Klassenfahrt - Kommunion - Leistungssport - Nachhilfe - Betreuungskosten - Verfahrenskostenvorschuss
Sowohl am Mehrbedarf wie auch am Sonderbedarf muss sich auch der betreuende Elternteil beteiligen: § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB, wonach der sorgende Elternteil nicht barunterhaltspflichtig ist, gilt nicht.
Sonderbedarf liegt nur wegen eines unregelmäßigen, unerwarteten, außergewöhnlich hohen Bedarfs des Berechtigten vor. Sonderbedarf ist daher stets sehr konkret zu begründen und zwar bezüglich der Höhe, der Unplanbarkeit seines Entstehens und der Unzumutbarkeit der Finanzierung aus der laufenden Unterhaltsrente.
Regelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf des Berechtigten ist unterhaltsrechtlicher Mehrbedarf und daher als Zuschlag zum Basis-Unterhalt zu fordern.
Was Mehr- und was Sonderbedarf ist, ist nicht immer leicht abgrenzbar. Sonderbedarf muss "unregelmäßig" und "daher überraschend" auftreten, so dass Rücklagen aus laufenden Unterhaltsleistungen nicht gebildet und eingesetzt werden können.
Beispiel: Besonders kostenintensiver Instrumentenunterricht für ein hoffnungsvolles Jungtalent mit Ambitionen zum Berufsmusiker = Mehrbedarf, demgegenüber Teilnahme an einem Meisterkurs in New York = Sonderbedarf.
Bei den Leistungen zum Sonderbedarf muss es sich um die Deckung notwendiger Lebensbedürfnisse handeln, nicht anders als beim laufenden Unterhaltsbedarf. Ob Sonderbedarfskosten als notwendig erscheinen, ist aus der Sicht eines objektiven Betrachters zu beurteilen. Ein gewichtiger Anhaltspunkt können aber gemeinsame Entscheidungen der Eltern aus Zeiten des Zusammen-Wirtschaftens sein.
Das bereits erwähnte Überraschungsmerkmal in der Definition des BGH für den Sonderbedarf wird mittlerweile von einigen Oberlandesgerichten kritisiert. Es habe nichts mit der Frage zu tun, ob der Bedarf unregelmäßig sei. Unregelmäßiger Bedarf könne zwar überraschend entstehen, er könne sich aber ebensogut längere Zeit im Voraus ankündigen. Die Reduzierung des Merkmals der Unregelmäßigkeit auf die Vorhersehbarkeit der Ausgabe überzeuge dann nicht, wenn aus dem verfügbaren laufenden Unterhalt ohnehin keine Rücklage hätte gebildet werden können.
So ist z.B. mit der Klassenfahrt eines Schülers oder mit der Konfirmation bzw. Kommunion eines Kindes durchaus frühzeitig zu rechnen, genau genommen ab der Geburt. Deshalb scheiden diese Ereignisse aber nicht von vornherein als Auslöser für einen Sonderbedarf aus. Die Höhe der konkreten Kosten eines solchen Ereignisses steht nämlich erst unmittelbar vor dessen Eintritt mit der gehörigen Sicherheit fest. Eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Eltern ist auch erst von diesem Zeitpunkt an möglich.
Die Sonderbedarfs-Rechtsprechung zu den einzelnen Fragen ist vielfältig.
Auch wann ein Bedarf "außergewöhnlich hoch" ist, um als Sonderbedarf qualifiziert zu werden, ist nur im konkreten Einzelfall zu entscheiden. Generell wird man sagen können, dass je niedriger der laufende Unterhalt ist, umso eher eine außergewöhnliche Höhe des Sonderbedarfs anzunehmen ist. Eine feste Grenze zur Bestimmung der Höhe des Sonderbedarfs gibt es aber gerade nicht!
Alle gerichtlichen Entscheidungen dazu sind Einzelfälle und haben keine Bindungswirkung für andere Unterhaltsfragen! Daher verzichte ich an dieser Stelle auf eine Rechtsprechungsübersicht der amtsgerichtlichen Entscheidungen quer durch die Bundesrepublik, weil die Aussagekraft solcher Tabellen doch sehr begrenzt ist. Lieber berate ich Sie über Ihren konkreten Einzelfall.
