Unterhalt ohne Ehe

Schwangerschaft - Ausstattung - Kinderbetreuung - Verdienstausfall

Wenn Unverheiratete sich trennen, gibt es augenblicklich keine wirtschaftliche Verantwortung mehr füreinander. Auch dann nicht, wenn ein Partner seine finanzielle Existenz vom anderen abhängig gemacht hat.

Ausnahme: Es gibt gemeinsame Kinder. Nicht nur die haben Anspruch auf Unterhalt, sondern auch der Elternteil, der sie betreut.

Der Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB gilt für Mütter und Väter gleichberechtigt - nur abgesehen von der Schwangerschaft

Video zum Unterhalt wegen Schwangerschaft und Kinderbetreuung

  • Wie lange besteht der Unterhalts-Anspruch?

    Sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt hat die unverheiratete, ledige, nichteheliche Mutter gegen den Kindsvater einen Unterhaltsanspruch (Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit vorausgesetzt). Außerdem besteht ein Anspruch auf Ersatz der Kosten von Schwangerschaft und Entbindung.


    Kann die Mutter - oder der betreuende Vater - danach (auch) wegen dieses Kindes nicht durch Erwerbstätigkeit für ihren Unterhalt sorgen, ist der andere Elternteil zunächst jedenfalls drei Jahre lang zu Unterhalt verpflichtet.


    In den ersten drei Jahren nach der Geburt des Kindes kann der betreuende Elternteil sich vollständig der Betreuung des Kindes widmen, in diesem Zeitraum besteht keine Erwerbsobliegenheit. 

    Auch nach dem 3. Geburtstag ist eine Verlängerung denkbar, soweit die Kinderbetreuung an Berufstätigkeit hindert. Je mehr das unverheiratete Paar wie Eheleute Verantwortung füreinander übernommen hatte, desto ähnlicher wird der Anspruch dem aus der Ehe.


  • Studium wegen Kind unterbrochen

    Mit dem dritten Lebensjahr eines Kindes endet der Unterhaltsanspruch der unverheirateten Mutter in der Regel. Jede Regel kennt aber Ausnahmen, so z.B. die der Mutter, die für die Geburt des Kindes ihr Studium unterbrochen hatte. Als das Kind knapp fünf Jahre alt war, studierte sie wieder, das Kind wird von Montag bis Freitag von 08.30 Uhr bis 16.00 Uhr in einer Kindertagesstätte versorgt. Am Wochenende ging sie zusätzlich jobben. Das OLG Nürnberg sprach ihr am 13.08.09 (10 UF 360/09) weiter Unterhalt nach § 1615 l BGB zu.


    Zur Begründung der Verlängerung der 3-Jahresfrist des § 1615 II 3 BGB führt das OLG aus:


    Die Klägerin ist bereits durch ihr Studium weitgehend ausgelastet. Die Betreuung des jetzt 4 Jahre und 8 Monate alten Sohnes nimmt sie darüber hinaus, trotz ganztägiger Fremdbetreuung des Kindes in einer Kindertagesstätte, im beachtlichen Maße in Anspruch. Die Betreuung erschöpft sich bei Weitem nicht darin, das Kind zur Kindertagesstätte zu bringen und von dort wieder abzuholen. Vielmehr hat die Klägerin in Anbetracht des Alters des Kindes zu Hause für eine engmaschige Beaufsichtigung zu sorgen und ist allein dadurch zeitlich bis zum Schlafengehen des Kindes um 20.00 Uhr gebunden.


    Dem Einwand des Beklagten, er werde dadurch an Stelle der Eltern der Klägerin zu "Ausbildungsunterhalt" herangezogen, begegnet das OLG mit dem Hinweis auf den Vorrang in § 1615 I Abs. 3 S. 2 BGB sowie die Ausgestaltung des § 1615 I Abs. 2 S. 2 BGB und die daraus herzuleitende Einschränkung des Kausalitätserfordernisses.


    Bei der Unterhaltshöhe setzte das OLG nicht den „Studentenbedarf“ von damals 640 € an, sondern mit 770 € den Mindestbedarf einer unverheirateten Mutter, im Hinblick darauf, dass der Bedarf einer Studentin mit Kleinkind den kinderloser Kommilitonen übersteige.


  • 5jährige Zwillinge

    In einer Entscheidung des OLG Köln vom 22.3.2018 waren die Zwillinge bereits 4 1/2 Jahre alt, als die unverheirateten Eltern sich trennten. Obgleich die Kinder einen Ganztagskindergarten besuchten und zusätzlich eine Kinderfrau engagiert war (mehr als 60 Stunden mögliche Fremdbetreuung), sprach das OLG der alleinerziehenden selbstständigen Mutter noch Unterhalt als Verdienstausfall zu. Der Vater durfte sich an der Betreuung nicht beteiligen, da gegen ihn wegen Kindesmißbrauches ermittelt wurde.


    Bis zu welchem Alter der Kinder das OLG dies so gesehen hätte, blieb leider offen, da die Kinder im Alter von 5 1/2 zum Vater umzogen, nachdem sich der Mißbrauchsvorwurf widerlegen ließ. Der Vater hingegen konnte nun seinerseits keinen 1615l-Unterhalt geltend machen konnte, da er neben der Betreuung der Zwillinge weiter Vollzeit angestellt arbeitete.


    OLG Köln, Beschluss vom 22.03.2018 - 10 UF 21/17


  • Verdienstausfall bei Selbständigen

    Eine Mutter, die vor der Geburt vollschichtig tätig war, und später - betreuungsbedingt - nur noch teilschichtig, deren Verdienstausfall lässt sich leicht berechnen. Schwieriger ist es bei Selbstständigen, die ohne Kinder mehr als 40 Wochenstunden tätig waren, deren Gewinn ohnehin schwankt, bei denen die persönliche Anwesenheit im Betrieb sich nicht 1:1 auf den Gewinn auswirkt, und bei denen auch branchenspezifische Einkommensrückgänge in demselben Zeitraum Auswirkungen haben können.


