In guten Zeiten der Ehe kann man fair und wohlwollend verhandeln:
Wer von beiden nimmt aus der gewollten Rollenaufteilung berufliche – und damit wirtschaftliche – Nachteile in Kauf?
Was konkret werden das voraussichtlich für Nachteile sein?
Ist der andere bereit, das bei Scheitern der Ehe zu kompensieren?
Man kann die typischerweise nach Scheitern einer Ehe relevanten Argumente vorwegnehmen.
Auch ohne dass man bereits weiß, wie sich das in Euro und Cent ausdrücken wird: Den Umfang der nachehelichen Verantwortung füreinander kann man in einem Ehevertrag (notariell!) festlegen.
Aushandeln kann man ihn in einer Mediation.
Binationale Ehe? Internationale Mobilität? Dann ist ein Ehevertrag unbedingt anzuraten!
Seit 29.01.2019 gilt die Europäische Güterrechtsverordnung (EuGüVO) für alle Eheschließungen ab diesem Tag. Die EuGüVO regelt, welches Recht auf die güterrechtlichen Beziehungen der Ehegatten anzuwenden ist und kann zu unerwünschten Zufallsergebnissen führen. Vorrangig sieht die EuGüVO eine Rechtswahl der Ehegatten durch Ehevertrag vor. Haben die Eheleute keine Rechtswahl getroffen, erfolgt die Bestimmung des anwendbaren Rechts in einer dreistufigen Prüfung:
1.
Grundsätzlich gilt das Recht des Staates des ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts nach der Eheschließung. Das bedeutet: Zwei Deutsche, die in Vaals, Eupen oder Kerkrade ein Häuschen gekauft haben, aber in Deutschland arbeiten, ihre Kinder dort zur Schule schicken und beim Standesamt Monschau – in der schönen Fachwerkkulisse – heiraten, haben nun ganz unbemerkt keinen deutschen Güterstand (Zugewinngemeinschaft), sondern für sie gilt das ausländische Güterrecht ihres Wohnortes! (Jedenfalls, wenn sie nach dem 29.1.2019 geheiratet haben)
2.
Gibt es keinen ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort, gilt das Recht des Staates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung. Insoweit wird auf die bisherige Rechtslage zurückgegriffen.
In diesem Fall würde deutsches Güterrecht aufgrund derselben Staatsangehörigkeit gelten.
3.
Gibt es aber noch nicht einmal eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, gilt das Recht der engsten Verbindung zum Zeitpunkt der Eheschließung.
Dass hier bei einer späteren Scheidung Streit darüber vorprogrammiert ist, steht fest – und sollte ehevertraglich durch Rechtswahl vermieden werden.
Verschärft wird die Problematik durch eine Ausnahmeregelung in der EuGüVO (Art. 26 Abs. 3). Grundsätzlich ist das Güterstatut unwandelbar.
Das bedeutet: egal, in welches Land die beiden später umziehen – es bleibt bei dem ersten Güterstand. Im Fall einer Scheidung kann es aber ebenfalls passieren, dass das Gericht auf Antrag eines Ehegatten von dem ursprünglich begründeten – eigentlich unwandelbaren- Güterstatut abweicht und das Recht des neuen Aufenthaltsstaates zur Anwendung gelangt. Dies kann zu ebenso ungewöhnlichen wie unerwünschten Konsequenzen führen. Diese werden also erst bei Tod oder Scheidung offenbar.
Um also güterrechtliche Zufallsergebnisse zu vermeiden, kann es nur einen rat geben: Einigen Sie sich darüber, welches nationale Recht für Ihren Güterstand gelten soll.
Mit seinem Urteil vom 08.11.2017 (XII ZR 108/16, NJW 2018, S. 61 ff.) hat der Bundesgerichtshof erneut zur Bewertung eines Unternehmensanteils im Zugewinn Stellung bezogen.
Bei einer Unternehmensbeteiligung als Endvermögen nach § 1376 Abs. 2 BGB ist der „volle wirkliche Wert“ anzusetzen. In der Regel kann dieser nur durch einen Sachverständigen ermittelt werden. Der „sachverständig beratene“ Familienrichter muss entscheiden, nach welcher Methode der SV vorzugehen hat.
1. Ertragswertverfahren: Im Rahmen der Ertragswertmethode wird die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens ermittelt. Dies bezeichnet man als den „Zukunftserfolg“. Dabei wird eine Rückschau auf die Erträge des Unternehmens in den letzten Jahren vorgenommen. Die zeitlich nächsten Jahre können höher bewertet werden als die weiter zurückliegenden. Der Wert der einzelnen Gegenstände ist insoweit ohne Bedeutung.
2. Modifiziertes Ertragswertverfahren: Bei freiberuflichen Praxen (z.B. Arzt, Steuerberater, Rechtsanwalt etc.) und anderen inhabergeführten Unternehmen kann die Bewertung nicht nach dem reinen Ertragswertverfahren erfolgen. Die Ertragsprognose lässt sich nämlich zumeist nicht von der Person des Inhabers trennen. Der BGH zieht für solche Fälle die so genannte „modifizierte Ertragswertmethode“ vor. Zwar orientiert sie sich ebenfalls an den durchschnittlichen Erträgen. Hiervon wird aber der Unternehmerlohn des Inhabers abgesetzt (so z.B. schon BGH NJW 2011, 999). Die Bestimmung des Unternehmerlohns muss sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers orientieren. Je höher der Lohn anzusetzen ist, desto geringer ist der Wert des Unternehmens.
3. Bei einer Personengesellschaft muss der Abzug des Unternehmerlohns für alle tätigen Gesellschafter erfolgen. Er wird also nicht nur für denjenigen vorgenommen, um dessen Zugewinn gestritten wird.
4. Die tatsächlichen Entnahmen der Gesellschafter sind als Bewertungsmaßstab ungeeignet. Entnahmen können überhöht erfolgen oder Gewinne können stehen bleiben. Hier muss der Gutachter also fiktiv rechnen.
5. Eine so genannte latente Steuerlast ist abzuziehen, also die Steuer, die anfallen würde, wenn der Unternehmer seinen Anteil verkaufen würde.
6. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat einen neuen Bewertungsstandard IDW S 13 (zu den Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung zur Bestimmung von Ansprüchen im Familien- und Erbrecht) aufgestellt.
7. Praktisches Problem: Der Wert, welcher als Zugewinn auszuzahlen ist, ist nicht liquide – häufig hat der Unternehmer keine Rückstellungen in dieser Höhe. Die Auszahlung wird aber bei Rechtskraft der Scheidung fällig. Über einen Stundungsantrag (§ 1382 BGB) kann man gerade noch erreichen, dass der Unternehmer nicht pleite ist.
8. Empfehlung für Unternehmer: Unbedingt einen Ehevertrag abschließen. Das muss nicht heißen, dass der andere leer ausgehen soll – kreative streitvermeidende Lösungen, die beide Seiten „leben lassen“, sind möglich.