Nach heutiger Auffassung, die der BGH in seiner Entscheidung zu den Kindergartenkosten (Urt. v. 26.11.2008 - XII ZR 65/07) erneut bestätigt hat, dient der Kindergartenbesuch in erster Linie der Erziehung und Förderung des Kindes und hat nicht den Zweck, dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Der BGH hat damit klargestellt, dass Kindergartenbeiträge bzw. vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung in den Tabellenbeträgen nicht enthalten sind - auch nicht in den Beträgen der höchsten Gruppen. Seine frühere Rechtsprechung hierzu hat der BGH ausdrücklich aufgegeben.
Kindergartenbeiträge bzw. Kosten für die Kinderbetreuung in einer kindgerechten Einrichtung stellen in vollem Umfang Mehrbedarf des Kindes dar, für den beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen haben.
Nur die in einer Kindereinrichtung anfallenden Verpflegungskosten sind mit dem Tabellenunterhalt abgegolten und müssen herausgerechnet werden.
„Die vom Senat für Kindergartenkosten aufgestellten Grundsätze gelten auch hinsichtlich der Hortkosten, zumal diese ebenfalls regelmäßig pädagogisch bedingt sind.“
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 11.01.2017 – XII ZB 565/15
Das OLG Köln erstreckte dies von Hort-Kosten auf OGS-Kosten - 27 UF 78/17, Hinweisbeschluss vom 25.10.2017 und Beschluss vom 4.12.2017 (nicht veröffentlicht, Fundstelle 2914/18) – mit dem Argument „erst recht“, da die Betreuung in einer OGS nach einem pädagogischen Konzept erfolge, nämlich erzieherische Zwecke verfolgt und auch erreicht werden. Die Betreuung in einer OGS sei insofern vergleichbar derjenigen eines jüngeren Kindergartenkindes (naturgemäß wegen des unterschiedlichen Alters nicht identisch). Das pädagogisch-erzieherische Angebot sei den Bedürfnissen älterer Kinder angepasst, verfolge jedoch vergleichbare Ziele. Weil der Senat über den Tagesablauf in der OGS detailliert informiert worden war, wusste er: „Soweit der Antragsgegner darauf verweist, es gehe in der OGS vorwiegend um die Einnahme einer warmen Mahlzeit und die Begleitung bei Hausaufgaben, trifft dies angesichts der vom Antragsteller eingehend geschilderten Aktivitäten, welche sämtlich auch erzieherischen Zwecken dienen, nicht zu.“
Das OLG Brandenburg hatte sich mit Schulgeld für einen Grundschüler zu befassen. Der Vater zahlte an die Mutter Unterhalt nach dem damaligen (2019) Höchstsatz der Düsseldorfer Tabelle. Die Eltern hatten sich gemeinsam für eine Privatschule entschieden und beide den Schulvertrag unterschrieben. Die Kosten beliefen sich auf rd. 4.000 € Schulgeld und knapp 800 € Essensgeld pro Jahr. Zuerst verklagte die Mutter den Vater auf die Hälfte, dann wollte sie eine höhere Quote.
Der Vater wollte sich am Schulgeld gar nicht beteiligen. Dass er den Schulvertrag unterschrieben habe, bedeute nicht, dass er Kosten tragen müsse. Die Privatschule sei nicht notwendig. Mit diesem Argument kam er weder beim Amtsgericht noch beim OLG zum Ziel.
Die Frage der Notwendigkeit des Besuchs einer Privatschule stelle sich entgegen der Auffassung des Vaters nicht, denn mit der Unterzeichnung des Schulvertrages habe er dem Besuch bereits vorbehaltlos zugestimmt. Der mit dieser Grundentscheidung einverstandene Vater müsse dann auch die Rechtsfolgen tragen.
Am Mehrbedarf muss sich auch der Elternteil beteiligen, bei dem das Kind wohnt, allerdings nicht zur Hälfte, sondern im Verhältnis der beiderseitigen Einkünfte der Eltern. Daraus ergaben sich hier rechnerisch 74% für den Vater.