    Das OLG Köln hat in seinem Beschluss vom 22.3.2018 - II-10 UF 21/17 - sehr detailliert argumentiert. 2010 wurden Zwillinge geboren, 2015 trennten sich die Eltern.


    Aus den Gründen:


    Die Antragstellerin hat schlüssig vorgetragen, dass sie wegen der Betreuung und Versorgung der Zwillinge nicht mehr in dem Umfang ihrer selbständigen Tätigkeit als Sprachtherapeutin in eigener Praxis mit Angestellten nachgehen konnte wie vor deren Geburt.


    Die Antragstellerin hat exemplarisch dargelegt, in welchem zeitlichen Umfang sie vor der Geburt der Kinder der Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Danach habe sie von morgens 9:30 Uhr bis abends 19.00 Uhr — unterbrochen durch eine Pause von einer Stunde — in ihrer Praxis gearbeitet. Es wird auf die Anlage „Tagesablauf“ verwiesen. Darüber hinaus habe sie zur Gewinnung neuer Patienten jeweils mittwochsabends Vorträge in Altenheimen, Schulen etc. gehalten. An den Wochenenden sei sie gelegentlich weiteren Vortragstätigkeiten nachgegangen oder habe auch vereinzelt an Fortbildungen und Symposien teilgenommen. Auch wenn der Antragsgegner die von der Antragstellerin dargestellte zeitliche Inanspruchnahme durch die Berufstätigkeit vor der Geburt der Kinder teilweise in Abrede stellt und hierzu vorgetragen hat, dass diese in der Regel bereits abends gegen 18:00 Uhr in den gemeinsamen Haushalt zurückgekehrt sei, war die Antragstellerin auch nach seiner Darstellung wöchentlich mindestens 42,5 Stunden ortsabwesend ohne Berücksichtigung der Vortragstätigkeiten und Fortbildungen, so dass von einem durchschnittlichen Zeitaufwand von 50 Stunden je Woche ausgegangen werden kann.


    Im Unterhaltszeitraum standen der Antragstellerin folgende Fremdbetreuungsmöglichkeiten zur Verfügung: Die Kinder besuchten einen Kindergarten, der von 7:00 Uhr bis 16:00 Uhr geöffnet war. Darüber hinaus hatte die Antragstellerin eine Kinderfrau eingestellt mit einem Umfang von 15 Stunden wöchentlich. Die Antragstellerin hat schlüssig vorgetragen, dass die maximale Fremdbetreuung von 60 Stunden in der Woche nicht die Ausübung der Berufstätigkeit wie vor der Geburt der Kinder erlaubte. Sie hat insoweit dargelegt, dass die Betreuung der Kinder mit Öffnung des Kindergartens um 7:00 Uhr nicht dem Bedürfnis der Kinder nach morgendlicher Ruhe entsprochen habe. Eine Betreuung der Kinder bereits ab 7:00 Uhr im Kindergarten hätte unter Berücksichtigung der vorbereitenden Tätigkeiten wie wecken, ankleiden, frühstücken und unter Berücksichtigung der Fahrzeiten bedeutet, diese bereits um 5:30 Uhr wecken zu müssen, um rechtzeitig vor Ort zu sein. Hinzu komme, dass auch an den Nachmittagen vor ihr persönliche Betreuungsarbeit geleistet worden sei. So habe sie die Kinder dienstags, mittwochs und freitags selbst im Kindergarten abgeholt. Montags und donnerstags habe die Kinderfrau die Kinder aus dem Kindergarten abgeholt, donnerstags habe die Kinderfrau bereits ab 6:30 Uhr in der Früh zur Verfügung gestanden. Sowohl die Betreuung im Kindergarten als auch danach sei durch die Kinderfrau sichergestellt worden. Somit habe sie mittwochs und freitags von 9:30 bis 15:00 Uhr, dienstags nach der logopädischen Behandlung der Kinder von 11 bis 15.00 Uhr sowie montags und donnerstags ganztägig arbeiten können. Sie habe jedoch in den Abendstunden kaum Akquisetätigkeit entfaltet. Im Übrigen habe die Kinderfrau — soweit mit ihrer Tätigkeit montags und donnerstags das vertraglich vereinbarte Stundenkontingent nicht ausgeschöpft worden sei — auf Abruf bei Erkrankung eines der Kinder, bei Nichtöffnung des Kindergartens etc. zur Verfügung gestanden. Diesem Vortrag der Antragstellerin, der insbesondere zum Betreuungsaufwand für die Kinder am Morgen sowie am späten Nachmittag und Abend der allgemeinen Lebenserfahrung (vgl. auch BGH, Beschluss vom 10.06.2015 -XII ZB 251/14- Rn. 30 m.w.N., juris) entspricht, ist der Antragsgegner nicht in erheblicher Weise entgegen getreten. (...)


     


    Unter Berücksichtigung der Fremdbetreuungsmöglichkeiten und dem Erfordernis nach persönlicher Betreuung der Kinder standen der Antragstellerin wöchentlich ca. 35 bis 40 Stunden, was nahezu einer Vollzeittätigkeit, jedoch nicht dem zeitlichen Umfang der Erwerbstätigkeit wie vor der Geburt entsprach, für ihre Berufstätigkeit zur Verfügung.


    In den Jahren nach der Geburt der Kinder hat die Antragstellerin im Vergleich zum Zeitraum vor der Geburt weniger verdient.


    Die Antragstellerin hatte vor der Geburt der Kinder am 4.12.2010 im Zeitraum 2008 bis 2010 einen durchschnittlichen Gewinn von 124.500,00 Euro und ein monatliches Nettoeinkommen nach Steuern in Höhe von gerundet 6.898,00 Euro. Hiervon sind noch die Vorsorgeaufwendungen für Krankheit und das Alter in Abzug zu bringen.


