Rentenpunkte, Betriebsrente, Direktversicherung, Versorgungswerk, Kindererziehungszeiten, Verzicht, Verrechnung, Saldierung, Billigkeit, Korrespondierender Kapitalwert
Beide Ehegatten haben während der Ehe mehr oder weniger für ihr Alter vorgesorgt. z.B. bei der DRV Bund, bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes VBL, mit einer Betriebsrente ihres Arbeitgebers, in einem berufsständischen Versorgungswerk, als Beamter über den Pensionsanteil, mit den gesetzlichen Kindererziehungszeiten, mit einer privaten Riester- oder Rürup-Rente usw.
Versorgungsanrechte, zum Beispiel Rentenansprüche, die Sie und Ehefrau / Ehemann während Ihrer Ehe (oder Lebenspartnerschaft) erworben haben, werden als gemeinschaftliche Lebensleistung betrachtet. Sie gehören Ihnen beiden somit zu gleichen Teilen. Lassen Sie sich scheiden, werden beim Versorgungsausgleich alle Ansprüche auf Versorgung und Rente beider Partner ausgeglichen. Das Ziel ist, dass Sie beide mit gleich vielen Versorgungsanrechten die Ehe verlassen.
In den Versorgungsausgleich fallen alle echten Rentenversicherungen, also nicht z.B. Kapitallebensversicherungen (oder Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht), Ausnahme: Arbeitgeber-Direktversicherungen.
Der Versorgungsausgleich (VA) will, dass bei einer Scheidung beide Ehegatten mit derselben Altersvorsorge aus der Ehe hervorgehen.
Der Versorgungsausgleich ist Teil des Scheidungsverfahrens. Sie müssen den Versorgungsausgleich nicht gesondert beantragen. Um diese Entscheidung treffen zu können, fordert das Familiengericht von Ihren Versorgungsträgern Auskünfte über Ihre Anrechte an.
Ich begleite Sie dabei mit der Auswertung der Auskünfte. Diese Aufteilung wird vom Richter "von Amts wegen" vorgenommen. Gute anwaltliche Vertretung kann aber dafür sorgen, dass kein Anrecht übersehen wird, dass Übertragungs- oder Rechenfehler bemerkt werden oder dass Sie eine für beide günstigere Saldierung statt des Hin- und Her-Ausgleiches vereinbaren können. Deshalb sollten meiner Meinung nach beide Ehegatten im Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten sein.
Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich führt das Familiengericht im Scheidungsbeschluss auf. Die Versicherer setzen den Versorgungsausgleich nach den Vorgaben des Gerichts um und informieren Sie über die konkreten Auswirkungen auf Ihr Rentenkonto.
Ja, Sie können sich schon mal um Ihre Kontenklärung kümmern.
Versicherte, die das 27. Lebensjahr vollendet haben, erhalten jährlich eine schriftliche Renteninformation. Nach Vollendung des 55. Lebensjahres wird diese alle drei Jahre durch eine Rentenauskunft ersetzt. Jederzeit hat man das Recht, von seiner gesetzlichen Rentenversicherung (BfA oder LVA) den Stand seiner Anwartschaften zu erfahren (§ 109 Abs. 5 SGB VI). Denselben Auskunftsanspruch gibt es gegenüber berufsständischen Versicherungen (z.B. ärztliche Versorgungswerke). Besteht eine betriebliche Altersvorsorge, so besteht ein Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsvertrages.
Plant man eine Scheidung, kann sie aber noch nicht einreichen, weil das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist, so kann man das spätere Verfahren beschleunigen, indem man einen „Kontenklärungsantrag“ stellt. Eine Kontenklärung ist aber dann überflüssig, wenn man schon einmal eine Rentenberechnung bekommen hat und das Arbeitsverhältnis seitdem unverändert fortbesteht.
Im Scheidungsverfahren geht das Versorgungsausgleichsverfahren dann schneller, weil ja – zumindest auf einer Seite - bereits alles geklärt ist.
Bei "Scheidung mit einem Anwalt" ist nur der Antragsteller anwaltlich vertreten, der Antragsgegner nicht. Manchmal merkt man, wenn alle Auskünfte betreffend die Renten vorliegen, dass man lieber nicht alle Rechte aufteilen würde, sondern etwas gegeneinander verrechnen möchte. Das ist oft für beide Ehegatten vorteilhaft, weil die Teilungskosten wegfallen und man nicht im Alter unübersichtlich viele kleine Renten bekommt. Aber: Das geht im Scheidungsverfahren nicht, wenn nur ein RA beteiligt ist. Lösung: Zweiter RA oder Notarvertrag.
Obwohl in Scheidungsverfahren kein Anwaltszwang auf der Gegnerseite herrscht, hat trotzdem jeder Scheidungsgegner das Recht auf kostenlose anwaltliche Vertretung, wenn Verfahrenskostenhilfe in Betracht kommt. Zu empfehlen ist dies immer, auch für Selbstzahler, weil zwar die Scheidung selbst in einvernehmlichen Fällen unkompliziert ist, nicht aber der automatische Versorgungsausgleich.
Auskünfte von Versorgungsträgern können fehlerhaft sein - das kann nur Ihr Anwalt bemerken, dessen täglich Brot das Auswerten solcher Auskünfte ist!
Vor allem aber sollte rechtzeitig geprüft werden, ob eine Vereinbarung für beide Eheleute sinnvoller und kostengünstiger ist als die gesetzliche Aufteilung.
Das ist z.B. dann der Fall, wenn Ihre privaten oder betrieblichen Rententräger "Teilungskosten" für die interne Aufteilung verlangen, die man mit einer Verrechnung geschickt umgehen könnte. Oder wenn die Leistungen aus der Versicherung nicht gleichartig sind (kein Erwerbsunfähigkeitsschutz). Oder wenn die Zersplitterung dazu führt, dass man im Alter lästig viele Rententräger hat. Oder wenn Beamtenpension durch Umbuchung in die gesetzliche Rentenkasse vernichtet wird.
Beim Versorgungsausgleich werden von beiden Ehegatten die in der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften ermittelt und dann hälftig geteilt. Dazu bekommen Sie zunächst ein Formular, in dem Sie angeben, bei welchen Rententrägern (DRV, Versorgungswerk, Betriebsrente…) Sie eingezahlt haben. Sie können sich das Formular V10 selbst im Internet herunterladen und ausfüllen, oder Sie bekommen es von unserer Kanzlei. Dasselbe Formular Ihres Ehegatten bekommen Sie auch zur Kenntnis und prüfen die Angaben bitte auf Vollständigkeit.
Im Laufe des Verfahrens erhalten die Ehegatten dadurch die Auskünfte über die Ehezeitanteile von sich selbst und vom Ehegatten.
Es ist wichtig, auch die „Versicherungsverläufe“ sorgfältig zu prüfen, weil Fehler darin Ihrem Anwalt nicht auffallen können, der ihren beruflichen Lebenslauf und den Ihres Ehegatten nicht so gut kennt wie Sie selbst.
Erst wenn die Auskünfte zum Versorgungsausgleich vollständig vorliegen, dürfen Sie erwarten, demnächst geschieden zu werden. Vorher hat es keinen Sinn, das Gericht zu drängen, Geduld ist gefragt.
Der Monat der Hochzeit ist der erste Monat der gesetzlichen Ehezeit, der Monat vor Zustellung des Scheidungsantrages der letzte. Beispiel:
Heirat am 5.7.1996, Zustellung am 14.11.2019=> Ehezeit 1.7.1996 - 30.10.2019. Die Monate oder Jahre der Trennung zählen also voll mit.
Daraus kann sich der anwaltliche Tipp ergeben, die Scheidung möglichst bald einzureichen, wenn man derzeit höhere Altersvorsorge betreibt als der andere.
Erst nachdem das Gericht den Scheidungsantrag beim Gegner zugestellt hat, kennt man die genaue Ehezeit und kann verbindlich rechnen.
Nachdem das Gericht die Ehezeit festgestellt hat, müssen beide Ehegatten ein Formular namens V10 ausfüllen. Darin müssen sie angeben, bei welchen Rententrägern sie jemals Anwartschaften erworben haben. Die Ehegatten bekommen das ausgefüllte Formular des Anderen zu sehen und müssen prüfen, ob der etwas vergessen oder verschwiegen hat. Sie können sich das Formular zur Vorbereitung Ihrer Scheidung schon hier ausdrucken, in Ruhe ausfüllen und bei mir abgeben, wenn Sie die Scheidung einreichen wollen. Sie sind gesetzlich verpflichtet, ihn auszufüllen. Die Verpflichtung kann mit Zwangsgeld durchgesetzt werden.
Letztlich nein. Das Gericht setzt Fristen und nach deren Ablauf Zwangsgelder fest, erst kleine, dann höhere - bis zu 25.000 €. Allerdings kann man mit einer stoischen Haltung den Ablauf des Verfahrens dadurch erheblich verschleppen - je nach Langmut des Richters.
Dass die Auskünfte auch dann zu erteilen sind, wenn man meint, das Trennungsjahr sei bei Einleitung des Verfahrens noch nicht vorüber gewesen, hat der BGH - Beschluss vom 30.09.2020
XII ZB 438/18 gezeigt.
Ihr Rentenversicherungskonto wird nun geklärt. daran müssen Sie ggf. mitwirken. Sie müssen vielleicht Ausbildungszeiten nachweisen, Auslandslücken klären, den Antrag auf Kindererziehungszeiten stellen etc. Was zu tun ist, teilt Ihre Rentenstelle Ihnen mit. Bitte beachten Sie, dass Sie zur Mitwirkung verpflichtet sind und das Familiengericht Ihnen ein Zwangsgeld aufbrummen kann, wenn Sie ihr Rentenkonto nicht klären helfen.
Wenn Sie Ihr Konto schon vor dem Scheidungsverfahren auf Lücken klären wollen, geht das auf der Website der Deutschen Rentenversicherung. Klicken Sie dort an, dass Sie einen "Versicherungsverlauf" haben möchten.
Unter bestimmten Umständen kann es sein, dass Sie von Ihrem Rentenversicherungsträger aufgefordert werden, einen Kontenklärungsantrag zu stellen. Sie sind gesetzlich verpflichtet bei der für den Versorgungsausgleich erforderlichen Kontenklärung mitzuwirken. Falls sie zur Mitwirkung bei der Kontenklärung aufgefordert werden, übersenden Sie die von Ihrem Rentenversicherungsträger angeforderten Formulare und Unterlagen bitte direkt an diesen, nicht an Ihren Anwalt oder an das Familiengericht.
Sie können aber auch einen Termin in einem Servicezentrum eines gesetzlichen Rentenversicherers vereinbaren, wo die Servicemitarbeiter gemeinsam mit Ihnen den Kontenerklärungsantrag aufnehmen. Ihr Rentenversicherungsträger kann Ihnen mitteilen, wo sich ein Servicezentrum in Ihrer Nähe befindet und welche Unterlagen Sie zu einem Gesprächstermin mitbringen müssen. Um einen Beratungstermin zu vereinbaren steht Ihnen auch das gemeinsame bundesweite Servicetelefon der gesetzlichen Rentenversicherer zur Verfügung unter 0800 100 048 000, außerdem können Sie im Internet einen Termin bei der Deutschen Rentenversicherung auf www.deutsche-rentenversicherung.de vereinbaren (Beratung>Online-Terminvergabe).
Falls sich in Ihrer Nähe kein Servicezentrum befindet, können Ihnen auch die Versicherungsämter der Stadtverwaltungen in NRW bei dem Ausfüllen der Anträge behilflich sein.
Es gibt einen statistischen Durchschnittsverdienst.
Wer ganz genau diesen verdient, bekommt für das entsprechende Kalenderjahr, in dem er Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat, 1,0 Entgeltpunkte (EP). Natürlich verdient man in der Regel mehr oder weniger als diesen Durchschnittsbetrag, also bekommt man mehr oder weniger als 1,0 EP.
Am Ende des Erwerbslebens werden die Entgeltpunkte addiert und mit dem aktuellen Rentenwert multipliziert. Die Rentenauskunft sagt also nur aus, was die EP heute wert sind, nicht welche Rente Ihnen damit später ausgezahlt wird.
Bei der Einzahlung von Beiträgen, Deckungskapitalen – also auch bei der externen Teilung nach § 14 VersAusglG - werden die Entgeltpunkte in Euro umgerechnet. Auch zur Feststellung der Bagatellgrenzen des § 18 VersAusglG sind die EP in den korrespondierenden Kapitalwert umzurechnen. Dabei gilt der jeweilige jährliche Umrechnungsfaktor.
Auch wenn Sie aus den Auskünften den Eindruck gewinnen, Ihnen werde eine Monatsrente aus der Rente des Anderen zugesprochen: Durch die Zurückrechnung in EP garantiert Ihnen dies niemand.
Jeder Rententräger teilt nun einzeln seine Auskunft über den Ehezeitanteil mit.
Die Auskünfte trudeln also nach und nach bei Gericht ein, werden dem Anwalt zugeschickt und an den Mandanten weitergeleitet. So kompliziert abschreckend die Berechnungen auch sein mögen: Wagen Sie einen Blick in den "Versicherungsverlauf", bei Ihnen selbst und beim Ehegatten: Fehlt nichts? Das kann Ihr Anwalt ja nicht merken, da er den Renten-Lebenslauf der Ehegatten nicht kennt.
Prüfen Sie beide Versicherungsverläufe, von sich selbst und dem Ehegatten. Haben Sie den Eindruck, es fehlt eine Anwartschaft?
Sich selbst betreffend: Wenn Ihnen Zweifel kommen, nehmen Sie Kontakt mit der örtlichen Rentenstelle auf, notfalls mit einem (kostenpflichtigen) Rentenberater.
Den Ehegatten betreffend: Wenn etwas fehlt, rügen Sie die Vollständigkeit und machen Angaben dazu, welcher Tätigkeit der Ehegatte in der Lückenzeit nachgegangen ist.
Wenn alle Auskünfte da sind, ist der späteste Moment, zu prüfen, ob eine Vereinbarung günstiger wird (für beide) als die gesetzliche Durchführung.
Der korrespondierende Kapitalwert im Versorgungsausgleich: Ein wichtiges Instrument für Fairness bei der Scheidung
Bei einer Scheidung ist der Versorgungsausgleich oft ein komplexes und emotionales Thema. Ein wichtiges Instrument in diesem Prozess ist der korrespondierende Kapitalwert. Aber was genau ist das und warum spielt er eine so bedeutende Rolle? Lassen Sie uns einen genaueren Blick darauf werfen.
Was ist der korrespondierende Kapitalwert?
Der korrespondierende Kapitalwert stellt in der gesetzlichen Rentenversicherung den Betrag dar, der zum Ende der Ehezeit als Beitrag zu zahlen wäre, um ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts durch Beitragszahlung zu begründen. Es handelt sich dabei um eine Hilfsgröße, die den Ehegatten ermöglicht, den Wert ihrer Anrechte festzustellen und mit denen des Partners zu vergleichen.
