Wohnvorteil - Nutzungsentschädigung - Darlehen - Vorfälligkeit - Zwangsversteigerung - Spekulationssteuer - privates Veräußerungsgeschäft
Im Falle einer Trennung stellt sich häufig die Frage, was nun aus dem Einfamilienhaus oder der Eigentumswohnung wird. Nicht immer ist schon abbezahlt. Häufig stehen beide Partner als Eigentümer im Grundbuch und beide haben auch den Kreditvertrag gesamtschuldnerisch unterzeichnet. Große Unterschiede gibt es, ob die Eigentümer verheiratet sind und ob sie in der Zugewinngemeinschaft leben. Bleiben die Kinder nach einer Trennung im Haus, kann das für den Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle relevant sein. Steuerschaden droht, wenn man vor Ablauf von 10 Jahren auszieht und erst im Folgejahr verkauft. Die Nutzungsentschädigung ist nicht automatisch an der Marktmiete orientiert, es muss eine wertende Gesamtbetrachtung erfolgen.
Es ist eine Banalität, aber: Demjenigen, der im Grundbuch steht. Betont werden muss das, weil viele Laien die falsche Vorstellungen haben, dass sie in der Ehe automatisch Miteigentum erwerben, wenn eine Immobilie während der Ehe gekauft wurde. Für die Frage nach dem Eigentum ist also (zunächst mal) völlig egal, aus welchen Mitteln das Haus bezahlt wurde, auch wenn es geschenktes oder ererbtes Geld war. Erst beim Zugewinnausgleich wird diese Frage relevant.
Wieder banal: Dem, der den Kreditvertrag unterschrieben hat. In der Regel haben beide Ehegatten den Kreditvertrag unterschrieben und zwar gesamtschuldnerisch. Zusätzlich zu dieser persönlichen Haftungen haftet die Immobilie mit ihrem Eintrag im Grundbuch. Kritisch wird es, wenn Eigentum und Haftung auseinanderfallen. Beispiel: Das Haus gehört allein ihr, weil sie ihr Elternhaus mit in die Ehe brachte. Danach wird ein Darlehen aufgenommen, z.B. m ihren Bruder auszuzahlen oder um etwa zu renovieren. Die Bank verlangt auch die Unterschrift des Ehemannes als Hauptverdiener.
Wenn noch ein Kredit im Grundbuch gesichert ist, geht der Erlös zunächst in Höhe des noch valutierenden Darlehens an den Gläubiger (meist die Bank).
Der Rest gehört dem Eigentümer bzw. den Eigentümern im Verhältnis ihrer Anteile im Grundbuch. Wieder spielt es keine Rolle, aus welchen Mitteln das Haus gekauft wurde, wer das Darlehen abgezahlt hat etc. Sinnvoll ist es daher, bei der Verteilung des Erlöses Zugewinnausgleichsansprüche oder Unterhaltsansprüche einzubeziehen. Nachteilig kann es werden, wenn noch vor Scheidungsantrag das Haus verkauft und der Erlös verteilt wird, ohne dass diese anderen Fragen mit geklärt sind. Dann ist es besser, der Erlös kommt auf ein Sperrkonto, bis man über alles einig ist.
Auch bei der umgekehrten Reihenfolge gibt es Risiken: Wird das Haus mehr als drei Jahre nach der Scheidung verkauft, sind Zugewinnansprüche verjährt.
Deshalb sollten solche weitreichenden Entscheidungen über das Auskehren des Erlöses niemals ohne anwaltliche Beratung getroffen werden. Notfalls parkt man das Geld lieber auf einem Und-Konto!
Fall 1: Einer zieht aus, der andere bleibt
Am Eigentum ändert das nichts. Weiter sind beide Eigentümer. Das können sie bleiben, für eine Weile, bis zur Scheidung - oder auf Dauer, auch über die Scheidung hinaus. Manche Ehegatten wählen eine solche Konstruktion, weil nur dann wirtschaftlich möglich ist, den Kindern das Familienheim zu erhalten. Sie treffen eine interne Regelung über Nutzung, über die Verwaltung, über Kosten, über Mietzahlungen, über Haftung usw. Zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. wenn alle Kinder volljährig sind, entscheiden sie neu.
Im Streitfall ist der Monat 13 nach Auszug eine wichtige Zäsur, dann wird das Wohnen nämlich in der Regel teurer. Unbedingt vorher anwaltlich die Strategie besprechen und keine ungünstigen Statements abgeben!
Fall 2: Einer zahlt den anderen aus
Irgendwann im Verlauf der Trennung wird vielleicht klar: Einer möchte das Haus als Alleineigentümer behalten. Meist ist es der, der darin wohnt - das kann aber natürlich auch andersherum sein. Dann stellt sich die Frage nach der Auszahlung: wie viel und woher kommt das Geld. Zumeist erfolgt eine Verrechnung gegen den Zugewinn, manchmal auch gegen den Versorgungsausgleich. Bei beiden Berechnungen hilft Ihr Anwalt!
Jedenfalls muss die Bank beteiligt werden, denn sie muss denjenigen, der sein Eigentum abgibt, aus der Mithaftung entlassen. Klar, dass das nur notariell geht, denn das Grundbuch muss geändert werden.
Fall 3: Es wird verkauft
Können oder wollen die Ehegatten das Haus nicht halten, wird an Fremde verkauft. Da das nicht von heute auf morgen geht, ist zu klären, wer bis dahin noch wohnen bleibt und zu welchen Konditionen.
Bleiben Schulden übrig, haften beide dafür - der Erlös wird geteilt bzw. beim Zugewinn berücksichtigt.
Fall 4: Es bleibt gemeinsames Eigentum
Zumindest auf Zeit, z.B. wenn der Auszug der Kinder abgewartet werden soll.
Zur Unterhaltsberechnung gehört auch die Bewertung der Tatsache, dass ein Ehegatte nach ein Eigenheim bewohnt. Der Wohnvorteil, auch Wohnwert genannt, ist eine Rechengröße bei der Unterhaltsberechnung des Ehegattenunterhaltes. Damit wird die einfache 3/7-Methode nicht mehr anwendbar!
Die Unterhaltsberechnung verdrängt eine sogenannte Nutzungsentschädigung.
Wie man den Wohnvorteil nach der Additionsmethode korrekt berücksichtigt, wenn die Unterhaltsberechtigten (z.B. Frau und Kinder) im Eigenheim wohnen, das allein dem Unterhaltspflichtigen (z.B. der Mann) gehört, zeigt OLG Celle, Beschluss vom 13.05.2020 - 15 UF 154/19:
Hat die mietfreie Nutzung dieser Wohnung bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, führt weder der Auszug eines der beiden Ehegatten zu einem Fortfall des prägenden Charakters dieses vermögenswerten Vorteils, noch kommt es im Rahmen der Bedarfsermittlung darauf an, welcher der beiden Ehegatten nach der Trennung in der Ehewohnung verbleibt und welcher auszieht. Dies hat zur Folge, dass, wie im Rahmen der Additionsmethode allgemein üblich, der Wohnvorteil sowohl bereits bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs als auch bei der anschließenden Feststellung der Unterhaltshöhe mit dem jeweils gleichen Betrag anzusetzen ist.
Zwischen Miteigentümern einer Immobilie sind wechselseitige Auskunftsansprüche regelmäßig nur dann zulässig, wenn ein Informationsdefizit dargelegt wird.
Allein das Miteigentum an einer Immobilie begründet kein Recht auf Rechenschaft.
Ein allgemeiner Anspruch auf Rechenschaft sei nicht erkennbar. Aus dem Rechtsverhältnis der Beteiligten (Miteigentumsgemeinschaft) ergebe sich nicht, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller Rechnungslegung und umfassende Rechtfertigung ihres Verhaltens schuldet. Dass eine entsprechende Pflicht aufgrund individueller Absprachen bestehe, habe der Antragsteller nicht vorgetragen.
OLG Hamm Beschl. v. 7.3.2019 – 6 UF 80/18
Mit Nutzungsentschädigung ist gemeint: Derjenige Eigentümer, dessen Haushälfte vom Anderen weiterbewohnt wird, könnte so etwas wie eine Miete verlangen, auch ohne dass es einen Mietvertrag gibt. Ob diese Nutzungsentschädigung wirklich geschuldet ist, kommt auf den Einzelfall an.
Wenn der Wohnvorteil oder Wohnwert des Hauses schon in der Berechnung des Ehegattenunterhaltes berücksichtigt ist, verdrängt dies den Anspruch auf Nutzungsentschädigung.
Familienrecht geht vor Zivilrecht, § 1361b vor § 745 Abs. 2 BGB.
Nutzungsvergütung ist nicht rückwirkend geschuldet ("ex nunc"), aber kann rückwirkend virulent werdendem Gesamtschuldnerausgleich betreffend die Annuitätenzahlung oder einer Unterhaltsberechnung entgegengehalten werden. Der BGH hilft da mit § 242 BGB - besser ist es, wenn von Anfang an ausdrücklich berechnet wird, welche Auswirkung es hat, wenn der eine Ehegatte die Immobilie bewohnt, aber der andere die Raten zahlt.
Dass die Nutzungsentschädigung im Familienrecht nicht allein mit dem Mietspiegel zu errechnen ist, sondern dies mit einer Billigkeitsabwägung korrigiert werden kann, zeigt OLG Zweibrücken imBeschluss vom 06.07.2021 (2 UF 61/21).
a) Das Mitbewohnen durch ein minderjähriges Kind ohne Unterhaltsregelung spielt eine Rolle
b) Das Mitbewohnen durch ein volljähriges Kind spielt eine Rolle
c) Auch bei Alleineigentum eines Ehegatten steht ihm dann nicht 100% zu, wenn der andere während der Ehe finanzielle Beiträge zum Haus geleistet hat.
