Unterhaltsvorschuss

Alleinerziehend?
Nicht neu verheiratet?
Ihr Kind bekommt keinen oder zu wenig Unterhalt?
Sie können beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss beantragen!
Erklärvideo zum Unterhaltsvorschuss

Kann jeder Alleinerziehende UVK-Leistungen bekommen?

Ja, unabhängig vom eigenen Einkommen - denn das ist keine Sozialhilfeleistung! Es ist bloß ein Vorschuss, falls der andere nicht zahlen will oder kann.
Seit 1. Juli 2017 gibt es die Leistungen auch über das zwölfte Lebensjahr hinaus und länger als 72 Monate. Beide Begrenzungen sind nun aufgehoben.
Den Unterhaltsvorschuss übernimmt der Staat, wenn der andere Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Beantragt wird er beim Jugendamt. Auf das Einkommen des Elternteiles, bei dem das Kind wohnt, kommt es nicht an.
"Vorschuss" heißt es, weil das Jugendamt versucht, das Geld vom anderen Elternteil zurück zu bekommen.
Auf Bürgergeld wird das Geld voll angerechnet, so wie auch der Unterhalt selbst.
Der Betrag ist geringer als "echter" Unterhalt, weil das Kindergeld auf den Mindestunterhalt voll angerechnet wird statt zur Hälfte.

Unterhaltsvorschuss

Ab Januar 2024 beträgt der Vorschuss

  • für Kinder im Alter von 0 bis 5 Jahren monatlich von 187 auf bis zu 230 Euro,
  • für Kinder im Alter von 6 bis 11 Jahren monatlich von 252 auf bis zu 301 Euro,
  • für Kinder im Alter von 12 bis 17 Jahren monatlich von 338 bis zu 395 Euro.


Ein Kind hat Anspruch auf die Unterhaltsleistung der Vorschusskasse, wenn es

  •    das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat
  •    in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
  •    hier bei einem alleinerziehenden Elternteil lebt und
  •    von dem anderen Elternteil nicht oder nur teilweise oder nicht regelmäßig Unterhalt in Höhe des maßgeblichen Mindestunterhaltes erhält.

 

Auf das Einkommen des Elternteiles, bei dem das Kind lebt, kommt es nicht an. Es handelt sich nämlich nicht um eine Sozialleistung für den Elternteil!
 
Die Unterhaltsvorschussleistung wurde früher insgesamt längstens für 72 Monate gezahlt und maximal bis zum 12. Geburtstag.

Seit 07/2017 sind diese beiden Beschränkungen aufgehoben!

Der Elternteil ist nicht alleinerziehend, wenn er verheiratet ist, in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt und nicht dauernd getrennt lebt oder wenn er unverheiratet mit dem anderen Elternteil zusammenlebt.


Kritisch sind hier sog. Wechselmodelle oder auch schon erweiterte Alltagsbetreuung - der Einzelfall ist zu prüfen.

Die Alleinerziehung wäre z.B. zu verneinen, wenn sich der andere Elternteil tagsüber weit überwiegend um die Betreuung des Kindes kümmern würde (Nr. 1.3.1 RL-UVG). Ein Zusammenleben wäre auch dann gegeben, wenn der anderswo gemeldete andere Elternteil mehrmals wöchentlich in der Wohnung übernachten und beide für das Kind sorgen würden (Nr. 1.10.1 RL-UVG), vgl. auch VG Freiburg, Beschl. v. 6.4.2020 – 4 K 345/20.


Der Elternteil, der Unterhaltsvorschuss für ein Kind beantragt, muss bei der Feststellung der Vaterschaft und dem Aufenthalt des anderen Elternteils mitwirken und alle Angaben auf dem Antragsvordruck machen. Weiter besteht die Verpflichtung, der Unterhaltsvorschusskasse alle wichtigen Änderungen mitzuteilen, die während der Antragsbearbeitung und später während der Zahlung von Unterhaltsvorschussleistungen auftreten. Solche wichtigen Änderungen sind zum Beispiel Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils, eigene Eheschließung, Umzüge, Wohnortwechsel des Kindes.

Die Unterhaltsvorschusskasse ist verpflichtet zu prüfen, ob der andere Elternteil in der Lage ist, Unterhalt zu zahlen. Kann er Unterhalt zahlen, fordert sie die Leistungen von ihm zurück.
 
Der Anspruch auf die Unterhaltsvorschussleistung ist ausgeschlossen, wenn

  •  der antragstellende Elternteil sich weigert, über den zahlungspflichtigen Elternteil Auskünfte zu erteilen,
  • der antragstellende Elternteil sich weigert, bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken,
  •  der antragstellende Elternteil verheiratet ist und vom Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt,
  •  der antragstellende Elternteil mit dem anderen Elternteil zusammenlebt,
  •  der andere Elternteil Unterhalt mindestens in der Höhe des maßgeblichen Mindestunterhaltes geleistet hat. Dabei wird jede Unterhaltszahlung bis zur Höhe des Mindestunterhaltes auf den Monat angerechnet, in dem sie erfolgt ist (nicht: für den).

 


Ausländischen Kindern werden Unterhaltsvorschussleistungen gezahlt, wenn sie selbst oder ihr alleinerziehender Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung besitzen. Kein Unterhaltsvorschuss wird dagegen Kindern von Ausländern gezahlt, die nur im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Aufenthaltsbewilligung sind. Asylberechtigte und sog. Kontingentflüchtlinge haben grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis, so dass sie von der Einschränkung nicht betroffen sind.

Kein Unterhaltsvorschuss wird auch Kindern von Alleinerziehenden gezahlt, die von ihren im Ausland ansässigen Arbeitgebern für eine vorübergehende Tätigkeit nach Deutschland entsandt worden sind.

Der andere (unterhaltspflichtige) Elternteil soll nicht entlastet werden, wenn der Staat dem Kind Unterhaltsvorschuss zahlt. Daher gehen etwaige Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil in Höhe des Unterhaltsvorschusses auf das Land über, das diese Ansprüche geltend macht und gegebenenfalls einklagt oder vollstreckt.