Wichtig zu verstehen ist, dass es sich hierbei um einen fiktiven Wert handelt. In den meisten Fällen müssen die Ehegatten diesen Betrag nicht tatsächlich aufbringen. Nur in speziellen Situationen, wie bei einer externen Teilung oder bei Wiederauffüllungsbeiträgen, kann es zu einer realen Zahlung in dieser Höhe kommen.
Warum ist der korrespondierende Kapitalwert so wichtig?
Der korrespondierende Kapitalwert spielt in verschiedenen Aspekten des Versorgungsausgleichs eine zentrale Rolle:
1. Bei Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich hilft er den Ehegatten, ihre Anrechte fair zu vergleichen und gegebenenfalls zu verrechnen.
2. Er erleichtert dem Familiengericht die Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle.
3. Bei der Prüfung von Härtefällen dient er als Grundlage für eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung der Versorgungssituation.
4. Er ist entscheidend für die Feststellung, ob ein Wertausgleich bei geringfügiger Differenz der beiderseitigen Anrechte unterbleiben kann.
5. Im Rahmen der externen Teilung spielt er eine Rolle bei der Festsetzung des zu zahlenden Kapitalbetrags.
6. Auch beim Wertausgleich nach dem Tod eines Ehegatten ist er von Bedeutung.
Grenzen und Herausforderungen des korrespondierenden Kapitalwerts
Trotz seiner Wichtigkeit hat der korrespondierende Kapitalwert auch seine Grenzen. Der Gesetzgeber weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Wertvergleich nicht allein auf seiner Grundlage erfolgen sollte. Zusätzlich müssen weitere wertbildende Faktoren berücksichtigt werden, die sich auf die Versorgung auswirken.
Eine besondere Herausforderung stellt der Vergleich von Kapitalwerten aus verschiedenen Versorgungssystemen dar. Diese lassen für sich genommen noch keinen direkten Rückschluss auf Art und Umfang von Leistungen zu. Unterschiede im Leistungsspektrum, in der Dynamik, den Finanzierungsverfahren und anderen wertbildenden Faktoren müssen sorgfältig berücksichtigt werden.
Fazit: Der korrespondierende Kapitalwert ist ein unverzichtbares Instrument im Versorgungsausgleich. Er bietet eine wichtige Orientierung für alle Beteiligten, muss aber immer im Kontext des gesamten Versorgungssystems betrachtet werden. Für Ehepaare, die sich in einem Scheidungsprozess befinden, ist es ratsam, sich von einem erfahrenen Familienrechts-Anwalt beraten zu lassen, um die Komplexität des Versorgungsausgleichs und die Bedeutung des korrespondierenden Kapitalwerts vollständig zu verstehen.
Eine Scheidung mit einem Anwalt ist daher nicht zu empfehlen, wenn beim VA mehr als nur zwei DRV-Anrechte auszugleichen sind.
Das Problem: wenn die Ehegatten Deutsche sind oder deutsche Rentenansprüche haben, aber daneben auch ausländische, dann ist der Versorgungsausgleich nicht ganz simpel.
Denn der deutsche Familienrichter kann in das ausländische System nicht eingreifen, bekommt häufig keine vergleichbaren Auskünfte über die Werthaltigkeit und kann sie dennoch nicht ignorieren.
Ein Fall 2016 beim BGH:
Der Ehemann hat Ansprüche in der gesetzlichen Altersversicherung der Schweiz sowie bei einer Schweizer Pensionskasse erworben. Das deutsche Familiengericht will den Versorgungsausgleich durchführen, kann aber in die ausländischen Rechte nicht eingreifen. Es hat den Ehemann zu einer Abfindung an die Ehefrau verurteilt.
Aus der Begründung des BGH:
Gemäß §23 Abs.1 VersAusglG kann die ausgleichsberechtigte Person zwar für ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht von der ausgleichspflichtigen Person eine zweckgebundene Abfindung verlangen. Die Abfindung ist an den Versorgungsträger zu zahlen, bei dem ein bestehendes Anrecht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll. Nicht der Ehegatte selbst bekommt also die Abfindung.
Gemäß §23 Abs.2 VersAusglG besteht der Abfindungsanspruch allerdings nur, wenn die Zahlung der Abfindung für die ausgleichspflichtige Person zumutbar ist. Mit dem Prüfungsmaßstab der wirtschaftlichen Zumutbarkeit sollen zu weitgehende Belastungen des Verpflichteten vermieden werden. Andererseits ist der Zweck der Vorschrift nicht aus den Augen zu verlieren, Nachteile des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs für den Ausgleichsberechtigten möglichst zu vermeiden und ihm eine eigenständige Versorgung zu verschaffen. Auch die laufenden Einkünfte des Ausgleichspflichtigen können für die Leistung der Abfindung in Anspruch genommen werden, vor allem im Wege der Ratenzahlung, wenn die Zahlung eines Einmalbetrags unzumutbar ist.
Der BGH hat die Sache ans OLG Karlsruhe zurück verwiesen:
„In die Abwägung der beiderseitigen Interessen hat die Vorinstanz nicht ausreichend einbezogen, dass die Ehefrau im Falle eines Vorversterbens des Ehemanns keine Hinterbliebenenversorgung über einen verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vom Versorgungsträger erlangen kann (vgl. § 25 Abs. 1 VersAusglG). Denn das deutsche Recht kann den ausländischen Versorgungsträger nicht zu einer Leistung verpflichten, die er nach der für das Versorgungssystem bestehenden Rechtsordnung nicht schuldet.“
BGH XII ZB 514/15, Beschluss vom 22.6.2016
Eigentlich ist es nun ganz einfach: jeder bekommt die Hälfte der Renten des anderen (aus der Ehezeit). Dies geschieht durch Umbuchung auf den Rentenkonten, es ist also nicht so, dass irgendwelche Beträge zum jetzigen Zeitpunkt bezahlt werden müssen. Seit der Reform des Versorgungsausgleichsrechts im September 2009 wird eine sogenannte "Realteilung" durchgeführt. Hat ein Ehegatte beispielsweise eine Betriebsrente, bekommt der andere Ehegatte durch den Versorgungsausgleich einen eigenen Anspruch auf seinen Ehezeitanteil an dieser Rente. In der Praxis ist es ein bißchen komplizierter und hängt vom jeweiligen Versorgungsträger ab - aber dafür haben Sie ja ihren Anwalt.
Mit der VA-Reform ist eine Vorschrift gekommen, die zunächst mal sehr sinnvoll wirkt: Anrechte, die unter gewisse Geringfügigkeitsgrenzen fallen, sollen nicht ausgeglichen werden. Ungerecht wird dies dann, wenn ein Ehegatte z.B. nur die gesetzliche Rente hat und die voll geteilt wird. Der andere hat vielleicht vier verschiedene Riester-Rürup-Direktversicherungs-sonstwie-Verträge, von denen jeder einzelne "geringfügig" ist. Das neue Recht zum Versorgungsausgleich sollte vereinfachen, hat aber in der Praxis Fehlerquellen geschaffen, die nur Ihr Anwalt aufdecken kann.
Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahrens nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist oder aber ein Einzelrecht nur einen geringen Ausgleichswert hat. Gering ist die Differenz oder der Ausgleichswert gem. § 18 Abs. 3 VersAusglG, wenn die sog. Bagatellgrenze nicht überschritten wird, diese beträgt:
Die Bagatellgrenze wird jedes Jahr anhand der Bezugsgröße des § 18 SGB IV ermittelt:
2022:
bei einer Rente mtl. EUR 32,90 (1% von EUR 3.290 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.948,00 (120% von EUR 3.290 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 31,50 (1% von EUR 3.150 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.780,00 (120% von EUR 3.150 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2021:
bei einer Rente mtl. EUR 32,90 (1% von EUR 3.290 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.948,00 (120% von EUR 3.290 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 31,15 (1% von EUR 3.115 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.738,00 (120% von EUR 3.115 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2020:
bei einer Rente mtl. EUR 31,85 (1% von EUR 3.185 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.822,00 (120% von EUR 3.185 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 30,10 (1% von EUR 3.010 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.612,00 (120% von EUR 3.010 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2019:
bei einer Rente mtl. EUR 31,15 (1% von EUR 3.115 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.738,00 (120% von EUR 3.115 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 28,70 (1% von EUR 2.870 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.444,00 (120% von EUR 2.870 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2018:
bei einer Rente mtl. EUR 30,45 (1% von EUR 3.045 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.654,00 (120% von EUR 3.045 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 26,95 (1% von EUR 2.695 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.234,00 (120% von EUR 2.695 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2017:
bei einer Rente mtl. EUR 29,75 (1% von EUR 2.975 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.570,00 (120% von EUR 2.975 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 26,60 (1% von EUR 2.660 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.192,00 (120% von EUR 2.660 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2016:
bei einer Rente mtl. EUR 29,05 (1% von EUR 2.905 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3486,00 (120% von EUR 2.905 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 25,20 (1% von EUR 2.520 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3024,00 (120% von EUR 2.520 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2015:
bei einer Rente mtl. EUR 28,35 (1% von EUR 2.835 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3402,00 (120% von EUR 2.835 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 24,15 (1% von EUR 2.415 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 2898,00 (120% von EUR 2.415 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2014:
Bezugsgröße West:
bei einer Rente mtl. EUR 27,65 (1% von EUR 2.765 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.318,00 (120% von EUR 2.765 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 23,45 (1% von EUR 2.345 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 2.814,00 (120% von EUR 2.345 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2013:
Bezugsgröße West:
bei einer Rente mtl. EUR 26,95 (1% von EUR 2.695 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.234,00 (120% von EUR 2.695 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 22,75 (1% von EUR 2.275 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 2.730,00 (120% von EUR 2.275 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2012:
Bezugsgröße West:
bei einer Rente mtl. EUR 26,25 (1% von EUR 2.625 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.150,00 (120% von EUR 2.625 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 22,40 (1% von EUR 2.240 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 2.688,00 (120% von EUR 2.240 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2011:
Bezugsgröße West:
bei einer Rente mtl. EUR 25,55 (1% von EUR 2.555 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.066,00 (120% von EUR 2.555 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 21,70 (1% von EUR 2.170 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 2.604,00 (120% von EUR 2.170 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
2010:
Bezugsgröße West:
bei einer Rente mtl. EUR 25,55 (1% von EUR 2.555 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 3.066,00 (120% von EUR 2.555 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Bezugsgröße Ost:
bei einer Rente mtl. EUR 21,70 (1% von EUR 2.170 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
bei einem Kapitalwert EUR 2.604,00 (120% von EUR 2.170 = Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV)
Wer 33 oder mehr Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat (oder unterdessen Kindererziehungszeiten angesammelt), erwirbt sog. Grundrentenpunkte für langjährig Versicherte. Das wurde 2021 eingeführt.
Im Rahmen des Versorgungsausgleiches bei Scheidung stellt sich die Frage, ob diese Grundrenten-Entgeltpunkte separat zu betrachten sind und ggf. als „Bagatelle“ nicht aufgeteilt werden.
Das ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten und der BGH hat diese Frage, die eine Vielzahl von Fällen betrifft, in seinem Beschluss vom 10.1.2024 - XII ZB 389/22 – offen gelassen.
Im Fall des OLG Stuttgart vom 27.06.2024 hatte die Ehefrau neben dem „normalen“ Anrecht in der allgemeinen Rentenversicherung einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (sog. Grundrenten-Entgeltpunkte) erlangt. Der Grundrenten-Anteil allein betrachtet war unter 4.074 EUR wert, und da lag 2023 die sog. Bagatellgrenze.
Das Familiengericht soll Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen, um die Entstehung sog. Splitterversorgungen zu vermeiden, in denen der geringe Vorteil für den ausgleichsberechtigten Ehegatten in keinem Verhältnis zu dem Verwaltungsaufwand für den Versorgungsträger steht.
Bei der Grundrente entsteht durch die Übertragung der Entgeltpunkte als solcher kein besonderer Verwaltungsaufwand, aber im Alter ist dann bei einer Person mehr zu prüfen, ob es überhaupt zur Auszahlung kommt, das hängt nämlich von Einkommen ab. Ob dieser Aufwand ins Gewicht fällt, beurteilten OLGs bisher verschieden. Frankfurt, Oldenburg und Braunschweig meinten: viel Aufwand, Bamberg meinte: das läuft durch automatischen Abgleich mit den Finanzbehörden mühelos.
Der Senat des OLG Stuttgart schloss sich der zuerst genannten Auffassung an.
Es bedürfe ja nicht nur des jährlichen Abrufs der Daten, sondern auch der anschließenden Berechnung, ob und ggf. in welcher Höhe es zu einer Anrechnung im Sinne des § 97a Abs. 2 SGB VI kommt. Zudem kann der an sich vorgesehene automatisierte Datenabgleich ins Leere gehen, wenn trotz der Steuererklärungspflicht keine Steuererklärung abgegeben wurde, oder wenn der Berechtigte nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist.
Das OLG Stuttgart bezog in die Ermessens-Abwägung noch mit ein, dass der Ehemann angesichts seiner wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich seiner Versorgungssituation nicht dringend auf den Ausgleich dieser zusätzlichen 12 EUR monatlich angewiesen sei.
Der Weg zum BGH wurde zugelassen, um die Rechtsprechung zu vereinheitlichen.
OLG Stuttgart - Beschluss vom 27.06.2024 (16 UF 82/24)
BGH zur Ermessensausübung bei externer Teilung von Anrechten mit einem geringen Ausgleichswert. Es geht um den Versorgungsausgleich eines Paares, das 19 Jahre verheiratet war. Die betrieblich erworbenen Anrechte sind trotz ihrer Geringfügigkeit auszugleichen. Bei der externen Teilung fällt ein wesentlicher Teil des vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Verwaltungsaufwands von vornherein nicht an; deshalb müssen Belange der Verwaltungseffizienz hinter dem Interesse des Ehegatten an der Erlangung des, wenn auch nur geringwertigen Anrechts, zurücktreten.
XII ZB 490/15, BGH-Beschluss vom 22.6.2016
OLG Frankfurt/Main: Ausschluss des Ausgleichs von Anrechten wegen Geringfügigkeit
Bestehen bei einem Versorgungsträger mehrere eigenständige Anrechte, ist im Rahmen der Geringfügigkeitsprüfung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG in der Regel eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes angezeigt, die jedenfalls bei Vortrag weiterer Begleitumstände den Ausgleich trotz nomineller Geringfügigkeit rechtfertigt. Haben jedoch beide Eheleute bei dem gleichen Versorgungsträger mehrere Anrechte, kommt § 18 Abs. 1 VersAusglG zur Anwendung, so dass dann die Differenz der Ausgleichswerte maßgeblich ist. Dem Umstand, dass die Anrechte bei wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung nicht geringfügig sind, kommt dann untergeordnete Bedeutung zu. Selbst dann, wenn die Summe der Ausgleichsdifferenzwerte die Geringfügigkeitsgrenze nach § 18 Abs. 3 VersAusglG überschreitet, können in solchen Fällen die Kosten einer internen Teilung gegen einen Ausgleich sprechen.