Wenn Eheleute eine gemeinsame Immobilie haben und einer auszieht, wird er sich die Frage nach einer „Miete“ stellen. Wenn zwischen den Eheleuten eine Unterhaltsbeziehung besteht, wird das dort rechnerisch über den „Wohnvorteil“ geregelt. In anderen Fällen muss gesondert eine „Nutzungsentschädigung“ begehrt werden.
Im Fall des OLG Stuttgart zahlte der Mann Mindestunterhalt für die drei Kinder (11 und 6jährige Zwillinge), die mit der Ehefrau und Mutter im Eigenheim wohnten - damit fehlte ihm Geld, um auch noch Trennungsunterhalt zu zahlen.
Weil es sich um eine “Luxusimmobilie“ handelte, setzte der Mann zwei Jahre nach seinem Auszug eine Marktmiete i.H.v. 3.700 € mtl. an und wollte hiervon die Hälfte. Das hätte die Frau, die wegen der Kinder nur Teilzeit arbeitete, sich nicht leisten können. Letztlich wollte er damit auch ihren Auszug und Verkauf des Hauses erreichen.
Das Familiengericht hatte die Frau zu 442 € mtl. Nutzungsentschädigung verpflichtet, das OLG sah auch das als zu viel an: Sie musste nichts zahlen.
In der Regel treffe es zu, dass dem ausgezogenen Ehegatten die Hälfte der Marktmiete zustehe, spätestens nach dem ersten Trennungsjahr. Im Einzelfall sei aber dieses Nutzungsentgelt zu reduzieren - und hier auf Null - wenn der im Haus verbliebene Ehegatte wirtschaftlich nicht leistungsfähig ist und das nicht über Unterhalt korrigiert werden kann, weil auf der anderen Seite auch die Leistungsfähigkeit fehlt.
Damit missbilligte das OLG auch, dass der Ehemann bis zur Trennung gut verdient hatte, aktuell ein luxuriöses Auto geleast hatte (Neuwert knapp 200.000 €) und sich für den Kindes- und Trennungsunterhalt erfolgreich „arm rechnete“.
Bei der Billigkeitsabwägung spielte auch das Interesse der Kinder, in diesem Haus zu wohnen, eine Rolle.
Hinweis:
Hätte der Mann Nutzungsentschädigung wie begehrt i.H.v. 1.850 € mtl. bekommen, hätte er aus diesen Einkünften Unterhalt zahlen müssen - insofern sind die Abwägungen des OLG im Ergebnis pragmatisch.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.07.2023, 18 UF 97/22
Wenn der, der im Haus wohnt, keinen Unterhalt geltend macht, steht ihm auch keiner zu, jedenfalls nicht rückwirkend. Wenn aber der Andere später Nutzungsentschädigung verlangt, geht das durchaus rückwirkend - und kann dann nicht gegen Unterhalt verrechnet werden, weil der ja nicht rechtzeitig geltend gemacht wurde. Daher rate ich grundsätzlich dazu, den Unterhalt in solchen Fällen "pro forma" von vorneherein geltend zu machen!
Ein Verzicht auf dieses Recht kann unerwartet teuer werden.
"Der Ehegatte, der bei der Trennung in der gemeinschaftlichen Immobilie verbleibt, unterliegt nur dann der Nutzungsentgeltpflicht, wenn eindeutig eine Verwaltungs- und Benutzungsregelung i.S.v. § 745 Abs. 2 BGB verlangt wird, die ihn vor die Alternative "Zahlung oder Auszug" stellen muss."
OLG Hamm 14 UF 166/13, Beschluss vom 6.12.2013
Der Wohnvorteil liegt im Spektrum von ersparter Miete bis Marktmiete. Die ersparte Miete ist eine fiktive Größe anhand Erfahrungswerten. Um die Marktmiete zu ermitteln, ist der örtliche Mietspiegel ein wichtiger Ausgangspunkt. Das hängt u.a. von dem Zeitpunkt der Berechnung ab, aber auch von den Eigentumsverhältnissen.
Bewohnt der Unterhaltspflichtige eine in seinem Alleineigentum stehende Immobilie, ist ihm bei der Bemessung des Barunterhaltes eines minderjährigen Kindes - ungeachtet der Unterhaltsansprüche von Dritten - grundsätzlich der gesamte Wohnwert zuzurechnen, BGH 21.10.2020 - XII ZB 201/19.
Vom Wohnwert wurden früher zunächst nur die Zinsen abgezogen - die Tilgung galt als einseitige Vermögensbildung und konnte nur (ggf. gekappt) im Rahmen der Altersversorgung (4% bzw. 5% bzw. 25% vom Bruttoeinkommen) berücksichtigt werden. Das Argument für diese Rechtsprechung war, dass einseitige Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen zu Lasten des Unterhaltsberechtigten von dem Unterhaltsberechtigten nicht hingenommen werden müsse.
Im Beschluss vom 18.01.17 hat der BGH ausgeführt, dass Tilgungen auf die Immobilie bis zur Höhe des Einkommens des Unterhaltspflichtigen vom Wohnwert abgezogen werden können.
BGH 18.1.2017 (XII ZB 118/16).
Die Entscheidung erging zum Elternunterhalt.
In seiner Entscheidung vom 4.7.2018 (XII ZB 448/17) hat der BGH in Randziffer 31 bemerkt, dass er den Gedanken auch beim Nachscheidungsunterhalt anwenden wird, wenn ihm ein geeigneter Fall geboten wird:
"Die Zurückverweisung gibt dem Oberlandesgericht zugleich Gelegenheit, auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats (Senatsbeschluss BGHZ 213, 288 = FamRZ 2017, 519) im Zusammenhang mit dem angerechneten Wohnvorteil die Berücksichtigung auch der Tilgungsleistungen des Antragsgegners in Betracht zu ziehen."
Einige OLG-Leitlinien haben diesen Aspekt wiederum ausdrücklich aufgegriffen - siehe
OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 14.6.19 – 8 UF 25/18 sowie
OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 5.2.2020 – 4 UF 249/16:
"Der Mietwert ist um die anfallenden Finanzierungslasten zu bereinigen, zu denen nach Auffassung des Senats nicht nur die Zins-, sondern auch die Tilgungsleistungen rechnen. Zwar führen diese zu einer Vermögensbildung auf Seiten der Antragstellerin. Sie dienen jedoch der Finanzierung des anzurechnenden Wohnvorteils, den es ohne die Tilgungsleistungen nicht gäbe. Im Übrigen stünden die aus der Finanzierung des Erwerbs der vormaligen Ehewohnung herrührenden Tilgungsleistungen auch im Falle einer fortgesetzten Bedarfsgemeinschaft der Beteiligten nicht für den Lebensunterhalt zur Verfügung, würden also ihren Bedarf prägen. Der Senat rückt vor diesem Hintergrund von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Tilgungsleistungen beim Wohnvorteil ab und folgt der zum Elternunterhalt entwickelten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, deren Ausweitung auf den Ehegattenunterhalt der Bundesgerichtshof bereits angedeutet hat (vgl. BGH, FamRZ 2018, 1506, Rdnr. 31 unter Verweis auf seine zum Elternunterhalt ergangene Entscheidung FamRZ 2017, 519; OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2019, 1611, Rdnr. 66; für den Abzug beim Kindesunterhalt OLG Frankfurt am Main, NZFam 2019, 1054)."
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.02.2020 - 4 UF 249/16
Der BGH hat dies in der Entscheidung vom 15.12.2021 - XII ZB 557/20 - noch vertieft.
Dass unterhaltsrechtlich auch die Belastungen zu berücksichtigen sind, die neu zwecks Auszahlung des Miteigentümer-Ehegatten aufgenommen werden müssen, hatte der BGH schon am 1.12.2004 - XII ZR 75/02 und 11.5.2005 - XII ZR 211/02 entschieden.
Eine Vergütung für die alleinige Nutzung der Ehewohnung kann auch zugesprochen werden, wenn ein Ehegatte während des Getrenntlebens aus einer Ehewohnung weicht, für die beiden Ehegatten gemeinsam ein unentgeltliches Wohnungsrecht eingeräumt ist. Dies setzt nicht voraus, dass der Ehegatte, der in der Ehewohnung verbleibt, die Vorteile wirtschaftlich verwerten kann, die ihm durch die ungeteilte Nutzung zuwachsen. Die familienrechtliche Nutzungsvergütung soll den Verlust des Wohnungsbesitzes und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile für den weichenden Ehegatten im Einzelfall und nach Billigkeit kompensieren.
BGH XII ZB 268/13, Beschluss vom 18.12.2013
Mit seiner Mutter im elterlichen Eigenheim lebte der gemeinsame volljährige Sohn, der nicht mehr unterhaltsberechtigt war.
Der Wohnvorteil der Mutter wurde bei der Ehegattenunterhaltsberechnung um den anteiligen Wohnwert für den Sohn gemindert (19%).
OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.12.2019 – 13 UF 74/15
Im Fall geht es um ein Anwesen mit Wohnfläche von 230 qm, zwei Carports, Pool, Grillhaus im Garten und Wintergarten mit Whirlpool. Es gehört allein der Ehefrau, die aber ausgezogen war. Ehemann und gerade volljährige gewordene Tochter, die die Schule abgebrochen hatte und kein Geld verdiente, wohnten noch dort.
Die Ehefrau begehrte mit Blick auf die gehobene Ausstattung nach Mietspiegel 2.000 € Nutzungsentschädigung monatlich.
Das OLG klärte zunächst, dass der Anspruch dem Grunde nach bestehe, auch wenn es keine gerichtliche Ehewohnungszuweisung gegeben hatte, sondern nur das Herbeiführen der Trennung durch Auszug. Im nächsten Schritt wurde festgestellt, dass der Mann sich erst ab Zugang der schriftlichen Zahlungsaufforderung in Verzug befand und nichts rückwirkend zahlen muss. Sodann prüfte das Gericht, dass die Nutzungsentschädigung nicht durch eine Unterhaltsberechnung verdrängt worden sei. Denn wenn der Wohnvorteil bereits im Rahmen der Unterhaltsbemessung entweder den Bedarf des Unterhaltsberechtigten gemindert oder die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten erhöht hat, entspricht eine Nutzungsvergütung regelmäßig nicht der Billigkeit.
