Erstberatung Familienrecht

Kodex für Familienanwälte

In Verfahren, die mit dem Kindeswohl zu tun haben, befindet man sich als Anwalt gelegentlich im Spagat: Das, was der Mandant als Auftrag formuliert, entspricht eigentlich nicht seinem Interesse. Das geschieht z.B. dann, wenn der Mandant sich in eine bestimmte Forderung verrennt, die ihm aber mit Sicherheit niemand erfüllen kann - und er davon nicht abrücken will, weil das für ihn mit Begriffen wie Macht, Ansehensverlust, Kränkung, Schikane etc. verbunden ist.


Was erwarten Sie von Ihrem Anwalt im Familienrecht?

Eigentlich ist die Lage klar: Sie bezahlen einen Dienstleister dafür, dass er sein Fachwissen einsetzt, Ihre gesteckten Ziele zu erreichen.

Mehr gibt der Anwalt-Mandant-Vertrag eigentlich nicht her.


Das Familienrecht ist ein besonderes Rechtsgebiet: Zu Ihrem Gegner haben Sie vielfältige Beziehungen - finanzielle Abhängigkeiten, eingeübte ungünstige Verhaltensmuster, die sogenannte Elternebene, Macht- und Ohnmachtempfinden u.v.m.


Im Vergleich zu den Gegner-Beziehungen z.B. nach einem Verkehrsunfall sind viel mehr Gesichtspunkte zu berücksichtigen.


Vor allem aber werden Sie auch nach "Abwicklung" Ihrer rechtlichen Familiensache noch Beziehungen haben (müssen).


Meiner Meinung nach berücksichtigt ein guter familienrechtlicher Anwalt all dies und berät Sie komplex - statt nur Ihren Auftrag 1:1 umzusetzen. Das kann sogar bedeuten, dass Ihr Anwalt sich nicht vor jeden Karren spannen lässt und die Mandatsbeziehung damit auf die Probe gestellt wird.


Damit Sie bei mir von vorneherein wissen, woran Sie sind, veröffentliche ich hier den Kodex, nach dem ich arbeite.

Kodex für Anwälte in Familienverfahren

Ich arbeite nach folgendem Verhaltenskodex, den wir unter Aachener Familienrechtlern erarbeitet haben und den etliche Kollegen als
bindend unterzeichnet haben:

- Zusammenfassung von Zielen und Empfehlungen,
nach denen wir im Familienrecht tätige Anwälte im LG-Bezirk Aachen uns bei der Vertretung unserer Mandanten richten wollen -

Vorweg
Das Familienrecht stellt an uns Anwälte aufgrund der komplexen psychologischen Dynamik einer jeden einzelnen (Trennungs-) Familie besondere Anforderungen. Bei Familien mit minderjährigen Kindern wollen wir deren wohlverstandene Interessen vorrangig beachten. Die Einhaltung der hier von uns formulierten Grundsätze ist immer freiwillig – allerdings wollen wir uns erinnern, dass wir diese Grundsätze mit dem Ziel gesammelt haben, unserem besonderen Verständnis der Ausübung unseres Berufes im Familienrecht gemäß zu arbeiten.

Allgemeines
1.1. Wir Anwälte wollen Beratungen, Verhandlungen und unsere Verfahrensführung so gestalten, dass die Beteiligten ermutigt und darin unterstützt werden, trotz ihrer Meinungsverschiedenheiten Lösungen zu suchen und zu finden, die den wohlverstandenen Interessen der beteiligten Kinder und allen sonstigen Beteiligten zugute kommen.

1.2. Wir Anwälte sind der Auffassung, dass eine familienrechtliche Auseinandersetzung kein Kampf mit nur einem Gewinner und nur einem  Verlierer werden soll. Vielmehr wollen wir helfen, sie als die Suche nach  fairen Lösungen auszugestalten.

1.3 Wann immer es möglich ist, wollen wir Anwälte die Beteiligten zu einer ehrlichen Information und zu Offenheit in den Verhandlungen ermutigen.

1.4. Wir wollen uns einer Sprache bedienen, die konsensorientiert und deeskalierend ist sowie den Respekt vor der Sichtweise anderer Beteiligter zum Ausdruck bringt. In unseren Schriftsätzen wollen wir auf eine Wortwahl achten, die diese Aspekte berücksichtigt.

Beziehung zum Mandanten
2.1. Wir Anwälte wollen stets - bei allem Respekt vor der Sichtweise des Mandanten
– uns erinnern, dass wir am besten arbeiten, wenn wir eine professionelle Distanz zu der Angelegenheit und den Beteiligten halten.

2.2. Wir wollen die Potentiale und die Bereitschaft unserer Mandanten fördern, an einer Konfliktlösung mitzuarbeiten.

2.3. Dazu wollen wir unseren Mandanten die Vorteile aufzeigen, die sich für die
Familie aus einer außergerichtlichen Vermittlung im Gegensatz zu einer Austragung des Konflikts in einem Gerichtsverfahren ergeben. Auch während eines Gerichtsverfahrens wollen wir unsere Mandanten ermutigen, außergerichtliche Konfliktlösungsmodellezu nutzen. Wir Anwälte wollen unseren Mandanten erklären, dass immer dann, wenn Kinder betroffen sind, seine oder ihre Verhaltensweise Auswirkungen auf die Familie als Ganzes und auf das Verhältnis der Kinder zu ihren Eltern haben wird.

Verhandlungen mit anderen Anwälten
3.1. Bei Verhandlungen mit anderen Anwälten wollen wir stets Kollegialität zeigen. In geeigneten Fällen wird der Austausch von Schriftsätzen durch das direkte Gespräch ergänzt.

3.2. Sollten Unstimmigkeiten unter uns, insbesondere wegen des Verhalten eines Kollegen gegen die hier festgehaltenen Grundsätze, aufkommen, so wollen wir immer erst das Gespräch mit dem anderen suchen, ggfls. unter Beteiligung eines dritten Kollegen, der unser beider Vertrauen genießt.

Kinder
4.1. Bei allen Beratungen, Verhandlungen und Verfahren wollen wir Anwälte
unsere Mandanten und den anderen Elternteil darin unterstützen, das Wohl der
Kinder als ersten und wichtigsten Gesichtspunkt anzusehen. Dabei ist das Wohl
des Kindes zu verstehen als die Gesamtheit der Bedingungen, unter denen das
Bedürfnis des Kindes nach Liebe sowie nach Versorgung, Schutz, Zuwendung,
Förderung, Wertschätzung und nach Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit befriedigt wird, insbesondere das Bedürfnis nach einer unauflöslichen Eltern-Kind-Bindung. Wir wollen daher unseren Mandanten behutsam, aber unmissverständlich vermitteln, dass es für die gesunde Entwicklung des Kindes unerlässlich ist, seine Bindung zu dem anderen Elternteil gutzuheißen.

4.2. Wir wollen im Auge behalten, dass die Interessen des Kindes nicht notwendig mit denen eines Elternteils übereinstimmen. In diesem Fall wollen wir unsere Mandanten an einen kindeswohlorientierten Arbeitsansatz erinnern. Wir wollen unsere Mandanten dahin führen und darin unterstützen, ihre Haltung im Sinne des Kindes zu verändern.

4.3. Wenn die Kindes- und Elterninteressen auseinanderfallen, werden wir Anwälte in einem familiengerichtlichen Verfahren frühzeitig die Bestellung eines Verfahrenspflegers anregen.

4.4. Wir sind bereit, mit anderen am Konflikt beteiligten Professionen interdisziplinär zusammenzuarbeiten.

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