Hinweis: Mehrbedarf ist der Teil des Lebensbedarfs, der regelmäßig während eines längeren Zeitraums anfällt und das Übliche derart übersteigt, dass er beim Kindesunterhalt mit den Tabellensätzen nicht oder nicht vollständig erfasst werden kann, andererseits aber kalkulierbar ist. Im Gegensatz zum Mehrbedarf kann Sonderbedarf nur wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs verlangt werden.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 08.11.2022 - Aktenzeichen 13 UF 24/21
Der Fall:
Das Kind ist in der vierten Grundschulklasse und besucht einen sogenannten „pädagogischen Mittagstisch“ nach dem Unterricht. Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten.
Das OLG hat die Kindeseltern persönlich angehört und Beweis zur Ausgestaltung des pädagogischen Mittagstisches und zum pädagogischen Förderbedarf des Antragstellers erhoben.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung:
Ein „betreuungsbedingter Mehrbedarf“ des Kindes liegt nur dann vor, wenn es sich um einen Betreuungsbedarf handelt, der über den Umfang der von dem betreuenden Elternteil ohnehin geschuldeten Betreuung hinausgeht oder die weitere Betreuung pädagogisch veranlasst ist, weil es sich um ein irgendwie „besonderes“ Kind handelt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ließ sich in diesem Fall beides nicht feststellen.
Was den Kindern dort an „Pädagogik“ geboten wurde, beschränkte sich auf die Einhaltung von Tischsitten und erwünschtem Sozialverhalten. Das im Vordergrund stehende Gruppenerlebnis sei zwar sicher geeignet, Rücksichtnahme und Empathie zu fördern, das böten viele alltägliche Lebenssituationen aber ebenso: Umgang mit Geschwistern, beim Schulbesuch, beim gemeinsamen Musizieren oder der Teilnahme an Mannschaftssportarten.
Die Vermittlung solcher sozialen Kompetenzen gehören „nach den eigenen Erfahrungen der Senatsmitglieder“ üblicherweise zu den ureigenen Elternaufgaben. Es gehe also nicht um eine „besondere pädagogische Förderung“ i.S.d. Rechtsprechung des BGH im Beschluss vom 4.10.2017 (XII ZB 55/17).
Das bedeutet:
Das OLG Bremen differenziert anschaulich für eine nachschulische Betreuung eines Kindes zwischen den normalen Erziehungsaufgaben der Eltern, die keinen Mehrbedarf auslösen, und pädagogisch begründeten Zusatzaufgaben, die als Mehrbedarf einzustufen sind.
OLG Bremen, Beschl. v. 23.11.2017 - 5 UF 54/17
Die Kosten, die der berufstätige Elternteil für die Betreuung des Kindes durch Dritte aufwendet, können lediglich als dessen berufsbedingte Aufwendungen berücksichtigt werden. Sie sind kein Mehrbedarf des Kindes. Das hat der BGH entschieden. Anders kann dies bei einer besonderen Förderung des Kindes sein.
Der Fall:
Die Kindesmutter möchte 150 € Kosten für die Tagesmutter der beiden Kinder vom Vater ersetzt haben. Sie hat dafür den prozessualen Weg gewählt, dies als Kindesunterhalt und zwar als Mehrbedarf geltend zu machen.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung:
Der BGH stellt klar, dass die hier anfallenden Betreuungskosten kein Mehrbedarf der Kinder sind. Nur ausnahmsweise gehen die Kosten einer Fremdbetreuung über die einem Elternteil obliegende Betreuung hinaus und sind dann Mehrbedarf des Kindes, für den die Eltern nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen aufzukommen haben.
Ein solcher weitergehender Bedarf der Kinder liegt hinsichtlich der üblichen pädagogisch veranlassten Betreuung in Einrichtungen wie etwa Kindergärten, Schulen und Horten vor (vgl. BGH, Beschl. vom 05.03.2008 – XII ZR 150/05, FamRZ 2008, 1152 Rn. 19 ff., BGH, Beschl. v. 01.06.2011 – XII ZR 45/09, FamRZ 2011, 1209 Rn. 36, BGH, Beschl. v. 11.01.2017 – XII ZB 565/15, FamRZ 2017, 437 Rn. 37).