Der andere Elternteil wird sofort nach Antragstellung hierüber informiert und zur Zahlung bzw. Auskunft über seine Einkommensverhältnisse aufgefordert.

Wenn der Staat den vorausgeleisteten Unterhalt bei dem anderen Elternteil zurückholt, hat dies auch für die Unterhaltszahlungspflicht große Bedeutung. Setzt der Staat nämlich seinen Anspruch erfolgreich durch, ist es durch die Klärung der Rechtslage leichter, auch dann regelmäßig Unterhalt für das Kind zu bekommen, wenn nach spätestens sechs Jahren oder bei Erreichen der Altersgrenze kein Unterhaltsvorschuss mehr geleistet wird.

Hat das Kind zu Unrecht Unterhaltsvorschuss erhalten, muss der alleinerziehende Elternteil den Betrag ersetzen, sofern er die Überzahlung verursacht hat durch

  •    vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben oder
  •    nicht rechtzeitige Anzeige einer Veränderung in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder
  •    wusste bzw. wissen musste, dass dem Kind der Unterhaltsvorschuss nicht oder nicht in der gezahlten Höhe zustand.

 


Das Kind muss den Unterhaltsvorschuss zurückzahlen, wenn es nach Antragstellung

  •    von dem anderen Elternteil in einem Monat Unterhalt erhalten hat (auch Unterhaltsrückstände), der auf den in demselben Monat gezahlten Unterhaltsvorschuss nicht angerechnet wurde oder
  •    Waisenbezüge erhalten hat, die bei der Berechnung der Höhe des Unterhaltsvorschusses hätten berücksichtigt werden müssen.

 

Schon ab Antragstellung und für die gesamte Zeit des Leistungsbezuges müssen Sie der Unterhaltsvorschuss-Stelle unverzüglich alle Änderungen in den Verhältnissen mitteilen, die für den Anspruch von Bedeutung sein können oder über die Sie im Zusammenhang mit dem Unterhaltsvorschussgesetz Erklärungen abgegeben haben. Mitteilungen an andere Behörden (z.B. an die Gemeindeverwaltung oder das Einwohnermeldeamt) genügen nicht.

Das Jugendamt müssen Sie insbesondere benachrichtigen, wenn

  •    das Kind nicht mehr bei Ihnen lebt,
  •    Sie heiraten oder mit dem anderen Elternteil zusammen ziehen,
  •    Sie umziehen,
  •    Ihnen der bisher unbekannte Aufenthalt des anderen Elternteils bekannt wird,
  •    der andere Elternteil Unterhalt für das Kind zahlen will oder bereits zahlt,
  •    der andere Elternteil verstorben ist.

 

Wenn Sie dieser Anzeigepflicht nicht nachkommen, sind Sie zum Ersatz der zu viel gezahlten Unterhaltsvorschussleistung verpflichtet. Daneben kann die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung dieser Anzeigepflicht mit Bußgeld geahndet werden.

Warum gibt es weniger Geld als beim Mindestunterhalt?

Die Höhe des Unterhaltsvorschusses richtet sich wie im Unterhaltsrecht nach den für die betreffende Altersstufe festgelegten Mindestunterhaltsbeträgen. Hiervon wird aber der Betrag des Kindergeldes voll abgezogen - nicht nur halb.

Zusätzlich werden evtl. Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils oder die Waisenbezüge, die das Kind nach dessen Tod oder nach dem Tod eines Stiefelternteils erhält, abgezogen.


Wo beantrage ich den Unterhaltsvorschuss?

Das Amt für Kinder, Jugend und Familienberatung der StädteRegion Aachen = (Jugendamt) leistet Unterhaltsvorschuss für Kinder, die in Baesweiler, Monschau, Roetgen und Simmerath leben. Für die übrigen Städte in der StädteRegion sind die Jugendämter vor Ort zuständig. Die Leistungen müssen schriftlich beantragt werden. Den Antragsvordruck senden Ihnen die Mitarbeiter der Unterhaltsvorschusskasse auf Anfrage zu.


Vorsicht, Falle: wenn der andere zu viel Umgang hat, ist man nicht mehr alleinerziehend

BVerwG, Urt. v. 12.12.2023 - 5 C 9.22 

Wenn ein getrenntlebender Elternteil keinen Kindesunterhalt zahlt, springt die Unterhaltsvorschusskasse ein – aber nur für Alleinerziehende. Das BVerwG musste entscheiden, ob eine Mutter „alleinerziehend“ ist, wenn das Kind zwar bei ihr den Hauptwohnsitz hat, aber sich häufig zu Umgangskontakten beim Vater aufhält.

Der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen setzt neben ausbleibenden oder unzureichenden Unterhaltszahlungen durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil weiter voraus, dass das Kind bei einem Elternteil lebt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG). 

Das Gericht hat einen Grenzwert für den Mitbetreuungsanteil definiert.

Im Fall ging es um 7jährige Zwillinge, die sich vierzehntägig von Mittwochnachmittag bis Montagmorgen beim Vater aufhielten. Rechnerisch waren das - abgesehen von den Schulferien - 36% Mitbetreuung. Bei dieser Berechnung wird nicht gewichtet, welche Betreuungsleistungen besonderen Wert haben, also ob es um Freizeit miteinander oder z.B. um Hausaufgabenbegleitung geht. Gezählt wird, wo das Kind sich bei Tagesbeginn aufhält. Relevant ist nicht eine Vereinbarung (oder Gerichtsbeschluss), sondern die tatsächliche Ausübung.

Ab einer Mitbetreuung von 40% ist laut BVerwG der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ausgeschlossen. Dabei geht es um einen Entlastungseffekt.

Ob diese Mutter die UVK-Leistungen zugesprochen bekommt, muss das Oberverwaltungsgericht noch aufklären, weil zu den tatsächlichen Verhältnissen und zur Zahlung von Unterhalt keine Feststellungen getroffen wurden.