Bei der Höhe richtete sich das OLG allerdings nicht strikt nach dem Mietspiegel, das sei die Obergrenze. Die von der Frau bezifferten 2.000 € mtl. fand das OLG zutreffend. Diese sei aber ggf. unter Billigkeitsgesichtspunkten unter Berücksichtigung der gesamten Lebensverhältnisse der Ehegatten zu korrigieren.
Vor Ablauf des ersten Trennungsjahres kam ohnehin nicht der volle Mietwert, sondern lediglich die für eine angemessene kleinere Wohnung zu entrichtende Miete in Betracht – das waren hier 500 €.
Doch auch danach schuldete der Ehemann nur 1.000 € mtl., weil er den Nutzungswert an der Immobilie nicht alleine, sondern (im Einvernehmen mit der Mutter) zusammen mit der gemeinsamen Tochter zog und für diese keinen Unterhalt erhielt.
OLG Zweibrücken - Beschluss vom 06.07.2021
2 UF 61/21
Wer auszieht, ohne dass etwas geregelt ist, und sechs Monate ausgezogen bleibt, ohne seine Rückkehrabsicht zu dokumentieren, verwirkt das Recht, wieder einzuziehen! Daran ändert auch das Miteigentum nichts.
Sie müssen sich also zeitig nach Ihrem Auszug anwaltlich beraten lassen, bevor die 6-Monatsfrist ausläuft.
Das gilt jedenfalls während der Trennungszeit, bei Scheidung können die Karten neu gemischt werden.
Obwohl die 6-Monats-Frist während der Trennungszeit bereits abgelaufen war, hatte das Amtsgericht Frankfurt (Oder) mit Verbundbeschluss nicht nur die Ehe geschieden, sondern auch die Frau wieder in das gemeinsame Haus „eingewiesen“. Grund war, dass es keine Einigung über die Finanzierung gab und der Mann ohne Nutzungsentschädigung zu zahlen und der Frau die Kreditraten überlassend dort gewohnt hatte. Das wurde sanktioniert.
Das OLG bestätigte die Entscheidung:
„Soweit der Beschwerdeführer weiter reklamiert, dass „die einschlägigen Bestimmungen des § 1361b Abs. 4 BGB“ dem Nutzungsverlangen der Antragstellerin entgegen stehen, ist dieser Ansicht nicht zu folgen. Der Regelungsgehalt des § 1361b Abs. 4 BGB beschränkt sich auf die Zeit des Getrenntlebens. Die schon im Ansatz nur vorläufige Regelung der Nutzungsverhältnisse an der Ehewohnung während des Getrenntlebens bestimmt nicht zugleich auch die nach Rechtskraft der Scheidung endgültig zu regelnden Nutzungsverhältnisse am Familienheim.“
OLG Brandenburg, 31.03.2015 - 9 UF 272/14
Wenn Eheleute sich trennen, ist ein häufiger Konfliktpunkt, wer in der Wohnung bleiben darf. Dabei spielt es eine Nebenrolle, wer Eigentümer oder Mieter ist. Eine „Ehewohnung“ wird nach Billigkeitskriterien zugewiesen.
Im Fall des OLG Frankfurt waren die Eheleute bereits geschieden und teilten sich die Nutzung der 130-qm große Wohnung, die beiden zu 50% gehörte, immer noch. Die Besonderheit war hier, dass beide schon querschnittsgelähmt waren, als sie heirateten, und sich die Wohnung entsprechend behindertengerecht eingerichtet hatten.
Sowohl das Amtsgericht wie auch das OLG entschieden, dass die Frau ausziehen müsse, das OLG gab ihr nur noch ein halbes Jahr Zeit dafür.
Für die Zuweisung an den Mann sprach letztlich, dass es sich um sein Elternhaus gehandelt hatte, er dort schon vor dem Einzug der Frau gewohnt hatte und an diesem Ort verwurzelt sei. Sein Bruder wohne ebenfalls im Haus. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Mann eine in seiner Nähe wohnende Lebensgefährtin habe. Trotz seiner besseren wirtschaftlichen Verhältnisse sei er damit stärker auf die Nutzung der Ehewohnung angewiesen als die Frau, die insbesondere nicht über vergleichbar intensive Bindungen im Ort verfüge.
OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 18.05.2022 - 6 UF 42/22
Die Entscheidung zeigt, dass es im Einzelfall auf derartige Details ankommt.
Darauf, dass auch Geld der Frau in der Wohnung steckte, kam es für die Frage ihres Auszuges nicht an. Die Miteigentumsgemeinschaft wird nicht durch das Familiengericht aufgelöst, sondern notfalls durch Teilungsversteigerung. Bis dahin wird der Mann Nutzungsentschädigung zahlen müssen.
Häufiger Fall: Trennung, gemeinsames Haus oder Eigentumswohnung, einer bleibt wohnen, der andere wird ausgezahlt. Was die Ehegatten immer übersehen (wenn sie nicht gut anwaltlich beraten sind): Für den anschließenden Unterhalt spielt diese Umschichtung eine sehr große Rolle. Der Ehegatte, der ausgezogen ist und sich von dem Erlös eine neue Wohnung kauft, ist in der Regel ziemlich verwundert, wenn er deswegen mehr Unterhalt bezahlen soll als vorher.
BGH, Beschluss v. 09.04.2014 – XII ZB 721/12: „Setzt der aus der Ehewohnung gewichene Ehegatte den Verkaufserlös aus seinem früheren Miteigentumsanteil an der Ehewohnung für den Erwerb einer neuen Wohnung ein, tritt der Wohnvorteil der neuen Wohnung an die Stelle eines Zinses aus dem Erlös (im Anschluss an BGH, Urt. v. 01.10.2008 – XII ZR 62/07)“
Die Einigung über die Auflösung des Miteigentums am Haus sollte also unbedingt auch eine Einigung über den anschließenden Unterhalt enthalten.
Es ist also am falschen Ende gespart, wenn Sie Ihren Anwalt erstmals fragen, nachdem das Haus bereits "verteilt" ist".
Böse Falle:
Die Ehefrau behält das Haus, zahlt den Ehemann aus. Nun haben doch beide dasselbe erhalten, so dass man den Wohnvorteil der Frau nicht mehr beim Unterhalt berücksichtigen muss. Richtig? So dachte das OLG Rostock. Falsch, sagt der BGH.
Die Beteiligten streiten noch über nachehelichen Aufstockungsunterhalt. Beide Ehegatten sind Vollzeit erwerbstätig. Der Ehemann hat 2.870 € netto, die Ehefrau 1.967 € netto. Ehebedingte Nachteile in ihrem beruflichen Fortkommen haben beide Ehegatten nicht erlitten. Das frühere gemeinsame Familienheim bewohnt die Ehefrau inzwischen allein. Sie hat den Ehemann mit 50.000 € ausgezahlt. Der Ehemann verwendete das Geld, um für sich und seine neue Partnerin ein Wohnhaus zu errichten. Beide Ehegatten haben zur teilweisen Finanzierung der Immobilien jeweils ein Darlehen aufgenommen.
Das Oberlandesgericht Rostock hatte gemeint:
Bei der Einkommensberechnung der Ehefrau sei ein Wohnvorteil durch ihr mietfreies Wohnen in der ehemaligen Ehewohnung nicht zu berücksichtigen. Denn um sich den Wohnvorteil zu erhalten, habe sie dem Ehemann bereits 50.000 € für seinen früheren Miteigentumsanteil gezahlt. Nachdem der Ehemann die Summe zum Erwerb eines neuen Wohnhauses eingesetzt habe, profitierten beide Ehegatten in gleichem Ausmaß von dem Wert des früheren gemeinsamen Familienheims, so dass sich weder der eine noch der andere Ehegatte einen Wohnvorteil anrechnen lassen müsse.
Anders der BGH:
Das Oberlandesgericht hat den Wohnvorteil zu Unrecht unberücksichtigt gelassen.
Beide haben einen Wohnvorteil. Soweit die Ehefrau die Auszahlung von 50.000 € bankfinanziert hat, kann sie jedenfalls die Zinsen absetzen. Die Tilgung kann sie insgesamt nur als Altersvorsorge absetzen (Kappung auf 4% des Bruttoerwerbseinkommens).
Dasselbe beim Mann: Auch er hat einen Wohnvorteil und kann Zinsen und ggf. Tilgung (gekappt) abziehen.
Hätte er kein Haus gebaut, sondern seine 50.000 € auf der Bank liegen und würde es schlecht verzinst bekommen, müsste er weniger Unterhalt an seine Ex-Frau zahlen.
BGH-Urteil vom 9. April 2014 · Az. XII ZB 721/12
Daraus ergibt sich:
Im Zusammenhang mit Auszahlungen aus der Immobilie brauchen Sie guten anwaltlichen Rat.
Es kann "nach hinten losgehen", wenn Sie zuerst die Immobilienfrage notarvertraglich lösen, ohne an die Auswirkungen auf den Unterhalt zu denken. Wenn Sie das tun, um "das Haus aus dem Streitwert zu nehmen", dann ist das ein Denkfehler, den Sie teuer bezahlen, denn ein Haus, das beiden je zu 1/2 gehört, erhöht ohnehin weder bei den Scheidungskosten noch beim Zugewinnausgleich den Streitwert.
Dass unterhaltsrechtlich auch die Belastungen zu berücksichtigen sind, die neu zwecks Auszahlung des Miteigentümer-Ehegatten aufgenommen werden müssen, hatte der BGH am 1.12.2004 - XII ZR 75/02 und 11.5.2005 - XII ZR 211/02 entschieden.