Die teilweise in der Literatur vertretene generelle Qualifizierung der Kosten einer Fremdbetreuung als Mehrbedarf des Kindes lehnt der BGH als dem Gesetz widersprechend ab. Veranlasst der betreuende Elternteil für die Kinder eine Fremdbetreuung, erfüllt er damit regelmäßig lediglich die ihm selbst obliegende Betreuungspflicht und hat deswegen auch die dafür erforderlichen Kosten zu tragen.
Wird die Betreuung eines Kindes durch Dritte allein infolge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich, sind die Betreuungskosten kein Mehrbedarf des Kindes, sondern gehören zur allgemeinen Betreuung, die vom betreuenden Elternteil im Gegenzug zur Barunterhaltspflicht des anderen allein zu leisten ist. Die entstehenden Kosten können nur als berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils bei der Bemessung eines Ehegattenunterhalts einkommensmindernd berücksichtigt werden.
Entfällt der Ehegattenunterhalt, führt dies dazu, dass beide Eltern ihren Teil der Betreuungsverantwortung allein und ohne Berücksichtigung gegenüber dem anderen Elternteil tragen müssen.
Also begründen die Kosten der Tagesmutter im vorliegenden Fall keinen Mehrbedarf, denn es handelt sich nicht um eine pädagogisch veranlasste Betreuung von Kindern. Die Fremdbetreuung (hier: warme Mahlzeit, Hausaufgabenbeaufsichtigung) umfasst somit lediglich Aufgaben, die dem betreuenden Elternteil persönlich obliegen, was einen Mehrbedarf der Kinder ausschließt.
Das bedeutet:
Die Betreuungskosten können im Regelfall lediglich im Rahmen des Ehegattenunterhaltes als Abzugsposition beim Einkommen des betreuenden Elternteils berücksichtigt werden. Dies ist sogar durch Ansatz eines geschätzten fiktiven Betrages möglich, wenn die Großmutter das Kind unentgeltlich betreut, um der Mutter des Kindes eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen (BGH Beschl. v. 18.04.2012 – XII ZR 65/10).
Wer die Kosten stattdessen als Mehrbedarf des Kindes geltend machen will, muss die pädagogische Veranlassung durch einen substantiierten Sachvortrag darlegen und beweisen.
Da beim Mehrbedarf eine anteilige Haftung beider Eltern besteht, gehört dann zur schlüssigen Begründung des Zahlungsantrags gegen den anderen Elternteil auch die Darlegung, welcher Haftungsanteil auf den in Anspruch genommenen Elternteil entfällt (vgl. BGH, Beschl. v. 07.12.2016 – XII ZB 422/15, FamRZ 2017, 370 mit Anm. Knittel; KG, Beschl. v. 13.7.2015 – 25 UF 57/15, FamRZ 2016, 379; OLG Bremen, Beschl. v. 29.06.2011 – 4 WF 51/11; NJW 2011, 2596).
BGH, Beschl. v. 04.10.2017 – XII ZB 55/17
Die Berechnung, welcher Elternteil welchen Anteil an Betreuungskosten als Mehrbedarf zu zahlen hat, wird erschwert dadurch, dass die Kinderbetreuungskosten netto weniger sind als brutto: Sie können ja von der Steuer abgesetzt werden.
Es wird steuerlich unterschieden zwischen Alleinerziehenden, Paaren, bei denen nur ein Elternteil erwerbstätig ist, und doppelt verdienenden Elternteilen.
Für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren können grundsätzlich alle Steuerpflichtigen zwei Drittel der Betreuungskosten, höchstens aber 4.000 € geltend machen. Alleinerziehende und Doppelverdiener können darüber hinaus auch in dieser Altersgruppe bis zur Höchstgrenze von 4.000 € jährlich absetzen. Familien, in denen einer verdient und ein Elternteil die Kinder betreut und versorgt, kommt der Steuervorteil für die 7-14-Jährigen nicht zugute.
