Zur Verfassungsbeschwerde eines leiblichen Vaters, der nicht rechtlicher Vater werden kann, weil sein Kind mit dem Partner der Mutter als Familie zusammenlebt:
Manche Kinder haben zwei Väter: einen leiblichen und einen rechtlichen. Das geschieht zum Beispiel, wenn die Mutter verheiratet ist und ihr Ehemann sich um das von einem anderen Mann gezeugte Kind kümmert. Es entsteht aber auch dadurch, dass die Mutter ein Vaterschaftsanerkenntnis von einem anderen Mann als dem Erzeuger bestätigt und diesem eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind einräumt. Nach derzeitiger Gesetzeslage bleiben die Rechte des leiblichen Vaters in diesen Fällen auf der Strecke. Er kann kein Sorgerecht bekommen und seinen Familiennamen nicht weitergeben. Er kann auch nicht die rechtliche Vaterschaft des anderen Mannes anfechten, auch wenn unstreitig ist, dass er der biologische Vater ist.
§ 1600 Abs. 2 und Abs. 3 BGB sehen vor, dass das Vaterschaftsanfechtungsrecht des – feststehend – biologischen Vaters ausnahmslos ausgeschlossen ist, wenn zwischen dem Kind und dem gesetzlichen Vater im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im familiengerichtlichen Verfahren eine sozialfamiliäre Beziehung besteht. In einem solchen Fall bleibt das Begehren des biologischen Vaters, auch rechtlicher Vater des Kindes zu werden, immer erfolglos, auch wenn er selbst auch eine Beziehung zu seinem leiblichen Kind hat.
Einer dieser Väter ging bis zum BVerfG.
Er hatte mit der Mutter bis kurz nach der Geburt des gemeinsamen Kindes zusammengelebt und auch nach der Trennung täglich Umgang mit dem Kind gehabt. Beim Jugendamt hatte er eine Vaterschaftsanerkennung hinterlegt, der die Mutter aber nicht zustimmte. Daraufhin beantragte er die Feststellung seiner Vaterschaft beim Familiengericht. Als Reaktion darauf bekam er das Kind nicht mehr zu sehen, dann legte die Mutter eine Vaterschaftsanerkennung eines anderen Mannes vor, mit dem sie nun - unverheiratet - zusammenlebte.
Das Familiengericht ordnete zunächst wieder Umgangskontakte an, holte ein Vaterschaftsgutachten ein, das die leibliche Vaterschaft des Antragstellers bestätigte, und sprach ihm die rechtliche Vaterschaft zu. Der Fall ging vors OLG, und inzwischen lebte der neue Partner der Mutter ( = rechtlicher Vater des Kindes) seit knapp einem Jahr mit dem Kind zusammen.
Deshalb wies das OLG den Antrag des leiblichen Vaters zurück: durch den Zeitablauf habe nun der neue Partner eine sozial-familiäre Bindung zu dem Kind, weshalb seine rechtliche Vaterschaft nicht mehr angefochten werden könne. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung der Schluss der Beschwerdeinstanz sei. Der Senat verkenne nicht, dass der Beschwerdeführer keine Chance gehabt habe, die rechtliche Vaterstellung einzunehmen. Dies sei jedoch Folge der gesetzlichen Regelung.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer ausdrücklich eine Verletzung seines in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Elternrechts durch den Beschluss des Oberlandesgerichts. § 1600 Abs. 2 und 3 BGB in seiner Anwendung durch das Gericht mache es ihm als leiblichem Vater unmöglich, die rechtliche Vaterschaft für das Kind zu erlangen. Der Vorrang der sozialen Vaterschaft sei dann unverhältnismäßig, wenn der leibliche Vater zu einem Zeitpunkt, zu dem die Position der rechtlichen Vaterschaft offenstand, alles getan habe, um die rechtliche Elternposition für sein Kind zu erlangen. Der gesetzlich vorgesehene Weg der Vaterschaftsanfechtung erweise sich als wirkungslos, wenn selbst eine zeitlich nach dem gerichtlichen Feststellungsantrag erfolgte Vaterschaftsanerkennung durch einen anderen Mann vorrangig sei, weil das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung ausnahmslos auf den Zeitpunkt des Schlusses der letzten Tatsacheninstanz bezogen werde. Es werde ihm trotz seiner leiblichen Vaterschaft endgültig unmöglich gemacht, die rechtliche Vaterschaft zu erlangen, und zwar sogar dann, wenn die Beziehung zwischen der Mutter und dem rechtlichen Vater später scheitere. In der Sache richtet sich die Verfassungsbeschwerde damit auch gegen die gesetzliche Regelung über die Vaterschaftsanfechtung in § 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB . Darüber hinaus macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts seines Kindes geltend. Dieses habe das Recht, Gewissheit über seine Abstammung zu erlangen und zu gegebener Zeit selbst darüber zu entscheiden, ob und inwieweit es Kontakt zu seinem leiblichen Vater wünsche.