    Nach der Geburt der Kinder war der Gewinn rückläufig. Bei der Einkommensermittlung eines Selbständigen ist grundsätzlich auf den durchschnittlichen Gewinn der drei Wirtschaftsjahre vor dem Unterhaltszeitraum abzustellen. Vorliegend ist jedoch entgegen der Auffassung der Antragstellerin zur Ermittlung des durchschnittlichen Gewinns nicht nur der 3-Jahres-Zeitraum von 2012 bis 2014 zu Grunde zu legen, da das Wirtschaftsjahr 2014 sehr einkommensschwach war, was jedoch auch durch die langfristige Erkrankung der Antragstellerin zu Beginn des Jahres als auch den vier Urlaubsaufenthalten im 2. Halbjahr von jeweils 1 Woche bis 10 Tage bedingt gewesen sein dürfte. Um eine realistische Darstellung der Einkommenssituation zu erhalten, ist daher auch das Wirtschaftsjahr 2011 in die Berechnung einzubeziehen.


    Die Antragstellerin hatte in den Wirtschaftsjahren 2011 bis 2014 folgende Gewinne vor Steuern: 2011: 90.197,60 Euro, 2012: 75.389,68 Euro, 2013: 62.296,62 Euro, 2014: 44.187,80 Euro – Durchschnitt: 68.017,42 Euro


    Die Einkommensermittlung auf der Grundlage des Gewinns in den Jahren 2011 bis 2014 stellt eine ausreichend sichere Grundlage dar. Die Höhe dieses durchschnittlichen Gewinns ist in 2015, als die Betreuungssituation sich wegen der Trennung der Kindeseltern und der Anstellung einer Kinderfrau anders darstellte als in den Jahren zuvor, fortgeschrieben worden. Ausweislich der Gewinnermittlung für 2015 (GA BI. 278 ff.) betrug der Gewinn vor Steuern 64.510,32 Euro. (…)


    Bei einem durchschnittlichen Gewinn von 68.017,00 Euro und unter Zugrundelegung der sich aus den Steuerbescheiden für 2008 bis 2010 und für 2013 ergebenden steuermindernden Abzügen von ca. 15.000,00 Euro (ohne Berücksichtigung der Kinderfreibeträge nach S 32 Abs. 6 EStG, da die Einkommenssteuerminderung nicht höher als das bezogene Kindergeld sein dürfte, S 31 EStG), ergibt sich ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von ca. 53.000,00 Euro. Die auf den Gewinn zu zahlende Steuer- und Solidaritätszuschlagslast beträgt demnach ca. 13.500,00 Euro. Es verbleiben der Antragstellerin jährliche Einkünfte in Höhe von gerundet 54.500,00 Euro.


    Monatsdurchschnittlich ergibt sich hieraus ein Einkommen in Höhe von gerundet 4.541 Euro.


    Das sind monatlich 2.357,00 Euro weniger als die Antragstellerin vor der Geburt der Kinder verdient hat.


    Diese Einkommensreduzierung um durchschnittlich monatlich 2.357,00 Euro beruhte zumindest auch auf der Einschränkung der Erwerbstätigkeit der Antragstellerin infolge der persönlichen Betreuung der Kinder. Zutreffend ist, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners die rückläufigen Gewinne auch auf Erkrankungen und Lebenskrisen der Antragstellerin zurück zu führen sind. Ob die Einnahmesituation der Branche insgesamt seit 2009 rückläufig ist - wie vom Antragsgegner vorgetragen -, vermag der Senat nicht zu beurteilen, ist jedoch auch nicht entscheidungserheblich.


    Zutreffend ist auch, dass in den Jahren 2010, als die Antragstellerin schwangerschaftsbedingt nicht im gewohnten Umfang der Erwerbstätigkeit nachgehen konnte und in 2011, dem ersten Jahr nach der Geburt der Kinder, die Gewinne überdurchschnittlich hoch waren, was gegen die Kausalität des Gewinnrückgangs auch infolge der persönlichen Kinderbetreuung sprechen könnte. Hierzu hat die Antragstellerin schlüssig dargelegt, dass sich in diesen Jahren ihre eingeschränkten Erwerbsmöglichkeiten wegen der Patientenbindung der zuvor angeworbenen Patienten noch nicht derart gravierend ausgewirkt haben wie ab dem Jahr 2012 und den Folgejahren, in denen sie nicht im gewohnten Umfang Akquise habe betreiben können.


    Auch wenn der Einkommensrückgang nicht nur auf die Betreuung der Kinder durch die Antragstellerin zurückgeführt werden kann, ist der Senat dennoch der Auffassung, dass dies bezogen auf den von der Antragstellerin geltend gemachten Teilbetrag von 1.200,00 Euro, was etwas mehr als der Hälfte des ermittelten Einkommensrückgangs um 2.357,00 Euro monatlich entspricht, von ihr schlüssig vorgetragen und im Übrigen vom Antragsgegner nicht erheblich bestritten worden ist. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass infolge der Betreuung von Kindern eine selbständige Berufstätigkeit, für die zuvor mindestens 50 Stunden pro Woche aufgewendet wurden, nicht mehr in dem Umfang ausgeübt werden kann, um auch den Belangen der Kinder nach persönlicher Betreuung zu genügen. Bei einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit in einem Umfang von mindestens 10 Stunden je Woche infolge persönlicher Kinderbetreuung — wie zuvor dargestellt -, mithin 40 Stunden monatlich ist eine Einkommenseinbuße von 1.200,00 Euro plausibel.


    OLG Köln, Beschluss vom 22.03.2018 - 10 UF 21/17


  • OLG Frankfurt 2019: Keine Unterhaltsverwirkung durch neue Partnerschaft der Mutter

    Geht eine nichteheliche Mutter eine neue Partnerschaft ein, verliert sie deswegen nicht den Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Sie wird vom Gesetz anders behandelt als die eheliche Mutter. 