Familien mit einem Erwerbstätigen können aber die Betreuungskosten, die im Haushalt anfallen (Au Pair, Kinderfrau), über die Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen geltend machen. Dieser Steuervorteil steht den Alleinerziehenden zusätzlich zur Verfügung.
Doppelverdiener können dagegen bei der Absetzung von Kinderbetreuungskosten nicht mehr den Abzug von der Steuerschuld nach § 35a EStG für Kinderbetreuung im eigenen Haushalt begehren.
Die Mutter hatte für die Tochter einen Hund gekauft und versorgte ihn (und die Tochter) in ihrem Haushalt. Als die Tochter zum Vater umzog, nahm sie den Hund mit. Der Vater machte Mehrkosten für den Hund geltend und bekam diese zugesprochen (OLG Bremen). Leider war der Vater anwaltlich nicht so gut vertreten, dass er die Kosten der Haltung des Hundes umfassend konkret darlegt hätte, daher ging der Streit letztlich nur noch um mtl. 18 € für Steuer und Versicherung statt ursprünglich 70 € mtl.
„Dass das Oberlandesgericht Dresden Kosten für Musikschule und Tanzunterricht eingeschränkt als Mehrbedarf angesehen hat, begegnet Bedenken. Zwar hat das OLG die betreffenden Kosten im Ausgangspunkt zutreffend dem Regelbedarf nach § 6 Abs. 1 RBEG (Abteilung 9: Freizeit, Unterhaltung, Kultur) zugeordnet, so dass diese dem Grunde nach auch im Mindestunterhalt gemäß § 1612a Abs. 1 BGB und in den Bedarfsbeträgen der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind. Indessen hat es ohne nähere Begründung den gesamten für diesen Kostentitel vorgesehenen Betrag veranschlagt, obwohl mit diesem ein wesentlich umfangreicherer Bereich (z.B. Tonwiedergabegeräte, Spielzeuge, Bücher sowie Schreibwaren und Zeichenmaterialien) abgedeckt werden muss. Für vom Regelbedarf nicht gedeckte Kosten sieht dementsprechend § 34 Abs. 7 SGB XII die gesonderte Berücksichtigung weiterer Kosten unter anderem für Sport und Musikunterricht im Rahmen der Bedarfe für Bildung und Teilhabe vor, welche auch unterhaltsrechtlich gegenüber dem Mindestunterhalt einen Mehrbedarf darstellen würden.
Auf der anderen Seite hat das OLG zu Unrecht nur auf den am Regelbedarf orientierten Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 BGB abgestellt, welcher der Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle entspricht, während die Tabellenbeträge im vorliegenden Fall den Einkommensgruppen 8 und 9 der Düsseldorfer Tabelle entnommen worden sind. Die Kosten für Musik- und Tanzunterricht nehmen indessen als Bestandteil des Regelbedarfs auch an den mit den höheren Einkommensgruppen verbundenen Steigerungen teil, so dass - vom OLG noch nicht berücksichtigt - auch für die hier in Rede stehenden Kosten erhöhte Beträge zur Verfügung stehen.
Auch wenn es sich hier um eine tatrichterliche Beurteilung handelt, hat die vom OLG vorgenommene Würdigung den vorgegebenen Rahmen nicht hinreichend beachtet und stellt sich mithin in diesem Punkt als rechtsfehlerhaft dar. Demnach lässt sich noch nicht beurteilen, ob insoweit überhaupt und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Mehrbedarf anzuerkennen ist.“
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 11.01.2017 – XII ZB 565/15
zurückverwiesen an OLG Dresden
Der Fall:
Als ihre Eltern noch zusammen lebten und sie 6 Jahre alt war, begann die Tochter mit dem Reiten.
Mittlerweile hat sie überdurchschnittliches Talent und übt den Sport mit hohem zeitlichem und finanziellem Einsatz aus: Sie nimmt in den Sommermonaten bis zu 3 mal im Monat an Turnieren teil, wurde zuerst in eine Turnierfördergruppe und dann in den Landeskader aufgenommen. Sie hat ein Pony (Eigentum) und ein Pferd (geleast). Die Kosten belaufen sich monatlich auf 1.600 € allein für Tierarzt, Unterbringung der Pferde, Leasing eines Pferdes, Hufschmied etc. Hinzu kommen nochmal monatlich 200 € für Reitunterricht.