Von der im Verfassungsbeschwerdeverfahren eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme haben - ganz überwiegend in Beantwortung eines vom Senat übersandten Fragenkatalogs - der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V., der Bundesverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie e.V., die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltverein e.V., der Deutsche Familiengerichtstag e.V., die Deutsche Gesellschaft für Psychologie e.V., das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V., das Deutsche Jugendinstitut e.V., der Deutsche Juristinnenbund e.V., die Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland e.V. und die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht e.V. Gebrauch gemacht.
a) Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen hat seine Einordnung der Bedeutung rechtlicher Zuordnung für die Eltern-Kind-Beziehung indirekt aus Studien zu Stieffamilien abgeleitet. Danach investierten Stiefeltern bei fehlender rechtlicher Zuordnung weniger Zeit in die Kinder und betrieben einen geringeren Aufwand in die Fürsorge der Kinder ("stepgap"). Das Wissen um die Dauerhaftigkeit der Verbindung erhöhe dagegen die Fürsorgebereitschaft. Die rechtliche Zuordnung wirke dann förderlich, wenn ein Betreuungswunsch der Betreuungsperson gegeben sei. Emotionale Bereitschaft zur Betreuung und Versorgung eines Kindes könne aber auch ohne rechtliche Zuordnung vorliegen. Bei seinen Ausführungen zu den Erkenntnissen über die Entwicklung von Bindungen und Bindungsverhalten in den verschiedenen Altersstufen des Kindes hat sich der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen im Wesentlichen auf die vor allem auf Bowlby, Ainsworth und Robertson zurückgehende Bindungstheorie mit dem Vier-Phasen-Modell gestützt. Säuglinge in den ersten drei Monaten richteten ihre Signale noch unspezifisch an verfügbare Personen. Zwischen dem dritten und dem sechsten Lebensmonat richteten sie sich dann zunehmend auf eine oder mehrere Fürsorgepersonen aus und differenzierten zunehmend. Erst ab der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres entfalteten sich allmählich eindeutige, stabile Bindungen zwischen Kindern und den Bezugspersonen. Mit Ende des ersten Lebensjahres hätten Kinder dann spezifische Bindungen zu einer oder mehreren primären Bindungsperson(en) aufgebaut.
b) In seiner Stellungnahme hat der Bundesverband für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, ebenfalls auf Erkenntnisse der Bindungstheorie zurückgreifend, darauf verwiesen, dass die frühen Interaktionserfahrungen des Kindes sehr wichtig für das spätere Bindungsverhalten seien. Auf Grundlage der früheren Interaktionserfahrungen entwickelten sich erste feste Bindungen ab dem sechsten Lebensmonat bis zum Alter von eineinhalb Jahren. Maßgeblich für eine gute und stabile Bindung sei nicht unbedingt das Zusammenleben mit der Bindungsperson, sondern vor allem die Verlässlichkeit und die Konstanz sowie Feinfühligkeit in der Interaktion. Ab dem dritten Lebensjahr zeige das Kind ein tatsächliches Sozialverhalten. Mit voranschreitendem Kindesalter kämen zu den Kindeseltern weitere Personen hinzu, mit denen das Kind Bindungserfahrungen machen könne. Ergebnisse von Studien zu sogenannten Patchworkfamilien zeigten, dass auch zu mehreren Personen mit elterlicher Funktion enge Bindungen entstehen könnten.