    Es geht um den §-1615-l-Betreuungsunterhalt einer Mutter für die ersten drei Lebensjahre des Kinds. Der Mann war der Meinung, seine Ex-Partnerin habe keinen Unterhaltsanspruch mehr, da sie wieder in einer Partnerschaft lebe. Für sie gelte dasselbe wie für eine geschiedene Ehefrau. 

    Anders das OLG: Zwar sollten nichteheliche und eheliche Mütter gleichbehandelt werden, was den Betreuungsunterhalt angehe. Das habe aber aufgrund des strukturell schwächeren Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter seine Grenzen. So habe etwa die nichteheliche Mutter keinen Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt. 

    Im Falle einer ehelichen Mutter sei in der Tat der Anspruch auf Unterhalt verwirkt, wenn die Frau eine neue feste Partnerschaft eingehe. Dies sei eine Abkehr von der ehelichen Solidarität. Eine solche Abkehr könne es aber bei nicht verheirateten Paaren von vornherein nicht geben.


    OLG Frankfurt am Main, 02.05.2019 2 UF 273/17.



  • Wenn die Mutter Kinder von verschiedenen Vätern hat?

    Hat die Mutter mehrere Kinder von mehreren Vätern und damit mehrere Unterhaltsschuldner, wird eine Einzelfallquote gebildet.

  • Wenn Mutter und Vater unverheiratet zusammenleben?

    Der Anspruch der unverheirateten Mutter gegen den Vater ihres Kindes ist rechnerisch hochinteressant, wenn die beiden glücklich als sogenannte Zweitfamilie zusammenleben, weil der Anspruch der ledigen Mutter möglicherweise dem einer früheren Ehefrau im Rang vorgeht.


    Vor 2008 gingen solche ledigen Mütter leer aus und mussten von Sozialhilfe oder eigenen Anstrengungen leben, weil der Vater des Kindes vorrangig eine frühere Ehefrau mit Unterhalt zu versorgen hatte. Das wurde geändert: Betreut diese frühere Ehefrau selbst keine kleinen Kinder mehr und war die Ehe nicht von langer Dauer, geht die unverheiratete Mutter jetzt im Rang vor der früheren Ehefrau - und die Ehefrau geht ggf. leer aus.


    Auch relevant wird dieser Anspruch bei der Berechnung von Unterhalt für sonstige Nachrangige, z.B. die Eltern im Pflegeheim.


  • Schwerbehindertes Kind - Unterhalt für die Mutter?

    Auch wenn das Kind schwer behindert ist, sind bei der Verlängerung des Betreuungsunterhaltes über das 3. Lebensjahr hinaus die Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Das Kind im Fall kam 2010 mit Down-Syndrom zur Welt, da studierten beide Eltern und waren nicht verheiratet. Die Mutter unterbrach ihr Studium und nahm es später wieder auf. Das Kind besucht 2013 von täglich 09 bis 15 Uhr eine Kindertagesstätte. Die Zeit von 9:30 bis 14:30 Uhr nutzt die Mutter für ihr Studium, im übrigen kümmert sie sich um das Kind und dessen Therapien. Sie hat geltend gemacht, dass sie auch während der Betreuung des Sohnes in der Kindertagesstätte ständig rufbereit sein müsse. Darüber hinaus sei es häufig notwendig, T. schon am frühen Nachmittag abzuholen, wenn Therapietermine anstünden, weil er hierfür andernfalls zu erschöpft sei. Außerdem sei das Kind wegen seines schwachen Immunsystems oft krank und könne die Kindertagesstätte nicht besuchen. Diese Umstände ließen sich mit einer geregelten Arbeitszeit nicht vereinbaren. Sie hätten auch dazu geführt, dass sie ihr Studium noch nicht habe abschließen können.


    Der Vater hat sein  Studium abgeschlossen und ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter leistungsfähig. Das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 28.04.2014 - 2 UF 238/13) meint, die Mutter müsse von 09:30 bis 14:30 Uhr arbeiten und könne damit ihr Existenzminimum von 800 € selbst decken - sie habe daher keinen Unterhaltsanspruch nach 1516l BGB gegen den Kindsvater.


    Dass die Antragstellerin wegen der Geburt und der nachfolgenden Betreuung des Kindes ihr Studium unterbrochen hat, während der Antragsgegner in diesem Zeitraum sein Studium abschließen konnte, stellt nach Auffassung des Senats für sich allein keinen Umstand dar, der aus Billigkeitsgründen eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltes rechtfertigen würde.


    Dann ging die Sache zum BGH:


    BGH, Beschluss vom 10.06.2015 - Aktenzeichen XII ZB 251/14 -


    Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt im Umfang des Angriffs zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.


    Leitsätze:


    a) Zur Verlängerung des Unterhalts nach § 1615l Abs. 2 BGB bei Betreuung eines behinderten Kindes.


    b) Die Belastung des betreuenden Elternteils durch die Wiederaufnahme eines anlässlich der Geburt eines nichtehelichen Kindes unterbrochenen Studiums stellt keinen elternbezogenen Grund für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts dar.


    c) Die Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte. Sie ist deshalb nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes festgeschrieben, so dass sich später ein höherer Bedarf ergeben kann (teilweise Aufgabe der Senatsurteile BGHZ 184,13  = FamRZ 2010,357 und vom 13. Januar 2010 - XII ZR 123/08 - FamRZ 2010,444).


    Der BGH meint:


    a) Nach §  1615 l Abs.  2  Satz 2  BGB  steht der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes über die Dauer des Mutterschutzes hinaus ein Unterhaltsanspruch gegen den Vater zu, wenn von ihr wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach §  1615  l Abs.  2   BGB  besteht die Unterhaltspflicht des betreuenden Elternteils für mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Insoweit hat der Gesetzgeber die Vorschrift des §  1615  l Abs.  2   BGB  und den nachehelichen Betreuungsunterhalt nach §  1570   BGB  weitgehend einander angeglichen (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 -  XII ZR 123/08 - FamRZ 2010,  444  Rn. 24 mwN).