 

BVerwG, Urt. v. 12.12.2023 - 5 C 9.22 


vorhergehend: OVG NRW - 15.12.2015 - 12 A 1053/14

Ein Kind lebt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bei einem seiner Elternteile, wenn es mit ihm eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft unterhält, in der es auch betreut wird. Dem Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes entsprechend ist das Merkmal nur dann erfüllt, wenn der alleinstehende leibliche Elternteil wegen des Ausfalls des anderen Elternteils die doppelte Belastung mit Erziehung und Unterhaltsgewährung in seiner Person zu tragen hat. Abgrenzungsprobleme entstehen, wenn das Kind regelmäßig einen Teil des Monats auch bei dem anderen Elternteil verbringt. Für die Beantwortung der Frage, ob das Kind in derartigen Fällen nur bei einem seiner Elternteile lebt, ist entscheidend auf die persönliche Betreuung und Versorgung, die das Kind bei dem anderen Elternteil erfährt, und die damit einhergehende Entlastung des alleinerziehenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes abzuheben. Trägt der den Unterhaltsvorschuss beantragende Elternteil trotz der Betreuungsleistungen des anderen Elternteils tatsächlich die alleinige Verantwortung für die Sorge und Erziehung des Kindes, weil der Schwerpunkt der Betreuung und Fürsorge des Kindes ganz überwiegend bei ihm liegt, so erfordert es die Zielrichtung des Unterhaltsvorschussgesetzes, das Merkmal "bei einem seiner Elternteile lebt" als erfüllt anzusehen und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu gewähren. Wird das Kind hingegen weiterhin auch durch den anderen Elternteil in einer Weise betreut, die eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes zur Folge hat, ist das Merkmal zu verneinen. Dazu bedarf es einer umfassenden Würdigung des Einzelfalles.


Von einer Alleinerziehung, wie sie in § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG gefordert wird, kann nicht ausgegangen werden, wenn die leiblichen Eltern - auch wenn sie nicht zusammen wohnen - die Erziehungsaufgaben so untereinander aufteilen, dass keiner der Elternteile diese Aufgabe ganz oder weit überwiegend alleine erfüllen muss. Dabei ist nicht zu fordern, dass die Erziehungs- und Betreuungsanteile in quantitativer und qualitativer Hinsicht gleich sind. Im Hinblick auf den Zweck des § 1 UVG, die Belastungen für Kinder zu mildern, die bei einem alleinerziehenden Elternteil leben, lassen sich Erschwernisse, die eine finanzielle Besserstellung durch die Gewährung von Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erfordern, schon dann nicht mehr feststellen, wenn der andere Elternteil im wesentlichen Umfang - wenn auch nicht völlig gleichwertig - an der erzieherischen Leistung mitwirkt.


Eine Alleinerziehung im vorgenannten Sinne liegt dagegen regelmäßig dann vor, wenn ein Elternteil die Verantwortung für die Betreuung und Versorgung seines Kindes in einem solchen Maße trägt, dass schon bei einer überschlägigen Prüfung im Sinne einer Evidenzkontrolle diese Betreuungsleistung nach ihrer Qualität und Quantität eindeutig dominierend in den Vordergrund tritt, die etwaigen Betreuungsleistungen des anderen Elternteils dagegen lediglich als gelegentliches Mitwirken, etwa im Rahmen von Besuchsaufenthalten, erscheinen.


so auch VG Aachen 10.02.2020

Nach der von den Eltern getroffenen Umgangsregelung hielt sich die Tochter zu ca. 60% bei der Mutter und zu 40% bei dem Vater auf und verbrachte die Schulferien jeweils zur Hälfte bei dem einen oder anderen Elternteil. 


Ergibt sich auf Grund der jeweiligen Betreuungs- und Versorgungsverhältnisse, dass ein Kind bei beiden Elternteilen lebt, besteht kein Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen. Nach der gesetzlichen Zielsetzung handelt es sich nämlich bei der Unterhaltsvorschussleistung um eine besondere Sozialleistung, die (nur) Kindern derjenigen Eltern gewährt wird, die Alltag und Erziehung auf sich gestellt bewältigen müssen und bei Ausfall der Unterhaltsleistungen des anderen Elternteils im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit auch für den von dem anderen Elternteil geschuldeten Unterhalt aufkommen müssten. Diese zusätzliche Belastung soll durch eine öffentliche Unterhaltsleistung aufgehoben oder wenigstens gemildert werden. Der gesetzlichen Zielsetzung, die besondere Doppelbelastung des alleinerziehenden Elternteils durch eine Unterhaltsvorschussleistung abzumildern, widerspricht es, wenn der andere Elternteil maßgeblich an der Betreuung des Kindes beteiligt ist bzw. die Eltern die Erziehungsaufgaben so untereinander aufteilen, dass keiner der Elternteile diese Aufgabe ganz oder weit überwiegend alleine ausfüllen muss. Insoweit ist jedoch nicht erforderlich, dass die Erziehungs- und Betreuungsanteile und quantitativer und qualitativer Hinsicht gleich sind. Es kommt vielmehr darauf an, ob der andere Elternteil zu einer wesentlichen Entlastung des beantragenden Elternteils beiträgt, auch wenn diese nicht völlig gleichwertig ist. Für die Frage, ob eine derartige wesentliche Entlastung durch den anderen Elternteil gegeben ist, ist allerdings nicht allein der zeitliche Umfang der Aufenthaltsdauer des Kindes bei dem anderen Elternteil entscheidend. Erforderlich ist vielmehr eine inhaltliche Gesamtbewertung des mit der Versorgung und Betreuung des Kindes verbundenen Aufwandes.

Das Gericht hat nach den bisherigen Angaben der Klägerin und auf Grund der mündlichen Verhandlung den Gesamteindruck gewonnen, dass ihre Tochter sowohl mit ihr als auch mit dem Kindesvater in häuslicher Gemeinschaft lebte, wenn auch die Betreuungsanteile nicht völlig gleichmäßig auf beide Elternteile verteilt waren. 


Das Gericht geht davon aus, dass der Kindesvater im streitgegenständlichen Zeitraum wesentlich an der Erziehung und Betreuung der Tochter beteiligt war und versagte deshalb den Unterhaltsvorschuss.


VG Aachen Urt. v. 10.2.2020 – 10 K 1098/18


  • Wieviel bekommt man von der Unterhaltsvorschusskasse?

