Trennungsunterhalt

Trennung und Steuern

Zusammenveranlagung - Steuerklassenwechsel - Aufteilung nach § 270 AO - Absetzbarkeit von Prozesskosten - Realsplitting

Steuerklasse I ist schlecht, III ist gut – so viel wissen die meisten Arbeitnehmer. III geht aber nur, wenn man einen Ehepartner hat, der V nimmt – was für den wiederum nicht so schön ist wie IV. So lange alles in den gemeinsamen Haushaltstopf fliesst: egal. Trennen sich die Ehegatten aber, liegt es für denjenigen mit Steuerklasse V nahe, seine Lohnsteuerkarte sofort ändern zu lassen. Ausserdem kann plötzlich die „Einzel-Veranlagung“ statt der „Zusammenveranlagung“ attraktiv sein.

Wann ist Zusammenveranlagung besser?

So lange zwischen den Ehegatten eine Unterhaltsbeziehung besteht, gibt es immer noch einen "gemeinsamen Haushaltstopf", jedenfalls virtuell für die Berechnung. Einzelheiten dazu finden Sie hier. So lange also macht der Blicks aufs Ganze noch Sinn: Wie haben beide Ehegatten insgesamt, zusammengerechnet, möglichst viel netto? Das spricht in der Regel für Zusammenveranlagung, heisst Steuerklassen III/V oder IV/IV.

Wie lange geht Zusammenveranlagung?

Nach § 26 EStG geht Zusammenveranlagung in jedem Kalenderjahr, in dem die Ehegatten zusammengelebt haben.

Beispiel: Trennung 7.1.2024 => 2024 ist letztes Jahr der Zusammenveranlagung, ab 2025 muss getrennt (Begriff seit 2015: einzeln) veranlagt werden. Trennung 22.12.2023:  Jetzt fehlt ein ganzes Jahr, nämlich 2024, die Möglichkeit der Zusammenveranlagung!

Daraus folgt: Bei Trennungen um den Jahreswechsel unbedingt beraten lassen!


Tipp: Nicht ausgerechnet vor Silvester trennen!

Die Formulierung in der Überschrift betrachten Sie bitte mit einem Augenzwinkern. Aber: Wenn Sie noch bis nach Neujahr offiziell zusammen leben, wird der "Steuerschaden" um ein Jahr verschoben.

Das Finanzamt merkt doch nicht, seit wann wir wirklich getrennt gelebt haben...

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung liegen nicht mehr vor, wenn die Gatten „dauernd getrennt leben“.

Nach § 39 Abs. V Satz 1 EStG haben die Gatten bei Trennung eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Finanzamt: „Treten bei einem Arbeitnehmer die Voraussetzungen für eine für ihn ungünstigere Steuerklasse (…) ein, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Finanzamt dies mitzuteilen und die Steuerklasse (…) umgehend ändern zu lassen.“

Dauernd getrennt leben Ehegatten und eingetragene Lebenspartner i.S.d. Einkommensteuerrechts, wenn die eine zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr besteht und eine Prognose ergibt, dass mit ihrer Herstellung auf Dauer nicht mehr zu rechnen ist.

Dabei ist unter Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen.

Da es sich dabei um schwer nachprüfbare innere Vorgänge der Beteiligten handelt, wird die Frage des dauernden Getrenntlebens anhand des Gesamtbildes von äußerlich erkennbaren Merkmalen geprüft. Für ein Zusammenleben spricht vor allem eine gemeinsame Haushalts- und Wirtschaftsführung, für eine dauernde Trennung demgegenüber eine räumliche Trennung und vor allem, wenn diese länger andauert, und das Zusammenleben eines Partners (Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners) mit einer anderen Person.

Der im Zivilrecht verwendete Begriff des dauernden Getrenntlebens – etwa in den §§ 1567 Abs. 1 und Abs. 2 BGB – ist nicht zwingend identisch mit dem steuerlichen Begriff des dauernden Getrenntlebens i.S.d. § 26 EStG.

Beruht die räumliche Trennung auf dem Entschluss, sich infolge inneren Abwendens vom Ehegatten aus der häuslichen Gemeinschaft zu lösen, liegt mit der Verwirklichung der Trennung eine dauernde und nicht etwa eine vorläufige Trennung vor.

Äußere Indizien für das Getrenntleben sind die Ummeldung beim Einwohnermeldeamt, aber auch die Angaben der Eheleute im Scheidungsverfahren.