Sie lebt bei ihrer allein sorgeberechtigten Mutter. Außerdem spielt sie noch Geige.
Der Vater ist finanziell gut dastehend, er zahlt Kindesunterhalt nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle, lehnt aber die Übernahme der Mehrkosten für das Reiten grundsätzlich ab.
Das OLG Frankfurt lässt anklingen, dass der Geigenunterricht sowie ein Französisch-Sprachurlaub im Tabellenbetrag enthalten sein könnte – nicht aber diese hohen Reitsport-Ausgaben.
Sie seien also Mehrbedarf.
Mehrbedarf ist ein ständig erhöhter Bedarf, der über den im normalen Unterhalt enthaltenen regelmäßigen Bedarf eines minderjährigen Kindes hinausgeht. In Abgrenzung zum Sonderbedarf handelt es sich bei Mehrbedarf um voraussehbare, regelmäßig anfallende Mehrkosten.
Das OLG verurteilte den Vater zur Zahlung dieser o.g. mtl. Beträge.
Aus den Gründen:
Da die Mutter das alleinige Sorgerecht besitzt, kommt es in diesem Fall nicht darauf an, ob der Vater mit der Ausweitung des Reitsports einverstanden war. Zwar kann das Kind trotz der generellen Bindung an die Entscheidung des Sorgeberechtigten Mehrbedarf nicht unbeschränkt geltend machen. Die kostenverursachende Maßnahme muss vielmehr sachlich begründet sein, d.h. es müssen wichtige Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, die Mehrkosten zu Lasten des Unterhaltspflichtigen anzuerkennen. Der wichtige Grund ergibt sich vorliegend nach Auffassung des Senats aber aus der ursprünglich gemeinsamen Entscheidung der Eltern, ihrem Kind das Hobby des Reitens zu ermöglichen. So wurde die Tochter bereits im Jahre 2006 (als Sechsjährige) an den Reitsport herangeführt. Bis zur Trennung ihrer Eltern im Jahre 2007 wurde sie im Rahmen ihrer kindlichen Entwicklung bewusst von beiden Elternteilen unterstützt und gefördert, wobei sie auch unwidersprochen vorgetragen hat, dass der Vater damals stolz auf die Reitkünste seiner Tochter gewesen sei. Die besondere Entwicklung, die seine Tochter im Hinblick auf den Reitsport genommen hat, war demnach bereits in der anfänglich vom Vater noch unterstützten Ausübung des Kinderreitsports angelegt, weshalb die Tochter weiterhin einen Anspruch darauf hat, dass sie ihr Hobby in dem ihren Fähigkeiten entsprechenden Umfang weiterführen darf. Bei der Prüfung des wichtigen Grundes ist ferner zu berücksichtigen, in welchen Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Eltern leben. Der Vater hat sich für unbeschränkt leistungsfähig erklärt und hatte im ursprünglichen notariellen Scheidungsfolgevertrag auf eine finanzielle Beteiligung der Mutter ausdrücklich verzichtet. Daraus folgt zum einen, dass ihm die Übernahme des Mehrbedarfs wirtschaftlich ohne weiteres zumutbar ist, zum anderen, dass er unabhängig davon, wie hoch die Einkünfte der Mutter sind, auf 100 % für den geltend gemachten Mehrbedarf haftet. Nicht zuletzt im Hinblick auf die unbeschränkte Leistungsfähigkeit des Vaters sind die von der Tochter geltend gemachten Kosten für den Reitsport angemessenen und stellen eine berechtigte Teilhabe an dem hohen Lebensstandard ihrer Eltern, die in den ersten 7 Lebensjahren der mittlerweile 14jährigen Antragstellerin zusammengelebt hatten, dar.
