Die Rechtsprechung sieht in § BGB § 1384 eine generalisierende, streng formal ausgestaltete Regelung, die zugunsten der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit die Einzelfallgerechtigkeit vernachlässigt.
Aus den Gründen:
a) § 1379 BGB regelt die Auskunftspflicht im Zugewinnausgleichsverfahren umfassend; daneben ist für einen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB kein Raum (im Anschluss an Senatsbeschluss BGHZ 194, 245 =FamRZ 2012, 1785).
b) Begehrt ein Ehegatte im Fall einer verfrühten Stellung des Scheidungsantrags durch den anderen Ehegatten Auskunft zu einem gesetzlich nicht geregelten Stichtag, so hat er einen besonderen Ausnahmefall darzulegen, der es rechtfertigt, die Stichtage des Gesetzes zu modifizieren. Dieser ist gegeben, wenn das sich ohne eine solche Korrektur ergebende Ergebnis grob unbillig erscheint und die Gewährung des Ausgleichsanspruchs in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (im Anschluss an Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 XII ZR 231/95 FamRZ 1997, 347).
c) Der Auskunftsberechtigte hat konkrete Tatsachen vorzutragen, die ein ausnahmsweises Abweichen vom gesetzlichen Stichtag notwendig machen (im Anschluss an Senatsbeschluss BGHZ 194, 245 =FamRZ 2012, 1785).
(…) Nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung kann jeder Ehegatte ab den dort näher bezeichneten Zeitpunkten von dem anderen Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung (Nr. 1) oder Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist (Nr. 2). Anfangsvermögen ist gemäß § 1374 Abs. 1 BGB das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstands gehört. Endvermögen ist gemäß § 1375 Abs. 1 Satz 1 BGB das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Wird die Ehe geschieden, so tritt für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung gemäß § 1384 BGB an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags. Das Gesetz kennt danach im Rahmen der Ehescheidung drei Stichtage, nämlich den Eintritt des gesetzlichen Güterstands (zur Bestimmung des Anfangsvermögens), den Trennungszeitpunkt und die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (zur Bestimmung des Endvermögens). Zudem umfasst der Tatbestand des § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB Auskünfte zu illoyalen Vermögensminderungen i.S.v. § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB (Senatsbeschluss BGHZ 194, 245 =FamRZ 2012, 1785Rn. 35; vgl. auch Senatsbeschluss vom 12. November 2014 - XII ZB 469/13 -FamRZ 2015, 232Rn. 15, 18).
(…) Eine Auskunftsverpflichtung besteht nach § 1379 BGB grundsätzlich nur bezogen auf die genannten Stichtage und hinsichtlich etwaig vorgenommener illoyaler Vermögensminderungen. Sofern ausnahmsweise für die Berechnung des Endvermögens ein hiervon abweichender Stichtag maßgeblich wäre, würde dieser von der Auskunftsverpflichtung des § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB mitumfasst. Deshalb kommt es für den Erfolg des von der Ehefrau geltend gemachten Auskunftsanspruchs darauf an, ob ihre Darlegungen ausnahmsweise einen zeitlich nach der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags liegenden Stichtag für das Endvermögen zulassen. Das hat das Oberlandesgericht zu Recht verneint.
(…)
Insoweit ist schon streitig, ob im Fall eines verfrüht - also vor Ablauf des Trennungsjahrs nach § 1565 Abs. 2 BGB ohne Vorliegen der Voraussetzungen einer Härtefallscheidung im Sinne dieser Vorschrift - gestellten Scheidungsantrags eine Abweichung von dem gesetzlich geregelten Stichtag im Zugewinnausgleichsverfahren überhaupt möglich ist.
Der Senat hatte diese Frage bislang nicht zu entscheiden. Er hat es allerdings in einem obiter dictum für möglich erachtet, aus Gründen übergeordneter allgemeiner Rechtsgrundsätze in besonderen Ausnahmefällen die Stichtage des Gesetzes im Hinblick auf eine verfrühte Stellung des Scheidungsantrags zu modifizieren ( Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 - XII ZR 231/95 -FamRZ 1997, 347, 348mwN; ebenso OLG NaumburgFamRZ 2009, 2019).
