Ja, unabhängig vom eigenen Einkommen - denn das ist keine Sozialhilfeleistung! Es ist bloß ein Vorschuss, falls der andere nicht zahlen will oder kann.
Seit 1. Juli 2017 gibt es die Leistungen auch über das zwölfte Lebensjahr hinaus und länger als 72 Monate. Beide Begrenzungen sind nun aufgehoben.
Den Unterhaltsvorschuss übernimmt der Staat, wenn der andere Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Beantragt wird er beim Jugendamt. Auf das Einkommen des Elternteiles, bei dem das Kind wohnt, kommt es nicht an.
"Vorschuss" heißt es, weil das Jugendamt versucht, das Geld vom anderen Elternteil zurück zu bekommen.
Auf Bürgergeld wird das Geld voll angerechnet, so wie auch der Unterhalt selbst.
Der Betrag ist geringer als "echter" Unterhalt, weil das Kindergeld auf den Mindestunterhalt voll angerechnet wird statt zur Hälfte.
Ab Januar 2024 beträgt der Vorschuss
Ein Kind hat Anspruch auf die Unterhaltsleistung der Vorschusskasse, wenn es
Auf das Einkommen des Elternteiles, bei dem das Kind lebt, kommt es nicht an. Es handelt sich nämlich nicht um eine Sozialleistung für den Elternteil!
Die Unterhaltsvorschussleistung wurde früher insgesamt längstens für 72 Monate gezahlt und maximal bis zum 12. Geburtstag.
Seit 07/2017 sind diese beiden Beschränkungen aufgehoben!
Der Elternteil ist nicht alleinerziehend, wenn er verheiratet ist, in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt und nicht dauernd getrennt lebt oder wenn er unverheiratet mit dem anderen Elternteil zusammenlebt.
Kritisch sind hier sog. Wechselmodelle oder auch schon erweiterte Alltagsbetreuung - der Einzelfall ist zu prüfen.
Die Alleinerziehung wäre z.B. zu verneinen, wenn sich der andere Elternteil tagsüber weit überwiegend um die Betreuung des Kindes kümmern würde (Nr. 1.3.1 RL-UVG). Ein Zusammenleben wäre auch dann gegeben, wenn der anderswo gemeldete andere Elternteil mehrmals wöchentlich in der Wohnung übernachten und beide für das Kind sorgen würden (Nr. 1.10.1 RL-UVG), vgl. auch VG Freiburg, Beschl. v. 6.4.2020 – 4 K 345/20.
Der Elternteil, der Unterhaltsvorschuss für ein Kind beantragt, muss bei der Feststellung der Vaterschaft und dem Aufenthalt des anderen Elternteils mitwirken und alle Angaben auf dem Antragsvordruck machen. Weiter besteht die Verpflichtung, der Unterhaltsvorschusskasse alle wichtigen Änderungen mitzuteilen, die während der Antragsbearbeitung und später während der Zahlung von Unterhaltsvorschussleistungen auftreten. Solche wichtigen Änderungen sind zum Beispiel Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils, eigene Eheschließung, Umzüge, Wohnortwechsel des Kindes.
Die Unterhaltsvorschusskasse ist verpflichtet zu prüfen, ob der andere Elternteil in der Lage ist, Unterhalt zu zahlen. Kann er Unterhalt zahlen, fordert sie die Leistungen von ihm zurück.
Der Anspruch auf die Unterhaltsvorschussleistung ist ausgeschlossen, wenn
Ausländischen Kindern werden Unterhaltsvorschussleistungen gezahlt, wenn sie selbst oder ihr alleinerziehender Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung besitzen. Kein Unterhaltsvorschuss wird dagegen Kindern von Ausländern gezahlt, die nur im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Aufenthaltsbewilligung sind. Asylberechtigte und sog. Kontingentflüchtlinge haben grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis, so dass sie von der Einschränkung nicht betroffen sind.
Kein Unterhaltsvorschuss wird auch Kindern von Alleinerziehenden gezahlt, die von ihren im Ausland ansässigen Arbeitgebern für eine vorübergehende Tätigkeit nach Deutschland entsandt worden sind.
Der andere (unterhaltspflichtige) Elternteil soll nicht entlastet werden, wenn der Staat dem Kind Unterhaltsvorschuss zahlt. Daher gehen etwaige Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil in Höhe des Unterhaltsvorschusses auf das Land über, das diese Ansprüche geltend macht und gegebenenfalls einklagt oder vollstreckt.