Gerichte und Behörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die auf eine Steuerstraftat schließen lassen, dem Bundeszentralamt für Steuern oder den für das Steuerstrafverfahren zuständigen Finanzbehörden mitzuteilen (§ 116 AO). Das gilt also auch für Ihren Scheidungsrichter und ist dann der Fall, wenn Sie sich noch für Kalenderjahre steuerlich zusammen veranlagen lassen, in denen Sie als Ehegatten schon getrennt gelebt haben. Anhand der Angaben zum Trennungsjahr und der Vorlage von Gehaltszetteln zur Unterhaltsberechnung fallen widersprüchliche Angaben auf.

Nicht zu vergessen ist, dass man sich gegenüber dem anderen Ehegatten erpressbar macht, wenn man mit dessen Wissen dem Finanzamt falsche Angaben über das Getrenntleben gemacht hat und damit eine leichtfertige Steuerverkürzung oder gar Steuerhinterziehung begangen hat.

Es hat schon Eheleute gegeben, die sich für sehr pfiffig gehalten haben, indem sie sich über etliche Jahre nach der Trennung nicht umgemeldet und sich steuerlich zusammen veranlagt haben.

Das böse Erwachen kommt für den Mehrverdiener dann, wenn

  •        sich dadurch die gesetzliche Ehezeit verlängert mit Folgen für Versorgungsausgleich und Ehegattenunterhalt
  •        das Trennungsjahr noch gar nicht zu laufen begonnen hat
  •        der andere Ehegatte, der Steuerklasse V hatte, "ausschert" und Einzelveranlagung oder Aufteilung der Steuerschuld im Innenverhältnis beantragt, weil er dann Steuern zurück bekommt (die der andere nachzahlen muss).

 


Lassen Sie sich also frühzeitig nach der Trennung beraten.

Anschaulich liest sich eine Entscheidung des FG Nürnberg, Urteil vom 07.03.2005 - Aktenzeichen VI 160/04: Dort geht zunächst das Finanzamt und sodann das Finanzgericht im Fall einer kurzen Versöhnung der Frage nach, ob dies die Zusammenveranlagung rechtfertigt. Es wird dort tatsächlich eine „peinliche Befragung“ der Ehegatten vorgenommen. Die objektive Beweislast für die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung liegt bei den Ehegatten.


Alleinerziehendenfreibetrag auch im Trennungsjahr

Nach § 24b Abs. 1 S. 1 EstG können alleinstehende Steuerpflichtige einen Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag von der Summe der Einkünfte abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Um ihn in Anspruch zu nehmen, darf keine andere erwachsene Person – außer den eigenen volljährigen Kindern – im Haushalt wohnen.



Streitig war, ob dieser Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bereits im Trennungsjahr der Ehegatten zu berücksichtigen ist, wenn die Ehegatten einzeln zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Finanzverwaltung war bisher davon ausgegangen, dass sich die Wahlmöglichkeit der Zusammenveranlagung und der Alleinerziehendenfreibetrag gegenseitig ausschließen.

So war es im Fall einer niedersächsischen Familie. Die Ehefrau und Mutter war im April 2017 ausgezogen, die minderjährigen Kinder blieben beim Vater. Der wollte für 2017 die Einzelveranlagung und dabei den Alleinerziehenden-Freibetrag vom zu versteuernden Einkommen beziehen. Dafür musste er bis zum Bundesfinanzhof gehen. Das Finanzamt hatte die Entscheidung des Finanzgerichts nicht akzeptiert.


Zweck des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende sei, den regelmäßig höheren Lebensführungskosten von Steuerpflichtigen Rechnung zu tragen, die einen gemeinsamen Haushalt nur mit ihren Kindern führen (keine Synergieeffekte). Die damit typischerweise verbundenen Belastungen entstehen unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Wahl des Splitting-Verfahrens dadurch erfüllt sind, dass der Steuerpflichtige im selben Jahr auch einige Tage/Monate mit seinem Ehegatten zusammengelebt hat. Der BFH stellte klar, dass der Umstand der Trennung der Eheleute bereits dadurch berücksichtigt wird, dass der Entlastungsbetrag nur zeitanteilig gewährt wird, hier also ab Mai 2017 mit 8/12. Eheleute dürfen steuerrechtlich nicht schlechter gestellt werden im Vergleich zu nicht verheirateten Steuerpflichtigen, die sich trennen und die Haushaltsgemeinschaft beenden und die den Entlastungsbetrag für die Kinder danach zeitanteilig beanspruchen können.