Zu der im Versorgungsausgleichsverfahren ebenfalls auftretenden Stichtagsproblematik hat der Senat inzwischen entschieden, dass die Berücksichtigung von Nachteilen, die einem Ehegatten aus einer verfrühten Scheidungsantragstellung erwachsen, allenfalls nach § 27 VersAusglG erfolgen kann. Ein derartiger Umstand kann sich nicht durch eine Verschiebung des Ehezeitendes, sondern nur als Härtefall unter den Voraussetzungen des § 27 VersAusglG im Wege der Beschränkung oder des Wegfalls des Versorgungsausgleichs auswirken (Senatsbeschluss vom 16. August 2017 - XII ZB 21/17 -FamRZ 2017, 1914Rn. 21 ff.).
In der Literatur wird teilweise unter Hinweis auf § 242 BGB und die genannte Rechtsprechung des Senats eine Verschiebung des Stichtags bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten bejaht (Büte Zugewinnausgleich bei Ehescheidung 4. Aufl. Rn. 40; Erman/Budzikiewicz BGB 15. Aufl. § 1384 Rn. 4a; Prütting/Helms FamFG 3. Aufl. § 124 Rn. 18).
Nach anderer Auffassung sollen dagegen auch in solchen Fällen die gesetzlich angeordneten Stichtage maßgeblich bleiben (Staudinger/Rauscher BGB [2010] § 1564 Rn. 29a; MünchKommBGB/Koch 7. Aufl. § 1384 Rn. 8; Braeuer Der Zugewinnausgleich 2. Aufl. Rn. 228).
Der Senat hält in Anlehnung an seine bisherige Rechtsprechung ( Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 - XII ZR 231/95 -FamRZ 1997, 347) eine Abweichung von dem gesetzlich bestimmten Stichtag für die Bestimmung des Endvermögens nur für möglich, wenn das sich ohne eine solche Korrektur ergebende Ergebnis grob unbillig erscheint und die Gewährung des Ausgleichsanspruchs in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2013 - XII ZB 277/12 -FamRZ 2014, 24Rn. 16 mwN zu § 1381 BGB ). Ob dies der Fall ist und die Berufung auf den Stichtag des § 1384 BGB mithin rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 242 BGB erscheint (vgl. dazu auch OLG NaumburgFamRZ 2009, 2019und Erman/Budzikiewicz BGB 15. Aufl. § 1384 Rn. 4a), ist anhand einer umfassenden Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen.
Das vom Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und Praktikabilität im Zugewinnausgleichsrecht festgelegte pauschalisierende und schematische Berechnungssystem (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2013 - XII ZB 277/12 -FamRZ 2014, 24Rn. 16) lässt eine Abweichung von den gesetzlich vorgehaltenen Stichtagen jedoch grundsätzlich nicht zu. Hinzu kommt, dass die Vorverlagerung des Stichtags für die Berechnung des Endvermögens von der Rechtskraft der Scheidung auf die Zustellung des Scheidungsantrags dem Schutzbedürfnis des Ehegatten dienen soll, der nach Eintritt der Ehekrise mit illoyalen Vermögensminderungen durch den anderen Ehegatten rechnen muss; die Vermehrung des bei Rechtshängigkeit vorhandenen Vermögens wird hiervon an sich nicht erfasst (vgl. BGHZ 46, 215 = FamRZ 1967, 138 mwN).
In besonders gelagerten Einzelfällen kann infolge eines verfrüht rechtshängig gemachten Scheidungsantrags jedoch eine Schutzlücke entstehen. In solchen Fällen kann es gemäß § 242 BGB gerechtfertigt sein, aus Gründen der Billigkeit ausnahmsweise von dem gesetzlich geregelten Stichtag abzuweichen.