2 UF 104/16, Beschluss vom 4.7.2016
Der BGH hat den Streit über die Zulässigkeit beendet durch Entscheidung vom 30.4.2014 - XII ZB 668/12:
Eine Verrechnungsabrede, mit der zwei Landesbeamte vereinbaren, dass die Ausgleichswerte ihrer jeweiligen Anrechte auf Beamtenversorgung saldiert und nur das höherwertige Anrecht des einen Ehegatten in Höhe der Wertdifferenz durch Begründung von gesetzlichen Rentenanwartschaften extern geteilt werden soll, verstößt weder gegen § 8 Abs. 2 VersAusglG noch gegen § 3 BeamtVG.
Der Grenzwert für das Verlangen nach externer Teilung berechnet sich nach § 14 II VersAusglG.
Der ausgleichsberechtigte Ehepartner kann bei einer externen Teilung die Zielversorgung bei einem neuen Versorgungsträger auswählen und muss diesen bei der Teilung angeben. Dorthin wird dann der Ausgleichswert überwiesen.
Der neue Versorgungsträger übernimmt die Zielversorgung und muss dabei ein angemessenes Produkt anbieten. Denn der überwiesene Betrag muss für die Versorgung angelegt und darf keineswegs zu Konsumzwecken eingesetzt werden. Die ausgleichsberechtigte Person muss selbst dafür sorgen, dass der Betrag für eine geeignete Altersversorgung eingezahlt wird - eine Aufgabe, die für den Laien nicht einfach zu bewältigen ist, denn die richtige Auswahl ist schwierig. Der Gesetzgeber hat zwar genau definiert, was angemessen ist, aber dennoch sind einige wichtige Punkte zu beachten.
Sollte kein Versorgungsträger benannt worden sein, wird der Ausgleichsbetrag direkt an die Versorgungsausgleichskasse gezahlt.
Der Ausgleichsberechtigte muss sich also überlegen, in welcher Form die Versorgung ausgestaltet sein soll. Wünscht man eine Auszahlung als Rente, als Kapitalbetrag oder in einer Mischform aus beiden Varianten? Ab wann wird die Versorgung benötigt? In welcher Form soll die Anlage erfolgen? Welchen Leistungsumfang soll die Versorgung haben? Hier wird schnell deutlich, dass eine fachliche Beratung sehr hilfreich ist. Wenden Sie sich an einen auf Versorgungsausgleich spezialisierten Finanz-/ Versicherungs-Dienstleister. Auch steuerliche Aspekte können relevant werden.
Bei der externen Teilung hat der Ausgangsversorgungsträger einen Kapitalbetrag an den Zielversorgungsträger zu überweisen.
Das Familiengericht kann die Teilung nur bezogen auf das Ende der Ehezeit durchführen. Jedoch sind nachehezeitliche Wertveränderungen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung zu berücksichtigen.
Der zum Vollzug der externen Teilung vom Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person an den Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten Person zu zahlende Ausgleichswert ist grundsätzlich ab Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Höhe des Rechnungszinses der auszugleichenden Versorgung zu verzinsen. Wird ein Verbundverfahren auch hinsichtlich des Versorgungsausgleichs in kurzer Zeit abgeschlossen, kann dem zwar entgegengehalten werden, dass die Entwicklung des Ausgleichsbetrags vom Ende der Ehezeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung nur geringe Beträge ausmacht. Dies steht einer generellen Verzinsung des Ausgleichswerts zur Ermöglichung einer weitreichenden Halbteilung allerdings nicht entgegen.
BGH, Beschl. v. 07.09.2011 – XII ZB 546/10
Das Anrecht für den ausgleichsberechtigte Ehepartner kann bei versicherungsförmigen Zielversorgungen nicht rückwirkend, sondern erst nach Zahlungseingang für die Zukunft begründet werden.
BVerfG: Externe Teilung im Versorgungsausgleich mit Grundgesetz vereinbar
Die Möglichkeit, Betriebsrenten bei einer Scheidung durch externe Teilung zwischen den Eheleuten aufzuteilen, verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
Das hat das Bundesverfassungsgericht am 26.05.2020 entschieden. Die Familiengerichte müssten aber im konkreten Fall darauf achten, dass vor allem die Frauen bei der Berechnung ihrer Ansprüche nicht systematisch benachteiligt werden.
Problem:
Im vom BVerfG entschiedenen Fall ging es speziell um die Betriebsrenten. Dort erhält der Ausgleichsberechtigte (statistisch häufig die Frau) - anders als bei z.B. der gesetzlichen Rente - ihr Geld im Alter nicht zwingend von dem selben Versorgungsträger, bei dem der Mann seine Versorgung bekommt. Die Ansprüche dürfen ausgelagert und an eine andere Unterstützungskasse übertragen werden - auch gegen den Willen der Frau. Das nennt man die externe Teilung. Der Gesetzgeber wollte damit die Träger der betrieblichen Altersversorgung entlasten.
Aber: Bei der Übertragung kommt es wegen der Zinsentwicklung der letzten Jahre oft zu deutlichen Verlusten. Der Mann verliert also die Hälfte seines Rentenanspruchs, bei der Frau kommt aber nur ein Teil davon an. Das kann mehrere hundert Euro im Monat ausmachen. Das Oberlandesgericht Hamm hatte das für verfassungswidrig gehalten. Die Richter hatten deshalb ein Scheidungsverfahren ausgesetzt, um § 17 Versorgungsausgleichsgesetz in Karlsruhe prüfen zu lassen. Die OLG-Richter gingen davon aus, dass zwischen 2009 und 2017 mindestens 90% aller Geschiedenen mit einer externen Teilung dadurch negative Folgen hatten. § 17 VersAusglG komme bei schätzungsweise jeder 20. Scheidung zur Anwendung. Bei durchschnittlich 170.000 Scheidungen im Jahr entspreche das einer mittleren fünfstelligen Zahl.
Das BVerfG hält dies nun nicht für verfassungswidrig, mahnt aber die Familiengerichte zu verfassungskonformer Anwendung. Dafür müssten die Gerichte aber den Ausgleichswert bei der Begründung des Anrechts bei einem anderen Versorgungsträger so bestimmen, dass die ausgleichsberechtigte Person keine unangemessene Verringerung ihrer Versorgungsleistungen zu erwarten hat. Der Versorgungsträger müsse dabei entstehende Belastungen vermeiden können, indem ihm die Wahl der internen Teilung stets möglich bleibe.
Für den Fall der externen Teilung eines Anrechtes gem. § 14 II Nr. 1 und/oder 2 VersAusglG oder gem. § 17 VersAusglG1 hatte der BGH bereits am 09.03.2016 entschieden, dass der Ausgleichswert zu verzinsen (BGH FamRZ 2011, 1785). In weiteren BGH-Entscheidungen wurde dann festgelegt, dass, sofern kein tatsächlicher (Rechnungs-) Zins dem auszugleichenden Anrecht zugrunde liegt - z.B. bei versicherungsförmigen betrieblichen Durchführungswegen oder privaten Renten-versicherungen - der sog. 7-jährige Durchschnitts-BilMoG-Zinssatz in Ansatz zu bringen ist, und zwar bezogen auf den Stichtag Gesetzliches Ehezeitende (BGH FamRZ 2016, 781, 1247, 2000; FamRZ 2013, 773).
Leitsätze:
Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 26.5.2020 – 1 BvL 5/18
1. Der Versorgungsausgleich kann verfassungswidrig sein, wenn bei der verpflichteten Person eine Kürzung des Anrechts erfolgt, ohne dass sich dies entsprechend im Erwerb eines selbstständigen Anrechts für die berechtigte Person auswirkt. Transferverluste aufgrund externer Teilung können zur Zweckverfehlung der Kürzung des Anrechts und damit zu deren Verfassungswidrigkeit führen (Klarstellung zu BVerfGE 53, 257, 302 f. = FamRZ 1980, 326; BVerfGE 136, 152, 169 ff. Rz. 40 ff. = FamRZ 2014, 1259, m. Anm. Borth {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}).
2. Art. 14 I GG schützt bei dem Versorgungsausgleich neben der ausgleichspflichtigen Person auch die ausgleichsberechtigte Person selbst. Transferverluste aufgrund externer Teilung sind auch an ihrem Eigentumsgrundrecht zu messen.
3. Bei der gerichtlichen Festsetzung des für die externe Teilung nach § 17 VersAusglG maßgeblichen Ausgleichswerts ist neben den Grundrechten der ausgleichsberechtigten und der ausgleichspflichtigen Person das Interesse des Arbeitgebers in die Abwägung einzustellen, extern teilen zu können, zugleich aber im Rahmen der externen Teilung lediglich aufwandsneutralen Kapitalabfluss hinnehmen zu müssen.
4. Das Grundgesetz steht auch solchen Regelungen entgegen, die neutral formuliert und auch nicht verdeckt auf Benachteiligung ausgerichtet sind, jedoch tatsächlich ganz überwiegend Frauen benachteiligen. Von nachteiligen Effekten externer Teilung sind wegen der überwiegenden Aufteilung von familienbezogener und berufsbezogener Tätigkeit zwischen den Ehepartnern weit mehr Frauen als Männer betroffen. Solche faktischen Benachteiligungen können nur gerechtfertigt werden, wenn dafür hinreichend gewichtige Grunde bestehen.
5. Es ist Aufgabe der Gerichte, bei Durchführung des Versorgungsausgleichs im Wege externer Teilung nach § 17 VersAusglG den als Kapitalbetrag zu zahlenden Ausgleichswert so festzusetzen, dass die Grundrechte aller beteiligten Personen gewahrt sind.
Fazit: Das alles kann kein Jurist ohne sachverständigen Rat berechnen!
Der BGH hat die Versorgungsträger rückstellungsfinanzierter Versorgungsanrechte, die die externe Teilung verlangen, verpflichtet, dem Familiengericht entsprechend § 220 IV FamFG auf Ersuchen mitzuteilen, welche Versorgung die ausgleichsberechtigte Person mit ihren biometrischen Daten im Falle einer fiktiven internen Teilung unter Berücksichtigung fiktiver Teilungskosten zu erwarten hätte.
Bundesgerichtshof, Beschluss v. 24.3.2021 - XII ZB 230/16
Nichts. Etwas Geduld, Sie bekommen Post. Ihre Renten werden später automatisch gekürzt. Ebenso automatisch bekommen Sie Ihre Hälften von den verschiedenen Anwartschaften Ihres Ehegatten.
Wenn Sie noch nicht Rentner sind, gilt::
Jede Versorgung wird im Prinzip halbiert (Ehezeitanteil) und intern oder extern geteilt. Davon merken Sie erst etwas, wenn Sie in Rente gehen. Die Kürzung greift sofort, auch wenn der Andere seine erhöhte Rente noch nicht bezieht.
Wenn Sie schon Rentner sind, gilt:
Dann wird nach Rechtskraft der Scheidung sofort gekürzt (Ausnahme: es laufen Unterhaltszahlungen und wir haben einen Antrag auf Aussetzung der Kürzung erfolgreich gestellt). Die Kürzung greift sofort, selbst wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte noch keine Rente aus dem erworbenen Anrecht bezieht. Evtl. dauert es etwas, bis die mtl. Auszahlung gekürzt wird - dann müssen Sie die Zuvielzahlung erstatten.
Seit 2009 ist der Gesetzgeber freizügiger geworden, was Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich (VA) angeht. Wenn Sie irgendwo von einer "Jahresfrist" oder von "Genehmigungsbedürftigkeit" lesen - das ist altes Recht.
Ein paar Punkte sind zu beachten:
Es ist also sogar möglich, den automatischen Versorgungsausgleich auszuschliessen.
Man kann aber auch eine anderweitige Vereinbarung treffen: Man kann die Dauer der Ausgleichszeit verändern, einzelne Versorgungen ausklammern, eine Abfindung vereinbaren, stattdessen einen Vermögenswert (Haus) übertragen o.ä.
Das alles muss durch Notarvertrag geschehen.
Bei Verzicht muss dem Gericht für die Billigkeitskontrolle erklärt werden, warum dies nicht zu Altersarmut führt oder einen entschädigungslosen Verzicht darstellt, damit eine „rudimentäre Billigkeitsprüfung“ erfolgen kann, d.h.: der Richter muss sich grob davon überzeugen, dass damit keine Seite über den Tisch gezogen wurde.
Niemand sollte ohne anwaltliche Beratung auf seinen VA-Anspruch verzichten, nur damit das Scheidungsverfahren beschleunigt wird!
Zur guten anwaltlichen Beratung gehört auch, in welchen Fällen eine Vereinbarung sinnvoller wäre als die gesetzliche Verteilung. Spätestens werden Sie das von mir hören, wenn kurz vor der Scheidung alle Auskünfte vorliegen.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 zur Wirksamkeit eines Versorgungsausgleichs-Verzichts in einem Scheidungsfolgenvertrag:
Ein vollständiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann auch bei den in einer Ehekrise oder im Zusammenhang mit einer bereits beabsichtigten Scheidung geschlossenen Eheverträgen nicht dem Verdikt der Sittenwidrigkeit unterworfen werden, wenn ein nach der gesetzlichen Regelung stattfindender Versorgungsausgleich von beiden Eheleuten nicht gewünscht wird, soweit dies mit dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs vereinbar ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn beide Ehegatten während der Ehezeit vollschichtig und von der Ehe unbeeinflusst berufstätig waren und jeder seine eigene Altersversorgung aufgebaut oder aufgestockt hat, wobei aber der eine Ehegatte aus nicht ehebedingten Gründen mehr Versorgungsanrechte erworben hat als der andere. In dieser Situation müssten die Eheleute die Unzulässigkeit einer von ihnen gewünschten Ausschlussvereinbarung und eine ihrem frei gebildeten Vertragswillen widersprechende Zwangsteilhabe an den Anrechten des wirtschaftlich erfolgreicheren Ehegatten als staatliche Bevormundung empfinden. Vor diesem Hintergrund kann es nicht von vornherein missbilligt werden, wenn die Eheleute durch eine Vereinbarung den Versorgungsausgleich auf den Ausgleich ehebedingter Versorgungsnachteile des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten beschränken. Der Halbteilungsgrundsatz kann deshalb auch nicht als Maßstab für die Beurteilung herangezogen werden, ob die wirtschaftlich nachteiligen Folgen eines Ausschlusses des Versorgungsausgleichs für den belasteten Ehegatten durch die ihm versprochenen Gegenleistungen ausreichend abgemildert werden. Die von dem begünstigten Ehegatten vertraglich zugesagten Kompensationsleistungen müssen zwar zu einem angemessenen, aber nicht notwendig zu einem gleichwertigen Ausgleich für den Verzicht auf den Versorgungsausgleich führen. Im Rahmen richterlicher Wirksamkeitskontrolle könnten die Kompensationsleistungen allenfalls dann als unzureichend angesehen werden, wenn sie nicht annähernd geeignet sind, die aufgrund des geplanten Zuschnitts der Ehe sicher vorhersehbaren oder die bereits entstandenen ehebedingten Versorgungsnachteile des verzichtenden Ehegatten zu kompensieren. Kann - wie hier - nicht festgestellt werden, dass der mit ehebedingten Versorgungsnachteilen belastete Ehegatte auch ohne die Ehe ein vergleichbares Immobilienvermögen hätte bilden können, ist in der Überlassung einer Immobilie grundsätzlich eine geeignete Kompensation für den Verzicht auf den Versorgungsausgleich zu erblicken (vgl. schon BT-Drucks. 16/10144 S. 51), weil eine Immobilie für ihren Eigentümer - sei es durch den Vorteil mietfreien Wohnens, sei es durch Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung - über den Vermögenswert hinaus typischerweise die nachhaltige Erzielung von unterhaltssichernden Alterseinkünften gewährleistet.