    Die Höhe des Unterhaltsvorschusses richtet sich wie im Unterhaltsrecht nach den für die betreffende Altersstufe festgelegten Mindestunterhaltsbeträgen. Hiervon wird der volle (!) Betrag des Kindergeldes voll abgezogen. Deshalb bekommt man 125 EUR mtl. weniger (Stand 2024) als vom anderen Elternteil selbst, wenn der MIndestunterhalt zahlen würde.


    Von der UVK-Zahlung werden evtl. Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils oder die Waisenbezüge, die das Kind nach dessen Tod oder nach dem Tod eines Stiefelternteils erhält, abgezogen. 


  • Kommt es auf eigenes Einkommen oder Vermögen an?

    Nein

  • Wann ist der Anspruch ausgeschlossen?

    wenn      

    •     der antragstellende Elternteil sich weigert, bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthalts des anderen Elternteils mitzuwirken, 
    •     der antragstellende Elternteil verheiratet ist und vom Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt, 
    •     der antragstellende Elternteil mit dem anderen Elternteil zusammenlebt, 
    •     der andere Elternteil Unterhalt mindestens in der Höhe des maßgeblichen Mindestunterhaltes geleistet hat. Dabei wird jede Unterhaltszahlung bis zur Höhe des Mindestunterhaltes auf den Monat angerechnet, in dem sie erfolgt ist (nicht: für den)
    •  der antragstellende Elternteil sich weigert, über den zahlungspflichtigen Elternteil Auskünfte zu erteilen ("Vater unbekannt")
    • der andere Elternteil zu 40% oder mehr mitbetreut

  • Nicht alleinerziehend bei 40% Mitbetreuung durch den Anderen

    BVerwG, Urt. v. 12.12.2023 - 5 C 9.22  

  • One-Night-Stand: kein Unterhaltsvorschuss bei unbekanntem Vater

    OVG Rheinland-Pfalz - Urteil vom 24.09.2018:


    Ein Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz scheidet aus, wenn die Kindesmutter nicht das ihr Mögliche und Zumutbare unternimmt, um die Person des Kindesvaters bestimmen zu können (§ 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG ). Sofern die Kindesmutter keine Angaben zur Identifizierung des Kindesvaters machen kann, obliegt es ihr im Fall einer Empfängnis beim Geschlechtsverkehr mit einem Unbekannten, Nachforschungen zu dessen Person, etwa am Ort des Kennenlernens, anzustellen; diese müssen zeitnah nach Bekanntwerden der Schwangerschaft erfolgen. Eine analoge Anwendung von § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG kommt in Fällen des Geschlechtsverkehrs zwischen Unbekannten nur in Betracht, wenn die Kindesmutter absichtlich schwanger werden und die Feststellung des Kindesvaters verhindern wollte (vgl. zur anonymen Samenspende BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 5 C 28/12 -).


    Der Fall:


    Die Mutter von Zwillingen beantragte 2013 zum ersten Mal Unterhaltsvorschuss. Das Antragsformular enthielt die Angabe "Vater unbekannt". Bei einem Gespräch mit dem Beklagten teilte die Kindesmutter nach vorheriger Belehrung über ihre Mitwirkungspflichten mit, sie habe den mutmaßlichen Vater am 10. Februar 2013 (Fastnachtssonntag) im Brauhaus in K. kennengelernt. Sie beide hätten Interesse an einem One-Night-Stand gehabt und seien kurz nach draußen verschwunden. Sie sei alkoholisiert gewesen. Zur Person des Kindesvaters könne sie nur sagen, dass er Südländer sei. An den Namen könne sie sich nicht erinnern. Es habe sie nicht interessiert. Beruf und sonstige Daten des Kindesvaters könne sie nicht benennen. Sie habe am 25. Februar 2013 die Schwangerschaft festgestellt. Sie habe ins Brauhaus fahren wollen, um den Kindesvater zu sehen, das aber wegen gesundheitlicher Probleme unterlassen. Sie wolle es nachholen.


    Unterhaltsvorschuss wurde nicht gewährt.


    2016 beantragte die Mutter erneut. Unterhaltsvorschuss wurde wieder abgelehnt, weil die Kindesmutter sich bewusst und gewollt in eine Situation gebracht habe, in der Bemühungen zur Feststellung des Vaters von vornherein keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätten. Sie habe sich sodann auch nicht ernsthaft bemüht, diesen ausfindig zu machen, weil sie daran kein Interesse gehabt habe. Die vagen Angaben zu dessen Person seien nicht glaubwürdig.


    Diesmal wehrte sie sich gegen die Ablehnung:


    Sie habe ausführliche und detaillierte Angaben zur Empfängnis gemacht. Der fehlende Einsatz von Verhütungsmitteln begründe keinen Vorsatz in Bezug auf die Inkaufnahme einer Schwangerschaft. Sie sei überzeugter Single und an keinerlei Beziehung oder Bindungen interessiert. Deshalb habe sie der Name oder die Adresse des Partners beim One-Night-Stand nicht interessiert. Nach der Geburt der Kinder sei sie nochmals vor Ort gewesen, habe aber den Kindesvater nicht angetroffen. Der Vorwurf, sie habe nicht alle Anstrengungen zur Feststellung der Identität des Kindesvaters unternommen, sei realitätsfern. Ein Anspruchsausschluss komme nur in Betracht, wenn die Kindesmutter bewusst die Anonymität des Vaters akzeptiert habe. Hier habe aber die Kindesmutter gar nicht schwanger werden wollen. Insoweit sei die Konstellation anders als bei der anonymen Samenspende, bei der das Bundesverwaltungsgericht einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss verneint habe. Bei der Samenspende sei die Feststellung der Vaterschaft faktisch unmöglich. Das sei bei einem spontanen Geschlechtsverkehr unter Alkohol anders.


    Die Sache ging bis zum Oberverwaltungsgericht (Rheinland-Pfalz), dort wurde ohne mündliche Verhandlung die Entscheidung der Unterhaltsvorschusskasse bestätigt.