Ein solcher Ausnahmefall kann etwa gegeben sein, wenn konkrete Tatsachen dafür vorliegen, dass ein Ehegatte mit seinem verfrühten Scheidungsantrag in illoyaler Weise bezweckt, dass der andere an einer für ihn konkret absehbaren und erheblichen Vermögensmehrung nicht mehr teilhat. Damit könnten Vermögensänderungen, die - bei Einhaltung des Trennungsjahres - an sich in der Zeit zwischen Trennung und Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags eingetreten und deshalb in die Ausgleichsberechnung einzubeziehen wären (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2013 - XII ZB 277/12 -FamRZ 2014, 24Rn. 18), dem Zugewinnausgleich entzogen worden sein.
Alternativ kommen diejenigen Fallgestaltungen in Betracht, in denen die Eheleute nach Rechtshängigkeit wieder über viele Jahre hinweg zusammengelebt und die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags aus den Augen verloren haben (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2017 - XII ZB 21/17 -FamRZ 2017, 1914Rn. 18 mwN). In diesen Fällen fehlt es an einer - vom Gesetzgeber unterstellten - dauernden Aufhebung der "Lebens- und Wirkungsgemeinschaft", die den inneren Grund für die Zugewinngemeinschaft darstellt (vgl. BGHZ 46, 215 = FamRZ 1967, 138 mwN).
(3) Für die Umstände, die ausnahmsweise ein Abweichen von den gesetzlich geregelten Stichtagen erlauben und demgemäß im Rahmen des § 1379 BGB eine entsprechende Auskunftsverpflichtung begründen, trägt der Auskunftsberechtigte die Darlegungslast. Dabei genügt der Auskunftsgläubiger seiner Vortragslast entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht, wenn er lediglich Tatsachen vorträgt, denen zufolge eine Verschiebung des Endstichtags nicht ausgeschlossen ist.
Zwar ist es richtig, dass bei einem bestehenden gesetzlichen Auskunftsanspruch eine Auskunft bereits dann geschuldet ist, wenn sie für die Bemessung eines Unterhaltsanspruchs von Bedeutung sein kann (vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 1994 - XII ZR 100/93 -FamRZ 1994, 1169, 1170und Senatsbeschluss vom 15. November 2017 - XII ZB 503/16 - zur Veröffentlichung bestimmt). Die Rechtsbeschwerde verkennt jedoch, dass es keinen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft für einen nach der Rechtshängigkeit liegenden Zeitpunkt gibt. Vielmehr muss der die Auskunft begehrende Ehegatte zunächst die Voraussetzungen dafür substantiiert vortragen, dass es auf einen von den gesetzlich bestimmten Stichtagen abweichenden Zeitpunkt ankommt. Erst wenn diesem Erfordernis Rechnung getragen und damit zugleich dargetan ist, dass die sich aus § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB ergebende Auskunftsverpflichtung auch diesen (fiktiven) Stichtag umfasst, besteht dem Grunde nach ein Auskunftsanspruch, in dessen Folge es genügt, wenn die Auskunft für die Bemessung der Zugewinnausgleichsforderung von Bedeutung sein kann. Eine entsprechende Darlegungslast besteht nach der Rechtsprechung des Senats im Übrigen auch für den Auskunftsanspruch aus § 1379 i.V.m. § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB im Fall illoyaler Vermögensminderungen. Auch hier hat der Auskunftsberechtigte konkrete Tatsachen vorzutragen, die ein unter § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB fallendes Handeln nahelegen (Senatsbeschluss BGHZ 194, 245 =FamRZ 2012, 1785Rn. 37 mwN). Die Ansprüche sind insoweit vergleichbar, als § 1379 BGB auch in diesen Fällen eine Auskunftspflicht zu - gesetzlich nicht geregelten - konkreten Vorgängen eröffnet.
Gemessen hieran hat das Oberlandesgericht der Ehefrau zu Recht eine Auskunft zum 6. November 2013 versagt.