Eine Binsenweisheit: Man muss nicht verheiratet sein, um gemeinsam ein Haus zu kaufen.
Was folgt daraus? Man kann geschieden werden, ohne dass sich damit am Haus etwas ändert. Der Scheidungsrichter interessiert sich nicht für Miteigentum. Das gehört ja halbe-halbe und muss daher nicht verteilt werden.
Letzter gerichtlicher Rettungsanker, wenn man sich gar nicht einigen kann, ist damit nur das Versteigerungsgericht. Man stellt einen Antrag auf Teilungsversteigerung, Zwangsversteigerung. Das ist oft nachteilig für beide - günstig allenfalls für den, der es dann ersteigert - über die Konsequenzen müssen Sie sich auf jeden Fall vorher gut beraten lassen.
„Das ist auch mein Haus, darum darf ich jederzeit eintreten“ – dieser Rechtsirrtum ist nach Trennung von Eheleuten an der Tagesordnung. Falsch! Ein Ehepartner hat, wenn er aus der gemeinsamen Immobilie endgültig ausgezogen ist (gesetzliche Vermutung: nach sechs Monaten), kein Recht auf Zutritt ohne Vorliegen besonderer Gründe. Das OLG Bremen hatte zu entscheiden, ob Zutritt mit einem Makler oder Kaufinteressierten einen solchen besonderen Grund hergibt.
Der Fall:
Die Eheleute waren je zu ½ Miteigentümer des Hauses, der Mann wohnte weiter darin. Der Mann hatte ein Teilungsversteigerungsverfahren eingeleitet, die Frau wollte sich lieber um freihändigen Verkauf kümmern. Sie hat einen Makler mit dem Verkauf dieses Hausgrundstücks beauftragt und fordert Zutritt für diesen, den der Mann jedoch verweigert.
AG und OLG lehnten den Antrag der Frau ab!
Die Entscheidung:
Grundsätzlich steht jedem Miteigentümer nach § 743 Abs. 2 BGB ein Mitbenutzungsrecht zu. Zwischen den Beteiligten ist es jedoch im Zuge der Trennung zu einer konkludenten Neuregelung der Nutzung der Immobilie dergestalt gekommen, dass diese fortan allein vom Mann bewohnt wird. Somit besteht kein uneingeschränktes Zutrittsrecht der Antragstellerin mehr. Das Betreten und die Besichtigung der vormals gemeinsam genutzten Ehewohnung durch den ausgezogenen Miteigentümer sei eine nicht hinzunehmende Verletzung der nach Art. 13 GG geschützten Privatsphäre.
Ob ein besonderer Grund dann vorliegen kann, wenn es um den Wunsch nach Besichtigung durch Biet-Interessenten während des Teilungsversteigerungsverfahrens (§ 753 BGB) geht, ist streitig. Dieser Streit konnte hier dahinstehen, weil es der Frau gerade nicht um eine Besichtigung während des Teilungsversteigerungsverfahrens geht, sondern um die Besichtigung zwecks Vorbereitung eines freihändigen Verkaufs.
Die Weigerung des Mannes ist nicht als treuwidrig anzusehen, weil grundsätzlich keine Verpflichtung besteht, zur Vermeidung einer Teilungsversteigerung einer einverständlichen Lösung zuzustimmen. Denn das Gesetz sieht zwar einen Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft gem. §§ 749 ff. BGB vor, aber keinen Anspruch des Miteigentümers auf freihändigen Verkauf.
Daher macht der Mann sich auch nicht schadenersatzpflichtig.
OLG Bremen, Beschluss v. 22.08.2017 - 5 WF 62/17
Schlussfolgerung:
Warum mag der Mann sich so destruktiv verhalten? Vermutlich will er im Teilungsversteigerungsverfahren mitbieten und hat im Ergebnis mehr davon als vom freihändigen Verkauf an Dritte.
Der Ehegatte, der nicht selbst in der Immobilie wohnen will, kann keine gerichtliche Wohnungszuweisung zum Zweck von Vermietung oder Verkauf erreichen. Auch sonst gibt das Familienrecht keine Anträge her, sich aus der Miteigentumsgemeinschaft zu verabschieden. Letzter gerichtlicher Rettungsanker, wenn man sich bei der Aufteilung des Miteigentums am Haus gar nicht einigen kann, ist damit nur das Versteigerungsgericht.
Sie finden weiter unten einen Link zu weiteren Informationen über Teilungsversteigerung.
Sie haben Ihr gemeinsames Haus bei einer Bank finanziert. Das wäre ein typischer Fall. Sie haben mit der Bank einen Zinssatz fest vereinbart für eine bestimmte Laufzeit. Als sie das taten, glaubten Sie daran, bis zum Ablauf dieser Frist und länger als Eheleute / Familie in Ihrem Häuschen zu wohnen. Manches kommt aber anders als man denkt - und die Bank lässt sich das Scheitern Ihres Traumes bezahlen.
Wann muss man die Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen?
Immer dann, wenn Sie vor Ablauf der Zinsbindungsfrist das Darlehen ablösen möchten. Das wird jedenfalls der Fall sein, wenn Sie das Haus an Dritte verkaufen. In der Regel können die Käufer Ihr Darlehen nicht übernehmen. Für die Käufer erfolgt eine eigene Bonitätsprüfung, oft verbunden mit einem persönlichen Zinssatz. Die Käufer schließen einen neuen Vertrag ab, vielleicht sogar bei einer anderen Bank. Manche Banken handhaben dies sogar so, wenn einer der Eheleute aus Eigentum und Darlehen aussteigen und der andere es allein übernehmen will. Ein frühzeitiges Gespräch mit Ihrer Bank ist wichtig! Je nach Höhe der VFE werden Sie vielleicht entscheiden, den Verkauf bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist zu verschieben.
Wie hoch kann die VFE sein?
Das kann Ihnen nur Ihre Bank konkret ausrechnen. Um sich einen unverbindlichen (!) Überblick über die Größenordnung zu verschaffen, kann ich Ihnen einen Internetrechner der Interhyp, kostenlos und ohne Download, empfehlen.: https://www.interhyp.de/interhyp/servlet/interhyp?view=showPrepayCalculator&STYLE=b2c
Die VFE wird einfach auf Ihre bisherigen Schulden draufgesattelt. Zahlt der Käufer, nimmt sich die Bank, was ihr zusteht, einschliesslich der VFE. Im Innenverhältnis zwischen den Ehegatten ist zu klären, ob beide hälftig dafür haften. Dies wird bei gemeinsamem Eigentum am Haus der Regelfall sein.
Vielleicht haben sie Glück, und können den "Widerrufsjoker" ziehen.
BGH 19.1.2016: AGB der Bank sind oft nicht wirksam
Bei Trennung/Scheidung muss oft das Eigenheim verkauft werden. Die Bank fragt sich dann eine Vorfälligkeitsentschädigung. Der BGH hat jetzt die Rechte von Bankkunden bei vorzeitigem Kreditausstieg gestärkt. Auch Verbraucher, die in letzter Zeit ihren Kredit vorzeitig abgelöst hatten, könnten Geld von der Bank zurückbekommen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.01.2016, Az. XI ZR 388/14).
Die vor allem bei Immobilienfinanzierungen verbreiteten Klauseln waren zuletzt auch im Zusammenhang mit vermeintlich fehlerhaften Widerrufsbelehrungen in der Diskussion: Verbraucherschützer hatten auf den „Widerrufs-Joker“ hingewiesen, mit denen in vielen Fällen vertraglich vereinbarte Vorfälligkeitsgebühren sogar ganz vermieden werden könnten.
Zusätzlich hatte ein Verbraucherschutzverein eine Sparkasse verklagt, weil die Vorfälligkeitsentschädigung zu hoch berechnet gewesen sei. Hierüber entschied der BGH am 19.1.2016. Streitpunkt waren die zukünftigen möglichen Sondertilgungen. In den AGB der Sparkasse stand nämlich, dass künftige Sondertilgungsrechte beim Gesamtbetrag der Vorfälligkeitsgebühren nicht berücksichtigt werden sollen. Eine solche Vertragsklausel führt nach den BGH-Richtern letztlich zu einer Überkompensation des „Zinsschadens“ und damit zu einer unzulässigen Bereicherung der Bank. Die Klausel ist deshalb mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, unvereinbar und benachteiligt die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen – also unwirksam.
BGH, Urt. v. 19.01.2016 - XI ZR 388/14
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 19.01.2016
Weil die VFE die kapitalisierte Summe der künftigen Zinsen ist, kann sie nicht als latente Belastung beim ZUgewinn abgezogen werden.
Wenn im Zusammenhang mit Trennung/Scheidung ein Darlehen vorzeitig abgelöst werden soll, weil ein Ehegatte das Haus allein behalten will oder beide es verkaufen wollen, dann stellt sich die Frage, wie hoch wohl die Zusatzkosten – Vorfälligkeitsentschädigung VFE – sein mögen.
Das weiß die Bank, aber die gibt dieses Wissen oft nur gegen eine Gebühr preis.
Nicht zulässig: Das Errechnen der Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung im Fall der vorzeitigen Rückführung eines Darlehens gehört zu den vertraglichen Nebenpflichten einer Bank gegenüber Verbrauchern. Die Bank darf dafür kein gesondertes Entgelt verlangen. Das hat das OLG Frankfurt entschieden und eine Bank verurteilt, die Verwendung einer entsprechenden Gebührenklausel (Pauschale von 100 €) zu unterlassen.
Aus den Gründen: Der Darlehensnehmer habe ein Informationsbedürfnis. Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sei komplex und beinhalte Rechenoperationen, die für den durchschnittlichen Verbraucher schwer nachzuvollziehen seien.
Die Bank könne dagegen die Entschädigung mithilfe eines Computerprogramms ohne großen Aufwand errechnen. Die Berechnung stelle damit keine zusätzliche Sonderleistung dar, die einer gesonderten Vergütung unterliege. Dies gelte unabhängig davon, ob es tatsächlich zur vorzeitigen Rückführung komme oder nicht.