    Aus den Gründen:


    § 1 Abs. 3 2. Alt. UVG steht entgegen.


    Die Mutter hat ihre Mitwirkungspflicht nicht erfüllt und keine Hinderungsgründe glaubhaft gemacht.


    Ihre Angaben zum Kindesvater sind ungenügend, da sie zu vage sind, um Ansatzpunkte zu dessen Ermittlung liefern zu können. So lässt sich etwa der für die Vaterschaft in Betracht kommende Personenkreis durch die Behauptung, der mögliche Erzeuger sei Südländer, nicht in einer Weise einschränken, die Bemühungen des Beklagten um eine Identifizierung erfolgversprechend erscheinen ließen. Der Einwand der Kindesmutter, sie verfüge nicht über weitere Informationen über ihren damaligen Geschlechtspartner, führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie hätte dann zumindest umfassende und belegbare Angaben zu den Umständen in Zusammenhang mit der Entstehung der Schwangerschaft machen müssen. Ihre diesbezüglichen Angaben sind zu oberflächlich, um sie als Schilderung eines tatsächlichen Geschehens ansehen zu können. Insbesondere fehlen detaillierte Angaben dazu, wie die Kindesmutter ihren Sexualpartner kennenlernte.


    Die Kindesmutter hat nicht unverzüglich die erforderlichen Schritte zur Ermittlung des Kindesvaters eingeleitet oder veranlasst. Sie hat nicht rechtzeitig die Nachforschungen angestellt, die ihr ohne weiteres möglich gewesen wären. Nach Feststellung der Schwangerschaft am 25. Februar 2013 hätte sie versuchen müssen, den vermeintlichen Kindesvater im Brauhaus in K., dem Ort des angeblichen Kennenlernens, anzutreffen oder dort Informationen über ihn zu beschaffen. Der pauschale Einwand, ein solcher Versuch sei wegen fehlender Erinnerungen von vornherein zum Scheitern verurteilt, überzeugt nicht. Denn die Erfolgsaussichten eines Ermittlungsversuchs lassen sich nicht prognostizieren. So ist nicht auszuschließen, dass der Kindesvater die Kindesmutter wiedererkennt. Auch ist es möglich, dass sich deren Erinnerungen am Ort des Geschehens klären. Ermittlungen nach dem Kindesvater vor Ort hätte die Kindesmutter unverzüglich nach Feststellung der Schwangerschaft durchführen, zumindest aber veranlassen müssen. Denn mit zunehmendem zeitlichen Abstand verringern sich die Erfolgsaussichten solcher Ermittlungen, da die Erinnerungen der Beteiligten und möglicher Zeugen im Laufe der Zeit nachlassen. Die Kindesmutter hat indes keinerlei zeitnahe Bemühungen unternommen, den Vater ihrer Kinder ausfindig zu machen oder zumindest Informationen über ihn zu beschaffen. Der angebliche Besuch des Lokals nach der Geburt der Kinder kann nach den vorstehenden Ausführungen nicht als rechtzeitig angesehen werden.


    Die Kindesmutter hat keine Gründe glaubhaft gemacht, die die Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht rechtfertigen könnten.


    Ihr Hinweis, sie sei überzeugter Single, rechtfertigt es nicht, ihren Kindern trotz Verletzung der Mitwirkungspflicht Unterhaltsvorschuss zu zahlen. Denn die Frage der Lebensweise ist von der Obliegenheit zu trennen, zu Gunsten der Kinder Nachforschungen nach deren Vater anzustellen. Ihre Behauptung, sie habe es auf Grund ihrer gesundheitlichen Probleme während der Schwangerschaft unterlassen, nochmals zum Brauhaus in K. zu fahren, ist kein stichhaltiger Grund für das Unterlassen von Ermittlungen. Diese Behauptung wurde pauschal aufgestellt und nicht durch die Schilderung der konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen untermauert. Ohne diese ist es nicht nachvollziehbar, weshalb die Kindesmutter während der gesamten Schwangerschaft nicht in der Lage gewesen sein sollte, nach K. zu fahren. Ferner hat sie es versäumt, ihre Beeinträchtigungen durch die Vorlage von Attesten zu belegen.


    3. Da der vom Kläger geltend gemachte Anspruch hier schon unmittelbar durch § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG ausgeschlossen ist, stellt sich die Frage einer analogen Anwendung der Norm hier nicht.


    Der Senat merkt allerdings wie bereits im Urteil vom 23. Juli 2014 (- 7 A 10330/14.OVG -, juris, Rn. 40) an, dass die Konzeption des Unterhaltsvorschussgesetzes der Annahme entgegensteht, der Normgeber habe einen Anspruch auch in den Fällen ausschließen wollen, in denen der alleinstehende Elternteil die prekäre Lage selbst herbeigeführt hat (so auch BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 5 C 28/12 -, juris, Rn. 19). Die Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 16. Januar 2014 - 4 LA 3/14 -, juris, Rn. 5 f.), nach der § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG analog auf Fälle einer Empfängnis nach anonymem Geschlechtsverkehr angewendet werden soll, überzeugt nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 16. Mai 2013 (- 5 C 28/12 -, Rn. 24, 27) den Rahmen für eine analoge Anwendung abgesteckt. Es sieht einen Rückgriff auf diese Regelung, die an sich ein Verhalten nach der Geburt sanktioniert, für ein Verhalten vor der Geburt dann als gerechtfertigt an, wenn die Kindesmutter durch ein bewusstes und gewolltes Verhalten eine Situation schafft, in der die Feststellung der Vaterschaft von vornherein aussichtslos ist und deshalb die öffentliche Unterhaltsleistung nur als Ausfallleistung gewährt werden kann. Nur dann bestehe unter Wertungsgesichtspunkten kein Unterschied zwischen einem Verhalten vor bzw. nach der Geburt. Anders formuliert kommt eine analoge Anwendung von § 1 Abs. 3 Alt. 2 UVG nur in Betracht, wenn die Kindesmutter absichtlich schwanger werden wollte und die Absicht hatte, dass die Identität des Vaters nicht festgestellt werden kann (vgl. Nr. 1.11.5 UVG -RL).