Hinweis: Ehegatten haben bis einschließlich des Jahres ihrer Trennung das Wahlrecht zwischen Einzelveranlagung nach § 26a EstG und Zusammenveranlagung nach § 26b EstG. Aus dem Innenverhältnis der Ehegatten kann sich allerdings eine familienrechtliche Pflicht zur Zusammenveranlagung ergeben.

 

BFH Urt. v. 28.10.2021 – III R 17/20


Alleinerziehendenfreibetrag im Wechselmodell

Erfüllen bei annähernd gleichwertiger Haushaltsaufnahme des Kindes (sog. paritätisches Wechselmodell) beide Elternteile die Voraussetzungen für den Abzug des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG, ist für die Entscheidung, wem dieser zusteht, analog § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG grundsätzlich vorrangig den Eltern die Bestimmung zu überlassen, wer von ihnen den Entlastungsbetrag erhalten soll, unabhängig davon, an welchen Berechtigten das Kindergeld ausgezahlt wird (Senatsurteil vom 28.04.2010 - III R 79/08, BFHE 229, 292, BStBl II 2011, 30, Rz 18 ff.; Rz 21 zu Ausnahmen).

Treffen die Eltern hinsichtlich des Entlastungsbetrags nach § 24b EStG keine Bestimmung untereinander, steht der Entlastungsbetrag demjenigen zu, an den das Kindergeld gezahlt wird.

Eine Aufteilung ist nicht vorgesehen, so urteilte der BFH bereits 2010.

BFH Urteil vom 10.07.2024 - III R 1/22



Steuerabzug der Kinderbetreuungskosten bei Getrenntleben

Kinderbetreuungskosten können nur bei demjenigen steuermindernd als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG) berücksichtigt werden, der sie getragen hat.

Im BFH-Fall aus 2024 ging es um getrenntlebende (steuerlich nicht zusammenveranlagte) Eltern und den Abzug von Kinderbetreuungskosten, die die Mutter an die Betreuungseinrichtung überwiesen hat. Der Vater argumentierte, dass sie das zur Hälfte für ihn tat, und zwar aus seinem Kindergeldanteil, den er ihr überlassen hatte. Dazu gab es aber unter den Eltern keine ausdrückliche Vereinbarung, insbesondere keine Unterhaltsberechnung.

Deshalb konnte er die Kosten nicht von der Steuer absetzen.

Anders wäre es gewesen, wenn er tatsächlich die Hälfte der Betreuungskosten gezahlt hätte - egal ob an den Träger der Einrichtung oder an die Mutter.

BFH Urteil vom 10.07.2024 - III R 1/22



Seit 2020:

Steuerklassenwechsel von III/V auf IV/IV geht auch ohne Zustimmung des Ehegatten

Bekanntlich können Verheiratete oder Verpartnerte selbst entscheiden, ob sie in die beide in die Steuerklasse IV eingeordnet werden wollen oder ob einer von ihnen (der Höherverdienende) nach Steuerklasse III und der andere nach Steuerklasse V besteuert werden will. Aus den Tabellen können die Ehegatten oder Lebenspartner nach der Höhe ihrer monatlichen Arbeitslöhne die Steuerklassenkombination feststellen, bei der sie die geringste Lohnsteuer entrichten müssen. Soweit beim Lohnsteuerabzug Freibeträge zu berücksichtigen sind, sind diese vor Anwendung der jeweils in Betracht kommenden Tabelle vom monatlichen Bruttoarbeitslohn abzuziehen. Ein Steuerklassenwechsel oder die Anwendung des Faktorverfahrens für das laufende Kalenderjahr kann bis spätestens 30. November beim Wohnsitzfinanzamt beantragt werden.
Die Anträge sind grundsätzlich von beiden Ehegatten oder Lebenspartnern gemeinsam mit dem beim Finanzamt erhältlichen Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“ zu stellen. Bei der Wahl des Faktorverfahrens sind zusätzlich die voraussichtlichen Arbeitslöhne des Jahres 2020 aus den ersten Dienstverhältnissen anzugeben. Ein Wechsel der Steuerklassenkombination III/V in IV/IV ist auch auf Antrag nur eines Ehegatten/Lebenspartners möglich, so dass beide Ehegatten/Lebenspartner in die Steuerklasse IV eingereiht werden.