Der andere Elternteil wird sofort nach Antragstellung hierüber informiert und zur Zahlung bzw. Auskunft über seine Einkommensverhältnisse aufgefordert.
Wenn der Staat den vorausgeleisteten Unterhalt bei dem anderen Elternteil zurückholt, hat dies auch für die Unterhaltszahlungspflicht große Bedeutung. Setzt der Staat nämlich seinen Anspruch erfolgreich durch, ist es durch die Klärung der Rechtslage leichter, auch dann regelmäßig Unterhalt für das Kind zu bekommen, wenn nach spätestens sechs Jahren oder bei Erreichen der Altersgrenze kein Unterhaltsvorschuss mehr geleistet wird.
Hat das Kind zu Unrecht Unterhaltsvorschuss erhalten, muss der alleinerziehende Elternteil den Betrag ersetzen, sofern er die Überzahlung verursacht hat durch
Das Kind muss den Unterhaltsvorschuss zurückzahlen, wenn es nach Antragstellung
Schon ab Antragstellung und für die gesamte Zeit des Leistungsbezuges müssen Sie der Unterhaltsvorschuss-Stelle unverzüglich alle Änderungen in den Verhältnissen mitteilen, die für den Anspruch von Bedeutung sein können oder über die Sie im Zusammenhang mit dem Unterhaltsvorschussgesetz Erklärungen abgegeben haben. Mitteilungen an andere Behörden (z.B. an die Gemeindeverwaltung oder das Einwohnermeldeamt) genügen nicht.
Das Jugendamt müssen Sie insbesondere benachrichtigen, wenn
Wenn Sie dieser Anzeigepflicht nicht nachkommen, sind Sie zum Ersatz der zu viel gezahlten Unterhaltsvorschussleistung verpflichtet. Daneben kann die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung dieser Anzeigepflicht mit Bußgeld geahndet werden.
Das Amt für Kinder, Jugend und Familienberatung der StädteRegion Aachen = (Jugendamt) leistet Unterhaltsvorschuss für Kinder, die in Baesweiler, Monschau, Roetgen und Simmerath leben. Für die übrigen Städte in der StädteRegion sind die Jugendämter vor Ort zuständig. Die Leistungen müssen schriftlich beantragt werden. Den Antragsvordruck senden Ihnen die Mitarbeiter der Unterhaltsvorschusskasse auf Anfrage zu.
Wenn ein getrenntlebender Elternteil keinen Kindesunterhalt zahlt, springt die Unterhaltsvorschusskasse ein – aber nur für Alleinerziehende. Das BVerwG musste entscheiden, ob eine Mutter „alleinerziehend“ ist, wenn das Kind zwar bei ihr den Hauptwohnsitz hat, aber sich häufig zu Umgangskontakten beim Vater aufhält.
Der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen setzt neben ausbleibenden oder unzureichenden Unterhaltszahlungen durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil weiter voraus, dass das Kind bei einem Elternteil lebt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG).
Das Gericht hat einen Grenzwert für den Mitbetreuungsanteil definiert.
Im Fall ging es um 7jährige Zwillinge, die sich vierzehntägig von Mittwochnachmittag bis Montagmorgen beim Vater aufhielten. Rechnerisch waren das - abgesehen von den Schulferien - 36% Mitbetreuung. Bei dieser Berechnung wird nicht gewichtet, welche Betreuungsleistungen besonderen Wert haben, also ob es um Freizeit miteinander oder z.B. um Hausaufgabenbegleitung geht. Gezählt wird, wo das Kind sich bei Tagesbeginn aufhält. Relevant ist nicht eine Vereinbarung (oder Gerichtsbeschluss), sondern die tatsächliche Ausübung.
Ab einer Mitbetreuung von 40% ist laut BVerwG der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ausgeschlossen. Dabei geht es um einen Entlastungseffekt.
Ob diese Mutter die UVK-Leistungen zugesprochen bekommt, muss das Oberverwaltungsgericht noch aufklären, weil zu den tatsächlichen Verhältnissen und zur Zahlung von Unterhalt keine Feststellungen getroffen wurden.
