hätte.
OLG Hamm - Beschluss vom 19.10.2021 (13 WF 148/21)