Die Getrenntlebensanzeige kann hingegen jeder Ehegatte allein ausfüllen.

Getrenntlebensanzeige beim Finanzamt

Das Bundesfinanzministerium hat am 24.5.2022 eine Aktualisierung des „Merkblatts zur Steuerklassenwahl bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind“, herausgegeben. Sie finden das aktualisierte Dokument des BMF zum kostenlosen Download:

Merkblatt 2022 der Finanzverwaltung zu Ehegatten-Steuerklassen

Zustimmung zur Zusammenveranlagung

 

Zusammenlebende Eheleute können sich steuerlich zusammenveranlagen lassen. In der Regel führt dies zu einer insgesamt geringeren Steuerlast als die Einzelveranlagung, das nennt man das Ehegattensplitting. Je höher der Einkommensunterschied, desto größer die Ersparnis.


Das gilt aber nur bei Blick auf das Gesamtbudget beider. Trennen die Eheleute sich, ändert sich die Interessenlage. Der Ehegatte, der bisher das kleinere Einkommen nach Steuerklasse 5 versteuert hatte, kommt häufig auf die Idee, nun die Einzelveranlagung zu wählen, weil er dann eine Steuererstattung bekommt. Die Zeche dafür zahlt der andere mit einer höheren Nachzahlung.


Ist das erlaubt? Steuerlich ja, und deshalb lautet die Steuerberater-Antwort auch oft„Ja“. Der familienrechtlich tätige Anwalt muss aber ein “...aber“ hinzusetzen. Die Familiengerichte betrachten dies nämlich anders, nämlich: „Aus dem Wesen der Ehe ergibt sich für beide Ehegatten grundsätzlich die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. Es besteht daher für beide Ehegatten jeweils die Verpflichtung, in eine Zusammenveranlagung einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen Ehegatten verringert, der in Anspruch genommene aber keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird. Eine solche Verpflichtung bleibt auch nach der Scheidung als Nachwirkung der Ehe bestehen.“ So hat es der BGH schon 1976 beurteilt (BGH, Urteil v. 13.10.1976, Az. IV ZR 104/74) und 2002 bekräftigt (BGH, Urteil v. 12.06.2002, Az. XII ZR 288/00).


Im Fall des OLG Bamberg 2023 hatten die Eheleute sich 2019 getrennt.

Die Steuererklärungen 2013 bis 2019 waren da noch nicht eingereicht. Der Mann verweigerte die Zusammenarbeit mit seiner Frau bei der Erstellung. Es gab WhatsApp-Austausch mit dem Inhalt, dass der Mann an einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung nicht interessiert sei. Die Frau schrieb noch „Dann müsstest du mehr nachzahlen“, aber der Mann blieb bei seiner wirtschaftlich unvernünftigen Haltung.


Darauf reichte die Frau ihre Unterlagen allein über einen Lohnsteuerhilfeverein beim Finanzamt ein. Ihr standen 10.000 € Erstattung zu, ihre Steuerbescheide wurden bestandskräftig, sie gab das Geld aus.


Gegenüber dem Mann erließ das Finanzamt auch Steuerbescheide und forderte von ihm 23.000 € Nachzahlung. Daraufhin wurde dem Mann klar, dass die Zusammenveranlagung besser gewesen wäre, und er forderte die Frau zur Zustimmung auf. Weil seine Bescheide noch nicht bestandskräftig waren, hätte das noch vom Finanzamt berücksichtigt werden müssen.


Das OLG Bamberg verkannte nicht, dass er diesen Anspruch gehabt hätte – siehe oben - aber durch seine WhatsApp-Kommunikation habe er auf die sich aus der nachehelichen Solidarität ergebenden Pflichten der Antragsgegnerin wirksam verzichtet.

 

OLG Bamberg - Beschluss vom 10.01.2023 (2 UF 212/22)


Nachteilsausgleich beim Realsplitting

Die Inanspruchnahme des unterhaltsrechtlichen Realsplittings gemäß § 10 Ia Nr. 1 EStG durch den Unterhaltspflichtigen kann dazu führen, dass das steuerlich maßgebliche Gesamteinkommen des Unterhaltsberechtigten ein Siebtel der maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße (§ 18 I SGBIV) übersteigt, sodass der Versicherungsschutz zur Krankenversicherung für Familienangehörige gemäß § 10 I Nr. 5 SGBV in Bezug auf den Unterhaltsberechtigten entfällt und dieser zusätzlich die Kosten einer Krankenversicherung zu tragen hat.


