Vater ohne Ehe

Rechte - Pflichten - Umgang - Sorgerecht

Die Kinder nicht miteinander verheirateter Eltern haben inzwischen dieselben Rechte auf Unterhalt, aber auch auf Umgang.
Unterschiede zu ehelichen Kindern sind noch beim Sorgerecht geblieben.
Eine besondere Vätergruppe sind die, deren Kind in einer Ehe mit einem anderen Mann geboren wurde.

Erklärvideo "Vater ohne Ehe"

Hat ein biologischer Vater, der nicht rechtlicher Vater ist, überhaupt Rechte?

Das Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen, Vaters aus Juni 2013 hat viel verändert.
Anstoß dafür waren die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 21.12.2010 und 15.9.2011 (EGMR, Beschwerdenummer 17080/ 07).
Bei der Entscheidung der Straßburger Richter ging es darum, ob Männern die Klärung der Vaterschaft und der Umgang mit ihren (mutmaßlichen) Kindern verweigert werden darf. Nach früherer deutscher Rechtslage hatte der biologische Vater eines „Kuckuckskindes“ keine Möglichkeit, seine Vaterschaft gegen den Willen der Mutter feststellen zu lassen. Dies hatte der EGMR bemängelt. Durch das neue Gesetz erhält der biologische Vater nun das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen den Willen der Mutter Umgang mit dem Kind und Auskunft zu erhalten.

Deutsche Gerichte hatten zuvor stets zusammenlebenden Familien absoluten Schutz eingeräumt. Ein außerehelicher (aber leiblicher) Vater war weitgehend rechtlos, wenn es einen ehelich-rechtlichen Vater gab. Der Schutz der ehelichen Familie galt in Deutschland höherrangig als das Recht leiblicher Väter. Dem hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 15. September widersprochen.
Mit dem Urteil wurden zugleich die Rechte des Kindes gestärkt. Dass zwischen mutmaßlichem Vater und Sohn kein Familienleben entstand, sei nicht dem Vater anzulasten. Immerhin sei die Beziehung, die das Kind hervorgebracht habe, nicht bloß zufällig gewesen. Ein Vaterschaftstest darf nicht mehr einfach verweigert werden. Ab sofort muss das Wohl des Kindes unabhängig von Familienkonstellationen in Entscheidungen einbezogen werden. Das bedeutet, dass Familiengerichte in jedem Einzelfall prüfen müssen, ob es im Interesse des Kindes liegt, dass es regelmäßigen Kontakt mit seinem mutmaßlichen biologischen Vater hat.

Der Kläger erhielt von der Bundesrepublik Deutschland ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro. Der Junge war zum Zeitpunkt der Entscheidung inzwischen sieben Jahre alt.

Gesetz zur Stärkung der Väterrechte

Am 13. Juli 2013 ist das „Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters“ in Kraft getreten.

Voraussetzung für den Umgang sind u. a.:
1. Er hat ein ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt.
2. Der Umgang mit dem leiblichen Vater dient dem Kindeswohl.
3. Der Anspruchsteller muss wirklich der biologische Vater sein; seine leibliche Vaterschaft ist im Rahmen des Umgangs- oder Auskunftsverfahrens zu prüfen.

Sorgerecht ohne Ehe - Das Schweigen der Mütter

Wird ein Kind ehelich geboren, haben beide Eltern automatisch das gemeinsame Sorgerecht.
Das bleibt, auch wenn sie sich trennen oder scheiden lassen und kann nur durch gerichtlichen Beschluss geändert werden.

Wird ein Kind nichtehelich geboren, hat in Deutschland immer noch nur die Mutter automatisch das Sorgerecht.
Der Vater kann es bekommen, wenn sie zustimmt. Ohne ihre Zustimmung hatte er früher keine Chance.
Der europäische Menschenrechtsgerichtshof griff im Juli 2010 ein.
Das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern ist daraufhin am 19.5.2013 in Kraft getreten.
Ledige Väter bekommen auf Antrag das gemeinsame Sorgerecht zugesprochen - sofern die gemeinsame Sorge nicht dem Kindeswohl entgegensteht.

Das Gesetz vom Mai 2013 findet auch auf vorher geborene nichteheliche Kinder Anwendung.

Stellt der Vater den Antrag, bittet das Gericht die Mutter um eine schriftliche Stellungnahme. Dazu setzt das Gericht ihr eine Frist. Die Länge der Frist steht im Ermessen des Richters, sie kann zwei, vier oder mehr Wochen dauern. (Es ist also falsch, wie in manchen Medien berichtet wurde, dass die Frist stets sechs Wochen dauere. Ist das Kind schon älter als sechs Wochen, kann sie also kürzer sein).

Sie darf allerdings frühestens 6 Wochen nach der Geburt enden (Karenzzeit im Wochenbett).

Äußert sich die Mutter nicht innerhalb der festgesetzten Frist, spricht das Gericht dem Vater in einem beschleunigten und vereinfachten Verfahren ohne persönliche Anhörung gemäß § 155 a FamFG das gemeinsame Sorgerecht zu.

An das Schweigen der Mutter werden weitreichende Folgen geknüpft. Die Maxime des Gesetzgebers lautet nämlich inzwischen (wie in vielen anderen europäischen Ländern): "Die gemeinsame Sorge ist die Regel und in den meisten Fällen die beste Alternative für das Kindeswohl".