BVerwG, Urt. v. 12.12.2023 - 5 C 9.22
Ein Kind lebt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bei einem seiner Elternteile, wenn es mit ihm eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft unterhält, in der es auch betreut wird. Dem Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes entsprechend ist das Merkmal nur dann erfüllt, wenn der alleinstehende leibliche Elternteil wegen des Ausfalls des anderen Elternteils die doppelte Belastung mit Erziehung und Unterhaltsgewährung in seiner Person zu tragen hat. Abgrenzungsprobleme entstehen, wenn das Kind regelmäßig einen Teil des Monats auch bei dem anderen Elternteil verbringt. Für die Beantwortung der Frage, ob das Kind in derartigen Fällen nur bei einem seiner Elternteile lebt, ist entscheidend auf die persönliche Betreuung und Versorgung, die das Kind bei dem anderen Elternteil erfährt, und die damit einhergehende Entlastung des alleinerziehenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes abzuheben. Trägt der den Unterhaltsvorschuss beantragende Elternteil trotz der Betreuungsleistungen des anderen Elternteils tatsächlich die alleinige Verantwortung für die Sorge und Erziehung des Kindes, weil der Schwerpunkt der Betreuung und Fürsorge des Kindes ganz überwiegend bei ihm liegt, so erfordert es die Zielrichtung des Unterhaltsvorschussgesetzes, das Merkmal "bei einem seiner Elternteile lebt" als erfüllt anzusehen und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu gewähren. Wird das Kind hingegen weiterhin auch durch den anderen Elternteil in einer Weise betreut, die eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes zur Folge hat, ist das Merkmal zu verneinen. Dazu bedarf es einer umfassenden Würdigung des Einzelfalles.
Von einer Alleinerziehung, wie sie in § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG gefordert wird, kann nicht ausgegangen werden, wenn die leiblichen Eltern - auch wenn sie nicht zusammen wohnen - die Erziehungsaufgaben so untereinander aufteilen, dass keiner der Elternteile diese Aufgabe ganz oder weit überwiegend alleine erfüllen muss. Dabei ist nicht zu fordern, dass die Erziehungs- und Betreuungsanteile in quantitativer und qualitativer Hinsicht gleich sind. Im Hinblick auf den Zweck des § 1 UVG, die Belastungen für Kinder zu mildern, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben, lassen sich Erschwernisse, die eine finanzielle Besserstellung durch die Gewährung von Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erfordern, schon dann nicht mehr feststellen, wenn der andere Elternteil im wesentlichen Umfang - wenn auch nicht völlig gleichwertig - an der erzieherischen Leistung mitwirkt.
Eine Alleinerziehung im vorgenannten Sinne liegt dagegen regelmäßig dann vor, wenn ein Elternteil die Verantwortung für die Betreuung und Versorgung seines Kindes in einem solchen Maße trägt, dass schon bei einer überschlägigen Prüfung im Sinne einer Evidenzkontrolle diese Betreuungsleistung nach ihrer Qualität und Quantität eindeutig dominierend in den Vordergrund tritt, die etwaigen Betreuungsleistungen des anderen Elternteils dagegen lediglich als gelegentliches Mitwirken, etwa im Rahmen von Besuchsaufenthalten, erscheinen.
Nach der von den Eltern getroffenen Umgangsregelung hielt sich die Tochter zu ca. 60% bei der Mutter und zu 40% bei dem Vater auf und verbrachte die Schulferien jeweils zur Hälfte bei dem einen oder anderen Elternteil.
Ergibt sich auf Grund der jeweiligen Betreuungs- und Versorgungsverhältnisse, dass ein Kind bei beiden Elternteilen lebt, besteht kein Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen. Nach der gesetzlichen Zielsetzung handelt es sich nämlich bei der Unterhaltsvorschussleistung um eine besondere Sozialleistung, die (nur) Kindern derjenigen Eltern gewährt wird, die Alltag und Erziehung auf sich gestellt bewältigen müssen und bei Ausfall der Unterhaltsleistungen des anderen Elternteils im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit auch für den von dem anderen Elternteil geschuldeten Unterhalt aufkommen müssten. Diese zusätzliche Belastung soll durch eine öffentliche Unterhaltsleistung aufgehoben oder wenigstens gemildert werden. Der gesetzlichen Zielsetzung, die besondere Doppelbelastung des alleinerziehenden Elternteils durch eine Unterhaltsvorschussleistung abzumildern, widerspricht es, wenn der andere Elternteil maßgeblich an der Betreuung des Kindes beteiligt ist bzw. die Eltern die Erziehungsaufgaben so untereinander aufteilen, dass keiner der Elternteile diese Aufgabe ganz oder weit überwiegend alleine ausfüllen muss. Insoweit ist jedoch nicht erforderlich, dass die Erziehungs- und Betreuungsanteile und quantitativer und qualitativer Hinsicht gleich sind. Es kommt vielmehr darauf an, ob der andere Elternteil zu einer wesentlichen Entlastung des beantragenden Elternteils beiträgt, auch wenn diese nicht völlig gleichwertig ist. Für die Frage, ob eine derartige wesentliche Entlastung durch den anderen Elternteil gegeben ist, ist allerdings nicht allein der zeitliche Umfang der Aufenthaltsdauer des Kindes bei dem anderen Elternteil entscheidend. Erforderlich ist vielmehr eine inhaltliche Gesamtbewertung des mit der Versorgung und Betreuung des Kindes verbundenen Aufwandes.
