Wird ein Kind ehelich geboren, haben beide Eltern automatisch das gemeinsame Sorgerecht.
Das bleibt, auch wenn sie sich trennen oder scheiden lassen und kann nur durch gerichtlichen Beschluss geändert werden.
Wird ein Kind nichtehelich geboren, hat in Deutschland immer noch nur die Mutter automatisch das Sorgerecht.
Der Vater kann es bekommen, wenn sie zustimmt. Ohne ihre Zustimmung hatte er früher keine Chance.
Der europäische Menschenrechtsgerichtshof griff im Juli 2010 ein.
Das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern ist daraufhin am 19.5.2013 in Kraft getreten.
Ledige Väter bekommen auf Antrag das gemeinsame Sorgerecht zugesprochen - sofern die gemeinsame Sorge nicht dem Kindeswohl entgegensteht.
Das Gesetz vom Mai 2013 findet auch auf vorher geborene nichteheliche Kinder Anwendung.
Stellt der Vater den Antrag, bittet das Gericht die Mutter um eine schriftliche Stellungnahme. Dazu setzt das Gericht ihr eine Frist. Die Länge der Frist steht im Ermessen des Richters, sie kann zwei, vier oder mehr Wochen dauern. (Es ist also falsch, wie in manchen Medien berichtet wurde, dass die Frist stets sechs Wochen dauere. Ist das Kind schon älter als sechs Wochen, kann sie also kürzer sein).
Sie darf allerdings frühestens 6 Wochen nach der Geburt enden (Karenzzeit im Wochenbett).
Äußert sich die Mutter nicht innerhalb der festgesetzten Frist, spricht das Gericht dem Vater in einem beschleunigten und vereinfachten Verfahren ohne persönliche Anhörung gemäß § 155 a FamFG das gemeinsame Sorgerecht zu.
An das Schweigen der Mutter werden weitreichende Folgen geknüpft. Die Maxime des Gesetzgebers lautet nämlich inzwischen (wie in vielen anderen europäischen Ländern): "Die gemeinsame Sorge ist die Regel und in den meisten Fällen die beste Alternative für das Kindeswohl".
Die Mutter darf also auf keinen Fall diese Gerichtspost einfach ignorieren!
An die Stelle der persönlichen Anhörung der Eltern tritt ihre schriftliche Anhörung. Die Voraussetzungen, unter denen eine persönliche Anhörung des Kindes (§ 159 FamFG) stattzufinden hat, bleiben hiervon allerdings unberührt. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands wird zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes im vereinfachten schriftlichen Verfahren regelmäßig nicht erforderlich sein (§ 158 Absatz 1 FamFG), da die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge in diesem Verfahren nur in Betracht kommt, wenn dem Gericht keine Gründe bekannt sind, die der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können.
Trägt die Mutter Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, so ist das Verfahren als „normales“ Sorgerechtsverfahren fortzusetzen. Das Gericht überträgt die Mitsorge, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht (Negativprüfung).
Dabei kann jedoch nicht bereits die Ablehnung einer gemeinsamen Sorge durch die Kindesmutter die Annahme begründen, dass in einem solchen Fall die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspricht, denn dann hätte es die Mutter nach wie vor allein in der Hand, ob es zu einer gemeinsamen Sorgetragung kommt oder nicht. Angesichts des gesetzlichen Leitbildes, das nunmehr nach Möglichkeit die in gemeinsamer Verantwortung ausgeübte Sorge beider Elternteile vorsieht, ist zu verlangen, dass konkrete Anhaltspunkte dafür dargetan werden, dass eine gemeinsame Sorge sich nachteilig auf das Kind auswirken würde.
Ob das gemeinsame Sorgerecht "in der Regel" dem Kindeswohl dient, ist nach wie vor umstritten.
Jeder Elternteil kann die gemeinsame Sorge beantragen, also auch die Mutter, die den Vater in die Verantwortung holen will.
Selbstverständlich bleibt es den Eltern weiter unbenommen, wie bisher eine gemeinsame Sorgerechtserklärung beim Jugendamt abzugeben.
Eine Änderung der Entscheidung (auch der im vereinfachten Verfahren nach § 155a FamFG, die nur durch Schweigen der Mutter zustandegekommen ist), ist nach § 1696 BGB nur möglich, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist (Abänderungsgrund). Das bedeutet, einem Vater, der die Mitsorge nach § 155 a FamFG durch Schweigen der Mutter bekommen hat, ist die Sorge schwieriger zu entziehen als einem Vater, der durch Sorgerechtserklärung oder Heirat mitsorgeberechtigt geworden ist!