    (…) Die Annahme des Beschwerdegerichts, im vorliegenden Fall seien kindbezogene Gründe für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahrs hinaus nicht festzustellen, hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.


    aa) Kindbezogene Gründe liegen z. B. dann vor, wenn das Kind behindert, dauerhaft krank oder schwer in seiner Entwicklung gestört und deshalb auf weitere Betreuung durch die Mutter angewiesen ist (BT-Drucks. 13/4899 S. 89; Senatsurteil BGHZ 168,  245  = FamRZ 2006,  1362 , 1363 zum früheren Recht). Auch insoweit ist allerdings stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in einer für das Kind geeigneten Betreuungseinrichtung gesichert werden könnte (Senatsurteil vom 17. März 2010 -  XII ZR 204/08 - FamRZ 2010,  802  Rn. 11 zum volljährigen behinderten Kind; vgl. auch Senatsurteile BGHZ 180,  170  = FamRZ 2009,  770  Rn. 27; vom 6. Mai 2009 -  XII ZR 114/08 - FamRZ 2009,  1124  Rn. 32 und vom 17. Juni 2009 -  XII ZR 102/08 - FamRZ 2009


    bb) Das Beschwerdegericht ist davon ausgegangen, die Betreuung des Kindes in der Kindertagesstätte, die von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr erfolge, ermögliche der Antragstellerin eine tägliche Arbeitszeit von bis zu 5 Stunden. Soweit sie darauf verweise, infolge der häufigen Erkrankungen des Kindes an einer Erwerbstätigkeit gehindert zu sein, sei festzustellen, dass nicht alle Erkrankungen eine Betreuung durch die Mutter erforderten. Vielmehr sei auch eine Abholung und Betreuung durch andere Personen, etwa die Großeltern, denkbar. Die Antragstellerin habe nicht vorgetragen, dass solche Personen nicht zur Verfügung stünden.,  1391  Rn. 23).


    Die dagegen erhobene Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerde ist gerechtfertigt. Sie macht geltend, das Beschwerdegericht habe für die Antragstellerin überraschend angenommen, das Kind könne auch von anderen Familienmitgliedern abgeholt werden. Hätte das Beschwerdegericht auf die von ihm beabsichtigte Inpflichtnahme der Großeltern hingewiesen, hätte die Antragstellerin vorgetragen, dass ihr Vater bereits im 83. Lebensjahr stehe und nach zwei schweren Operationen im vorausgegangenen Jahr gesundheitlich angegriffen sei, so dass ihm die Abholung des Kindes nicht zugemutet werden könne. Die Mutter der Antragstellerin sei mit der Pflege ihres Mannes sowie ihres eigenen Sohnes völlig ausgelastet und werde mit der zusätzlichen Rufbereitschaft für T. überlastet.


    Der Einwand ist erheblich. Nach der Rechtsprechung des Senats ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen, inwiefern die Hilfe Dritter in Anspruch genommen werden kann (Senatsurteil BGHZ 193,  78  = FamRZ 2012,  1040  Rn. 22 und Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2014 -  XII ZB 185/13 - FamRZ 2014,  1987  Rn. 21). Nachdem das Amtsgericht auf diesen Gesichtspunkt nicht eingegangen ist, sondern der Antragstellerin unbefristeten Unterhalt zuerkannt hat, konnte sie als in erster Instanz obsiegende Beteiligte darauf vertrauen, vom Beschwerdegericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (st. Rspr., vgl. etwa BGH Beschluss vom 15. März 2006 -  IV ZR 32/05 - FamRZ 2006,  942 , 943 mwN).


    cc) Da das Beschwerdegericht zu möglicher Hilfe bei der Abholung und anschließenden Betreuung des Kindes durch Dritte keine Feststellungen getroffen hat, ist das Vorbringen der Antragstellerin hierzu im Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde zu legen. Dann kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass für die Antragstellerin allein aus der grundsätzlichen Betreuung des Kindes in der Kindertagesstätte die Möglichkeit folgt, an bis zu fünf Stunden werktäglich einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Denn angesichts der erheblichen Anzahl von Krankheitstagen des Kindes (nach den Angaben der Mutter in der Zeit von Januar 2013 bis Januar 2014 an 60 Werktagen) muss sie ständig damit rechnen, dass eine persönliche Betreuung notwendig wird. Darüber hinaus hat sie T. während der vierteljährlich stattfindenden Therapiewoche zu begleiten, die verschiedenen anderen Therapietermine wahrzunehmen und täglich Übungen durchzuführen. Unter diesen Umständen ist schon die Annahme nicht gerechtfertigt, die Antragstellerin könne durch eine Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 Wochenstunden ihren Bedarf decken. Deshalb kommt bereits ein kindbezogener Grund für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts in Betracht.


    Auch ein elternbezogener Grund ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht ausgeschlossen.


    aa) Ein solcher Grund kann, wie bereits ausgeführt, auch im Rahmen eines Unterhaltsanspruchs nach §  1615  l Abs.  2   BGB  vorliegen, wenn die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und außerdem ein besonderer Vertrauenstatbestand als Nachwirkung dieser Familie entstanden ist. Das Beschwerdegericht hat dies mit der Begründung abgelehnt, die Beteiligten hätten vor der Geburt des Kindes offensichtlich nicht zusammengelebt.