OLG Frankfurt am Main · Beschluss vom 11. Juni 2014 · Az. 6 UF 323/13
„Ob es sich hierbei um Mehrkosten des Wechselmodells oder allgemeinen Mehrbedarf der Kinder handelt (vgl. Senatsurteil vom 26. November 2008 - XII ZR 65/07 - FamRZ 2009, 962Rn. 17 ff.), kann offenbleiben. Dass die Kosten (…) Bedarf der Kinder darstellen, folgt daraus, dass es sich um mit dem Schul- bzw. Kindergartenbesuch verbundene Kosten handelt. Die Notwendigkeit der Kosten steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Dass das Entstehen der Kosten etwa den Kindern als Obliegenheitsverstoß zuzurechnen wäre, wird von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht. Umstände dafür, dass die Kindesmutter, die jetzt am Ort ihres schon zu Zeiten des Zusammenlebens der Eltern innegehabten Arbeitsplatzes wohnt, nach Trennung der Eltern gehalten gewesen wäre, sich zum Zwecke der Kostenersparnis eine Wohnung im näheren Umkreis der ursprünglich gemeinsamen Wohnung zu suchen, was zudem entsprechende berufsbedingte Fahrtkosten nach sich gezogen hätte, hat der Antragsgegner nicht dargetan.“
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 11.01.2017 – XII ZB 565/15
OLG Hamm, 21.12.2010 - II-2 WF 285/10: Klassenfahrten und Schüleraustauschprojekte stellen keinen Sonderbedarf dar, für den der barunterhaltspflichte Elternteil anteilig aufkommen muss. Der erstmalig von der Schule angebotene Austausch mit China gehe über eine übliche Schulveranstaltung hinaus und stelle ein zusätzliches Angebot zu den bestehenden Schüleraustauschprojekten dar. Schon aufgrund des Preises und des Angebotsinhaltes (eine Woche Austausch, eine Woche touristische Rundreise) habe sich das Angebot von vorneherein nur an einen Teil der Schüler gerichtet. Eine Teilnahme sei nicht notwendig gewesen. Auch die hälftigen Kosten für den Englandaustausch und die Klassenfahrt zum Biggesee stellten keinen Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, da sich ein unregelmäßig hoher Bedarf daraus nicht ergeben habe. Sonderbedarf tritt nach seinen gesetzlichen Voraussetzungen überraschend und der Höhe nach nicht abschätzbar auf. Sowohl der Englandaustausch als auch die Klassenfahrt zum Biggesee fänden aber vorhersehbar und nicht überraschend statt.
Als Sonderbedarf zählen die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens. Der Unterhaltspflichtige muss diese zusätzlich zum Elementarunterhalt zahlen, sogar wenn das Verfahren sich gegen ihn selbst richten soll. Das nennt sich Prozesskostenvorschuss (PKV).
Diese Regelung gilt auch in Verfahren der getrennt lebenden Ehegatten untereinander, also bei Scheidung, Unterhalt, Zugewinn etc.besteht ein solcher Anspruch, weil der andere Ehegatte leistungsfähig ist, wird keine Verfahrenskostenhilfe gewährt!
Damit der Prozesskostenvorschuss für den zahlenden Ehegatten nicht verloren ist, gibt es einen Trick im Zusammenhang mit Zugewinn.
Regelmäßige Nachhilfe begründet einen unterhaltsrechtlich beachtlichen Mehrbedarf, wenn sachliche Gründe vorliegen, die sie als angemessene Kosten der Ausbildung erscheinen lassen oder der Unterhaltsschuldner mit ihr einverstanden war.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.6.2020 – 4 UF 176/19
Eine kieferorthopädische Maßnahme (hier: Verordnung sogenannter Speed Brackets) kann auch ohne medizinische Notwendigkeit einen unterhaltsrechtlich beachtlichen Mehrbedarf begründen, wenn sie die Behandlungsdauer um drei Monate verkürzt, eine bessere Zahnreinigung während der Therapie gewährleistet, nach den Einkommensverhältnissen der Beteiligten und dem vom Unterhaltsschuldner für sich selbst beanspruchten Krankenversicherungsschutz angemessen erscheint.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 26.6.2020 – 4 UF 176/19
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„Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen.“
JOHN RUSKIN, englischer Sozialreformer
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