Der Fall:
Die Beteiligten lebten schon vor der Eheschließung zusammen und haben einen 1995 geborenen gemeinsamen Sohn. Im Jahr 2002 erwarb die Ehefrau ein Hausgrundstück, das den Ehegatten in der Folgezeit als Familienheim diente. Der Kaufpreis wurde seinerzeit überwiegend durch Aufnahme von Darlehen finanziert, für welche die Beteiligten gesamtschuldnerisch hafteten. Einzelne Darlehen wurden im Jahr 2005 umgeschuldet und von der Ehefrau allein übernommen. Vor Zustellung des Scheidungsantrags wurde der Ehemann auch hinsichtlich der weiteren Darlehensverbindlichkeiten aus der Mithaftung entlassen.
OLG Karlsruhe Beschluss vom 18.6.2018, 2 UF 152/17:
Haben künftige Ehegatten vor der Eheschließung als Gesamtschuldner einen Kredit zur Finanzierung eines nur einem Partner gehörenden Familienheims aufgenommen, so ist für den Zugewinnausgleich im Innenverhältnis ein Freistellungsanspruch des Nichteigentümers bezüglich der Kreditverbindlichkeit beim Anfangsvermögen mit einzustellen. Insoweit muss für die Zugewinnausgleichsberechnung bei der Bewertung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten im Anfangsvermögen das spätere Scheitern der Ehe berücksichtigt werden.
Die Verbindlichkeiten sind lediglich in der Höhe im Anfangsvermögen zu berücksichtigen, in der sie auch im Endvermögen eingestellt werden.
Begründung:
Bei einem Erwerb der Immobilie vor Eheschließung ergebe sich das Problem, dass sich aus der hälftigen Einstellung der Verbindlichkeiten in das Anfangsvermögen der Ehegatten für den Alleineigentümer der Immobilie, der zum Stichtag auch die Verbindlichkeiten allein trage, ein Zugewinnausgleichsanspruch gegen den anderen ergeben könne. Ein solches grob unbilliges Ergebnis könne vermieden werden, indem bei der Zugewinnausgleichsberechnung für die Bewertung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten im Anfangsvermögen das spätere Scheitern der Ehe berücksichtigt werde. Hätte dieses bereits bei Eheschließung festgestanden, bestehe retrospektiv ein Freistellungsanspruch des Nichteigentümers, der in dessen Anfangsvermögen mit einzustellen sei. Die Sachlage sei ähnlich zu beurteilen wie bei der Berücksichtigung eines Rückforderungsanspruchs im Fall der Schwiegerelternschenkung.
Aufgehoben und zurückverwiesen von BGH - XII ZB 311/18 – am 6.11.2019:
Soweit bei Zustellung des Scheidungsantrags als Stichtag für die Berechnung des Endvermögens (§ 1384 BGB) gemeinsame Verbindlichkeiten der Ehegatten noch nicht getilgt sind, ist im Endvermögen beider Ehegatten jeweils die noch bestehende Gesamtschuld in voller Höhe als Passivposten zu berücksichtigen. Demgegenüber ist - die Durchsetzbarkeit vorausgesetzt - der jeweilige Ausgleichsanspruch gegen den anderen Ehegatten, der die Befriedigung des Gläubigers nicht voraussetzt, als Aktivposten anzusetzen. Im Ergebnis hat das regelmäßig zur Folge, dass Ehegatten, die als Gesamtschuldner haften, die gemeinsamen Verbindlichkeiten bei ihrem Endvermögen jeweils nur mit der Quote ansetzen können, die im Innenverhältnis auf sie entfällt (Senatsbeschluss vom 20. Mai 2015 - XII ZB 314/14 - FamRZ 2015, 1272 Rn. 15; Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 10/09 - FamRZ 2011, 25 Rn. 16 mwN). Vorrangig ist deshalb, in welchem Verhältnis die Parteien die Darlehensschulden im Innenverhältnis zu tragen haben.
Die vorstehend aufgeführten Grundsätze gelten nicht nur für das Endvermögen, sondern auch für das Anfangsvermögen.
Hinsichtlich der von den Ehegatten im Innenverhältnis zu tragenden Quoten hat der Senat bei im Rahmen der Immobilienfinanzierung eingegangenen gesamtschuldnerischen Darlehen schon bisher auf das Eigentum an dem finanzierten Grundstück verwiesen, wenn sich nicht aus einer Vereinbarung oder besonderen Umständen des Falles etwas anderes ergibt (Senatsbeschluss vom 20. Mai 2015 -
XII ZB 314/14 -
FamRZ 2015, 1272 Rn. 17; Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 -
XII ZR 10/09 -
FamRZ 2011, 25 Rn. 18 mwN).