Vereinbarungen zum VA sind grundsätzlich zulässig und vom Gesetzgeber auch erwünscht. Allerdings unterliegt jede Vereinbarung nach § 6 VersAusglG gem. § 8 Abs. 1 VersAusglG der allgemeinen Inhalts- und Ausübungskontrolle nach den §§ 134, 138 und 242 BGB. Bei der Inhaltskontrolle geht es um die Sittenwidrigkeit des Vertrags bei dessen Abschluss gem. § 138 Abs. 1 BGB. Bei der Ausübungskontrolle geht es um die Frage, ob es dem begünstigten Ehegatten gem. § 242 BGB versagt ist, sich auf die Vereinbarung zu berufen.
Der Fall OLG Koblenz, 19.06.2023, 7 UF 228/23:
Die Ehe dauerte von 1994 bis 2021. Schon vor der Hochzeit hatten die Eheleute den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich ausgeschlossen. Beide waren Vollzeit berufstätig und im gesetzlichen Rentenversicherungssystem, aber die gemeinsame Vorstellung war, dass der Ehemann den Betrieb seiner Eltern übernehmen und dann nicht mehr rentenversicherungspflichtig sein würde.
Dazu kam es aber nicht, außerdem erkrankte der Ehemann 2001 schwer und wurde 2009 verrentet.
Er beantragte, den Versorgungsausgleich durchzuführen.
Das Amtsgericht holte die üblichen Auskünfte bei den Versorgungsträgern ein und stellte fest, dass die Ehefrau bei gesetzlicher Betrachtung – ohne Ehevertrag - in Höhe eines Kapitals von rd. 20.000 EUR ausgleichspflichtig gewesen wäre.
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich sodann so durchgeführt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar von einer anfänglichen Gültigkeit des Ehevertrags auszugehen sei. Jedoch sei eine Änderung unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage geboten, da sich die seinerzeit von den Eheleuten zu Grunde gelegte Annahme, beide Seiten würden in der Lage sein, auskömmlich für ihr Alter vorzusorgen, tatsächlich nicht realisiert habe. Dieser Umstand wirke so stark, dass insgesamt von einem Wegfall der Regelung, dass der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden soll, ausgegangen werden müsse. Über die Frage, ob der Ehevertrag damit insgesamt seine Wirksamkeit verloren habe, brauche hingegen nicht entschieden zu werden.
In der Beschwerdeinstanz beim OLG Koblenz wurde der Beschluss aufgehoben und der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt.
Die Entscheidung ist aussagekräftig für die Frage, welche Prüfungskompetenzen die Familienrichter haben.
Aus den Gründen:
Unabhängig von der Frage, ob die Voraussetzungen für eine nachträgliche Anpassung des Ehevertrages nach §§ 8 VersAusglG i.V.m. §§ 242, 313 BGB gegeben sind, ist hier im Ergebnis der Versorgungsausgleich nicht durchzuführen. Denn Rechtsfolge der Ausübungskontrolle ist stets eine Vertragsanpassung, wobei die Folge der Anpassung nicht weiter gehen darf, als bis zum Ausgleich ehebedingter Nachteile. Der Begünstigte der Anpassung - hier also der Antragsgegner - darf nicht besser stehen, als er ohne die Ehe und die ehebedingte Rollenverteilung stünde (BGH NJW 2015, 52 Rn. 26; MüKoBGB/Münch, 9. Aufl. 2022, BGB § 1408 Rn. 50). Die richterliche Ausübungskontrolle hat sich daher im Ausgangspunkt daran zu orientieren, welche Versorgungsanrechte der sich durch den Ausschluss des Versorgungsausgleichs benachteiligt sehende Ehegatte ohne die Ehe und die ehebedingte Rollenverteilung durch eigene Berufstätigkeit hätte erwerben können (BGH a.a.O. m.w.N.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe scheidet daher im zu entscheidenden Fall eine Anpassung des Ehevertrags schon deshalb aus, weil ehebedingte Nachteile des Antragsgegners weder vorgetragen, noch sonst zu erkennen sind.
Dass der Antragsgegner erkrankt ist, ist schon deshalb nicht ehebedingt, weil die Erkrankung auch unabhängig von der Eheschließung eingetreten wäre. Die daraus folgende Beeinträchtigung seiner Altersversorgung ist nicht Folge der Ehe oder der ehebedingten Rollenverteilung. Auch ohne die Ehe hätte der Antragsgegner nach der Erkrankung keine umfangreichere Altersversorgung erwerben können. Eine vollständige Durchführung des Versorgungsausgleichs, wie vom Familiengericht vorgenommen, würde sogar zu einer Besserstellung des Antragsgegners gegenüber der hypothetischen Lage ohne Eheschließung führen. (…) Dies kann aber nicht Konsequenz einer Anpassung des Ehevertrags im Rahmen der familiengerichtlichen Ausübungskontrolle nach §§ 8 VersAusglG i.V.m. §§ 242, 313 BGB sein. (…)
Der Fall OLG Hamm, Beschluss vom 11.04.2013 - 4 UF 232/12:
1. Einseitig belastende Regelungen in Scheidungsfolgenvereinbarungen - wie hier Verzicht auf Versorgungsausgleich - unterfallen nur § 138 BGB, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass diese auf einer Störung der subjektiven Vertragsparität beruhen (Anschluss an BGHZ 178, 322).
2. Ein Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleiches kann sittenwidrig sein, wenn dieser zulasten der Grundsicherung geht. Bei rentenfernen Jahrgängen ist es problematisch, die erforderliche Prognose, dass ein Ehegatte nur aufgrund des Verzichts auf die Grundsicherung angewiesen sein wird, zu stellen.
Der Verzicht auf den VA steht oft im Zusammenhang mit Regelungen über den Zugewinn, z.B.: Sie bekommt seine Haushälfte als Abfindung, er behält seine Rente. Ob das in etwa gleichwertig ist, prüft man anhand der "korrespondierenden Kapitalwerte" (KoKa), die in den Rentenauskünften stehen.
Achtung: versicherungsmathematisch sind die gesetzliche Rente und andere Versorgungen nicht gleich und daher sind auch die KoKa "Äpfel und Birnen", aber eine geeignetere Rechenmethode für die Vergleichbarkeit existiert nicht.
Der Verzicht auf den VA macht eine Scheidung einfacher und schneller, wenn man dies vorher tut. Dann müssen nämlich die ganzen Auskünfte nicht eingeholt werden. Es dann noch zu tun, wenn alle Auskünfte vorliegen, hat für das Verfahren keinen Sinn. Dann steht der Scheidungstermin ohnehin kurz bevor. Das ist aber nur anzuraten, wenn beide sowieso ähnlich hohe Versorgungen haben, immer voll gearbeotet haben usw.
Ist das nicht der Fall, will man zuerst die Zahlen kennen, bevor diese in eine Einigung einfließen.
Hat der Scheidungsrichter die Renten rechtskräftig aufgeteilt, kann man dies nicht mehr durch eine Vereinbarung rückgängig machen.
Das kommt drauf an, oft aber gar für beide!
Typische Fallgruppen:
In einer Mediation über die Scheidungsfolgen ist der Versorgungsausgleich immer Thema. Es gibt dazu verschiedene Möglichkeiten:
Wenn man eine Vereinbarung zum VA schließen will, muss man eigentlich warten, bis im Scheidungsverfahren die Auskünfte vorliegen.
Jedoch kommt gelegentlich aus guten Gründen der Wunsch auf, sich noch vor Einleitung des Scheidungsverfahrens Gedanken über den Versorgungsausgleich zu machen. In manchen Konstellationen ist der gerichtlich durchgeführte VA ungünstig, z.B. wenn einer Beamter ist oder schon im Rentenbezug steht. Auch wenn die Eheleute auf den VA verzichten wollen, um im Gegenzug Kapital zu verteilen (z.B. eine Immobilie), müssen sie ihre Versorgungs-Zahlen kennen.
Das Gesetz regelt in erster Linie die Auskunftspflichten der Ehegatten untereinander. Das aber ist in der Praxis bei beabsichtigten Einigungen das kleinere Problem. Wenn die Ehegatten ihren VA selbst regeln wollen, dann wollen sie sich auch Auskünfte erteilen. Den „Ehezeitanteil“ seiner eigenen Altersversorgung kennt aber niemand. Dazu muss man fragen, nämlich den Träger der Versorgung (DRV, LBV, Personalabteilung des Betriebes, private Rentenversicherer etc.) Und die Sachbearbeiter dort verweigern oft die Auskunft, mit dem Hinweis darauf, nur auf gerichtliche Anfrage dazu verpflichtet zu sein. Das ist die Quadratur des Kreises: man will die gerichtliche Regelung vermeiden, wird aber auf ein gerichtliches Verfahren verwiesen. Das kann der Gesetzgeber so nicht gemeint haben mit seiner Lockerung der Möglichkeit, Vereinbarungen über den VA zu schließen.
Er hat den Fall sogar geregelt, was aber bei den Mitarbeitern der Versorgungsträger offenbar weitgehend unbekannt ist. § 4 VersAusglG regelt Inhalt und Umfang der Auskunftspflicht: „Sofern ein Ehegatte die erforderlichen Auskünfte von dem anderen Ehegatten, nicht erhalten kann, hat er einen entsprechenden Auskunftsanspruch gegen die betroffenen Versorgungsträger.“
Dieses Recht hatte bisher ein Ehegatte nach § 74 Nr. 2b SGB X nur für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Jetzt gibt es diese Auskunftsverpflichtung für alle Versorgungsträger.
Streiten kann man sich nun über die Auslegung, ob vor Einleitung eines Scheidungsverfahrens eine Auskunft nach § 4 VersAusglG verlangt werden kann, denn es heißt im Gesetz, „die für den Versorgungsausgleich erforderlichen Auskünfte“. Mit „Versorgungsausgleich“ im engeren Sinn kann nur das öffentlich-rechtliche Verfahren des Familiengerichts gemeint sein, nicht der Scheidungsfolgevertrag von Ehegatten. Das liegt auch daran, dass die Ehezeit erst mit der Einreichung des Scheidungsantrags endet und bis zur Einreichung völlig unklar ist, ob es jemals zu einem Versorgungsausgleich kommen wird.
Auf der anderen Seite haben die Eheleute ja ein berechtigtes Interesse daran, zur Vorbereitung einer einvernehmlichen Scheidung mit umfassender Scheidungsfolgenvereinbarung von dem anderen Ehegatten aktuelle Auskünfte zu seiner Versorgungslage zu erhalten. Insbesondere wenn beide Ehegatten dem Versorgungsträger mitteilen, dass die Auskunft benätigt wird, um eine privatrechtliche Abrede zu treffen, darf der Versorgungsträger sich m.E. nicht weigern (so auch Rotax in Lexikon des Versorgungsausgleiches, Rechtsportal Familienrecht).
In der Praxis weigern sich viele Versorgungsträger gleichwohl oder lassen mindestens sechs Monate auf die Auskunft warten.
Die pragmatische Lösung liegt dann darin, den Scheidungsantrag einzureichen und das Familiengericht die Auskünfte einholen zu lassen, um dann dennoch eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung zu treffen.
Alternativ kann notariell das Ende der Versorgungsausgleichs-Ehezeit bestimmt werden.
Wer 33 oder mehr Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat (oder unterdessen Kindererziehungszeiten angesammelt), erwirbt sog. Grundrentenpunkte für langjährig Versicherte. Das wurde 2021 eingeführt.
Im Rentenalter wird dann allerdings geprüft, ob die Grundrente überhaupt zur Auszahlung kommt: wer zu viel anderweitiges Einkommen hat, bekommt daraus nichts.
Zwischen verschiedenen OLGs war streitig, ob diese Grundrentenpunkte auch beim Versorgungsausgleich bei Scheidung zu verteilen sind. Insbesondere kann der Fall eintreten, dass man dem einen Ehegatten die Hälfte seiner Grundrentenpunkte wegnimmt, die er dringend für seinen Lebensunterhalt benötigt hätte - die beim anderen Ehegatten aber nie zu einer Auszahlung führen, weil der ein so hohes Einkommen hat, dass er nach § 97a SGB VI nie grundrentenberechtigt wird.
Das OLG Frankfurt a.M. vertrat sogar die Auffassung, dass die Grundrentenpunkte insgesamt ein so ungewisses Anrecht bilden, dass sie unabhängig von dieser Überlegung ausgleichsreif sind.
Der BGH hat das rasch geklärt und am 1.3.2023 zwei Entscheidungen - XII ZB 444/22 und XII ZB 360/22 - verkündet.
Im ersten Fall ging es um die Abänderung eines sog. Altfalles. Die Ehe war längst geschieden, der Versorgungsausgleich rechtskräftig berechnet, als der Gesetzgeber die Grundrente für langjährig Versicherte neu einführte. Das reichte für die Zulässigkeit eines Abänderungsverfahrens, brachte aber im Ergebnis nichts, denn die Änderung war zu geringfügig, um den Versorgungsausgleich neu zu berechnen.
Im zweiten Fall waren beide Eheleute noch nicht Rentner, so dass ungewiss war, ob die Grundrenten-Engeltpunkte auf der einen oder anderen Seite je in Euro ausgezahlt werden würden. Das OLG hatte dennoch eine hypothetische Berechnung angestellt mit dem Ergebnis, dass der Mann, der die Hälfte der Grundrente der Frau bekommen sollte, zu hohes Einkommen im Alter haben würde. Dagegen hatte die gesetzliche Rentenversicherung Rechtsmittel eingelegt.
Der BGH verwarf die hypothetische Berechnung des OLG. Bis der Mann im Rentenalter sei, könne sich noch zu viel ändern, deshalb könne man das im Vorfeld gar nicht prüfen.
Hinweis: Noch nicht entschieden ist, ob eine solche Prognose anzustellen ist, wenn die Eheleute sich bereits im Rentenbezug befinden.
Die Frage, ob dem Rentenversicherungsträger im Zusammenhang mit der Teilung von Grundrenten-Entgeltpunkten ein nennenswerter zusätzlicher Verwaltungsaufwand entsteht, wenn nur einer der beiden Ehegatte diese Art von Anrechten erworben hat, oder ob in Ermangelung eines erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwands dem Halbteilungsgebot im Regelfall der Vorrang gebührt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, der BGH hat diese Frage, die eine Vielzahl von Fällen betrifft, bisher offen gelassen (BGH, Beschluss vom 10.1.2024 - XII ZB 389/22 - juris Rn. 28).
Im Fall des OLG Stuttgart - Beschluss vom 27.06.2024 (16 UF 82/24) – hatte die Ehefrau neben dem „normalen“ Anrecht in der allgemeinen Rentenversicherung einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (sog. Grundrenten-Entgeltpunkte) erlangt. Der Grundrenten-Anteil war geringfügig i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG, also unter 4.074 EUR (Stand 2023).