Dass die jeweilige Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung mit einem Verwaltungsaufwand einhergehen kann, habe diese nach der vertraglichen Abrede hinzunehmen.
OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 14.12.2022 - 17 U 132/21
Die Übertragung eines Grundstücks an den Ehegatten kann auch unter Anrechnung auf den Zugewinnausgleich ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft (§ 23 EStG) bilden.
Das BFH- Urteil vom 14.02.2023 - IX R 11/21 hat die Überlassung der Ehewohnung an den anderen Ehegatten als steuerschädlich beurteilt, auch wenn dort ein minderjähriges Kind wohnt.
Private Hauseigentümer müssen normalerweise keine Spekulationssteuer fürchten.
Außer: man trennt sich, zieht aus und verkauft dann erst später.
Um vor Ablauf von 10 Jahren steuerfrei veräußern zu können, darf es nicht als privates Veräußerungsgeschäft gelten. Die Haltefrist von 10 Jahren gilt nicht, wenn die Immobilie zumindest im Jahr des Verkaufs und im zweiten Jahr vor dem Verkauf zumindest an einem Tag und im Jahr vor dem Verkauf volle zwölf Monate zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (§ 23 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Satz 3 Alternative 2 ESTG).
Der Ehegatte kann dem auch nicht einwenden, dass beispielsweise die Veräußerung auf einer Zwangslage beruht. Der Grund, warum eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren veräußert wird, spielt nämlich bei der Beurteilung, ob ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG vorliegt, keine Rolle.
Im BFH-Urteil vom 03.09.2019 - IX R 10/19 - gab es die Fallgestaltung, dass ein Ehegatte ausgezogen und abgemeldet war, bevor das Haus im selben Jahr verkauft wurde:
"Verkauft der Steuerpflichtige eine Immobilie, die er vor weniger als zehn Jahren entgeltlich erworben und seitdem zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, muss er den Veräußerungsgewinn auch dann nicht versteuern, wenn er die Wohnung im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet hatte."
Ist die Solaranlage wesentlicher Bestandteil des Hauses?
Dazu gibt es zwei widersprechende Entscheidungen:
OLG Nürnberg:
Nein, wenn sie
• nicht zur Stromversorgung des Hauses beiträgt (Einspeisevergütungen egal),
• ohne einen unverhältnismäßigen Aufwand und ohne Verursachung von Beschädigungen vom Gebäude getrennt und andernorts wieder installiert werden kann.
Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom10.10.2016 (14 U 1168/15)
Anders hatte aber z. B. das Landgericht Passau in seinem Beschluss vom 28. Februar 2012, Az. 2 T 22/12 geurteilt:
Zwar sah man auch dort, dass sog. Aufdachanlagen leicht und beschädigungsfrei von der Gebäudesubstanz zu trennen sind und nicht Bestandteile eines Gebäudes werden.
Allerdings seien derartige Aufdachanlagen bewegliche Sachen, die dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache im Sinne des § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB zu dienen bestimmt sind:
„Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der von den Anlagen erzeugte Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist und nicht im Gebäude selbst verbraucht wird. Die Auffassung des Amtsgerichts, die Zubehöreigenschaft der Photovoltaikanlagen sei schon aus diesem Grund zu verneinen, greift zu kurz.
Übersehen wird dabei nämlich, dass das Grundstück in dem Moment, in dem auf ihm eine Photovoltaikanlage in Betrieb genommen wird, nicht mehr nur allein zu Wohnzwecken genutzt wird. Vielmehr begründet der Betrieb der Solaranlage eine auch gewerbliche Nutzung des fraglichen Grundstücks, insbesondere der auf dem Gebäude befindlichen Dachflächen.
Wird aber ein Grundstück in verschiedener Weise genutzt (beispielweise als Wohn- und Geschäftshaus), kann es für jeden Nutzungszweck unterschiedliches Zubehör haben (BGH 85, 234/37), Das Zubehör dient dem Zweck der Hauptsache, wenn es deren zweckentsprechende Verwendung ermöglicht oder fördert. Insbesondere stellt das Inventar, das einem bestimmten gewerblichen Betrieb auf Dauer dienen soll, regelmäßig Zubehör dar. Die Solaranlage ermöglicht die Nutzung der Dachflächen zur Gewinnung von Strom, dient somit der Gewinnerzielung und folglich der gewerblichen Nutzung des Grundstücks.
Die Situation ist vergleichbar damit, dass in einem bisher nur zu Wohnzwecken genutzten Gebäude ein Teil der Räumlichkeiten fortan zu gewerblichen Zwecken genutzt wird, deren Inventar damit auch Zubehör des Grundstücks wird.
Das zwischen der Hauptsache und dem Zubehör erforderliche Über- und Unterordnungsverhältnis ist gegeben, insbesondere ist das Grundstück nach seiner objektiven Beschaffenheit (insbesondere der Dachausrichtung) dauerhaft für den gewerblichen Betrieb eingerichtet. Zwar erfolgt die Erzeugung des Stroms letztlich durch die Solarkollektoren, maßgeblich bleibt aber, dass für die Erzeugung des Stroms eine gewisse (Dach)fläche erforderlich ist, sodass das geforderte Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den letztlich zur Stromerzeugung erforderlichen Geräten und der primär zur Stromgenerierung erforderlichen Grundstücksfläche gegeben ist.
Dadurch, dass die Solaranlagen mit dem Dach des Gebäudes verschraubt sind, besteht auch der von § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB geforderte räumliche Zusammenhang zwischen den Modulen und der Hauptsache.
Die Einschränkung in § 97 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach eine Sache dann nicht Zubehör ist, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird, greift hier nicht ein. Eine entsprechende Verkehrsanschauung hat sich bislang nicht herausgebildet.
Bei den Solaranlagen handelt es sich auch nicht um Scheinzubehör im Sinne von § 97 Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach begründet die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck einer anderen nicht die Zubehöreigenschaft. Die Solaranlagen dienen hier der dauerhaften Stromerzeugung. Eine zeitliche Einschränkung der Nutzung ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere handeln die Benutzer hier auch nicht in Ausübung eines zeitlich begrenzten Nutzungsrechts, was ebenso wie im Rahmen des § 95 Abs. 2 BGB die Vermutung begründen würde, dass lediglich eine vorübergehende Verbindung beabsichtigt ist.
Der Einordnung der Solaranlagen als Zubehör steht auch § 68 Bewertungsgesetz nicht entgegen. Zwar sind gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bewertungsgesetz Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen) nicht in das Grundvermögen einzubeziehen. Die Vorschriften des Bewertungsgesetzes sind jedoch für die zivilrechtliche Einordnung nicht von Relevanz, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bewertungsgesetz ergibt, wonach Betriebsvorrichtungen sogar dann nicht in das Grundvermögen einzubeziehen sind, wenn es sich um wesentliche Bestandteile handelt. Zudem gelten die besonderen Bewertungsvorschriften gemäß § 17 Bewertungsgesetz allein nach Maßgabe der jeweiligen Einzelsteuergesetze, eine zivil rechtliche Relevanz fehlt.
Die Problematik, ob Photovoltaikanlagen der Gegenstand der Zwangsversteigerung sind, sofern sie als Aufdachanlagen konstruiert sind und ihre Nutzungsdauer nicht durch entsprechende Vereinbarungen eingeschränkt ist, stellt sich in einer Vielzahl von Fällen. Eine ober- oder höchstrichterliche Klärung dieser Frage liegt bislang nicht vor.“
Der Sachverhalt:
Die Eheleute stritten um Zugewinnausgleich. Dabei war die Rechtsfrage, wie die Hausdarlehen im Endvermögen zu berücksichtigen seien. Der BGH erklärt, dass im Grundsatz beide je zur Hälfte haften, außer es gebe eine überlagernde Unterhaltsberechnung oder sonst eine abweichende konkludente Verabredung z.B. dadurch, dass der Mann, der immer schon alleine zahlte, nach der Trennung das Haus alleine nutzt.
Aus den Gründen:
Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die güterrechtlichen Vorschriften über den Zugewinnausgleich den Gesamtschuldnerausgleich nicht verdrängen, und zwar unabhängig davon, ob die Leistung eines gesamtschuldnerisch haftenden Ehegatten vor oder nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens erbracht worden ist. Denn bei richtiger Handhabung der güterrechtlichen Vorschriften vermag der Gesamtschuldnerausgleich das Ergebnis des Zugewinnausgleichs nicht zu verfälschen. Die Tilgung der Gesamtschuld durch einen der haftenden Ehegatten bewirkt im Regelfall keine Veränderung der für die Ermittlung des Zugewinns maßgeblichen Endvermögen, wenn die Gesamtschuld wirtschaftlich zutreffend, d.h. unter Beachtung des gesamtschuldnerischen Ausgleichs, in die Vermögensbilanz eingestellt wird.
Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB haften Gesamtschuldner zu gleichen Anteilen, wenn nicht ein anderes bestimmt ist. Eine abweichende Bestimmung kann sich aus dem Gesetz, einer Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben.
Unstreitig sind die Darlehen für das den Parteien gemeinsam gehörende Wohnungseigentum aufgenommen worden. Wie das Kammergericht zutreffend angenommen hat, lässt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen über die Bruchteilsgemeinschaft, insbesondere den §§ 748, 755 BGB, der Grundsatz ableiten, dass die Teilhaber für Verbindlichkeiten, die sie in Bezug auf den gemeinschaftlichen Gegenstand eingegangen sind, im Innenverhältnis nach dem Verhältnis ihrer Anteile an dem Gegenstand haften, wenn sich nicht aus einer Vereinbarung oder besonderen Umständen des Falles etwas anderes ergibt.