    Die Rechtsbeschwerde macht insofern geltend, die Beteiligten hätten ab Juni 2010 an ihrem Studienort zusammengelebt, und zwar zunächst im Studentenzimmer der Antragstellerin und ab 20. Juli 2010 in einer gemeinsam eingerichteten Wohnung. Die gemeinsame Anschrift ergebe sich bereits aus der von der Antragstellerin vorgelegten Vaterschaftsanerkennungsurkunde vom 17. August 2010 für das am 21. Oktober 2010 geborene Kind. Das Beschwerdegericht hätte die Antragstellerin deshalb darauf hinweisen müssen, dass es ab November 2013 einen Unterhaltsanspruch verneinen wolle, weil diese mangels gemeinsamer Lebensplanung nicht auf eine Absicherung durch den Antragsgegner habe vertrauen dürfen.


    Mit dieser Rüge dringt die Rechtsbeschwerde allerdings nicht durch. Das Vorbringen ist nicht erheblich, so dass keine Hinweispflicht bestand. Die Antragstellerin hat auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geltend gemacht, mit dem Antragsgegner und dem gemeinsamen Sohn zusammengelebt zu haben. In der Zeit vor der Geburt des Kindes konnte sie indessen nicht auf eine unterhaltsrechtliche Absicherung durch den Antragsgegner vertrauen, weil das Gesetz für nichteheliche Lebensgemeinschaften ohne gemeinsames Kind keine Unterhaltsansprüche kennt (Senatsurteil vom 13. Januar 2010 -  XII ZR 123/08 FamRZ 2010,  444  Rn. 26, 30). Allein aus der Vaterschaftsanerkennung des Antragsgegners kann nicht auf die Übernahme unterhaltsrechtlicher Verantwortung für die Antragstellerin geschlossen werden. Dieser Umstand kann allenfalls verstärkend für die Begründung besonderen Vertrauens sprechen (Wever FamRZ 2008, 553, 557; vgl. auch NK-BGB/Schilling 3. Aufl. § 1615 l Rn. 14), d. h. wenn hierfür bereits weitere Gesichtspunkte vorliegen.


    bb) Soweit das Beschwerdegericht es abgelehnt hat, der Antragsgegnerin verlängerten Betreuungsunterhalt über das vollendete dritte Lebensjahr hinaus allein deswegen zuzubilligen, weil sie wegen der Geburt und der anschließenden Betreuung des Kindes ihr Studium unterbrochen hat, während der Antragsgegner sein Studium abschließen konnte, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.


    Die Belastung des betreuenden Elternteils durch berufliche Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen stellt schon keinen elternbezogenen Grund im Sinne des §  1570  Abs.  2   BGB  dar. Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss es sich vielmehr um Umstände handeln, die unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit in der Ehe von Bedeutung sind. Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass das Vertrauen in die vereinbarte und so auch gehandhabte Rollenverteilung hinsichtlich der Kinderbetreuung geschützt werden soll. Soweit der betreuende Elternteil nach Vollendung des dritten Lebensjahrs des Kindes von einer Erwerbstätigkeit aber nicht allein in dessen Interesse absieht, sondern auch um ein Studium oder eine andere Ausbildung zu beenden, dienen der entsprechende zeitliche Aufwand und der Einsatz, die ihn insoweit von einer Erwerbstätigkeit haben absehen lassen, seinen eigenen beruflichen Interessen und nicht denjenigen des Kindes. Maßgebend können solche Umstände deshalb im Rahmen des nachehelichen Unterhalts nur für die Frage einer angemessenen Erwerbstätigkeit im Sinne des §  1574   BGB  oder für die Gewährung von Ausbildungsunterhalt nach §  1575   BGB  sein (Senatsurteil vom 8. August 2012 -  XII ZR 97/10 - FamRZ 2012,  1624  Rn. 24).


    Für den Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter nach §  1615  l Abs.  2   BGB  gilt hinsichtlich der Beurteilung als elternbezogener Grund nichts anderes. Andernfalls würde sie besser stehen als eine eheliche Mutter, was der Gesetzesintention nicht entspricht. Ausbildungsunterhalt billigt das Gesetz der Mutter eines nichtehelichen Kindes indessen nicht zu (ebenso NK-BGB/ Schilling 3. Aufl. § 1615 l Rn. 14; Wever FF 2010, 214, 215; aA: OLG Nürnberg FamRZ 2010,  577 , 578). Sie ist insoweit vielmehr gehalten, entweder ihre Eltern auf Unterhalt in Anspruch zu nehmen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 29. Juni 2011 -  XII ZR 127/09 - FamRZ 2011,  1560  Rn. 17 ff.) oder Leistungen nach dem  Bundesausbildungsförderungsgesetz  zu beantragen.


    Dem von der Rechtsbeschwerde angeführten Gesichtspunkt, der Antragsgegner habe sein Studium beenden können, ohne dass die Antragstellerin ihn in dieser Zeit zur Zahlung von Unterhalt herangezogen habe, kommt demgegenüber keine Bedeutung zu. Die Rechtsbeschwerde zeigt im Übrigen nicht auf, dass der Antragsgegner in dem betreffenden Zeitraum zur Zahlung von Betreuungsunterhalt leistungsfähig gewesen wäre.


    cc) Soweit die Betreuung des Kindes auf andere Weise sichergestellt oder in einer kindgerechten Einrichtung möglich ist, kann einer Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils allerdings entgegenstehen, dass die von ihm daneben zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen kann (Senatsurteile BGHZ 193,  78  = FamRZ 2012,  1040  Rn. 24; vom 21. April 2010 -  XII ZR 134/08 - FamRZ 2010, 1050 Rn. 36; BGHZ 180,  170  = FamRZ 2009,  770  Rn. 31 f. und BGHZ 177,  272  = FamRZ 2008,  1739  Rn. 103). Dabei ist unter anderem zu berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes in unterschiedlichem Umfang anfallen können (Senatsurteil BGHZ 193,  78  = FamRZ 2012,  1040  Rn. 24 für den Anspruch nach §  1570   BGB ).