Das Oberlandesgericht ist in rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass ein Zeitraum von etwa acht Monaten zwischen dem Datum der Zustellung des Scheidungsantrags und dem Ablauf des Trennungsjahres allein für eine Verschiebung des Stichtags nicht ausreicht. Denn angesichts des im Zugewinnausgleichsrecht festgelegten pauschalisierenden und schematischen Berechnungssystems begründet eine solche Zeitspanne keine Umstände, die dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprächen.
Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht dem Ehemann in tatrichterlicher Verantwortung attestiert hat, den Scheidungsantrag - aus der Laiensphäre betrachtet - nicht bösgläubig verfrüht gestellt zu haben. Auch wenn das Amtsgericht den Trennungszeitpunkt letztlich auf einen späteren Zeitpunkt bestimmt hat, weil der Ehemann insoweit beweisfällig geblieben ist, bedeutet das nicht, dass auch er von diesem späteren Zeitpunkt ausgegangen sein muss. Dafür spricht auch, dass die Ehefrau schon zuvor über ihre Rechtsanwälte eine Vermögensauseinandersetzung betrieb und Trennungsunterhalt verlangte.
Schließlich sind die Ausführungen des Oberlandesgerichts, denen zufolge eine bewusste oder gar geplante Minderung des Endvermögens durch eine "verfrühte" Stellung des Scheidungsantrags in Benachteiligungsabsicht nicht ersichtlich ist und die darlegungspflichtige Ehefrau hierzu nicht in genügender Weise vorgetragen hat, rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.
(…) Für einen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ist neben § 1379 BGB entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Raum.
Zwar hat der Senat einen solchen nach früherem Recht etwa in den Fällen illoyaler Vermögensminderungen i.S.d. § 1375 Abs. 2 BGB zuerkannt. Das lag indes darin begründet, dass nach § 1379 Abs. 1 BGB in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung jeder Ehegatte lediglich verpflichtet war, nach Beendigung des Güterstandes dem anderen Ehegatten über den Bestand seines Endvermögens Auskunft zu erteilen. Nach der zu dieser Norm ergangenen Rechtsprechung des Senats erstreckte sich dieser Auskunftsanspruch indes nicht auf illoyale Vermögensminderungen, die nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnen sind, weshalb dem benachteiligten Ehegatten ein Rückgriff auf § 242 BGB gewährt wurde (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 194, 245 =FamRZ 2012, 1785Rn. 27 f. mwN).
(…) Ebenso wenig kommt ein auf § 826 BGB gestützter Auskunftsanspruch in Betracht. Nach den getroffenen Feststellungen fehlt es bereits an der Darlegung einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung.
BGH-Beschluss vom 13.12.2017 – XII ZB 488/16
Billigkeitskorrektur beim Versorgungsausgleich
Die Berücksichtigung von Nachteilen, die einem Ehegatten aus einer verfrühten Scheidungsantragstellung erwachsen, kann im Versorgungsausgleich allenfalls nach § 27 VersAusglG erfolgen.
BGH, Beschluss vom 16.8.2017 – XII ZB 21/17
Zum Versorgungsausgleich hat er es in zwei Fällen als nach Treu und Glauben gem. § BGB § 242 BGB geboten erachtet, für das Ehezeitende abweichend von § 1587 Absatz II BGB aF und jeweils entgegen dem Ansinnen des Ausgleichspflichtigen nicht auf die Zustellung des Scheidungsantrags, sondern auf den Zeitpunkt der Fortführung des Ehescheidungsverfahrens abzustellen. Dem lagen Sachverhalte zugrunde, in denen sich die Ehegatten nach Zustellung des Scheidungsantrags wieder versöhnt hatten und das – von den Ehegatten für erledigt gehaltene – Scheidungsverfahren mehr als fünf bzw. sieben Jahre geruht hatte. Denn in einem solchen Fall sei entsprechend dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs das Vertrauen auf die weitere Teilhabe an einer gemeinsam aufgebauten Alterssicherung zu schützen.