Die Mutter darf also auf keinen Fall diese Gerichtspost einfach ignorieren!

An die Stelle der persönlichen Anhörung der Eltern tritt ihre schriftliche Anhörung. Die Voraussetzungen, unter denen eine persönliche Anhörung des Kindes (§ 159 FamFG) stattzufinden hat, bleiben hiervon allerdings unberührt. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands wird zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes im vereinfachten schriftlichen Verfahren regelmäßig nicht erforderlich sein (§ 158 Absatz 1 FamFG), da die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge in diesem Verfahren nur in Betracht kommt, wenn dem Gericht keine Gründe bekannt sind, die der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können.

Trägt die Mutter Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, so ist das Verfahren als „normales“ Sorgerechtsverfahren fortzusetzen. Das Gericht überträgt die Mitsorge, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht (Negativprüfung).

Dabei kann jedoch nicht bereits die Ablehnung einer gemeinsamen Sorge durch die Kindesmutter die Annahme begründen, dass in einem solchen Fall die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspricht, denn dann hätte es die Mutter nach wie vor allein in der Hand, ob es zu einer gemeinsamen Sorgetragung kommt oder nicht. Angesichts des gesetzlichen Leitbildes, das nunmehr nach Möglichkeit die in gemeinsamer Verantwortung ausgeübte Sorge beider Elternteile vorsieht, ist zu verlangen, dass konkrete Anhaltspunkte dafür dargetan werden, dass eine gemeinsame Sorge sich nachteilig auf das Kind auswirken würde.

Ob das gemeinsame Sorgerecht "in der Regel" dem Kindeswohl dient, ist nach wie vor umstritten.

Jeder Elternteil kann die gemeinsame Sorge beantragen, also auch die Mutter, die den Vater in die Verantwortung holen will.

Selbstverständlich bleibt es den Eltern weiter unbenommen, wie bisher eine gemeinsame Sorgerechtserklärung beim Jugendamt abzugeben.

Eine Änderung der Entscheidung (auch der im vereinfachten Verfahren nach § 155a FamFG, die nur durch Schweigen der Mutter zustandegekommen ist), ist nach § 1696 BGB nur möglich, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist (Abänderungsgrund). Das bedeutet, einem Vater, der die Mitsorge nach § 155 a FamFG durch Schweigen der Mutter bekommen hat, ist die Sorge schwieriger zu entziehen als einem Vater, der durch Sorgerechtserklärung oder Heirat mitsorgeberechtigt geworden ist!

Vaterschafts-Anerkennung nach Scheidungsverfahren
Schwanger im Trennungsjahr?
Geburt zwischen Trennung und Scheidung

Ein Kind, das während rechtlichen Bestehens einer Ehe zur Welt kommt, ist ehelich - auch wenn allseits bekannt ist, dass der Ehemann nicht der Vater ist.
Eine Möglichkeit, ein teures und aufwendiges Anfechtungsverfahren zu vermeiden, ist
a) die Einleitung des Scheidungsverfahrens noch vor Geburt plus
b) die Zustimmung aller Beteiligten: Mutter, Ehemann und leiblicher Vater.

Privater Samenspender an ein lesbisches Paar kann nach Adoption Umgangsrecht haben

Der Kinderwunsch eines lesbischen Paares kann durch eine private Samenspende erfüllt werden. Rechtlich unklar war bislang, ob der Samenspender ein Umgangsrecht hat.

Im Fall, der zum BGH ging, ist das Kind inzwischen 7 Jahre alt und weiß, dass der Mann sein Erzeuger ist. In den ersten 5 Lebensjahren durfte der Mann das Kind auch besuchen.

Rechtlich hat das Kind keinen Vater, sondern zwei Mütter, denn die Frau, die es ausgetragen hat, hat ihrer Lebenspartnerin die sog. Stiefkindadoption zugestanden.

Es kam dann zu einem Zerwürfnis unter den Erwachsenen, als der Mann gegenüber den Eltern den Wunsch äußerte, mehr Umgang mit dem Kind zu haben, auch bei sich zuhause, auch im Alltag und mal für einen längeren Zeitraum.

Das Rechtsproblem besteht darin, dass weder § 1684 BGB greift (nur für rechtliche Eltern) noch § 1685 Abs. 2 BGB (nur bei einer von tatsächlicher Verantwortungsübernahme geprägten sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind, was bei den bisherigen sporadischen Besuchen nicht vorlag). Deshalb fanden Amtsgericht und OLG keine Rechtsgrundlage dafür, ein Umgangsrecht näher zu prüfen.

Der BGH sah einen Anwendungsbereich von § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB (Umgangsrecht des leiblichen Vaters, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat). Die Adoption schließe das Umgangsrecht nicht aus.

Ob und in welchem Umfang ein Umgang zu regeln ist, beurteilt sich daher vornehmlich danach, inwiefern der Umgang dem Kindeswohl dient. Dabei hat der leibliche Vater das Erziehungsrecht der rechtlichen Eltern zu respektieren, ohne dass dieses die Eltern zur Verweigerung des Umgangs berechtigt.



Beschluss vom 16. Juni 2021 - XII ZB 58/20

Download: Broschüre "Gemeinsam leben" des Justizministeriums
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