Diese Kosten muss der Unterhaltspflichtige beim Nachteilsausgleich erstatten.


OLG Stuttgart Beschl. v. 16.8.2019 – 11 UF 36/19


Der BGH hatte anhand einer geringen Summe (466 €) Gelegenheit zu entscheiden, wie ein Unterhaltsberechtigter seinen Altersvorsorgeunterhalt anlegen muss.

Die Beteiligten waren geschiedene Ehegatten. Sie stritten über den Ausgleich von Steuernachteilen.

Aus einer notariellen Unterhaltsvereinbarung schuldete der Ehemann nachehelichen Elementarunterhalt (1.600 €) plus Altersvorsorgeunterhalt (500 €) und Krankheitsvorsorgeunterhalt.

Die Ehefrau zahlte auf diese Beträge Einkommensteuer, die der Ehemann ihr erstatten musste, weil er den Unterhalt seinerseits von der Steuer abzog, sog. begrenztes steuerliches Realsplitting / Anlage U.

Die 500 € Altersvorsorgeunterhalt zahlte die geschiedene Ehefrau in eine private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ein.

Beim Streit ging es darum, dass die Ehefrau Ihre Steuerlast von 466 € im Jahr hätte vermeiden können, wenn sie das Geld nicht in eine private Versicherung, sondern in die gesetzliche Rente oder eine zertifizierte Rente nach § 2 AltZertG eingezahlt hätte. Bei ihr war der Sonderausgabenabzug nicht möglich wegen des Kapitalwahlrechts. Dies war der Ehefrau aber wichtig, weil sie eine Vorerkrankung hatte und damit keine statistische Lebenserwartung.

Die auf das Realsplitting bezogenen Verpflichtungen beider Seiten sind Ausprägungen des Grundsatzes von Treu und Glauben, d.h. sie stehen nicht im Gesetz. Eine Verpflichtung zur Zustimmung des unterhaltsberechtigten Ehegatten zum begrenzten Realsplitting besteht grundsätzlich nur, wenn der Unterhaltsverpflichtete seine finanziellen Nachteile ausgleicht.

Eine Obliegenheit, die (Gesamt-)Einkommensteuerbelastung möglichst gering zu halten, trifft beide Beteiligte des Unterhaltsrechtsverhältnisses gleichermaßen. Dementsprechend ist der Anspruch auf Nachteilsausgleich auf die Nachteile beschränkt, die dem Unterhaltsberechtigten bei Erfüllung der ihn treffenden Obliegenheiten entstehen.

Allerdings stellte der BGH fest, dass die mit dem Sonderausgabenabzug verbundene Steuerersparnis jedenfalls zum Großteil nur vorläufiger Natur ist, denn bei den späteren Rentenzahlungen kommt die sogenannte nachgelagerte Besteuerung. Die dadurch insgesamt bei der zertifizierten Rentenversicherung nur geringe / vorübergehende Steuerentlastung könne eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Unterhaltsberechtigten nicht begründen.

Fazit: dem Unterhaltsberechtigten steht die Wahl der Altersvorsorge grundsätzlich frei. Steuervorteile – zum Vorteil des geschiedenen Ehegatten – muss er dabei nicht beachten.

 

BGH, Beschluss vom 22.09.2021 - Aktenzeichen XII ZB 544/20

 



Unterhalt erstritten - Steuern sparen

Prozesskosten zur Erlangung von Unterhalt sind als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der Unterhaltsempfänger die Unterhaltsleistungen als sonstige Einkünfte versteuert. Dies hat der 1. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 03.12.2019 entschieden (Az. 1 K 494/18 E).