c) Für die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter hat das Zentrum Bayern Familie und Soziales Stellung genommen und sich dabei ebenfalls auf Erkenntnisse zu Stieffamilien gestützt. Die Frage der rechtlichen Zuordnung stelle für die Qualität der Beziehung zwischen Kind und Elternteil keine relevante Größe dar. Die Motivation für die Änderung der rechtlichen Zuordnung des Kindes liege meist in der Befriedigung der Bedürfnisse der Eltern begründet. Die emotionale Bereitschaft, ein Kind zu betreuen, ergebe sich überwiegend aus der Partnerschaftsdynamik. Damit ein Kind eine emotionale Stabilität und Belastbarkeit aufbauen könne, bedürfe es nach den Erkenntnissen der Bindungstheorie innerer und äußerer Schutzfaktoren, wie die Unterstützung kritischer Lebensereignisse durch die Bezugspersonen, wertschätzende Beziehungen der Bezugspersonen zueinander und Respekt gegenüber außerhalb des Haushalts lebenden Bezugspersonen. Darüber hinaus sind in der Stellungnahme vier unterschiedliche Qualitäten von Bindungsmustern erläutert worden: Kinder mit sicheren Bindungen hätten Vertrauen in die Bezugsperson und seien resilienter. Sie machten etwa bei Angst auf sich aufmerksam, um geschützt zu werden. Kinder mit unsicher-vermeidenden Bindungen hätten vermehrt Abweisung, Distanz oder Teilnahmslosigkeit ihrer Bezugsperson erfahren. Das führe zu Enttäuschung beim Kind, dieses passe sich dahingehend an, dass es Nähe meide und sich eher selbst beschäftige. Kinder mit unsicher-ambivalenten Bindungsmustern hätten vermehrt erfahren, dass das Suchen nach Geborgenheit von den Bezugspersonen mit unterschiedlichem Verhalten beantwortet werde. Dabei wechsele dieses Verhalten zwischen besonderer Fürsorge und Zurückhaltung. Das Kind entwickele eine starke Anhänglichkeit. Kinder mit desorganisierter Bindung hätten keine eindeutige Strategie, wie sie sich in Beziehungen verhielten. Häufig hätten solche Kinder belastende Erfahrungen mit ihren Bezugspersonen gemacht, und es könnten Bindungsstörungen auftreten.
d) Die Bundesrechtsanwaltskammer hat sich dafür ausgesprochen, dass ein leiblicher Vater, der sich um eine Beziehung mit dem Kind bemühe, auch als rechtlicher Vater anerkannt werde. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Mutter ausschließlich temporäre Beziehungen eingehe. Zusätzliche Bezugspersonen hätten für das Kind in den meisten Fällen große Vorteile. Lege man die Erkenntnisse des Adoptionsrechts zugrunde, erscheine die Sorge völlig unbegründet, die Anerkennung des leiblichen, nicht im Haushalt mit der Mutter und dem Kind lebenden Vaters werde das Familiengefüge und die Beziehungen des Kindes zu seiner Mutter und dem potenziell ebenfalls als Bezugsperson auftretenden Partner der Mutter stören. Die auf ein Umgangs- und Auskunftsrecht beschränkte Position des leiblichen Vaters werde den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht.