    Diesen Gesichtspunkt hat das Beschwerdegericht nicht hinreichend gewürdigt. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, für die Vorbereitung des Kindes auf die Kindertagesstätte etwa eine Stunde zu benötigen, weil es z. B. nicht selbständig essen könne. Für das Bringen zu und das Abholen von der Betreuungseinrichtung brauche sie jeweils ebenfalls eine Stunde. Darüber hinaus müsse sie mit T. Therapietermine wahrnehmen und mehrfach täglich Übungen absolvieren. Diese Umstände bedingen einen erheblichen zeitlichen Einsatz, der bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der Betreuung des schwerbehinderten Kindes und einer Erwerbstätigkeit angemessen zu berücksichtigen ist. Konkrete Feststellungen hierzu hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.


    3. Der angefochtene Beschluss kann danach keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht zu einer abschließenden Entscheidung in der Lage, da es hierzu weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb im Umfang der Aufhebung des Beschlusses an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.


    4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:


    a) Der Unterhaltsbedarf der Antragstellerin könnte nicht vollständig durch erzielbare eigene Einkünfte aus einer Teilzeiterwerbstätigkeit gedeckt sein. Der Senat hat zwar entschieden, dass ein im Zeitpunkt der Geburt des gemeinsamen Kindes bestehender (Mindest-) Bedarf später auch durch eine Teilzeittätigkeit bestritten werden kann. Soweit daraus eine vollständige Bedarfsdeckung auch für künftige Zeiten abgeleitet wurde (Senatsurteile BGHZ 184,  13  = FamRZ 2010,  357  Rn. 54 ff. und vom 13. Januar 2010 -  XII ZR 123/08 FamRZ 2010,  444  Rn. 15 ff., 20), hält er daran aber nicht fest. Die Lebensstellung des nach den §§  1615  l Abs.  2 ,  1610  Abs.  1   BGB  Unterhaltsberechtigten richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 -  XII ZR 121/03 - FamRZ 2005,  442 ); sie ist deshalb nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes festgeschrieben. Den hieraus folgenden Bedarf dürfte die Antragstellerin, die ihr Studium ohne dessen Unterbrechung wegen der Betreuung des Kindes abgeschlossen haben dürfte, nicht durch eine Teilzeittätigkeit decken können.


    b) Im Hinblick auf den hiernach möglichen höheren Bedarf wird nicht offen bleiben können, ob die Antragstellerin die längeren Öffnungszeiten der Kinderbetreuungsstätte (6.30 Uhr bis 18.00 Uhr) zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nutzen könnte. Vielmehr wird das Beschwerdegericht in tatrichterlicher Verantwortung zu prüfen haben, inwieweit eine Fremdbetreuung des Kindes im Rahmen der vorgenannten Zeiten mit dessen Wohl vereinbar ist.


    BGH, Beschluss vom 10.06.2015 - Aktenzeichen XII ZB 251/14 -

  • Ohne rechtliche Vaterschaft kein Unterhalt

    Die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen der Mutter nach § 1615l BGB setzt das Bestehen der rechtlichen Vaterschaft infolge Anerkennung oder rechtskräftiger Feststellung voraus.


    OLG Oldenburg - Beschluss vom 27.06.2018 - 11 WF 110/18


    Problem: Dann lässt sich der vorgeburtliche Anspruch erst nachträglich geltend machen, vgl. § 1613 BGB.


    Aus den Gründen:


    Zwar hält eine Gegenmeinung die Geltendmachung von Ansprüchen aus § 1615l BGB auch für bereits dann - ggf. mittels einer inzidenten Feststellung- möglich, wenn die Vaterschaft nicht bestritten wird (Born in: MüKo BGB , 7. Auflage 2017, § 1615l Rn 3; Viefhus in: jurisPK- BGB , Stand: 19.03.2018, § 1615l Rn 9; OLG Schleswig vom 19.12.2007, 15 UF 142/07, FamRZ 2008, 2057f, auch Palandt in den Vorauflagen, jedenfalls etwa Diederichsen in: Palandt BGB , 66. Auflage 2007, § 1615l BGB Rn. 3, der aktuelle Palandt (Brudermüller in Palandt/BGB, 77. Auflage 2018, § 1615l Rn 2) weist lediglich darauf hin, dass diese Frage streitig ist).


    Die zur Begründung dieser Meinung herangezogene Rechtsprechung (OLG Zweibrücken, Urteil vom 05.08.1997, 5 UF 126/96 , FamRZ 1998, S. 554ff, und OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.09.1994, 3 UF 41/94, FamRZ 1995, S. 690) befasst sich allerdings mit einer anderen Konstellation und dürfte daher nicht einschlägig sein. Oben genannte Entscheidungen behandeln die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein auf Unterhalt in Anspruch genommener Ehemann oder geschiedener Ehemann den Umstand, dass ein rechtlich ihm zugeordnetes Kind von einem Dritten abstammt, dem Anspruch entgegenhalten kann. Dies wird bereits für den Fall bejaht, dass die Vaterschaft des anderen Mannes zwischen den Beteiligten unstreitig ist, insoweit bedürfe es nicht der Anerkennung oder rechtskräftigen Feststellung.


    Die Entscheidung des Oberlandesgericht Schleswig (OLG Schleswig vom 19.12.2007, 15 UF 142/07, FamRZ 2008, 2057f), die tatsächlich einen mit der hier vorliegenden Konstellation vergleichbaren Fall behandelt, stützt sich zur Begründung ebenfalls auf die oben genannte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Zweibrücken und Düsseldorf sowie die darauf fußenden Kommentierungen aus dem Palandt der 66. Auflage (2007) und dem jurisPK- BGB .