    Im vorliegenden Fall gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Mutter der vom Kläger vertretenen Kinder bewusst und willentlich schwanger werden wollte. Ferner ist nicht zu erkennen, ob sie zu diesem Zeitpunkt die Ermittlung des Erzeugers ihrer Kinder verhindern wollte. Damit hat sie weder bewusst noch gewollt die vorliegende Situation herbeigeführt. In dieser war auch - anders als bei der anonymen Samenspende - die Feststellung der Vaterschaft der Kinder nicht von vornherein ausgeschlossen. Bei der anonymen Samenspende ist auf Grund der Abläufe und der vertraglichen Verpflichtungen der Beteiligten die Ermittlung des Vaters per se und in der Regel dauerhaft unmöglich. Anders liegt es hier. Hier bestand zumindest die Möglichkeit, durch frühzeitige Nachforschungen am Ort des Geschehens den Vater der Kinder zu ermitteln.


    Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionsgrund vorliegt. Insbesondere misst der Senat der Sache keine grundsätzliche Bedeutung bei (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ). Die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Frage, unter welchen Voraussetzungen Unterhaltsvorschuss ausgeschlossen ist, wenn eine Kindesmutter keine Angaben über den Kindesvater machen kann, lässt sich auf der Grundlage der beiden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. November 1991 ( 5 C 13/87 ) und 16. Mai 2013 (5 C 28/12) beantworten. Das Bundesgericht hat dort die Kriterien benannt, nach denen ein Verhalten der Kindesmutter vor oder nach der Geburt zur Ablehnung des Anspruchs auf Unterhaltsvorschuss führt.


    OVG Rheinland-Pfalz - Urteil vom 24.09.2018

    7 A 10300/18.OVG


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    Auch das Verwaltungsgericht Aachen hatte 2010 so entschieden und Unterhaltsvorschuss abgelehnt:


    Der Fall:

    Die 33 jährige Mutter beantragte beim Jugendamt Unterhaltsvorschuss. Sie könne zum Kindesvater keine Angaben machen. Sie habe den Kindesvater in der russischen Disko "Thema" in E. kennengelernt. Sie wisse nur den Vornamen N. . Die Leistungen wurden wegen unzureichender Mitwirkung bei der Ermittlung und Feststellung des Kindesvaters abgelehnt.

    Später stellte sie auf Druck der ARGE einen neuen Antrag und ergänzte ihre Angaben zu dem Ort, an dem der Geschlechtsverkehr stattgefunden habe. Es handle sich um eine Wohnung von Freunden des Kindesvaters in E. , für die er die Schlüssel gehabt habe. Sie beschrieb weiter, dass sie sich ca. 1 1/2 Stunden dort mit dem Vater ihrer Tochter aufgehalten habe. Er habe ein Auto mit belgischem Kennzeichen gefahren, mit dem sie sich von der Diskothek zur bereits erwähnten Wohnung begeben hätten. Es sei ein mittelgroßer dunkler Wagen gewesen. Es sei Herbst und dunkle Nacht gewesen, als sie von der Diskothek aufgebrochen seien. Sie seien etwa um zwei Uhr (nachts) in die besagte Wohnung gefahren. In der Empfängniszeit habe sie nur mit diesem Mann, der sich als N. vorgestellt habe, verkehrt. Weitere Angaben zum Vater ihres Kindes könne sie nicht machen, ihn insbesondere nicht mit vollem Namen und Adresse benennen.

    Aus den Gründen:

    Die Klage ist abzuweisen, weil der Anspruch der Klägerin und ihrer Tochter auf Unterhaltsvorschussleistungen nach § 1 Abs. 3 UVG ausgeschlossen ist. Danach besteht ein Anspruch nach dem Unterhaltsvorschussgesetz u.a. dann nicht, wenn der in § 1 Abs. 2 Nr. 2 UVG bezeichnete Elternteil sich weigert, die Auskünfte, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind, zu erteilen oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthaltes des anderen Elternteils mitzuwirken. Eine Weigerung im Sinne der Vorschrift ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung gegeben, wenn der genannte Elternteil es an der Bereitschaft hat fehlen lassen, im Zusammenwirken mit der Behörde das ihm Mögliche und Zumutbare zu tun, um zur Feststellung der Vaterschaft und des Aufenthalts des Kindesvaters nach seinen Kräften beizutragen. Dies kann etwa durch Unterlassen jeglicher Suchbemühungen zum Ausdruck kommen oder in dem er etwa Einzelheiten verschweigt, die bei rechtzeitiger Mitteilung möglicherweise zu einer Ermittlung des Kindesvaters hätte führen können. Der Gesetzgeber ist insoweit von einer gesteigerten Mitwirkungsobliegenheit dieses Elternteils ausgegangen. Daraus folgt, dass der Elternteil das ihm Mögliche und Zumutbare zur Feststellung der Vaterschaft und des Aufenthalts des Kindesvaters beizutragen hat und Auskunftsbegehren der Behörde erschöpfend beantwortet, um jedenfalls dieser die ggfs. erforderlichen Ermittlungen zu erleichtern.

    Dieser Maßstab gilt auch dann, wenn der Antrag auf UVG-Leistungen nicht aus eigenem Antrieb sondern auf nachhaltiges Einwirken eines anderen nachrangig zuständigen Sozialleistungsträgers - hier der ARGE - verfolgt wird. Der Nachrang der Leistungen nach dem SGB II gegenüber den UVG-Leistungen ist kein Grund, die für alle Bürger geltenden gesetzlichen Zugangsvoraussetzungen zu der vorrangigen Sozialleistung herabzusenken.

    In diesem Rahmen ist zunächst klarzustellen, dass die im ersten Antragsverfahren erfolgte Belehrung der Klägerin durch das Jugendamt, ein einmaliger Sexualkontakt mit einer nicht näher bekannten Person, der zur Zeugung eines Kindes führe, stehe der Bewilligung von UVG-Leistungen entgegen, weder im Gesetz noch in der dazu ergangenen Rechtsprechung eine Grundlage hat.