Nach § 18 Abs. 2 VersAusglG soll das Familiengericht einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen, wobei die Vorschrift dem Gericht einen Ermessensspielraum eröffnet. Im Rahmen der Ermessensausübung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit § 18 VersAusglG vornehmlich das Ziel verfolgt, einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für die Versorgungsträger zu vermeiden. Aus diesem Grunde sind in erster Linie die Belange der Verwaltungseffizienz auf Seiten der Versorgungsträger gegen das Interesse des ausgleichsberechtigten Ehegatten an der Erlangung auch geringfügiger Anrechte abzuwägen. Daneben soll § 18 Abs. 2 VersAusglG auch die Entstehung sog. Splitterversorgungen vermeiden, in denen der geringe Vorteil für den ausgleichsberechtigten Ehegatten in keinem Verhältnis zu dem ausgleichsbedingten Verwaltungsaufwand steht. Dabei bleibt aber der Halbteilungsgrundsatz der Maßstab des Versorgungsausgleichsrechts. Der Ausschluss eines Ausgleichs von Bagatellanrechten zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung findet seine Grenze daher in einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des Halbteilungsgrundsatzes. Eine solche Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn ein Anrecht mit geringem Ausgleichswert unter Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht ausgeglichen wird, obwohl sich der Verwaltungsaufwand nicht als unverhältnismäßig darstellt oder sonstige mit dieser Vorschrift verfolgte Zwecke nicht oder nur in Ansätzen erreicht werden. Neben dem Halbteilungsgrundsatz sind bei der Ermessensentscheidung nach den Vorgaben des Gesetzgebers aber auch die konkreten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute einschließlich ihrer Versorgungssituation zu berücksichtigen, so dass es im Rahmen der Abwägung unter anderem für einen Ausgleich sprechen kann, dass der Ausgleichsberechtigte dringend auch auf Bagatellbeträge angewiesen ist. Auch das Votum der beteiligten Eheleute und des Versorgungsträgers können bei der zu treffenden Ermessensentscheidung von Bedeutung sein.
Soweit es die Belange der Verwaltungseffizienz betrifft, ist im Grundsatz davon auszugehen, dass die Durchführung der Teilung gesetzlicher Rentenanrechte durch Verrechnung der Anrechte und Umbuchung der Ausgleichswertdifferenz auf bestehenden gesetzlichen Versicherungskonten beider Ehegatten bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig keinen besonders hohen Verwaltungsaufwand verursacht und aus diesem Grund - von den extremen Ausnahmefällen wirtschaftlich völlig bedeutungsloser Anrechte abgesehen - dem Halbteilungsgebot im Regelfall der Vorrang gebührt.
Es ist allerdings in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten, ob dieser Grundsatz auch im Zusammenhang mit der Teilung von Grundrenten-Entgeltpunkten Geltung beanspruchen kann, wenn - wie hier - nur einer der beiden Ehegatten diese Art von Anrechten erworben hat (zum Streitstand BGH, Beschluss vom 10.1.2024 - XII ZB 389/22 ). Teilweise wird dazu die Auffassung vertreten, dass für den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Teilung von Grundrenten-Entgeltpunkten im Hinblick auf das Erfordernis der jährlichen Einkommensfeststellung nach § 97 a SGB VI bei dem ausgleichsberechtigten Ehegatten ein nennenswerter zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehe, der ein Absehen vom Bagatellausgleich nach § 18 Abs. 2 VersAusglG rechtfertigen könne (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 6.2.2024 - 1 UF 188/23 - juris Rn. 24 ff.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 6.5.2022 - 11 UF 283/22 - juris Rn. 13; OLG Oldenburg, Beschluss vom 9.1.2023 - 11 UF 204/22 - juris Rn. 31; OLG Braunschweig, Beschluss vom 26.5.2023 - 1 UF 38/23 - juris Rn. 17; Breuers in jurisPK- BGB , 10. Aufl., § 18 Rn. 118; Borth, FamRZ 2022, 1341 , 1344).
Demgegenüber wird von einer anderen Ansicht ein für die Abwägung im Rahmen der Ermessensausübung relevanter Verwaltungsmehraufwand der Rentenversicherungsträger unter Hinweis auf die weitgehende Automatisierung der Einkommensfeststellung nach § 97 a SGB VI mittels eines Datenaustausches mit der Finanzbehörde (§ 151 b SGB VI ) verneint (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 31.8.2022 - 7 UF 161/22 - juris Rn. 20; Siede, FamRB 2022, 431, 433; vgl. auch Schüßler in BeckOGK- BGB , Stand: 1.3.2024, § 18 VersAusglG Rn. 93).
Der Senat des OLG Stuttgart schließt sich der zuerst genannten Auffassung an.
Gem. § 97a Abs. 1 SGB VI wird auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung Einkommen des Berechtigten und seines Ehegatten angerechnet. Angerechnet werden gem. § 97a Abs. 2 SGB VI das zu versteuernde Einkommen, der steuerfreie Anteil von Renten und Versorgungsbezügen und Einkünfte aus Kapitalvermögen, soweit sie nicht bereits dem zu versteuernden Einkommen zuzuordnen sind.
Gem. § 97a Abs. 6 SGB VI ist zum Vollzug der Einkommensanrechnung eine jährliche Einkommensfeststellung erforderlich. Mit dieser Einkommensfeststellung ist für den Rentenversicherungsträger ein nicht unerheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand verbunden. Zwar können die Daten gem. § 97a Abs. 6 S. 1 SGB VI automatisiert von der Finanzverwaltung abgerufen werden, § 151b SGB VI . Jedoch bedarf es nicht nur des jährlichen Abrufs der Daten, sondern auch der anschließenden Berechnung, ob und ggf. in welcher Höhe es zu einer Anrechnung im Sinne des § 97a Abs. 2 SGB VI kommt. Sollte es nach dieser Prüfung zu einem Leistungsbezug kommen, bedarf es noch der weiteren Klärung zu Einkommen nach § 97a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB VI (OLG Frankfurt, Beschluss vom 6.2.2024 - 1 UF 188/23 - juris Rn. 26; OLG Oldenburg, Beschluss vom 9.1.2023 - 11 UF 204/22 - juris Rn. 31). Zudem kann der an sich vorgesehene automatisierte Datenabgleich ins Leere gehen, wenn trotz der Steuererklärungspflicht keine Steuererklärung abgegeben wurde, oder wenn der Berechtigte nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. In diesen Fällen hat eine Prüfung nach § 97a Abs. 2 S. 4 SGB VI zu erfolgen, die erheblich sein kann (OLG Frankfurt, Beschluss vom 6.2.2024 - 1 UF 188/23 - juris Rn. 26; Strube, NZFam 2023, 584, 588).
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen sieht der Senat in Ausübung des ihm zustehenden Ermessens wegen Geringfügigkeit von einem Ausgleich des Anrechts ab. Angesichts eines Ausgleichswerts von nur 0,3218 Entgeltpunkten, also einer Monatsrente von derzeit knapp über 12 €, sind die Belange der Verwaltungseffizienz vorliegend als überwiegend anzusehen, zumal der Antragsteller angesichts seiner wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich seiner Versorgungssituation nicht dringend auf den Ausgleich dieses Bagatellanrechts angewiesen ist.
Die Rechtsbeschwerde wurde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Beim Versorgungsausgleich im Scheidungsverfahren verteilt der Familienrichter die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften. Das kann man ausschließen oder modifizieren, allerdings nur beim Notar.
Im vom OLG Brandenburg entschiedenen Fall hatten die Eheleute 1995 geheiratet, 2019 ihr Scheidungsverfahren beantragt und 2020 beim Notar beurkundet, dass sie die Anwartschaften, die nach 2011 entstanden waren, nicht ausgleichen wollten.
Eine solche Vereinbarung stellt die Gerichte vor Rechenaufgaben. Denn es ist nicht so simpel, dass nur die Auskünfte 1995-2011 eingeholt werden und Basis des Ausgleiches sind. So hatte es das AG Bad Liebenwerda falsch gemacht.
Richtig ist:
Es war der Wert aller in der Ehezeit erworbenen Anrechte (1995 bis 2019) zu ermitteln; sodann ist die Wertsteigerung abzuziehen, die in der Zeit vom 2011 bis 2019 erworben wurde.
Der Unterschied beider Methoden war hier gravierend, weil der Ehemann Entgeltpunkte für langjährige Versicherung (= Grundrentenentgeltpunkte) erworben hatte und nur dadurch auch diese ausgeglichen werden. Diese Grundrentenpunkte waren zwar eigentlich eine Bagatelle, aber das OLG glich sie dennoch aus, denn es sei denkbar, dass die Ehefrau im Alter genau auf diese Grundrentenpunkte angewiesen sei.
Hinweis: Am 1. Januar 2021 ist das Gesetz zur Grundrente in Kraft getreten. Die Grundrente ist ein individueller Zuschlag zur Rente. Anspruch auf den Grundrentenzuschlag können Rentnerinnen und Rentner haben, die lange gearbeitet und dabei unterdurchschnittlich verdient haben.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 05.10.2022 - Aktenzeichen 9 UF 28/21
Ja, insbesondere für Beamte und bei Betriebsrenten.
Die Abfindung kann nämlich steuerlich interessant sein! Solche Zahlungen sind als Werbungskosten steuerlich abziehbar - allerdings nur, wenn die späteren Versorgungsbezüge steuerpflichtig wären. Dies gilt also nur bei Betriebsrenten und für Beamte. Ließe man eine solche Abfindung unberücksichtigt, würden sie tatsächlich doppelt besteuert, weil sie aus bereits versteuertem Einkommen stammt und die Alterseinkünfte später ebenfalls einer vollen Besteuerung unterliegen. Werden die Ausgleichszahlungen fremdfinanziert, kann der Zahlungsverpflichtete die dadurch entstandenen Schuldzinsen ebenfalls als Werbungskosten absetzen.
Beim Versorgungsausgleich ( = Aufteilung der Renten bei Scheidung) kann man einfach denken "Augen zu und durch - der Richter wird es schon richtig halbieren." Man darf aber auch mit anwaltlicher Hilfe und/oder Notarvertrag kreativ sein, zum Vorteil beider (!) Ehegatten.
Zum Beispiel kann man den Kapitalwert des Versorgungsausgleiches (VA) durch eine Abfindung ausgleichen und dies dann auch noch von der Steuer absetzen.
Das Finanzgericht Münster hat 2015 entschieden, dass solche Ausgleichszahlungen als Werbungskosten abzugsfähig sein können. Im entschiedenen Fall hatten die Ehegatten die betriebliche Altersversorgung des Ehemannes aus dem VA ausgeklammert und durch Zahlung an die Frau ersetzt.
Der Mann beantragte beim Finanzamt die Berücksichtigung des Betrages als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass es sich um einen privaten Vorgang gehandelt habe.
Der 7. Senat des Finanzgerichts Münster gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Wenn die Ausgleichszahlung der Erhaltung der eigenen (ungekürzten) Versorgungsansprüche diene, seien es Werbungskosten.
Finanzgericht Münster v. 11.11.2015 - 7 K 453/15 E
Vorher gab es diesen Fall beim BFH 2011:
Die Eheleute hatten in einer notariellen Scheidungsfolgevereinbarung den gesetzlichen Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Als Kompensation dafür bekam die Ehefrau vom Ehemann knapp 36.000 €, und zwar als Hälfte aus einer fälligen Lebensversicherung, die der Mann schon bei Eingehung der Ehe und damaligem Verzicht auf den Versorgungsausgleich abgeschlossen hatte. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Mann den an seine Ex-Frau gezahlten Betrag als vorab entstandene Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend, weil diese Aufwendungen der Erhaltung ungeschmälerter künftiger Versorgungsbezüge gedient hätten. Das Finanzamt akzeptierte das nicht.
Die Entscheidung des BFH:
Die Sache wurde an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen, aber mit dem Hinweis, dass der Kläger im Prinzip Recht haben könnte:
Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Ehegatte auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 1587o BGB an den anderen Ehegatten leistet, um Kürzungen seiner Versorgungsbezüge (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) zu vermeiden, sind ebenso wie Auffüllungszahlungen nach § 58 des Beamtenversorgungsgesetzes als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen. Nichts Anderes gilt für Ausgleichszahlungen, die auf Grundlage einer Vereinbarung nach § 1408 Abs. 2 BGB als Gegenleistung für einen Verzicht auf den Versorgungsausgleich an den früheren Ehegatten gezahlt werden. Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG den Werbungskostenabzug des streitigen Betrags zu Unrecht allein mit der Begründung versagt, der Kläger wäre auch bei Fortbestehen der Ehe zur hälftigen Teilung der Versicherungssumme verpflichtet gewesen. Das FG hat dabei unbeachtet gelassen, dass die Übereinkunft im Ehevertrag vom 22. September 1980 – bestätigt durch den Scheidungsfolge-Vertrag vom 4. Dezember 1991 – eine Vereinbarung gemäß § 1408 Abs. 2 BGB darstellt.
Eine auf Grund einer solchen Vereinbarung geleistete Zahlung kann, wie dargestellt, zum Werbungskostenabzug berechtigen, wenn sie Ausgleichscharakter hat. Deshalb kommt es im Streitfall entscheidend darauf an, ob die auf der Grundlage der genannten Vereinbarungen zur Hälfte überlassene Versicherungssumme als Gegenleistung für den Verzicht auf den Versorgungsausgleich an die frühere Ehegattin gezahlt wurde. Zwar ist ein solcher Veranlassungszusammenhang nach Wortlaut und Systematik des Ehevertrags nicht offenkundig, allerdings auch nicht ausgeschlossen.
Das FG wird daher im zweiten Rechtsgang Feststellungen zu treffen haben, welche Absichten der Kläger und seine frühere Ehegattin mit dem Verzicht auf den Versorgungsausgleich und der Abrede über die Teilung der Versicherungssumme verbunden haben. Zu prüfen ist, ob die Abrede ganz oder teilweise auf den ausgeschlossenen Versorgungsausgleich zielt oder ob sie daneben bzw. ausschließlich im Zusammenhang mit der vereinbarten Gütertrennung und dem damit verbundenen Ausschluss des Zugewinns zu sehen ist. Im letzteren Fall kommt insoweit der beantragte Werbungskostenabzug nach Auffassung des Senats nicht in Betracht.
BUNDESFINANZHOF Urteil vom 24.3.2011, VI R 59/10
Hinweis:
Im Hinblick auf die steuerlichen Folgen ist die Formulierung im Ehevertrag entscheidend.
Lassen Sie sich also unbedingt beraten!
Als nächste Frage stellt sich nun, ob die Ehefrau diese Summe als Einnahme versteuern muss.
Der Fall dazu:
Auch dieses Ehepaar hatte notariell auf den Versorgungsausgleich verzichtet und sich scheiden lassen. Zur Kompensation war vereinbart, dass der Ex-Mann an seine Ex-Frau einen Bausparvertrag mit einem Wert von ca. 30.000 € überträgt und einen Geldbetrag in Höhe von 5.000 € zahlt. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren musste er an seine frühere Ehefrau zudem weitere Zahlungen in Höhe von insgesamt 95.000 € erbringen.