Die Miteigentumsgemeinschaft wurde allerdings durch die eheliche Lebensgemeinschaft der Parteien überlagert. Daraus können sich für ihr Verhältnis als Miteigentümer und Gesamtschuldner der aufgenommenen Kredite Abweichungen gegenüber den Regeln der Bruchteilsgemeinschaft ergeben. Für die Zeit bis zum Scheitern der Ehe kann es nahe liegen, die alleinige Haftung des Beklagten für die Darlehensschulden aus der konkreten Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse zu folgern.
Mit dem Scheitern der Ehe haben sich die für die jeweiligen Leistungen maßgeblichen Umstände aber geändert; der Grund für die frühere Handhabung ist damit entfallen. Denn nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht im Allgemeinen kein Anlass mehr für einen Ehegatten, dem anderen eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen, weil das Gegenseitigkeitsverhältnis, in dem die beiderseitigen Beiträge zur gemeinsamen Lebensführung gestanden haben, aufgehoben ist. Es müssen deshalb andere Um-stände aufgezeigt werden, um eine anteilige Haftung desjenigen Ehegatten, der die Zahlungen nicht erbracht hat, für die - hier allein maßgebliche - Zeit nach Erhebung der Scheidungsklage auszuschließen.
Denkbar wäre etwa, eine anderweitige Bestimmung, die die grundsätzliche Haftung von Gesamtschuldnern im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verdrängt, anzunehmen, wenn die alleinige Schuldentilgung durch einen der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten bei der Berechnung des dem anderen geschuldeten Unterhalts berücksichtigt wurde. Denn dies kann zu einer dem hälftigen Schuldenabtrag nahezu entsprechenden Reduzierung des Unterhalts und damit wirtschaftlich zu einer mittelbaren Beteiligung des Unterhaltsberechtigten am Schuldenabtrag führen.
Eine anderweitige Bestimmung kann im Einzelfall auch dann angenommen werden, wenn die tatsächliche Handhabung, nämlich die weitere Nutzung der Immobilie durch eine Partei, die während dieser Zeit auch die Lasten getragen hat, auf eine (stillschweigende) Vereinbarung des Inhalts schließen lässt, dass es damit hinsichtlich des internen Ausgleichs sein Bewenden haben soll, weil Nutzung und Leistung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.
Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht im Hinblick auf die bestehende Miteigentumsgemeinschaft mangels anderweitiger Bestimmung davon ausgegangen ist, dass die Parteien nach dem Scheitern der Ehe, jedenfalls aber von der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens an, entsprechend ihren Miteigentumsanteilen, also zu je 1/2, im Innenverhältnis für die die Immobilie betreffenden Verbindlichkeiten aufzukommen haben. Dass ein Gesamtschuldner zum internen Ausgleich finanziell nicht in der Lage ist, stellt keinen ausreichenden Grund dar, ihn von der Mithaftung im Innenverhältnis freizustellen.
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09
Das Paar ist noch verheiratet, lebt aber seit 9 Jahren getrennt. Das Scheidungsverfahren läuft schon. Die Frau verlangt von ihrem Mann, Zins- und Tilgungsleistungen zur Hälfte zu erstatten, die sie während der Trennungszeit bezahlt hat. Es ging dabei um Darlehen, die sie allein aufgenommen hatte, um das Familienwohnheim zu finanzieren. Hier gab es eine Besonderheit: Gegenüber dem Finanzamt hatte die selbstständige Apothekerin den Kredit als betriebliches Darlehen und die Zinsen als Werbungskosten abgesetzt. Steuerlich hatten die Ehepartner eine getrennte Veranlagung gewählt. Daraus hatte der Mann geschlossen, dass die Frau die Kosten auch im Innenverhältnis alles allein übernehmen würde. Das sah der BGH anders. Er hielt dem Mann entgegen, dass er von den steuerlichen Vorteilen des Zweikontenmodells sogar profitiere, weil das Familieneinkommen dadurch erhöht wurde, dass die Darlehenszinsen steuerlich abgesetzt wurden. Ein Ausgleichsanspruch der Frau sei also nicht ausgeschlossen. Das muss nun vom Berufungsgericht erneut geprüft werden.
BGH XII ZR 160/12, Urteil vom 25.3.2015
Nutzt ein Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit Duldung des anderen das im hälftigen Miteigentum beider stehende Haus nach der Trennung weiterhin und trägt wie bisher die Lasten, ohne zu erkennen zu geben, einen hälftigen Ausgleich geltend machen zu wollen, und ohne dass der andere Partner ihm ein Nutzungsentgelt abverlangt, so ist sein Ausgleichsanspruch in Höhe des hälftigen Nutzungswerts des Anwesens beschränkt.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2018 - XII ZR 108/17
Der Fall:
Es handelte sich um ein lesbisches Paar, das seit 2002 ohne „Lebenspartnerschaft“ oder Ehe zusammen lebte. Der Fall ist auf heterosexuelle nichteheliche Lebensgemeinschaften übertragbar.
Frau 1 hatte ein halbes Haus, die andere Hälfte gehörte ursprünglich „einem Dritten“, vielleicht ein Expartner. Von diesem kaufte sie 2004 die zweite Hälfte ab und übertrug sie an Frau 2.
Das Haus war noch mit einem Darlehen belastet, für das Frau 2 nun im Innenverhältnis zur Hälfte und im Außenverhältnis gesamtschuldnerisch mithaftete.
2011 zog Frau 2 aus, bis Ende 2013 lebte Frau 1 dort alleine.
Eine Weile verhandelten beide darüber, dass sie das Haus übernehme, die Verhandlungen scheiterten oder schliefen ein – jedenfalls zog Frau 1 2013 auch aus.
Mitte 2014 wurde das Haus verkauft und jede bekam die Hälfte des Erlöses (nach Abzug der offenen Darlehen).
In der Zeit von 2011 (Auszug der Partnerin) bis 2014 (Verkauf des Hauses) hatte Frau 1 alle Kosten getragen, auch die Darlehen alleine bedient, und wollte davon nun die Hälfte zurück. Sie klagte.
Einen „Nutzungsentschädigungsanspruch“ hatte Frau 2 seinerzeit nie verlangt, verteidigte sich aber jetzt damit gegen die Klage und wollte aufrechnen.
Die Darlehensraten waren kleiner als der objektive Marktmietwert des Hauses.
Die Gerichte differenzierten zwischen dem Zeitraum, in dem Frau 1 das Haus noch bewohnt hatte, und der Zeit nach ihrem Auszug (Leerstand bis zum Verkauf).
Aus den Gründen des BGH:
Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis zutreffend für den Zeitraum 2011 bis einschließlich November 2013 einen Anspruch der Klägerin auf Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 Abs.1 BGB bzw. auf anteiligen Ausgleich der für die Bruchteilsgemeinschaft erbrachten Aufwendungen mit Blick auf die alleinige Nutzung des Anwesens durch die Klägerin verneint.
Im Ausgangspunkt hat das Oberlandesgericht richtig erkannt, dass der Klägerin gegen die Beklagte ab dem Ende der Lebensgemeinschaft und damit der gemeinsamen Haushaltsführung Ausgleichsansprüche wegen der ab diesem Zeitpunkt fällig werdenden und von ihr getragenen Zins- und Tilgungsraten auf die Darlehen und wegen der Hausunterhaltungskosten zustehen können, wenn ihre Leistung an die Gläubiger ihre Haftungsquote im Innenverhältnis zur mithaftenden Beklagten übersteigt. Diese Ansprüche folgen, soweit die Parteien für die Darlehen als Gesamtschuldner haften, aus § 426 Abs.1 BGB. Daneben können sie sich unabhängig vom Bestehen einer Gesamtschuld auch aus den Vorschriften der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 748, 755 BGB) ergeben, da die Parteien hälftige Miteigentümerinnen des Hausanwesens waren.
Denn es entspricht im Zweifel dem Willen der Bruchteilseigentümer, dass derjenige Teilhaber einen entsprechenden Erstattungsanspruch hat, der im Einverständnis mit den übrigen Teilhabern Aufwendungen zugunsten der Gemeinschaft macht. Um derartige Aufwendungen geht es hier. (…)
Auch bei bestehender nichtehelicher Lebensgemeinschaft kann "aus der Natur der Sache", also der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens, zu folgern sein, dass - wenn die Partner nicht etwas Besonderes unter sich geregelt haben - persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Insofern werden etwa Beiträge geleistet, sofern Bedürfnisse auftreten und, wenn nicht von beiden, so von demjenigen erbracht, der dazu in der Lage ist. Nach der Rechtsprechung des Senats kommen zwar nach Beendigung einer solchen Lebensgemeinschaft wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung geschaffen wurde, Ausgleichsansprüche nach Gesellschaftsrecht, ungerechtfertigter Bereicherung (§812 Abs.1 Satz 2 Alt. 2 BGB) oder nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht.
Ausgleichsansprüche scheiden jedoch grundsätzlich hinsichtlich solcher Leistungen aus, die das Zusammenleben in der gewollten Art erst ermöglicht haben, die also auf das gerichtet sind, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt.
Wegen solcher Leistungen kann auch die grundsätzliche Haftung der Gesamtschuldner zu gleichen Teilen im Innenverhältnis im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch anderweitige Bestimmung in dem Sinne überlagert sein, dass nur einer der Partner bestimmte Leistungen zu erbringen hat (Senatsurteil vom 3. Februar 2010 – XII ZR 53/08 - FamRZ 2010, 42 Rn. 11 mwN).
Eine derartige abweichende Regelung der Parteien hat das Oberlandesgericht festgestellt: Die Klägerin beglich die Grundstückskosten und die Beklagte zahlte hier auf monatlich 200 €.
Mit dem Scheitern der Beziehung entfällt jedoch regelmäßig der Grund für eine von der hälftigen Ausgleichsregel abweichende Gestaltung. Denn nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft besteht für einen Partner im Zweifel kein Anlass mehr, dem anderen eine weitere Vermögensmehrung zukommen zu lassen.