e) Nach Auffassung des Deutschen Anwaltvereins verletzt die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorgegebene Nichtberücksichtigung der sozial-familiären Beziehung zwischen Kind und leiblichem Vater das verfassungsrechtliche Gebot der Effektivität des Anfechtungsverfahrens, weil es für den leiblichen Vater im Fall der sozial-familiären Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vater am Ende der letzten Tatsacheninstanz keine Möglichkeit gebe, eine Elternstellung einzunehmen. Es müsse in verfassungsgemäßer Umsetzung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts generell tatrichterlich in jedem Fall eine Einzelfallbewertung erfolgen.
f) Für den Deutschen Familiengerichtstag hat dessen Kinderrechtekommission auf die Segmentierung und Pluralisierung von Elternschaft verwiesen, die mit der Veränderung familialer Lebensformen einhergingen. Jedes Elternschaftssegment habe wesentliche Bedeutung für die Kindesentstehung und -entwicklung. Wenn der genetische nicht-rechtliche Vater alle ihm zur Verfügung stehenden rechtlichen Instrumente des Abstammungsrechts genutzt habe, die rechtliche Elternstellung zu erlangen, dürfe diese ihm nicht vollständig und für immer versperrt werden. In dem Fall müsse § 1600 Abs. 2 BGB teleologisch reduziert werden.
g) Auch die deutsche Gesellschaft für Psychologie hat sich in ihrer Stellungnahme auf Erkenntnisse aus der Stiefelternforschung gestützt. Wie sich am Phänomen des "stepgap" zeige, komme der rechtlichen Zuordnung zwischen Eltern und Kind für die tatsächliche Beziehung Bedeutung zu. Maßgeblich für den "stepgap" seien Unsicherheiten wegen der fehlenden Institutionalisierung der Stiefelternrolle und der fehlenden Weitergabe der eigenen Gene. Was die Bindungen der Kinder und Jugendlichen zu ihren leiblichen Eltern und Stiefeltern angehe, so zeigten Studien, dass gleichermaßen enge Bindungen zu den leiblichen und den sozialen Elternteilen bestehen könnten. Weitere Studien zu alleinerziehenden Elternteilen erlaubten den Schluss, dass trennungsbezogene Erschwernisse Grund für die Nachteile von Stiefkindern und Kindern in Ein-Eltern-Haushalten seien, während die erhöhte Komplexität von Elternschaftskonstellationen in Stieffamilien keine höhere Belastung für Kinder darstelle.
h) Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht hat sich für eine Abwägung der verschiedenen Vater-Beziehungen zum Kind im Einzelfall ausgesprochen. Aus der Perspektive des Kindes komme es vor allem darauf an, wer in der Vergangenheit und aktuell und prognostisch in der Zukunft am verlässlichsten Verantwortung übernehme. Die Mutter habe mit ihrem Einfluss auf die Vaterschaftsanerkennung eine starke Stellung, die in den Fällen problematisch sei, in denen sie Interessen verfolge, die nicht denen des Kindes entsprächen. § 1600 BGB sei sprachlich zu präzisieren. Alternativ könnten Vaterschaftsanerkennungen während laufender Vaterschaftsfeststellungsverfahren ausgeschlossen werden.
i) Wie andere Stellungnahmen auch hat sich das Deutsche Jugendinstitut für die Darstellung der Bindungsentwicklung eines Kindes auf die Bindungstheorie und das dort entwickelte Vier-Phasen-Modell bezogen und zudem auf die große Bedeutung des sozialen Umfeldes verwiesen. Konflikte zwischen den Bezugspersonen und die Unterstützung des Kontakts zu Bezugspersonen durch andere Bezugspersonen prägten die Bindungsentwicklung des Kindes.
j) Nach Einschätzung des Deutschen Juristinnenbundes ist sowohl die genetische als auch die soziale Verbindung für das Kind und seine Entwicklung von großer Bedeutung. Die Konkurrenzsituation zwischen dem leiblichen Vater und dem rechtlich-sozialen Vater sei dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und der Einzelfallentscheidung im Rahmen familiengerichtlicher Verfahren zuzuweisen.