    Soweit auch der Bundesgerichtshof ausnahmsweise eine inzidente Feststellung der Vaterschaft zulässt, betrifft dies Fälle, in denen etwa das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 1579 Nr. 7 BGB zu prüfen war (etwa BGH, Urteil vom 15.02.2012, XII ZR 137/09 , FamRZ 2012, S. 779ff) oder den Scheinvaterregress (etwa BGH, Beschluss vom 22.03.2017, XII ZB 56/16 , FamRZ 2017, S. 900ff) und in denen die Nichtabstammung des Kindes vom rechtlichen Vater bzw. die Vaterschaft eines anderen Mannes unstreitig war. Hier besteht die Gefahr, dass etwa der Scheinvater der Willkür der Kindesmutter und des wahren Erzeugers ausgesetzt ist (etwa BGH, Urteil vom 16.04.2008, XII ZR 144/06 , FamRZ 2008, 1424ff).


    Diese Ausnahme lässt sich mithin gerade nicht auf den vorliegenden Fall übertragen, ist doch die den Anspruch aus § 1615l BGB geltend machende Kindesmutter über § 1615l Absatz 3 Satz 1 i.V.m. § 1613 Absatz 2 Nr. 2a BGB und die §§ 247 - 248 FamFG hinreichend geschützt.


    Zudem widerspricht die Gegenmeinung dem Wortlaut der §§ 1594 Absatz 1 , 1600d Absatz IV BGB , wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt der Feststellung geltend gemacht werden können (Bömelburg in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 7 Rn. 195).


    Auch die verfahrensrechtlichen Vorschriften der §§ 247 - 248 FamFG sprechen systematisch gegen eine Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen der Mutter nach § 1615l BGB ohne Anerkennung oder rechtskräftige Feststellung. Denn gerade für den Fall vor der Geburt und bis zur Anhängigkeit eines Feststellungsverfahren (§ 247 FamFG ) bzw. während eines Verfahrens nach § 1600d BGB (§ 248 FamFG ) gibt das Gesetz der Mutter eine besondere verfahrensrechtliche Möglichkeit an die Hand, ihre Unterhaltsansprüche gerade ohne Feststellung oder Anerkennung erfolgreich geltend zu machen (vgl. BT-Drucks 16/6308, S. 260; Bömelburg in Prütting/Helms, FamFG , 4. Auflage 2018, § 247 Rn 10 und § 248 Rn 8).


    Danach setzt die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen der Mutter nach § 1615l BGB richtigerweise das Bestehen der rechtlichen Vaterschaft infolge Anerkennung oder rechtskräftiger Feststellung voraus. Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen.


  • Mit Mediation mehr als Recht bekommen

    Wenn Sie einen vorsorgenden Ehevertrag verhandeln wollen, dann verstehen Sie, dass sich Gerechtigkeit oft nicht mithilfe des Taschenrechners wird erzeugen lassen - 

    und dass ein Fremder (ein Richter) Ihnen da später nichts überstülpen soll.


    Bei menschlichen Konflikten kann es sowieso nicht darum gehen, auf Kosten des Gegners das wirtschaftlich Beste herauszuholen.  Das lässt sich in "guten Zeiten" sehr gut für "schlechte Zeiten" fixieren.


    Die eigene Lebenszufriedenheit nach der Katastrophe "Trennung" wird davon abhängen, ob man mit dem Menschen, mit dem man auch gute Zeiten erlebt hat, so auseinander gehen kann, dass keiner dem Anderen etwas nachtragen muss.

  • Warum Mediation beim Rechtsanwalt?

    Die Zusatzausbildung zum Mediator steht auch anderen Berufsgruppen offen. 

    Dort sind Paare gut aufgehoben, bei denen keine Rechtsfragen berührt sind. 

    Die typische Eheleute-Mediation, in der ein rechtlich wirksamer Ehevertrag erarbeitet werden soll, braucht einen rechtlichen Rahmen.


    Verhandlungsergebnisse, die ohne juristisches Hintergrundwissen erzielt werden, können sich dann nachträglich als unbrauchbar herausstellen.

    Ein Mediator, der die Doppelqualifikation als Fachanwalt für Familienrecht und Mediator hat, bietet maximale Sicherheit, dass Ihre Vereinbarungen juristisch hieb- und stichfest sind - und auch, dass an alle rechtlich relevanten Fragen gedacht wurde.


In guten Zeiten für schlechte Zeiten.

Während Eheleute wenigstens das BGB als Regelung "im Rücken" haben, befinden Unverheiratete sich in einer weitgehend rechtlosen Situation.
Dies kann man vertraglich ändern.
In guten Zeiten kann man fair und wohlwollend verhandeln:
  • Wer von beiden nimmt aus der gewollten Rollenaufteilung berufliche – und damit wirtschaftliche – Nachteile in Kauf?
  • Was konkret werden das voraussichtlich für Nachteile sein?
  • Ist der andere bereit, das bei Scheitern der Beziehung zu kompensieren?
Man kann die typischerweise nach Scheitern einer Beziehung relevanten Argumente vorwegnehmen.

Auch ohne dass man bereits weiß, wie sich das in Euro und Cent ausdrücken wird: Den Umfang der nachehelichen Verantwortung füreinander kann man in einem Vertrag (am besten notariell) festlegen.

Aushandeln kann man ihn in einer Mediation.
Um auf Augenhöhe miteinander zu verhandeln, eignet sich am besten eine Mediation. Ich kann dann unparteiisch die beiderseitigen Bedürfnisse abfragen und das "Was-wäre-wenn" ermitteln. Falls es zum Streit über den Vertrag kommen sollte, stehe ich keiner Seite als Streit-Anwältin zur Verfügung, sondern bleibe immer neutral. Damit vermeide ich die Probleme der Interessenkollision, die immer dann auftreten, wenn ein Anwalt als "gemeinsamer Anwalt" beginnt, und sich im Laufe des Mandates herausstellt, dass die beiden Mandanten nicht in jedem Punkt einig sind. Im schlechtesten Fall muss der Anwalt dann beide Mandate niederlegen.
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 „Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen.“
JOHN RUSKIN, englischer Sozialreformer
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