Das bedeutet indessen noch nicht, dass damit die hälftige Ausgleichsregelung ohne weiteres wieder zum Tragen kommt.
Es ist vielmehr danach zu fragen, ob an die Stelle derjenigen Rechtsbeziehungen, die durch die Besonderheiten der Lebensgemeinschaft geprägt waren, eine andere rechtliche oder tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse tritt, die in ähnlicher Weise wie zuvor Einfluss auf das Ausgleichsverhältnis nehmen kann. Denkbar sind nämlich auch andere Umstände, die - als anderweitige Bestimmung - einem hälftigen Ausgleichsanspruch eines Partners nach Scheitern der Beziehung entgegenstehen können.
Nutzt ein Ehegatte mit Duldung des anderen das Haus nach der Trennung weiterhin und trägt wie bisher die Lasten, ohne zu erkennen zu geben, einen hälftigen Ausgleich geltend machen zu wollen, und ohne dass der andere Ehegatte ihm ein Nutzungsentgelt abverlangt, so kann darin nach gefestigter Rechtsprechung ein solcher Umstand zu sehen sein.
Zwar löst die alleinige Nutzung durch einen Teilhaber normalerweise noch keine Entschädigungsrechte des anderen Teilhabers aus. Dass dieser seine Befugnis zum Mitgebrauch aus § 743 Abs.2 BGB nicht wahrnimmt, ist für sich genommen kein Grund für eine von der hälftigen Ausgleichsregel abweichende Lastenverteilung. Eine Nutzungsentschädigung steht dem weichenden Teilhaber frühestens ab dem Zeitpunkt zu, ab dem er gemäß § 745 Abs. 2 BGB eine Neuregelung der Verwaltung und Benutzung verlangen kann und auch tatsächlich mit hinreichender Deutlichkeit verlangt.
Gleichgültig, ob der Anspruch auf Neuregelung auf eine Geldentschädigung oder darauf gerichtet ist, dass der nutzende Teilhaber die Lasten allein übernimmt, wirkt er jedenfalls nur ex nunc.
Das bedeutet andererseits aber nicht, dass die alleinige Nutzung des im Haus verbleibenden Ehegatten bei der Beurteilung seines Ausgleichsanspruchs und der Frage, ob eine anderweitige Bestimmung im Sinne der Ausgleichsregeln des § 426 BGB und der Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft vorliegt, nicht berücksichtigt werden dürfte.
Insoweit spielt zum einen eine Rolle, dass eine gemeinschaftliche Berechtigung von Ehegatten auch nach dem Scheitern ihrer Ehe mit anderen Maßstäben zu messen ist als eine übliche Bruchteilsgemeinschaft.
Bei letzterer ist es einem Teilhaber in der Regel zuzumuten, von seinem Nutzungsrecht Gebrauch zu machen. Er kann sich durch freiwilligen Nichtgebrauch nicht seiner Pflicht zur anteiligen Lastentragung entziehen, sondern wird davon allenfalls frei, wenn ihm der Mitgebrauch durch den anderen Teilhaber absichtlich entzogen oder sonst verweigert wird.
Haben dagegen Ehegatten ein in ihrem Miteigentum stehendes Haus gemeinsam als Ehewohnung genutzt und scheitert ihre Lebensgemeinschaft, ist dem trennungswilligen Ehegatten ein weiteres Zusammenleben unter einem Dach in aller Regel nicht mehr zumutbar, auch wenn ihm der andere Ehegatte die Mitbenutzung in Gestalt einer Aufteilung der Räumlichkeiten anbietet.
Daher ergäbe sich die unbillige Konsequenz, dass der weiter nutzende und die Lasten tragende Ehegatte rückwirkend einen hälftigen Ausgleichsanspruch hätte, während dem weichenden Ehegatten nur ein in die Zukunft wirkender Anspruch auf Neuregelung bzw. Nutzungsentgelt zustünde, mit dem er die bisher aufgelaufenen Ausgleichsansprüche nicht abwehren könnte. Dies wäre insbesondere dann unbillig, wenn die Ehegatten nach der Trennung zunächst stillschweigend von der bisherigen Handhabung ausgegangen sind und der weichende Ehegatte nicht sogleich ein Nutzungsentgelt verlangt hat, sondern die alleinige Nutzung des Hauses durch den anderen hinnimmt und darauf vertraut, dass dieser dafür auch die Lasten trägt.
Deshalb ist in einer solchen Fallgestaltung der Ausgleichsanspruch des die Lasten tragenden Ehegatten von vornherein gemäß § 242 BGB beschränkt, ohne dass es - wie hier das Oberlandesgericht meint - einer Aufrechnungserklärung des weichenden Ehegatten bedürfte.
Je nachdem, in welchem Verhältnis der Nutzungswert einerseits und die Lasten und Kosten andererseits stehen, kann sich ein Restausgleich ergeben oder ein Ausgleich ganz ausscheiden.
Dadurch wird der Ehegatte, der das gemeinschaftliche Haus nicht nutzt, ebenso gestellt, als wenn er einen rückwirkenden Nutzungsentgeltanspruch dem anderen Ehegatten im Wege der Einwendung entgegenhalten würde.
Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der von der Revision zitierten vereinzelten Kritik fest. Das insoweit angeführte Argument, dem Bleibenden werde die Nutzung in aller Regel "aufgedrängt", ist als Abgrenzungskriterium ungeeignet.
Billigt man dem trennungswilligen Ehegatten das Recht zu, auszuziehen, dann verbleibt notwendiger Weise (erst einmal) der andere Ehegatte im gemeinsamen Anwesen. Es ist ihm dann jedoch rechtlich unbenommen, seinerseits sofort auf eine andere Benutzungsregelung zu dringen und insbesondere die hälftige Beteiligung des anderen Ehegatten an den Hauslasten zu verlangen, oder ggf. auch selbst die Nutzung aufzugeben.
Diese Rechtsprechung ist entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung auch auf nichteheliche Lebensgemeinschaften zu übertragen (aA offensichtlich - ohne nähere Begründung - OLG Koblenz FamRZ 2010, 1176, 1177).
Ausgangspunkt der Senatsrechtsprechung ist nicht der von der Verfassung gebotene Schutz der Ehe, sondern die gegenüber dem Normalfall der Bruchteilsgemeinschaft besondere Situation zweier Partner einer Lebensgemeinschaft, die hälftige Miteigentümer des vormals gemeinsam bewohnten Hausanwesens sind und denen trennungsbedingt die gemeinschaftliche Nutzung nicht mehr zuzumuten ist.
Für die sich daraus ergebenden Folgerungen macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine eheliche oder um eine nichteheliche Lebensgemeinschaft handelt, was das Oberlandesgericht - der Sache nach zutreffend - mit dem Begriff der emotional verbundenen Lebensgemeinschaft zum Ausdruck gebracht hat. Hier wie dort ist dem weichenden Partner eine Weiternutzung seines Miteigentums nicht zumutbar, woraus sich die Treu und Glauben widersprechende Diskrepanz zwischen dem ohne weiteres bestehenden Ausgleichsanspruch des das Haus weiter nutzenden und die Hauslasten tragenden Partners und dem von dem eindeutigen Verlangen abhängigen Nutzungsentschädigungsanspruch des weichenden Partners ergibt. Mithin geht es insoweit nicht um die - der Rechtsordnung auch in bestimmten vermögensrechtlichen Zusammenhängen nicht fremde Gleichbehandlung Nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit Ehen, sondern um die gleiche Beurteilung vergleichbarer Bruchteilsgemeinschaften. Es ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht im vorliegenden Fall den Ausgleichsanspruch der Klägerin als nach den vorstehenden Maßstäben beschränkt angesehen hat.
Die Klägerin hat das gemeinschaftliche Hausanwesen nach dem Auszug der Beklagten allein genutzt und die Hauslasten ab diesem Zeitpunkt (…) auch allein getragen.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Oberlandesgericht habe bei seiner Beurteilung klägerischen Vortrag übergangen, wonach die Klägerin noch vor dem Auszug der Beklagten von dieser verlangt habe, sich sofort mit der Hälfte an den gemeinsamen Grundstücksbelastungen zu beteiligen, so dass sich ein Vertrauen der Beklagten, nicht auf Ausgleich in Anspruch genommen zu werden, nicht habe bilden können.
Denn das Oberlandesgericht hat die von den Parteien im zeitlichen Zusammenhang mit dem Auszug der Beklagten geführten Verhandlungen über ihre wirtschaftliche Auseinandersetzung insgesamt gewürdigt. Dabei ist es zu dem auch von der Revision nicht in Zweifel gezogenen Ergebnis gelangt, dass diese Verhandlungen ergebnislos "eingeschlafen" sind, ohne dass die Klägerin einen Ausgleich für die Hauslasten gefordert hätte.
Vielmehr haben die Parteien den bisherigen Zustand, dass die Beklagte ab Mai 2011 insoweit keinerlei Beitrag mehr geleistet hat, beibehalten. Der vom Oberlandesgericht gezogene Schluss, dass für die Beklagte in dieser Situation keine Veranlassung bestand, eine neue Nutzungsvereinbarung und die Zahlung einer Nutzungsentschädigung zu verlangen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Das Ergebnis:
Soweit es den Zeitraum vom Auszug der Beklagten und damit dem Scheitern der von den Parteien geführten Beziehung im Februar 2011 bis zur Aufgabe der Nutzung des Hausanwesens durch die Klägerin im November 2013 anbelangt, stehen der Klägerin keine Ausgleichsansprüche gegen die Beklagte zu. (…) Für den Zeitraum der Alleinnutzung durch die Klägerin übersteigt der Nutzungswert die Lasten und Kosten des Hauses, so dass für einen Ausgleichsanspruch der Klägerin kein Raum ist. (…)
Anders liegt es dagegen für den Zeitraum ab dem Auszug der Klägerin.