Die Klägerin und ihr mittlerweile geschiedener Ehemann trennten sich im Jahr 2012. Vor dem Amtsgericht führten beide ein familienrechtliches Streitverfahren, das die Scheidung, den Versorgungsausgleich sowie den nachehelichen Unterhalt umfasste. Im Jahr 2014 wurde die Ehe durch Beschluss des Amtsgerichts geschieden und der frühere Ehemann der Klägerin zu monatlichen Unterhaltszahlungen verpflichtet. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts erhoben die Klägerin Beschwerde und ihr früherer Ehemann Anschlussbeschwerde beim Oberlandesgericht. Streitgegenstand dieses Verfahrens war die Höhe des zu zahlenden nachehelichen Unterhalts, wobei der frühere Ehemann der Klägerin begehrte, keinen Unterhalt zu zahlen, und die Klägerin höhere monatliche Zahlungen begehrte. Im Jahr 2015 kam ein gerichtlicher Vergleich über die Unterhaltshöhe zustande. In ihrer Einkommensteuererklärung 2015 erklärte die Klägerin sog. sonstige Einkünfte in Höhe der erhaltenen Unterhaltszahlungen und machte die Prozessführungskosten (Gerichts- und Rechtsanwaltskosten), die auf die Verfahren betreffend den nachehelichen Unterhalt entfielen, steuermindernd geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung ab.
Der 1. Senat hat der hiergegen erhobenen Klage stattgegeben. Bei der Klägerin als Unterhaltsempfängerin seien die Prozessführungskosten als Werbungskosten zu berücksichtigen, weil sie den Unterhalt ihres geschiedenen Ehemannes nach § 22 Nr. 1a EStG versteuere. Die Klägerin habe die Prozessführungskosten aufgewendet, um zukünftig (höhere) steuerbare Einkünfte in Form von Unterhaltsleistungen zu erhalten. Die Unterhaltszahlungen seien gemäß § 22 Nr. 1a EStG als steuerbare Einkünfte zu behandeln, weil der geschiedene Ehemann als Zahlungsverpflichteter die Möglichkeit gehabt habe, seine Unterhaltszahlungen als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1a EStG abzuziehen, sog. Realsplitting. Die Unterhaltszahlungen würden den übrigen Einkünften insoweit vollständig gleichgestellt. Daraus folge, dass auch ein Werbungskostenabzug vollumfänglich möglich sein müsse.

Da die Aufwendungen der Klägerin vollständig als Werbungskosten berücksichtigungsfähig waren, musste der Senat nicht über die Frage entscheiden, unter welchen Voraussetzungen Prozessführungskosten zur Geltendmachung nachehelichen Unterhalts gemäß § 33 Abs. 2 S. 4 EStG als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sein können.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

§ 270 AO - Zusammenspiel von Güterrecht, Unterhalt und Steuernachzahlung

Der Fall:
Beide Gatten war selbständig. Nach der Scheidung wurde ein Steuerbescheid aus der Zeit der Zusammenveranlagung korrigiert. Wer schuldet die Nachzahlung?