Das Finanzamt nahm bei der früheren Ehefrau sogenannte "wiederkehrende Bezüge" an, die steuerpflichtig sind. Dagegen wehrte sich die Frau.
Die Richter des Hessischen Finanzgerichts gaben ihr Recht und erklärten, die Ausgleichszahlungen seien keiner Einkunftsart zuzuordnen, sondern es handle sich um Ersatzleistungen für Verluste oder Wertminderungen im nicht steuerverhafteten Privatvermögen. Solche Ersatzleistungen könnten nicht der Einkommensteuer unterliegen.
Hessisches FG vom 8.7.2014, 11 K 1432/11
Wenn ein großer Altersunterschied besteht und wenn einer schon Rente bezieht (oder bald nach Scheidung beziehen wird), sollten Sie sich unbedingt beraten lassen, ob der gesetzliche VA von Ihnen wirklich gewünscht wird!
Dann müssen Sie unbedingt alle Varianten durchspielen lassen - vor allem unter Unterhaltsgesichtspunkten.
Das Rentnerprivileg gab es bis September 2009. Wer bis dahin als Geschiedener Rentner oder Pensionär wurde und eine VA-gekürzte Rente / Pension bekommen sollte, konnte einen Antrag auf Aussetzung der Kürzung stellen, so lange der Ehegatte noch keine Rente bezog. Das ist unverrückbar abgeschafft!
Klitzekleines Schlupfloch: Zahlt der Rentner Unterhalt, kann er beim Familiengericht beantragen, die Rentenkürzung so zu reduzieren, dass er den Unterhalt zahlen kann.
Das gehört jedoch in ein separates Gerichtsverfahren, nicht in den Scheidungsverbund.
OLG Celle, 10 UF 66/13, Beschluss vom 16.5.2013
In den Scheidungsverbund bekommt man die Aussetzung der Rentenkürzung nur, wenn vorher der Nachscheidungsunterhalt tituliert wurde, z.B. durch Vergleich im Termin: OLG Stuttgart - Beschluss vom 15.10.2020 - 11 UF 125/20
Der Fall:
Der Ehemann ist Rentner und bekommt u.a. Versorgung aus einer Pensionskasse und einer rückgedeckten Unterstützungskasse. Da das Rentnerprivileg 2009 durch Gesetzesänderung abgeschafft worden ist, wird seine Rente ab Rechtskraft des Versorgungsausgleichs gekürzt. Rechnerisches Problem: Auf welcher Grundlage geschieht dies, wenn durch die Rentenzahlungen nach dem Ehezeitende bis zur Rechtskraft der Entscheidung ein „Kapitalverzehr“ eingesetzt hat? Der Zeitraum kann ja durchaus viele Monate, um nicht zu sagen auch Jahre, lang sein (es geht um die Zeit von Einreichung des Scheidungsantrages bis zur Rechtskraft des Versorgungsausgleiches in letzter Instanz).
Das Familiengericht und das OLG haben die betrieblichen Altersversorgungen des Ehemannes jeweils intern durch die Übertragung monatlicher Anrechte geteilt. Die entsprechenden Ausgleichswerte beruhen auf Auskünften, die erhöhend die nachehezeitliche vertragliche Verzinsung von 4 % und die nachehezeitliche Überschussbeteiligung sowie mindernd die zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung bereits erbrachten Renten berücksichtigen.
Der BGH:
Der BGH bestätigt dies dahingehend, dass die Überschussanteile, bestehend aus Schlussüberschüssen und Bewertungsreserven, in den Wertausgleich einzubeziehen sind. Denn soweit das Anrecht auf Teilhabe an den Überschussanteilen während der Ehezeit erworben wurde, gebührt es nach dem Halbteilungsgrundsatz beiden Ehegatten gemeinsam. Ob die erst nach dem Ende der Ehezeit mit dem Eintritt in die Leistungsphase ausgewiesene Überschussbeteiligung ebenfalls zu berücksichtigen ist, lässt der BGH dahinstehen.
Im Gegenzug ist der laufende nachehezeitliche Rentenbezug aus dem Anrecht bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen, wenn damit – wie es bei kapitalgedeckten Versorgungen der Fall ist – ein Barwertverzehr einhergeht.
Denn nur die zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung noch vorhandenen, dem Versorgungsausgleich unterfallenden Anrechte können in diesen einbezogen werden (BGH, Beschl. v. 01.04.2015 – XII ZB 701/13 und Beschl. v. 18.04.2012 – XII ZB 325/11).
Anderenfalls käme es zu einer übermäßigen Inanspruchnahme des Versorgungsträgers, weil dieser bereits aus dem noch zu übertragenden Ehezeitanteil laufende Leistungen an den Ausgleichspflichtigen erbringen musste, die sich nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs als überproportional zu dem bei ihm nur anteilig verbleibenden Anrecht darstellen würden.
Deswegen ist die zwischen dem Ehezeitende und der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich eingetretene oder noch zu erwartende Barwertminderung des zu teilenden Anrechts i.d.R. im Wege eines gleichmäßigen Abzugs auf beide Ehegatten zu verteilen, indem der Ausgleichswert zeitnah zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich oder vorausschauend auf den Zeitpunkt der mutmaßlichen Rechtskraft ermittelt wird. Kann der Halbteilungsgrundsatz durch den Ausgleich des noch vorhandenen Barwerts nicht vollständig erfüllt werden, können Anrechte des ausgleichsberechtigten Ehegatten gem. § 27 VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgenommen werden.
Der Wertverzehr ist also zu berücksichtigen und möglichst zeitnah zur gerichtlichen Entscheidung durch Rückfrage beim Versorgungsträger zu ermitteln. Auf dieser Grundlage wird (intern/extern) geteilt.
Das kann dem Halbteilungsgrundsatz gerecht werden, wenn sich die vom Ausgleichspflichtigen aus dem noch ungeteilten Anrecht bezogenen Leistungen im Rahmen einer Unterhaltsberechnung ausgewirkt haben. Anderenfalls sind die gesetzlich eröffneten Korrekturmöglichkeiten zu prüfen. Insbesondere kann der Halbteilungsgedanke dann dadurch verwirklicht werden, dass Anrechte des ausgleichsberechtigten Ehegatten, die in umgekehrter Richtung auszugleichen wären, ganz oder teilweise gem. § 27 VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgenommen werden.
Diese mit einem Rentenbezug verbundenen Probleme stellen sich aber nur bei Versorgungen, die kapitalwertbezogen sind – nicht z.B. bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung hat der Rentner also weiterhin wirtschaftliche Vorteile davon, wenn der Scheidungsantrag zwar möglichst früh eingereicht wird, aber sich das Versorgungsausgleichsverfahren lange hinzieht. Bis dahin bekommt er ja die Rente ungekürzt.
Die damit verbundenen Mehrkosten trägt de facto die Versichertengemeinschaft.
BGH, Beschluss vom 17.02.2016 – XII ZB 447/13
Wenn bei einer Scheidung beide Eheleute erwerbsunfähig sind und einer Leistungen aus einer privaten Invaliditätsvorsorge (BU-Versicherung oder Unfallversicherung) bezieht, dann
Spielen diese Zahlungen eine Doppelrolle: zum einen sind es Lohnersatz-Einkünfte, die in der Unterhaltsberechnung auftauchen, zum anderen sind solche privaten Renten beim Versorgungsausgleich zu teilen.
Hier ist zu beachten, dass der andere Ehegatte nicht doppelt seinen Anteil an der BU-Rente bekommt.
Besonders kompliziert wurde es in einem Fall, in dem die Eheleute sich über den Unterhalt schon vergleichsweise geeinigt hatten und der Familienrichter danach den Versorgungsausgleich durchführen sollte. Der Unterhaltsvergleich ließ nämlich nicht erkennen, welche Rolle die BU-Rente dabei rechnerisch gespielt hatte. Es waren nämlich neben dem Unterhalt auch noch Haus und Zugewinn in ein Gesamtpaket gepackt und verrechnet worden. Im Nachhinein hatten die Eheleute völlig widersprüchliche Vorstellungen dazu, was die Basis ihrer Einigung gewesen war.
Der Amtsrichter teilte im VA die BU-Rente hälftig.
Der BGH gab die Sache zurück, um Billigkeitsvorschriften beim Versorgungsausgleich zu prüfen.
Gemäß § 27 VersAusglG findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre, was nur der Fall ist, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Dies kommt nach der Rechtsprechung des Senats insbesondere dann in Betracht, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte an dem im Versorgungsausgleich auszugleichenden Anrecht bereits auf andere Weise partizipiert hat.
Das konnte der BGH nach Aktenlage aber nicht selbst aufklären.
Hinweis: Es gibt gute Gründe dafür, zu jeder Vereinbarung auch zu dokumentieren, was die Grundlagen waren.
BGH 10.08.2022 XII ZB 83/20
Der Gegenstandswert des Versorgungsausgleiches im Scheidungsverbund hängt von 2 Parametern ab:
1) Verfahrenswert der Scheidung
2) Anzahl der Anrechte.
Es gibt auch keine Kappung, wie der Fall des AG Siegburg zeigt, in dem 26 Anrechte auszugleichen waren. Folglich hat das AG den Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich auf 260% des in 3 Monaten erzielten Nettoeinkommens, hier 36.660 €, festgesetzt.
Eine Obergrenze enthalte § 50 Abs. 1 FamGKG nicht.
Eine Reduzierung nach § 50 Abs. 3 FamGKG - nach billigem Ermessen - komme nicht in Betracht, da insbesondere auch die Arbeit der Beteiligten bei der Menge der Anrechte, namentlich auch die zeitliche Belastung der Geschäftsstelle bei der Erfassung der Anrechte im System und die Arbeit des erkennenden Gerichts bei der Bearbeitung der Sache, sich entsprechend im Verfahrenswert und der daraus zu erhebenden Gerichtsgebühren widerspiegeln muss.
AG Siegburg v. 18.08.2017 - 317 F 110/15
Manchmal vergehen Jahre zwischen dem Einreichen des Scheidungsantrages und der Entscheidung über den Versorgungsausgleich – besonders, wenn das VA-Verfahren abgetrennt oder ausgesetzt wird.
Der BGH musste daher darüber entscheiden, wem die Zinsen aus dem Anwartschaftskapital in einem solchen Fall zustehen.
Der Fall:
Die Ehezeit endete bereits 2004. Das Versorgungsausgleichsverfahren war ausgesetzt und erst im Herbst 2009 wieder aufgenommen worden (wegen der Rechtsänderung).
Die betriebliche Altersversorgung des Ehemannes hatte einen Kapitalwert von 68.413,48 € und war extern auszugleichen.
Das OLG Celle hat zugunsten der Ehefrau ein Versorgungsanrecht in Höhe von 34.206,74 € bei der Versorgungsausgleichskasse VVaG begründet. Zudem hat es den Träger der betrieblichen Altersversorgung verpflichtet, diesen Betrag nebst 5,25 % Zinsen seit dem 1. April 2004 bis zur Rechtskraft der Entscheidung an die Versorgungsausgleichskasse VVaG zu zahlen. Dies sei zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes angemessen.
Der BGH hat dies mit Beschluss vom 07.09.2011 bestätigt: XII ZB 546/10.
Wenn Eheleute Gütertrennung vereinbaren, dann möchten sie bei Scheidung ihr Vermögen nicht teilen. Konfliktstoff gibt es aber, wenn es private Rentenversicherungen gibt, die nicht dem Zugewinnausgleich, sondern dem Versorgungsausgleich unterfallen. Diese Feinheiten werden vielen Eheleuten erst klar, wenn sie im Rahmen des Scheidungsverfahrens anwaltlich beraten werden.
So war es im Fall Iserlohner Eheleute. Der Mann hatte 34.000 € in einer solchen Versicherung. Nach Zustellung des Scheidungsantrages übte er aber das Kapitalwahlrecht aus. Diesen taktischen Kniff verfolgte er mit dem Ziel, dadurch dieses Kapital nicht beim Versorgungsausgleich teilen zu müssen. Das klappte auch so, denn der BGH hatte 2012 entschieden, dass private Rentenversicherungen dann nicht mehr dem Versorgungsausgleich unterliegen, wenn das Kapitalwahlrecht ausgeübt wurde – auch wenn das erst im Lauf des Scheidungsverfahrens so erfolgt.
Die Frau argumentierte nun aber, dass die Ausübung des Kapitalwahlrechts „treuwidrig“ gewesen sei. Damit war die Billigkeitsvorschrift des § 27 VersAusglG zu prüfen.
Das OLG Hamm nahm dieses „Gerechtigkeitskorrektiv“ zur Hand. In Fällen der Entziehung eines Versorgungsanrechts verbiete die Wiederherstellung einer gestörten Teilhabegerechtigkeit eine schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt das treuwidrige Verhalten des auf sein Versorgungsanrecht einwirkenden Ehegatten deshalb nicht darin, dass er sein Anrecht dem Versorgungsausgleich entzogen hat, sondern darin, dass er gleichwohl in unverminderter Höhe an den Anrechten des anderen Ehegatten teilhaben will.
An das Kapital aus der privaten Rentenversicherung kam man nicht mehr dran. Aber es erschien unbillig, dass der Mann aus der gesetzlichen Rente der Frau etwas bekommen sollte. Leider steckte dort nur ein Kapital von 19.000 €, das der Mann nicht übertragen bekam – unterm Strich hat ihm sein Handeln also doch einen erheblichen Vorteil verschafft.
Hinweis: Für diese Billigkeitskorrektur ist es nicht relevant, dass der Ausgleichsberechtigte nicht ausreichend abgesichert ist oder dass der Pflichtige besonders stark auf das Behalten seiner Anrechte angewiesen ist. Es geht darum, die gleichberechtigte Teilhabe der Ehegatten an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen zu ermöglichen.
OLG Hamm, Beschluss vom 28.04.2022 - Aktenzeichen 5 UF 210/21
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Zuerst vereinbarten die Eheleute notarvertraglich Gütertrennung, dann trennten sie sich. Kurz bevor der Ehemann die Scheidung einreichte, ließ er zwei private Rentenverträge auszahlen, nachdem er vom Kapitalwahlrecht Gebrauch gemacht hatte.
Das Familiengericht prüfte daher, ob er die Rentenverträge dem Versorgungsausgleich entzogen habe und dadurch die Verteilungsgerechtigkeit gestört habe.
Entzieht ein Ehegatte ein von ihm zum Zweck der Alterssicherung erworbenes Anrecht durch Ausübung des Kapitalwahlrechts dem Versorgungsausgleich und wird dieser Entzug nicht dadurch kompensiert, dass der andere Ehegatte über ein anderes Ausgleichssystem an dem Vermögenswert teilhaben kann, verschiebt sich die Verteilungsgerechtigkeit unter den Ehegatten und entfällt in demselben Umfang die Grundlage dafür, in umgekehrter Richtung an Anrechten des anderen Ehegatten teilzuhaben.