Das Gericht hat nach den bisherigen Angaben der Klägerin und auf Grund der mündlichen Verhandlung den Gesamteindruck gewonnen, dass ihre Tochter sowohl mit ihr als auch mit dem Kindesvater in häuslicher Gemeinschaft lebte, wenn auch die Betreuungsanteile nicht völlig gleichmäßig auf beide Elternteile verteilt waren.
Das Gericht geht davon aus, dass der Kindesvater im streitgegenständlichen Zeitraum wesentlich an der Erziehung und Betreuung der Tochter beteiligt war und versagte deshalb den Unterhaltsvorschuss.
VG Aachen Urt. v. 10.2.2020 – 10 K 1098/18
Wer neben dem Bürgergeld für die Pflege von Verwandten oder Bekannten Geld bekommt, muss daraus keinen Unterhaltsvorschuss für sein Kind erstatten.
Im Fall des OLG Bamberg ging es um die Mutter eines minderjährigen Kindes, die von Bürgergeld lebte. Das Kind wohnte beim Vater. Zusätzlich bekam sie von der Mutter ihres Lebensgefährten, die auch mit im Haushalt wohnte, Geld als Gegenleistung für häusliche Pflege und als Zuschuss zu den Lebenshaltungskosten.
Kindesunterhalt zahlte sie nicht, weshalb die Unterhaltsvorschusskasse beim Jugendamt einsprang und die Mutter verklagte, sog. Regress der übergegangen Unterhaltsansprüche.
Dieses Verfahren verlor das Jugendamt:
Das OLG: Die Zahlungen sind im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Nr. 4 Bürgergeld-VO nicht als Einkommen zu qualifizieren (§§ 7a UVG , 11 Abs. 1 S. 1 SGB II ). Die Antragsgegnerin bezieht insoweit durch die Finanzierung der häuslichen Einkäufe seitens der pflegebedürftigen Person Einkommen aus deren Pflegegeldbezug. Die Pflegeleistungen werden vorliegend aufgrund einer anzuerkennenden engen persönlichen Beziehung im Rahmen einer bestehenden sittlichen Pflicht (vgl. hierzu BFH, 29.08.1996 - III R 4/95, DB 1997, 356 ) erbracht, weshalb die daraus resultierenden Einnahmen gem. § 3 Nr. 36 EStG einkommensteuerfrei und nach §§ 7a UVG , 11 Abs. 1 S. 1 SGB II , 1 Abs. 1 Nr. 4 Bürgergeld-VO kein neben dem Bürgergeldbezug zu berücksichtigendes Einkommen sind.
Hinweis: Das bedeutet übrigens nicht, dass aus Sicht des Kindes nicht geprüft werden könnte, ob die Mutter fiktiv leistungsfähig ist, weil sie zum Mindestlohn erwerbstätig sein könnte und ihre Erwerbsobliegenheit verletzt. Diese Überlegung steht aber nur dem Unterhaltsberechtigten selbst zu, nicht der Unterhaltsvorschusskasse. Dagegen spricht nämlich seit Juli 2017 § 7a UVG: Solange der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, Leistungen nach dem SGB II bezieht und über kein eigenes Einkommen im Sinne von § 11 Absatz 1 Satz 1 des SGB II verfügt, wird der nach § 7 übergegangene Unterhaltsanspruch nicht verfolgt.
Wenn entsprechende Erfolgsaussichten gegeben sind, macht die Klage des Kindes selbst - vertreten durch seinen Vater - Sinn, um zumindest 125 EUR (Kindergeldhälfte) mehr zu bekommen.
OLG Bamberg - Beschluss vom 19.07.2024 (2 UF 43/24 e)