BGH, Urteil vom 31.05.2006 - XII ZR 111/03:
Wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, wird der Gesamtschuldnerausgleich nicht durch die Vorschriften über den Zugewinnausgleich verdrängt. Beide Ausgleichsformen bestehen vielmehr nebeneinander. Eine richtige Berechnung der beiderseitigen Endvermögen und damit des Zugewinnausgleichs ist erst möglich, wenn hinsichtlich der jeweiligen Verbindlichkeiten die Beteiligungsquote der Ehegatten im Innenverhältnis feststeht. In den Zugewinnausgleich fließen mithin als Rechnungsposten die Ergebnisse des Gesamtschuldnerausgleichs ein, so wie sie sich zum Stichtag darstellen. Sind die Ausgleichsansprüche am Stichtag bereits entstanden, sind sie beim Gläubiger zu den Aktiva und beim Schuldner zu den Passiva zu rechnen. Sollte die Gesamtschuld noch nicht getilgt sein, kann jeder Ehegatte im Endvermögen die Quote ansetzen, die im Innenverhältnis auf ihn entfällt. (…) Insoweit sind auch bereits entstandene Steuerschulden zu berücksichtigen, selbst wenn sie noch nicht fällig sind (…) Die Notwendigkeit, die Aufteilung abweichend von der Grundregel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzunehmen, kann sich dabei auch aus den güterrechtlichen Beziehungen der Ehegatten ergeben. Diese sind sowohl im Güterstand der Gütertrennung als auch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (vgl. § 1363 Abs. 2 Satz 1 BGB) hinsichtlich ihres Vermögens und ihrer Schulden selbständig. Deshalb hat im Verhältnis der Ehegatten zueinander grundsätzlich jeder von ihnen für die Steuer, die auf seine Einkünfte entfällt, selbst aufzukommen. Begleicht ein Ehegatte die Einkommensteuer (und damit eine Verbindlichkeit) des anderen, so ergibt sich im Hinblick auf die rechtliche Selbständigkeit der beiderseitigen Vermögen, dass er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen hat. Dies führt im Falle der Zusammenveranlagung dazu, dass bei der Aufteilung der Steuerschuld die Höhe der beiderseitigen Einkünfte zu berücksichtigen ist, die der Steuerschuld zugrunde liegen.
(...) Allerdings kann auch dieser Maßstab von einer anderweitigen Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 2. Halbs. überlagert werden, wenn die Ehegatten nach ihrer bisherigen Handhabung konkludent eine solche anderweitige Bestimmung getroffen haben. Das kann etwa der Fall sein, wenn es ständiger Übung der Ehegatten entsprach, dass die Steuerschulden von einem von ihnen beglichen wurden.
(…) Ganz überwiegend wird deshalb in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten, die Steuerschuld und die sich hieraus ergebenden Erstattungs- bzw. Nachzahlungsansprüche seien unter entsprechender Heranziehung des § 270 AO auf der Grundlage fiktiver getrennter Veranlagungen der Ehegatten zu ermitteln. Diese - aufwendigere - Vorgehensweise kann für sich beanspruchen, zu einem einkommensteuerkonformen Ergebnis zu führen, weil sie die konkrete steuerrechtliche Situation der Ehegatten berücksichtigt.
(…) Dieser Auffassung folgt auch der Senat, weil grundsätzlich nur mit einer einkommensteuerkonformen Aufteilung erreicht werden kann, dass im Verhältnis der Ehegatten zueinander jeder von ihnen für die Steuer aufzukommen hat, die auf seine Einkünfte entfällt. Dies gilt gleichermaßen für Steuererstattungen wie für Steuernachforderungen, und zwar unabhängig davon, ob letztere erstmals oder nachträglich festgesetzt worden sind. Denn in allen Fällen geht es um die Steuerschuld, die die Ehegatten jeweils zu tragen haben.
(…) Soweit das Berufungsgericht mit Rücksicht darauf, dass es sich um eine Steuernachforderung handelt, die Vorschrift des § 273 AO herangezogen und demgemäß für die Aufteilung auf das Verhältnis der Mehrbeträge abgestellt hat, die sich bei einem Vergleich der berichtigten getrennten Veranlagungen mit den früheren getrennten Veranlagungen ergeben, kann dem jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht gefolgt werden. Die Anwendung dieser Sonderregelung setzt voraus, dass sich bei einer solchen Vergleichsberechnung wenigstens für einen der beiden Ehepartner ein fiktiver Steuermehrbetrag durch ein bei getrennter Änderungsveranlagung von ihm erstmals oder höher zu versteuerndes Einkommen ergibt. (…) Dem Umstand, dass das zunächst vorliegende höhere Einkommen der Beklagten möglicherweise zum Teil für den Lebensunterhalt der Familie eingesetzt worden ist, kommt insofern keine Bedeutung zu. Er betrifft allein die Frage, ob der Ausgleich - wie vom Kläger verlangt - beschränkt auf den Betrag der Nachforderung begehrt werden kann oder ob er unter Einbeziehung bereits während des Zusammenlebens geleisteter Steuerzahlungen zu erfolgen hat. Denn nur wegen letzterer soll eine nachträgliche Korrektur mit Rücksicht auf die familienrechtliche Überlagerung nicht stattfinden.

Keine Schenkungssteuer auf Scheidungsfolgen-Abfindung


Regeln zukünftige Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung umfassend individuell und sehen sie für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners in einer bestimmten Höhe vor, die erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu leisten sind ("Bedarfsabfindung"), liegt keine freigebige Zuwendung vor.

Es ging um einen vorsorgenden Ehevertrag, in dem Zugewinn, Unterhalt und Versorgungsausgleich durch eine "Scheidungsabfindung" ersetzt wurden. 2014 wurde die Ehe geschieden, der Mann zahlt die "vertragliche Pauschale", ohne dass die gesetzlichen Ansprüche errechnet wurden.

Das Finanzamt erhob Schenkungssteuer nach nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, weil es an der Gegenleistung der Frau fehle.