    Dennoch steht nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin sich nicht entsprechend der oben skizzierten "gesteigerten Mitwirkungspflicht" verhalten hat, so dass von einer Weigerung auszugehen ist, an der Feststellung des Vaterschaft oder des Aufenthalts des Vaters von F. mitzuwirken. Dabei ist vorab festzuhalten, dass es nicht um eine Bewertung des von der Klägerin dargelegten Verhaltens als unvorsichtig oder gedankenlos geht bzw. ob das Verhalten der heutigen Lebenserfahrung entspricht, denn dies ist nicht Gegenstand des § 1 Abs. 3 UVG.

    Das Gericht hält unter Berücksichtigung dieser Grundsätze die Bemühungen der Klägerin, den Vater ihrer Tochter zu ermitteln, für nicht ausreichend. Vielmehr hat das Gericht nach der eingehenden Befragung der Klägerin den Eindruck gewonnen, dass sie gerade im Lichte der von ihr vom Gesetz geforderten "besonderen Mitwirkungsverpflichtung" bewusst ihr zumutbare Möglichkeiten den Kindesvater zu ermitteln, unterlassen hat. Es kann deshalb im Rahmen des vorliegenden Verfahrens dahin stehen, ob im Übrigen die Angaben der Klägerin zu der Person des Kindesvaters, des Kennenlernens und der näheren Umstände des anschließenden Treffens im Sinne der Mitwirkungspflicht ausreichend oder zu allgemein gehalten sind. Denn die Klägerin hat bei ihrer gerichtlichen Vernehmung klar und deutlich bekundet, dass sie sich seit der Feststellung der Schwangerschaft nicht bemüht hat, den Kindesvater zu finden.

    Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass es ihr als selbstbestimmt entscheidende Frau zusteht, keinerlei Kontakt mit dem Kindesvater mehr zu haben. Dies hat Klägerin bei ihrer gerichtlichen Anhörung durch Worte und Gestik hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das, was sie an diesem Abend erlebt hatte, nicht mehr haben wollte. Das hat sie damals bewogen, dem Wunsch des Vaters ihrer Tochter nach Adressen- und Telefonnummernaustausch nicht nachzukommen. Anderes gilt jedoch für ihre Rolle als Mutter ihrer Tochter. In diesem Bezugsrahmen hat sie den in der Regel in der Adoleszenz regelmäßig zum Ausdruck kommenden Wunsch aller Kinder zu beachten, ihre Abstammung kennen zu lernen, nicht zuletzt um ihre Rechte gegenüber dem Erzeuger - u.a. sowohl auf Umgang als auch Unterhalt - zu wahren. An diese Unterhaltsverpflichtung des nicht mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils knüpft genau das Leistungssystem des UVG an, mit dem der Staat für den - aus welchen Gründen auch immer - nicht zahlenden Unterhaltpflichtigen in Vorlage tritt und sich danach von ihm den bevorschussten Betrag zurückholt. Deshalb muss der Elternteil, bei dem das Kind lebt und der für das Kind Leistungen nach dem UVG erstrebt, sich ernsthaft bemühen, Namen und Adresse des anderen Elternteils - in der Regel des Vaters - zu ermitteln und an die UVG-Stelle im Jugendamt weiterzuleiten, damit der Unterhalt in Höhe der UVG-Leistungen von ihm eingefordert werden kann. Entgegen der Einschätzung des Beklagten kann nach Auffassung des erkennenden Gerichts der Klägerin nicht bereits die Ablehnung des Austauschs von Adresse und Telefonnummer Ende Oktober/Anfang November 2005 als Akt fehlender Mitwirkung vorgehalten werden. Denn sie wusste zu diesem Zeitpunkt noch nichts von einer Schwangerschaft. Zwar hat sie nach ihren Angaben damals nicht verhütet; nach ihren glaubhaften Bekundungen bei ihrer gerichtlichen Anhörung befürchtete sie aber damals nach einem späten Schwangerschaftsabbruch im Jahr 2004 kein Kind mehr bekommen zu können. Diese Furcht ist insbesondere deshalb glaubhaft, weil sie bei ihrer Anhörung - anders als viele andere Frauen in ihrer Situation - ihre große Freude über diese unerwartete Schwangerschaft und den festen Willen, dieses Kind zu gebären, zum Ausdruck brachte. Vorzuhalten ist ihr aber, dass sie seit der Feststellung der Schwangerschaft bis heute die Diskothek "Thema" in E. nicht mehr aufgesucht hat, um dort den Kindesvater persönlich anzutreffen oder in dem - wahrscheinlich überschaubaren - Kreis der dort verkehrenden "Community mit russischem Migrationshintergrund" entsprechende weitere Ermittlungen hinsichtlich seiner Personalien und des Aufenthaltsorts vorzunehmen. Davon hat die Klägerin bewusst abgesehen, ohne dass aus ihrem Vortrag für das Gericht Gründe erkennbar sind, aus denen sich - unter Wahrung der Rechte ihrer Tochter - auf eine Unzumutbarkeit solcher Nachforschungen schließen ließe.


    Verwaltungsgericht Aachen - 2 K 2069/08 - 03.08.2010


  • Gesetzlicher Forderungsübergang auf das Jugendamt

    Wenn Unterhaltsvorschuss bezogen wird, sind prozessuale Besonderheiten zu beachten.

  • Höherer Selbstbehalt bei leistungsfähigen Großeltern

    BGH-Beschluss vom 27. Oktober 2021 - XII ZB 123/21 


    Wenn unterhaltspflichtige Eltern den Mindestunterhalt nicht aufbringen können, lohnt sich der Blick in die Generation der Großeltern.


    Im Fall aus Leipzig (OLG Dresden), über den der BGH entschied, konnte der Kindesvater unter Beachtung seines angemessenen Selbstbehaltes nur 100 € Kindesunterhalt aufbringen, den Rest übernahm die Unterhaltsvorschusskasse. Diese wollte den Vater in Regress nehmen, weil ihm nur der notwendige Selbstbehalt verbleiben dürfe.