Das dem Versorgungsausgleich entzogene Versorgungsanrecht kann auch noch nach seiner Kapitalisierung - entsprechend seiner ursprünglichen Bestimmung - weiterhin für die Altersvorsorge eingesetzt werden. Nähme der Ehegatte, der in einer solchen Konstellation den Wert seines Versorgungsanrechts jedem Ausgleich entzieht, zusätzlich noch durch schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs ungeschmälert an den Versorgungsanrechten des anderen Ehegatten teil, würde der wirtschaftliche Zweck einer gleichberechtigten Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen nicht nur verfehlt, sondern in sein Gegenteil verkehrt. Unbillig und treuwidrig ist es in dem Fall nicht, das eigene Anrecht dem Versorgungsausgleich entzogen zu haben, jedoch die damit verbundene Erwartung, gleichwohl in unverminderter Höhe an den Anrechten des anderen Ehegatten teilzuhaben (BGH vom 21.09.2016 - XII ZB 264/13, juris Rn. 23; BGH vom 01.04.2015 - XII ZB 701/13, juris Rn. 23; OLG Frankfurt vom 10.05.2023 - 4 UF 155/22, juris Rn. 45).
Der Mann argumentierte, die Rentenverträge seien nicht Teil seiner Altersvorsorge gewesen, sondern Teil der Finanzierung seiner Augenarztpraxis. Dafür sprach, dass er die Verträge an die finanzierende Bank abgetreten hatte.
Außerdem hielt er der Bewertung als Altersvorsorge entgegen, dass die Fälligkeit der ersten Rentenzahlung bereits im Alter von 50 begonnen hätte, wenn der Mann nicht die Kapitalauszahlung gewählt hätte.
Dennoch urteilte das OLG, dass die beiden Rentenversicherungsverträge bei objektiver Betrachtungsweise der Absicherung im Alter gedient habe. Hierfür spreche die Art des Vertrages sowie die lebenslange Zahlweise der Rente.
Dass der Mann tatsächlich aktuell noch berufstätig war, stand der Annahme, dass die Anwartschaft der Absicherung im Alter dienen sollte, nicht entgegen. Denn es liege nahe, dass er bei Abschluss der Verträge für möglich hielt, bereits mit 50 nicht mehr arbeiten zu wollen. Erwähnenswert war dem OLG auch der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Ausübung des Kapitalwahlrechtes und der Einleitung des Scheidungsverfahrens.
Unter diesen Umständen entfiel im Umfang der durch Ausübung des Kapitalwahlrechts dem Versorgungsausgleich entzogenen Anrechte des Antragstellers die Grundlage für seine Teilhabe an den Anrechten der Antragsgegnerin.
Die Billigkeitsprüfung nach § 27 VersAusglG hat sich an der gesetzgeberischen Zielsetzung des Versorgungsausgleichs zu orientieren, die gleichberechtigte Teilhabe der Eheleute an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen zu verwirklichen. Eine schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs würde dem Halbteilungsgrundsatz vorliegend nicht gerecht und verstieße somit gegen ein tragendes Prinzip des Versorgungsausgleichs.
Dass das Einwirken auf das Versorgungsanrecht selbst als treuwidrig oder illoyal zu bewerten ist, ist für die Feststellung einer groben Unbilligkeit nicht erforderlich. Der Bundesgerichtshof sieht ein treuwidriges Verhalten des einwirkenden Ehegatten nicht in der Ausübung des Kapitalwahlrechts, sondern in dem Begehren, gleichwohl in unverminderter Höhe an den Anrechten des anderen Ehegatten teilzuhaben (BGH vom 01.04.2015 - XII ZB 701/13, juris Rn. 23; BGH vom 21.09.2016 - XII ZB 264/13, juris Rn. 23).
Der Versorgungsausgleich dient dazu, das während der Ehe geschaffene Vorsorgevermögen hälftig unter den Ehegatten aufzuteilen. Entzieht einer der Ehegatten ein Anrecht dem Ausgleich, so verfehlt der Versorgungsausgleich dieses Ziel. Allein dies begründet die grobe Unbilligkeit, weshalb ein Einwirken auf ein Anrecht, das dieses dem Versorgungsausgleich entzieht, auch ohne vorwerfbares Verhalten die grobe Unbilligkeit begründen kann (BeckOGK/Maaß, VersAusglG , Stand: 01.02.2024, § 27 Rn. 109). Der Grund dafür, dass die Versorgung dem Versorgungsausgleich entzogen wurde, ist demnach bedeutungslos. Denn schon durch die Tatsache, dass das Anrecht dem Versorgungsausgleich nicht mehr unterfällt, ist die Verteilungsgerechtigkeit unter den Ehegatten gestört und der Halbteilungsgrundsatz gefährdet. Es handelt sich letztlich um einen Fall des Verbots des venire contra factum proprium: Wer seine eigene Versorgung dem Ausgleich entzieht, kann nicht den Ausgleich der Versorgung des anderen Ehegatten erwarten (Hoppenz, Anm. zu BGH vom 16.12.2015 - XII ZB 450/13, FamRZ 2015, 1000 ).
Ob Sachverhaltskonstellationen denkbar sind, in denen sich das Verlangen nach einer ungeschmälerten Teilhabe im Versorgungsausgleich trotz vorheriger Einwirkung auf das eigene Versorgungsanrecht ausnahmsweise nicht dem Verdikt der Treuwidrigkeit ausgesetzt sieht, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich offen gelassen (BGH vom 21.09.2016 - XII ZB 264/13, juris Rn. 24). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier jedenfalls nicht vor und ist insbesondere nicht darin zu sehen, dass nach Vorstellung des Antragstellers die Rentenversicherungsverträge der Finanzierung seiner bei der ... aufgenommenen Darlehen dienen sollten und er die Auszahlungsbeträge zur Tilgung von Darlehen verwendet hat. Die Kapitalisierung der Rentenversicherungsverträge zu dem Zweck der Darlehenstilgung stellt keinen derart billigenswerten Grund dar, dass dieser sich im Rahmen der nach § 27 VersAusglG vorzunehmenden Abwägung auch gegenüber dem Gedanken der Wiederherstellung einer gestörten Teilhabegerechtigkeit durchsetzen könnte (vgl. OLG Frankfurt vom 10.05.2023 - 4 UF 155/22, juris Rn. 45; OLG Hamm vom 28.04.2022 - II-5 UF 210/21, juris Rn. 18). Denn der den Rentenversicherungsverträgen vom Antragsteller zugedachte Zweck ändert nichts daran, dass dem Antragsteller ein Vermögensvorteil in Form einer geringeren Darlehenslast erhalten bleibt. Gründe, weshalb die Antragsgegnerin daran nicht partizipieren sollte, sind nicht erkennbar.
Dass die Ausübung des Kapitalwahlrechts auf einer durch beide Ehegatten getragenen Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse beruht (vgl. BeckOGK/Maaß, a.a.O., § 27 Rn. 110), ist nicht festzustellen. Ob die Ehefrau Kenntnis von der vom Antragsteller bezweckten Kopplung der Rentenversicherungsverträge mit den zur Finanzierung der Augenarztpraxis aufgenommenen Kredite hatte, ist streitig.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.02.2024 - Aktenzeichen 18 UF 82/23
Bei einer Ehescheidung werden alle Altersversorgungen mit ihrem Ehezeitanteil hälftig geteilt. Das folgt einem gewissen Automatismus, und das Gericht holt sich das dafür erforderliche Zahlenmaterial von den Versorgungsträgern ein. Um zu wissen, welche Versorgungsträger wegen eines solchen Auskunftsersuchens angeschrieben werden müssen, füllen die scheidungswilligen Eheleute ein Formular – genannt V10 – aus, in dem sie alle Versorgungsträger mit Adresse und Versicherungsnummer angeben. Der andere Ehegatte, der hoffentlich weiß, ob es Betriebsrenten, Riesterverträge oder Direktversicherungen gibt, muss das auf Vollständigkeit kontrollieren.
In die Rechtsprechung schaffen es immer wieder Fälle sogenannten „verschwiegener“ Anrechte. Wenn das nicht vor Rechtskraft jemandem auffällt, kann das nicht mehr korrigiert werden. Eine Frau trieb es nun besonders arg: erst verschwieg sie ein Anrecht im Formular V10, dann löste sie den Vertrag auf (was nur deshalb möglich war, weil der Versorgungsträger keine Post vom Familiengericht erhalten hatte) und gab die rd. 15.000 EUR aus - und dann beschwerte sie sich noch beim OLG darüber, dass sie von der Betriebsrente des Mannes deshalb noch (!) nichts bekommen hatte, weil dieser Anspruch noch nicht unverfallbar gewesen war: Der Mann hatte noch nicht lange genug bei diesem Arbeitgeber gearbeitet. Sie hätte später im Rentenalter hiervon nochmal einen „schuldrechtlichen“ Ausgleich zugesprochen bekommen, weil man dann erst errechnen kann, wie hoch der Ehezeitanteil war.
In dem OLG-Verfahren fiel dann aber die Sache mit dem verschwiegenen und aufgelösten Anrecht auf und das OLG traf eine sog. Billigkeitsentscheidung nach § 27 VersAusglG. Eine grobe Unbilligkeit liegt dabei vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Einzelfalles dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in unerträglicher Weise widerspricht. Weil die Frau ihren Altersvorsorgevertrag verschwiegen und aufgelöst hatte, wurde ihr im Gegenzug die Teilhabe an der Betriebsrente des Mannes im Alter endgültig verwehrt.
OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.06.2023 - Aktenzeichen 9 UF 166/22
Vorhergehend:
Ein Ehegatte hat zum Zwecke der Alterssicherung ein Anrecht erworben, das er dem Versorgungsausgleich entzieht, weil er das Kapitalwahlrecht ausübt. Wenn dieser Entzug nicht dadurch kompensiert werden kann, dass der andere Ehegatte über ein anderes Ausgleichssystem an dem Vermögenswert teilhat, dann kann in demselben Umfang der Ausgleich der von dem anderen Ehegatten erworbenen Anrechte beschränkt werden.
BGH XII ZB 701/13, Beschluss vom 1.4.2015
Wenn Parteien Gütertrennung vereinbaren, möchten sie den anderen nicht an dem eigenen Vermögen teilhaben lassen.
In einem vom BGH entschiedenen Fall verhielt die Ehefrau sich jedoch außerordentlich ungeschickt: Als ihr eine Kapitallebensversicherung ausgezahlt wurde, investierte sie die 150.000 € in eine private Rentenversicherung.
Beim Versorgungsausgleich anläßlich der Scheidung wurde diese private Rentenversicherung mit dem Mann halbiert. Bis zum BGH hinauf machte die Frau die Ungerechtigkeit dessen geltend, doch der BGH wiederholte nur seine frühere Rechtsprechung: woher die Rentenanwartschaften wirtschaftlich stammen ist gleichgültig, es kommt nur darauf an,. Dass sie während der Ehezeit entstanden sind:
„Im Versorgungsausgleich sind die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten (Ehezeitanteile) jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen (§ 1 Abs. 1 VersAusglG). Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist, ohne dass das Gesetz nach der Herkunft des Vermögens oder nach dem Zeitpunkt seines Erwerbs unterscheidet. Daher kommt es nicht darauf an, dass das in die Lebensversicherungen eingezahlte Kapital aus einem bereits vor der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen der Ehefrau stammte. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG ist nur erforderlich, dass das Geld, mit dem der Ehegatte die Beiträge entrichtete, zu seinem Vermögen gehörte, während es auf die Herkunft des Geldes nicht ankommt. Insbesondere wird nicht danach gefragt, ob es sich um Vermögen handelt, das ein Ehegatte vor oder während der Ehe erworben hatte. Auszugleichen sind im Versorgungsausgleich daher auch Versorgungsanrechte, die - wie hier - mit dem Anfangsvermögen eines Ehegatten nach der Eheschließung erworben wurden.“
BGH Beschluss vom 18.01.2012 - XII ZB 213/11
Hat ein Ehegatte einen Riestervertrag schon mit in die Ehe gebracht, so muss er dem Ehegatten beim Versorgungsausgleich nur die Hälfte dessen ausgleichen, was während der Ehe eingezahlt wurde – der sog. „Ehezeitanteil“.
Der Fall:
Nun tat eine Ehefrau etwas, wozu ihr ein Anwalt niemals geraten hätte: Während der Trennung löste sie den ursprünglichen Riestervertrag auf und zahlte das gesamte Kapital in einen neuen Vertrag ein. Der Riester-Vertrag konnte wegen § 1 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b) AltZertG wirksam gekündigt werden, weil das angesparte Kapital auf einen anderen Altersvorsorgevertrag übertragen wurde. Dadurch ist das Vermögen Altersvorsorgekapital geblieben.
Aber: Aus dem Kapital im neuen Vertrag (knapp 7.000 €) ließ sich nun nicht mehr das vorehelich erworbene Vermögen (knapp 2.000 €) herausrechnen.
§ 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG unterscheidet nicht nach der Herkunft des Vermögens oder nach dem Zeitpunkt seines Erwerbs. Im Versorgungsausgleich sind daher auch die Versorgungsanrechte auszugleichen, die mit einem Vermögen erworben wurden, das bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung vorhanden war.
Soweit der Grundsatz.
Danach hätte die Ehefrau ihre 7.000 € voll teilen müssen.
Hier griff nun allerdings eine Ausnahmeregel.
Die Entscheidung des OLG Stuttgart:
Zwar kommt es nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG i.d.R. nicht darauf an, dass das auf den neuen Vertrag übertragene Kapital aus einem bereits vor der Ehezeit erwirtschafteten Vermögen der Antragstellerin stammt. Auszugleichen sind im Versorgungsausgleich daher auch Versorgungsanrechte, die – wie hier – mit einem zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits vorhandenen Vermögen eines Ehegatten nach der Eheschließung erworben wurden.
Seine Rechtfertigung findet dieser Grundsatz darin, dass ein vorhandener Geldbetrag mit der Einzahlung in eine Rentenversicherung seine güterrechtliche Zugehörigkeit zum Vermögen verliert, stattdessen den Charakter einer Altersversorgung erlangt und nicht mehr dem Ausgleichssystem des Zugewinnausgleichs, sondern fortan dem des Versorgungsausgleichs unterfällt.
Sowohl der Altvertrag als auch der Neuvertrag dient aber ausschließlich der Altersvorsorge und unterfällt als zertifizierter Altersvorsorgevertrag dem Versorgungsausgleich. Vorliegend hatte die Antragstellerin vor der Ehe den zertifizierten Altersvorsorgevertrag, der ihrer eigenen Altersversorgung dienen sollte und an dem der Antragsgegner im Fall einer Scheidung in Höhe des Bestandes bei der Eheschließung auch nicht partizipieren sollte.