Anders der BFH:

In dem Fall einer Bedarfsabfindung wird keine pauschale Abfindung ohne Gegenleistung erbracht. Es werden lediglich Rechte und Pflichten der künftigen Ehegatten durch umfangreiche Modifikation denkbarer gesetzlicher familienrechtlicher Ansprüche im Falle der Scheidung im Wege einer Pauschalierung neu austariert. Wird ein derartiger Vertrag abgeschlossen, der nach Art eines Gesamtpakets alle Scheidungsfolgen regelt, kann dieses Paket nicht in Einzelleistungen aufgeteilt und eine der Einzelleistungen der Schenkungsbesteuerung unterworfen werden. Damit würde der Umstand verkannt, dass ein solcher Vertrag einen umfassenden Ausgleich aller Interessengegensätze anstrebt und insofern keine der Einzelleistungen ohne Gegenleistung ist. Wird die Ehe dann tatsächlich, z.B. durch Ehescheidung, beendet, erfolgt die Zahlung des vorab vereinbarten Betrages in Erfüllung dieser Vereinbarung.

Auf eine solche Vereinbarung ist auch § 7 Abs. 3 ErbStG nicht anwendbar. Während bei Zahlung einer Pauschalabfindung zu Beginn der Ehe ein Zugewinnausgleichsanspruch in der Zukunft nur "möglicherweise" besteht, die Zahlungsverpflichtung damit ungewiss ist und nicht bewertet werden kann, ist bei der Bedarfsabfindung die Zahlung des Ausgleichsanspruchs bzw. der Abfindung an die Beendigung der Ehe --z.B. durch Ehescheidung-- geknüpft. Der Zahlungsanspruch ist damit aufschiebend bedingt (§ 158 Abs. 1 BGB) und erwächst erst mit Eintritt der betreffenden Bedingung zum Vollrecht. Allein der Umstand, dass die Eheleute es mittels eines solchen Vertrags vermeiden, die gegenseitigen Ansprüche auf diesen Zeitpunkt bewerten zu müssen, bedeutet nicht, dass diese Bewertung nicht grundsätzlich möglich wäre.

Bundesfinanzhof, Urteil v. 1.9.2021 - II R 40/19


Wohnvorteil ist auch Unterhalt und kann beim Realsplitting abgesetzt werden

Beim steuerlichen begrenzten Realsplitting kann nach § 10 Ia Nr. 1 S. 1 EstG nicht nur der Betrag angesetzt werden, der in Euro überwiesen wird, sondern auch Sachleistungen, z.B. der Wert des mietfreien Wohnens. Nach BFH geht es hierbei um die Marktmiete, selbst wenn in der Unterhaltsvereinbarung ein geringerer Betrag angesetzt wurde.

Allerdings muss herausgerechnet werden

Bei der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung einer Wohnung handelt es sich, wie der BFH jetzt im Anschluss an eine Entscheidung aus 2000 deutlich gemacht hat, um Naturalunterhalt, der in Höhe der ortsüblichen Miete als Sonderausgaben gemäß § 10 Ia Nr. 1 EStG berücksichtigt werden kann. Die ortsübliche Miete, so der BFH, sei auch dann maßgebend, wenn die Eheleute in einer Unterhaltsvereinbarung einen geringeren Betrag als anzurechnenden Wohnvorteil zugrunde gelegt haben.

Herauszurechnen ist allerdings der Teil, der nicht auf Trennung-, sondern auf Kindesunterhalt entfällt. Das erfolgt nicht nach Kopfteilen. Sollte dem Grunde nach der Sonderausgabenabzug nach § 10 Ia Nr. 1 EStG um den Wohnvorteil der Kinder zu kürzen sein, kämen hierfür allenfalls die Beträge in Betracht, die in den Sätzen der für den jeweiligen Oberlandesgerichtsbezirk maßgeblichen unterhaltsrechtlichen Leitlinien für den Wohnbedarf eines unterhaltsberechtigten Kindes pauschalierend enthalten sind - wie im BGH Beschl. v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14 – zum Elternunterhalt mit 20% vom Tabellenunterhalt.

 

BFH Urt. v. 29.6.2022 – X R 33/20


Kindesunterhalt

für Minderjährige

Für minderjährige Kinder

Scheidung

Kindesunterhalt

für Volljährige

Schüler, Azubis, Studenten

 Nachscheidungs-Unterhalt

Wie viel und wie lange?

Düsseldorfer

Tabelle

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