Denn mit dem Ende der (Allein-)Nutzung durch die Klägerin entfiel auch die Rechtfertigung für die Beschränkung ihres Ausgleichsanspruchs durch den Nutzungswert, so dass sie für die ab Dezember 2013 getragenen Hauslasten mit Erfolg hälftigen Ausgleich von der Beklagten verlangen kann. Maßgeblich ist insoweit, wann die entsprechenden Zahlungen fällig geworden sind. (…)
Entgegen der von den Vorinstanzen vorgenommenen Berechnung kann hingegen der den Ausgleichsanspruch übersteigende hälftige Nutzungswert nicht mit Ausgleichsansprüchen für Zeiträume nach der Nutzungsaufgabe durch die Klägerin saldiert werden. Denn über die Grundsätze von Treu und Glauben wird nicht ein Nutzungsentschädigungsanspruch des weichenden Partners "geschaffen", sondern allein der Ausgleichsanspruch des verbleibenden Partners beschränkt. Mithin steht der Beklagten, die eine Neuregelung der Nutzung nach §745 Abs.2 BGB und damit eine Nutzungsvergütung nicht verlangt hatte, kein überschießender Anspruch auf Nutzungsvergütung zu, mit dem sie gegen die Ausgleichsansprüche der Klägerin für die auf den Zeitraum ab Dezember 2013 fälligen und gezahlten Hauslasten aufrechnen könnte.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2018 - XII ZR 108/17
Deckt der barunterhaltspflichtige Elternteil den Wohnbedarf eines Kindes durch die (teilweise) Überlassung einer ihm zu 60 % gehörenden Wohnung an den betreuenden Elternteil, so rechtfertigt dies eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe in der Düsseldorfer Tabelle, die einen Wohnkostenanteil von etwa 20 % für den Kindesunterhalt enthält; die Herabstufung erfolgt jedenfalls dann, wenn der betreuende Elternteil und weitere Miteigentümer keinen Ehegattenunterhalt geltend macht und keinen Nutzungsentschädigungsansprüchen ausgesetzt ist.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.6.2020 – 4 UF 176/19
Zu volljährigen Kind lesenwert:
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06.07.2021 - 2 UF 61/21.
Schon seit 2003 war ein Paar geschieden, aber die Verbindung durch eine gemeinsame Immobilie ließ sich nicht zeitnah auflösen. Seit 2017 stritten sie mittels Teilungsversteigerungsverfahren, während 2019 die Zinsbindungsfrist des Immobiliendarlehens auslief.
Die Bank unterbreitete ein Angebot zur Anschlussfinanzierung, aber dazu kam es mangels Unterschrift der Frau nicht. Das Darlehen wurde daher mit über 6% „Tageszins“ weiter verzinst statt mit den von der Hausbank angebotenen 1,2%. Der Mann behauptete, es hätten ihm von anderen Banken Angebote mit unter 1% Zinsen vorgelegen und wollte die Differenz – den Zinsschaden – erstattet bekommen.
Der hätte ihm zugestanden, wenn er seine Behauptungen hätte beweisen können.
Denn eine Pflicht zur Mitwirkung an einer möglichst günstigen (Anschluss-)Finanzierung eines ehezeitlich erworbenen gemeinschaftlichen Grundstücks kann sich aus §§ 1353 Abs. 1 , 242 und 745 Abs. 2 BGB ergeben. Aufgrund der zwischen den Grundstückseigentümern bestehenden Bruchteilsgemeinschaft kann ein Teilhaber vom anderen in Bezug auf das gemeinsam finanzierte Grundstück eine dem Interesse aller Teilhaber dienende und billigem Ermessen entsprechende Verwaltung verlangen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 23.8.2002 - 14 U 5/01, BeckRS 2006, 6920).
Auch aus den nachwirkenden ehelichen Beistandspflichten kann sich eine Verpflichtung der geschiedenen Ehegatten zugunsten des jeweils anderen ergeben, die finanziellen Lasten im Zusammenhang mit der Finanzierung eines gemeinschaftlichen Grundstücks zu minimieren, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist (vgl. OLG Hamm, a. a. O.). Nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB sind Ehegatten verpflichtet, einander Beistand und Hilfe zu leisten. Zerrüttung und Trennung der Ehe heben die Verpflichtung nicht auf, sondern schränken allenfalls die Anforderungen an den zur Hilfe verpflichteten Ehegatten ein (vgl. BeckOK/BGB/Hahn, 65. Ed., § 1353 BGB Rn. 16). Auch nachehelich kann § 1353 BGB in Verbindung mit § 242 BGB vor allem im vermögensrechtlichen Bereich etwa bei Kreditabwicklungen bedeutsam sein (MüKoBGB/Roth, 9. Aufl. 2022, BGB § 1353 Rn. 38; Gernhuber/Coester-Waltjen FamR § 19 Rn. 1 ff.; ferner Staudinger/Voppel, 2018 Rn. 88 ff.). Ein Ehegatte muss - als Nachwirkung der Ehe auch noch nach deren Scheidung - dessen finanzielle Lasten vermindern, soweit ihm dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist (BGH NJW 1977, 378 ; 1984, 2040 (2041); 1988, 1720 (1721); 1996, 1894; NJW-RR 1998, 1153 (1154)). Bei der Abwicklung einvernehmlich gestalteter Rechtsverhältnisse hat jeder Rücksicht auf die Belange des anderen zu nehmen (BGH NJW 1989, 1920 ; NJW-RR 1990, 1090 (1091); BeckOK BGB/Hahn, 65. Ed., BGB § 1353 Rn. 21).
Allerdings muss dann aber auch ein konkretes Angebot nachgewiesen werden und dieses muss dem Ehepartner auch nachweislich zugegangen sein.
Daran fehlte es hier.
Außerdem wäre bei der Höhe des Schadens zu berücksichtigen gewesen, dass ein Darlehen ohne Kündigungsfrist / Vorfälligkeitsentschädigung Vorteile hat, wenn die Verwertung der Immobilie demnächst ansteht.
OLG Brandenburg - Beschluss vom 10.03.2023 (13 UF 117/22)
Die Frau zahlte trotz Aufforderung des Mannes keine Miete oder Nutzungsentschädigung. Irgendwann später meinte der Mann nach § 985 BGB, sie müsse die Wohnung jetzt räumen. AG und OLG gaben ihm recht, aber die Frau ging dagegen zum BGH und verlangte Überlassung nach § 1568a BGB.
1. Ja, es handelt sich auch nach Trennung und Scheidung immer noch um eine Ehewohung, so dass der Anwendungsbereich des § 1568 a BGB eröffnet ist.
2. Diese Sperrwirkung ist im Ergebnis aber durch § 1568 a Abs. 6 BGB zeitlich begrenzt. Denn ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung erlöschen nicht nur die Ansprüche auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung, sondern auch diejenigen auf Überlassung der Ehewohnung, wenn sie nicht vorher rechtshängig gemacht worden sind. Zwar trifft § 1568 a Abs. 6 BGB seinem Wortlaut nach keine Regelung für die Ansprüche des Ehegatten auf Überlassung der Ehewohnung nach § 1568 a Abs. 1 und 2 BGB. Gleichwohl führt das Erlöschen der auf die Begründung eines Mietverhältnisses bezogenen Ansprüche aus § 1568 a Abs. 3 und 5 BGB nach Ablauf der Jahresfrist in Anbetracht von Sinn und Zweck der Regelung und des systematischen Gesamtzusammenhangs dazu, dass dann auch der aus § 1568 a Abs. 1 oder 2 BGB folgende Überlassungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann. Die gesetzliche Regelung sieht im Interesse der Rechtsklarheit als Rechtsfolge ausschließlich die Begründung oder Fortführung eines Mietverhältnisses vor. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sollte auch in den Fällen, in denen der zur Überlassung verpflichtete Ehegatte Alleineigentümer der Ehewohnung ist, der Abschluss eines Mietvertrags der Regelfall sein. Ohne die Geltung der Jahresfrist auch für den Überlassungsanspruch wäre dem verpflichteten Eigentümer-Ehegatten aber die Möglichkeit genommen, die vom Gesetzgeber für erforderlich gehaltene Absicherung dieses Überlassungsverhältnisses mittels Mietvertrags durchzusetzen. Für dieses Auslegungsergebnis streiten zudem Gründe der Praktikabilität und Rechtssicherheit sowie Sinn und Zweck der Bestimmung, nicht mietvertraglich geregelte Nutzungsverhältnisse nach Möglichkeit zu vermeiden. Belange des Kindeswohls stehen dem nicht entgegen, weil der Zeitraum von einem Jahr ab Rechtskraft der Scheidung jedenfalls ausreichend ist, um eine Wohnungsüberlassung zu beantragen. Schließlich trägt eine klare zeitliche Grenze dem Umstand Rechnung, dass sich die Rechtfertigung des mit § 1568 a BGB verbundenen Eingriffs in das Eigentumsgrundrecht des anderen Ehegatten aus der Funktion der Wohnung als Lebensmittelpunkt der Familie ableitet. Im vorliegenden Fall ist die Jahresfrist längst abgelaufen, ohne dass die Antragsgegnerin Ansprüche aus § 1568 a BGB gerichtlich geltend gemacht hat. Da ihr auch nicht aus anderen Gründen, etwa einer sonstigen Vereinbarung zwischen den Beteiligten, ein Recht zum Besitz an der Wohnung zusteht, ist sie nach § 985 BGB zur Herausgabe der Wohnung verpflichtet.
Einem Antrag auf Überlassung der Ehewohnung gemäß § 1568a BGB fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, wenn sich die Eheleute zwar prinzipiell über die künftige Nutzung der Ehewohnung einig sind, der Antragsgegner jedoch nicht an der Entlassung aus dem Mietverhältnis gemäß § 1568a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB mitwirkt, denn Ziel des Antrags ist eine endgültige Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung.
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg 3. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 03.12.2020, 12 UF 131/20
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JOHN RUSKIN, englischer Sozialreformer
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