    Es ging um die Rechtsfrage, ob die sog. gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern auch dann besteht, wenn finanziell leistungsfähige Großeltern vorhanden sind. Diese Frage ist u.a. dafür von Bedeutung, ob ein erwerbstätiger Elternteil für den Kindesunterhalt sein oberhalb des sog. notwendigen Selbstbehalts (derzeit 1.160 €) liegendes Einkommen einzusetzen hat oder lediglich das Einkommen oberhalb seines sog. angemessenen Selbstbehalts (derzeit 1.400 €). Verwandte in gerader Linie haben einander nach § 1601 BGB Unterhalt zu gewähren, wobei die Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder derjenigen der Großeltern für ihre Enkel vorgeht (§ 1606 Abs. 2 BGB). Unterhaltspflichtig ist nach § 1603 Abs. 1 BGB nicht, wer seinen angemessenen Unterhalt gefährden würde; der daraus abgeleitete angemessene Selbstbehalt eines Elternteils gegenüber seinem Kind betrug seinerzeit 1.300 €. Allerdings trifft Eltern minderjähriger Kinder gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB eine gesteigerte Unterhaltspflicht, weshalb ihnen insoweit nur der notwendige Selbstbehalt von seinerzeit 1.080 € zusteht. Diese sog. gesteigerte Verpflichtung tritt nach § 1603 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BGB nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. 


    Mit Erfolg verwies der Kindesvater auf seine Eltern. Diese verdienten diese als Polizeibeamter bzw. Postzustellerin knapp 3.500 und 2.300 € netto monatlich - ohne nennenswerte Abzugspositionen.

    Damit war der Großvater auch mit einem erweiterten Sockelselbstbehalt (seinerzeit 1.800 € zzgl. der Hälfte des übersteigenden Einkommens wie beim Elternunterhalt) leistungsfähig und kam mit der “Ersatzhaftung“ § 1603 II S. 3 BGB zugunsten des Kindesvater in Betracht. Das führte dazu, dass für den Kindesvater nicht die Grundsätze der gesteigerten Unterhaltspflicht nicht griffen. Er konnte sich mit dem Hinweis auf die Leistungsfähigkeit der eigenen Eltern gegen Ansprüche der Unterhaltsvorschusskasse wehren. Dazu musste er auch nicht darlegen , ob auch die Großeltern mütterlicherseits leistungsfähig wären. Für den Ausschluss der erweiterten Unterhaltspflicht genügte es, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil einen anderen unterhaltspflichtigen Verwandten nachweist.


    Der Clou: Wegen der Unmöglichkeit des Regresses der Staatskasse gegen die Großeltern (§§ 7 UVG, 94 I S. 3 SGBXII) diente der Vortrag nur zur Erhöhung des Selbstbehaltes des Kindesvaters - nicht dazu, dass die Großeltern wirklich etwas zahlen mussten. Dass dies dem Gesetzgeber beim Erlass des UVG möglicherweise nicht bewusst war (BT-Drucks. 8/2774, S. 13, zur Anrechnung von Einkommen des Berechtigten), spielte für das OLG Dresden keine Rolle.


    Hinweis:

    Wäre der Anspruch nicht auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangen, hätten die Großeltern ggf. den Unterhalt zahlen müssen.



Bürgergeldbezieher müssen der Unterhaltsvorschusskasse nichts erstatten

Wer neben dem Bürgergeld für die Pflege von Verwandten oder Bekannten Geld bekommt, muss daraus keinen Unterhaltsvorschuss für sein Kind erstatten.

Im Fall des OLG Bamberg ging es um die Mutter eines minderjährigen Kindes, die von Bürgergeld lebte. Das Kind wohnte beim Vater. Zusätzlich bekam sie von der Mutter ihres Lebensgefährten, die auch mit im Haushalt wohnte, Geld als Gegenleistung für häusliche Pflege und als Zuschuss zu den Lebenshaltungskosten.

Kindesunterhalt zahlte sie nicht, weshalb die Unterhaltsvorschusskasse beim Jugendamt einsprang und die Mutter verklagte, sog. Regress der übergegangen Unterhaltsansprüche.


Dieses Verfahren verlor das Jugendamt:

Das OLG: Die Zahlungen sind im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Nr. 4 Bürgergeld-VO nicht als Einkommen zu qualifizieren (§§ 7a UVG , 11 Abs. 1 S. 1 SGB II ). Die Antragsgegnerin bezieht insoweit durch die Finanzierung der häuslichen Einkäufe seitens der pflegebedürftigen Person Einkommen aus deren Pflegegeldbezug. Die Pflegeleistungen werden vorliegend aufgrund einer anzuerkennenden engen persönlichen Beziehung im Rahmen einer bestehenden sittlichen Pflicht (vgl. hierzu BFH, 29.08.1996 - III R 4/95, DB 1997, 356 ) erbracht, weshalb die daraus resultierenden Einnahmen gem. § 3 Nr. 36 EStG einkommensteuerfrei und nach §§ 7a UVG , 11 Abs. 1 S. 1 SGB II , 1 Abs. 1 Nr. 4 Bürgergeld-VO kein neben dem Bürgergeldbezug zu berücksichtigendes Einkommen sind.


Hinweis: Das bedeutet übrigens nicht, dass aus Sicht des Kindes nicht geprüft werden könnte, ob die Mutter fiktiv leistungsfähig ist, weil sie zum Mindestlohn erwerbstätig sein könnte und ihre Erwerbsobliegenheit verletzt. Diese Überlegung steht aber nur dem Unterhaltsberechtigten selbst zu, nicht der Unterhaltsvorschusskasse. Dagegen spricht nämlich seit Juli 2017 § 7a UVG: Solange der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, Leistungen nach dem SGB II bezieht und über kein eigenes Einkommen im Sinne von § 11 Absatz 1 Satz 1 des SGB II verfügt, wird der nach § 7 übergegangene Unterhaltsanspruch nicht verfolgt.

Wenn entsprechende Erfolgsaussichten gegeben sind, macht die Klage des Kindes selbst - vertreten durch seinen Vater - Sinn, um zumindest 125 EUR (Kindergeldhälfte) mehr zu bekommen.

 

OLG Bamberg - Beschluss vom 19.07.2024 (2 UF 43/24 e)


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