k) Die Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland hat sich unter anderem zu der Bedeutung der biologischen Herkunft und der rechtlichen Zuordnung für das Kind selbst geäußert. Während erstere schon im Kindergartenalter wichtig sei, sei letztere erst einmal irrelevant, es sei denn sie werde durch die Erwachsenen genutzt, um Kontakte zu erzwingen oder zu verhindern. Insbesondere der Mutter, die in den meisten Fällen Hauptbezugsperson des Kindes sei, komme dabei eine Schlüsselposition für die Entwicklung von Bindungen des Kindes zu anderen Personen zu. Die rechtliche Verbindung sorge zwar für mehr Klarheit, aber selten für psychologisch abschließende Lösungen.
l) Gestützt auf Studien zu sogenannten Patchworkfamilien hat die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht dahingehend Stellung genommen, dass Kinder sich innerhalb komplexer Familiensysteme gut entwickelten. § 1600 Abs. 2 und 3 BGB verstießen gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und gegen Art. 8 EMRK , weil sie bei Bestehen einer sozial-familiären Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vater dieser ausnahmslos den Vorrang einräumten. Wertungen des Sorge- und Umgangsrechts seien auf die Konflikte zwischen Eltern im Abstammungsrecht zu übertragen, die Entwicklung von Beziehungen dürfe nicht von der Mutter abhängen. Vorzugswürdig sei eine konkrete Interessenabwägung im Einzelfall.
Als der Fall vor dem BVerfG verhandelt wurde, war das Kind 3 Jahre alt und das BVerfG gab dem leiblichen Vater Recht.
Der Antragsteller wurde aber immer noch nicht rechtlicher Vater: das BVerfG stellte "nur" fest, dass die Anfechtungssperre in § 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG – dem Elterngrundrecht - unvereinbar ist. Der Gesetzgeber ist nun aufgefordert, dieses Unrecht zu beseitigen. Das BVerfG erklärt die Norm aber nicht für nichtig, sondern für befristet fortgeltend, und setzte dem Gesetzgeber eine Frist bis 30.06.2025 für die nötigen Änderungen.
Der Fall des Antragstellers wurde zurück an das OLG Naumburg gegeben und dort ausgesetzt, bis der Gesetzgeber eine neue Regelung getroffen hat.
Das BVerfG ließ dem Gesetzgeber offen, ob die Neuregelung weiterhin die Zahl der rechtlichen Eltern auf zwei begrenzt oder ob es in Zukunft Drei-Eltern-Familien geben wird.
Bleibt es bei zwei Eltern, müssen die Regelungen zur Vaterschaftsanfechtung durch leibliche Väter geändert werden. Denn mit der leiblichen Elternschaft verbindet das Grundgesetz die Vorstellung, dass den leiblichen Eltern das Wohl des Kindes "mehr am Herzen liegt als jeder anderen Person". Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG muss es grundsätzlich möglich sein, Elternverantwortung für ihre Kinder erhalten und ausüben zu können.
Alternativ könnten Mutter, leiblicher Vater und rechtlicher Vater nebeneinander Eltern sein. Denn auch die Interessen eines nicht-leiblichen Vaters, der als Ehemann der Mutter eine Beziehung zu dem Kind hat und Verantwortung übernehmen möchte, müssen berücksichtigt werden.
Sähe der Gesetzgeber eine rechtliche Elternschaft von drei Elternteilen vor, müsste er nicht allen diesen Elternteilen gleiche Rechte im Verhältnis zu ihrem Kind einzuräumen, sondern er kann die jeweilige Rechtsstellung der Elternteile differenzierend ausgestalten.
Abzuwarten ist also, für welchen Weg die Politik sich entscheidet.
BVerfG, Urteil vom 09.04.2024 - Aktenzeichen 1 BvR 2017/21