Während der Ehe setzte die Antragstellerin die gewählte Form der Ansparung fort und nahm lediglich eine Umschichtung in den neuen Vertrag vor, ohne dass sich dadurch zwischen den Ehegatten berücksichtigungswürdige Anpassungserfordernisse erkennen lassen. Somit darf das bei der Eheschließung vorhandene, lediglich umgeschichtete Kapital nicht als ausgleichspflichtiger Ehezeitanteil erfasst werden.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 05.06.2015 – 11 UF 56/15
§ 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG öffnet eine schmale Tür zur Berücksichtigung von Änderungen, die sich erst nach dem Ehezeitende ergeben haben. Beispiele: Beginn der Altersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung, nachträglich bewilligte Erwerbsminderungsrente (OLG Frankfurt, FamRZ 2022, 22), vorzeitiger Ruhestand eines Beamten (OLG Celle, Beschluss v. 12.5.2021 – 21 UF 201/20, OLG Karlsruhe, FamRZ 2022, 23, 25), zu differenzieren, ob auf Antrag oder wegen Dienstunfähigkeit (BGH, FamRZ 2012, 769 ff. Rz. 20), Verlängerung der Dienstzeit als Beamter (BGH, FamRZ 2019, 1604).
Wenn der Versorgungsausgleich zu Ihren Lasten durchgeführt wurde und der begünstigte Partner stirbt, kann in gewissen Konstellationen ein Antrag gestellt werden, Ihre Rentenkürzung rückgängig zu machen.
Wenn Sie bei Eintritt der Rentenkürzung noch Ehegattenunterhalt an den begünstigten Ehegatten zahlen, kann die Rentenkürzung auf Antrag so lange reduziert ausgesetzt werden, bis der zweite Ehegatte in Rente geht.
Sonderregelungen gelten auch für Ehegatten, die bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen.
Veränderte Konstellationen nach dem Scheidungsverfahren werden vom Anwalt nicht überwacht: Sie müssen selbst tätig werden und sich Rat holen.
Der BGH hat für Recht befunden, dass nach dem Tod der vom Versorgungsausgleich begünstigten Person, der Versorgungsausgleich geändert werden kann - und zwar unabhängig davon, wie lange die Person vor ihrem Tod schon Rente bezogen hat. Die wichtigste Bedingung für eine Änderung ist, dass der VA nach dem 31. August 2009 durchgeführt wurde und seitdem nicht mehr geändert worden ist.
Dafür maßgeblich sind zwei BGH-Beschlüsse vom 16.5.2018 (Az. XII ZB 466/16) und 20.6.2018 (Az. XII ZB 624/15)
Die vorzunehmende Abänderung betrifft sämtliche Anrechte, die in den durch die Ausgangsentscheidung geregelten Versorgungsausgleich einbezogen waren. Die seinerzeit übertragenen Entgeltpunkte werden dem ehemals Ausgleichspflichtigen damit wieder zurück übertragen.
Leitsatz:
Im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG ist die Vorschrift über den Tod eines Ehegatten (§ 31 VersAusglG) uneingeschränkt anzuwenden; die Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG führt deshalb im Falle eines Vorversterbens des insgesamt Ausgleichsberechtigten dazu, dass der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte sein während der Ehezeit erworbenes Anrecht ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ungeteilt zurück erhält (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 16. Mai 2018 - XII ZB 466/16 - zur Veröffentlichung bestimmt).
BGH, 20.06.2018 - XII ZB 624/15
Aus den Gründen:
Das Abänderungsverfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG unterscheidet sich - indem es eine zum früheren Recht getroffene Entscheidung zum Einmalausgleich in einen Hin-und-Her-Ausgleich nach neuem Recht transformiert - in seinen Wirkungen deutlich vom Abänderungsverfahren nach § 10 a VAHRG, weil dem Gericht im Verfahren nach § 51 Abs. 1 VersAusglG erstmals ein unmittelbarer rechtsgestaltender Eingriff in solche Versorgungsverhältnisse eröffnet wird, deren Anrechte in die Ausgangsentscheidung lediglich als Rechenposten einbezogen worden sind. Es ist durchaus zweifelhaft, ob der Gesetzgeber den Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten - als lediglich mittelbar Begünstigte des Versorgungsausgleichs - tatsächlich derart weitreichende und über die bloße Korrektur eines Ausgleichssaldos hinausgehende Befugnisse zum Eingriff in die Versorgungslage des überlebenden Ehegatten zuerkennen wollte. Dazu kommt, dass ein zugunsten der Hinterbliebenen eines insgesamt ausgleichsberechtigten Ehegatten durchgeführter Hin-und-Her-Ausgleich bei einigen Versorgungsträgern zur Begründung von Versorgungsanrechten führen könnte, aus denen - wie es bei der internen Teilung von betrieblichen Versorgungsanrechten häufig der Fall sein dürfte (arg. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VersAusglG) - keine Hinterbliebenenversorgung gewährt wird.
Vorsicht Verjährung!
Der Antrag auf Abänderung der Ausgangsentscheidung unterliegt der Verjährung.
Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte zwei solche Fälle vorliegen: Erst ging der Mann in Pension, seine Pension wurde gekürzt ausgezahlt, dann starb die Frau (ohne von ihrer Rente etwas gehabt zu haben), aber erst viel später erfuhr der Mann davon und beantragte, dass seine Versorgung wieder ungekürzt ausgezahlt wird.
Ja, das bekam er – aber nicht rückwirkend!
Nach den Regelungen des Versorgungsausgleichsgesetzes ist – anders als vor 2009 – eine rückwirkende Aufhebung der Kürzung ausgeschlossen. Dies ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, und zwar auch dann, wenn der geschiedene Ehegatte vor seinem Tode keine Rentenleistungen bezogen hat – so das BVerwG.
Aus der gesetzlichen Regelung ergibt sich also ein Interesse, das weitere Lebensschicksal des geschiedenen Ehegatten zu verfolgen, und sei es nur, seinen Auskunftsanspruch gegen den Rentenversicherungsträger des anderen Ehegatten geltend zu machen.
BVerwG, Urt. v. 19.11.2015 – 2 C 20/14 und 2 C 48/13
Die BGH-Rechtsprechung zur Totalrevision setzte sich 2020 fort:
1. Im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG (Totalrevision) ist die Vorschrift über den Tod eines Ehegatten (§ 31 I 2 VersAusglG) uneingeschränkt anzuwenden; die Anwendung des § 31 I 2 VersAusglG führt deshalb im Falle eines Vorversterbens des insgesamt Ausgleichsberechtigten dazu, dass der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte sein während der Ehezeit erworbenes Anrecht ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ungeteilt zurückerhält.
2. Für den Einstieg in das Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG muss sich der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte grundsätzlich auf eine wesentliche und ihn gleichzeitig begünstigende Wertänderung eines in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts berufen; er kann seinen Abänderungsantrag in Bezug auf die wesentliche Wertänderung von Anrechten demgegenüber nicht allein auf solche Umstände stützen, die für ihn an sich unvorteilhaft sind, im Ergebnis der Totalrevision aber wegen der erstrebten Anwendung von § 31 I 2 VersAusglG zu einem Wegfall des Versorgungsausgleichs insgesamt führen sollen.
BGH, Beschluss vom 5.2.2020 – XII ZB 14718 (KG)
Problemstellung:
Hier führt der BGH seine Rechtsprechung aus dem Beschluss vom 16.5.2018 fort. Der geschiedene Ehemann beruft sich auf eine wesentliche Änderung des Werts seiner betrieblichen Versorgungsanrechte und erstrebt mit Blick auf das Vorversterben der früheren Ehefrau eine Rückgängigmachung des gesamten Versorgungsausgleichs. § 51 V VersAusglG verweist auf § 225 V FamFG, wonach sich die Abänderung zugunsten eines Ehegatten oder eines Hinterbliebenen eines Ehegatten auswirken muss.
Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen für den überlebenden Ehegatten mit den insgesamt werthöheren Anrechten der Einstieg in eine Totalrevision eröffnet ist, hatte sich der BGH bisher nicht äußern müssen. In allen bislang entschiedenen Fällen hatte der Ausgleichswert eines aufseiten des überlebenden Ehegatten in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts eine im Sinne von § 225 II und III FamFG wesentliche Verminderung erfahren, und es hätte sich deshalb die Totalrevision selbst dann für den überlebenden Ehegatten im Sinne von § 225 V FamFG vorteilhaft ausgewirkt, wenn sie unter Lebenden durchgeführt worden wäre.
Wäre die Ehefrau nicht vorverstorben, würde der Antragsteller bei einer Totalrevision dem Grunde nach zwar höhere Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten. Dem stünde aber gegenüber, dass er einen wesentlich höheren Anteil seiner betrieblichen Altersversorgung abzugeben hätte, so dass die Durchführung der Totalrevision für ihn insgesamt nicht vorteilhaft sei.
Die Abänderung funktioniert aber nicht in allen Fällen.
Das Problem in einem Fall beim OLG Stuttgart war, dass zwar auf beiden Seiten durch den Zeitablauf wesentliche Wertänderungen vorlagen, dass sich das im Saldo aber so auswirkte, dass der Mann noch mehr an die Frau hätte abgeben müssen, wenn diese noch leben würde. „Unter Lebenden“ hätte der Mann also sicher keine Abänderung beantragt.
Daraus schloss das OLG, dass ihm diese auch nicht zusteht, um daraus einen Vorteil zu erlangen, weil die Frau schon verstorben war. Er muss also seine lebenslange Rentenkürzung hinnehmen, obwohl die Frau davon nichts mehr hat.
OLG Stuttgart - Urteil vom 27.07.2021 (16 UF 55/21).
Fazit:
Bevor man ein Abänderungsverfahren anstößt, muss man die Vergleichsberechnungen durchführen lassen. Ich empfehle dafür gern einen kompetenten Rentenberater.
Hier im Grenzgebiet kommt es häufig vor, dass die Ehe im Ausland (Belgien, Niederlande) geschieden wird. Wenn einer von beiden in Deutschland gearbeitet hat und damit dem deutschen Rentensystem unterliegt, kann in Deutschland auf Antrag nachträglich der deutsche Versorgungsausgleich durchgeführt werden
Berufssoldaten, Polizeibeamte und Richter sind Berufsgruppen mit einer besonderen Altersgrenze.
Diese fühlen sich bei der Berechnung beim Versorgungsausgleich (Ehezeitanteil) benachteiligt im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern. Dies zeigen einige Anfragen von Bundestagsabgeordneten verschiedener Fraktionen sowie diverse Petitionen. Der Deutsche Bundeswehrverband steht hinter dieser Kritik und begehrt Gesetzesänderung.
In manchen Fällen ist der gesetzliche VA unwirtschaftlich, zB wenn der Berechtigte die ihm übertragenen Entgeltpunkte nie als Rente ausgezahlt bekommen kann. Das kommt typischerweise vor, wenn der Berechtigte Beamter ist. Um eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten, müssen 60 Monate Wartezeit erfüllt sein.
Wartezeitmonate können auch durch Anrechte aus dem VA erfüllt werden, dabei gilt gemäß § 52 I SGB I die Formel:
Entgeltpunkte geteilt durch 0,0313 = Wartezeitmonate (begrenzt durch Anzahl der Ehemonate)
Beispiel: Der Beamte kann 1,8015 EP aus dem VA übertragen bekommen.
1,8015 : 0,0313 =58 Wartzeitmonate, Wartezeit also nicht erfüllt.
Der Beamte kann jedoch freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Hier würden 2 Monatsbeiträge ausreichen, um die Wartezeit von 60 Monaten zu erfüllen: der Ausgleich wäre hier nicht unwirtschaftlich im Sinne des § 19 II Nr. 3 VersAusglG.
Wenn der gesetzliche VA unwirtschaftlich wäre, bietet sich eine abweichende Vereinbarung an. Hierfür bedarf es zwingend der anwaltlichen Vertretung beider Ehegatten.
BGH vom 5. Juni 2013 – XII ZB 101/09: „Die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs zugunsten eines im Beamtenverhältnis stehenden Ehegatten durch Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ist nicht schon deshalb zweckverfehlt oder unwirtschaftlich, weil sich aus diesen Anrechten in der Regel kein Anspruch auf Zahlung einer Erwerbsminderungsrente realisieren lässt. Dies gilt auch, wenn der Ausgleichsberechtigte bereits bei Ehezeitende dienstunfähig ist. (…) Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 1587 b Abs. 4 BGB liegen nicht vor.“
Achtung: die Entscheidung erging zu dem Recht, das bis 31.08.2009 galt – es wird auszulegen sein, was die Begründung für die jetzige Rechtslage hergibt.
„Unwirtschaftlich wäre der Versorgungsausgleich nur, wenn zwischen den für den Verpflichteten auftretenden Belastungen aus dem Verlust des Anrechts und dem wirtschaftlichen Vorteil des Berechtigten ein Missverhältnis entstehen würde. Dies ist nicht schon dann anzunehmen, wenn der Verpflichtete Anrechte abgeben muss, solange diese dem Berechtigten zugutekommen. Ein Missverhältnis entsteht deshalb nicht etwa dadurch, dass gesetzliche Rentenanwartschaften zu Lasten von Beamtenanwartschaften begründet werden, denn dies entspricht der gesetzlichen Wertung. Übertragung und Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung sind bei Anlegung dieser Maßstäbe grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen. Ein für den Berechtigten wirksamer öffentlichrechtlicher Wertausgleich ist nicht bereits dann unwirtschaftlich, wenn sich eine wirtschaftlich vorteilhaftere Durchführung des Ausgleichs vorstellen lässt. (…) Bei einem noch jungen Beamten, nach dessen Gesundheitszustand eine alsbaldige Dienstunfähigkeit zu erwarten stehe, könne eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein. In diesem Fall verstärke sich der Unterschied zwischen Beamtenversorgung und gesetzlicher Rentenversicherung deutlich. Ob eine solche Fallgestaltung anders zu beurteilen ist, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13.09.2006 offen gelassen. Die Frage kann auch hier unbeantwortet bleiben. Eine bei Ehezeitende bereits eingetretene Dienstunfähigkeit rechtfertigt jedenfalls keine andere rechtliche Beurteilung, wenn es sich bei dem Ausgleichsberechtigten nicht um einen noch jungen Beamten handelt.“
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. Juni 2013 – XII ZB 101/09
FG BaWü: Vereinbarte Ausgleichszahlungen sind Werbungkosten
Die im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs vereinbarten Ausgleichszahlungen sind einkommensteuerrechtlich Werbungkosten.
Der Fall:
Der Kläger hatte während der Ehezeit als Angestellter auch Anrechte aus einer Betriebsrente erworben, die er mit der Ehefrau hätte teilen müssen. Stattdessen vereinbarte er mit seiner geschiedenen Ehefrau eine Ausgleichszahlung zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs der betrieblichen Altersversorgung. Er zahlte in Raten.
Er machte in der Höhe dieser Rate Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Finanzamt berücksichtigte zunächst den Werbungskostenabzug. Es änderte jedoch sodann die Steuerfestsetzung, da es sich bei der Abfindungszahlung um einen Anschaffungsvorgang für ein bestehendes Anwartschaftsrecht handle. Hiergegen wandte sich der Kläger.
Das FG gab der Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Aus den Gründen:
Das Finanzamt hat die Aufwendungen des Klägers für den Ausschluss der betrieblichen Altersversorgung im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu Unrecht nicht als Werbungskosten berücksichtigt.
Ausgleichszahlungen zur Abfindung eines Versorgungsausgleichsanspruchs wegen des Bestehens einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung sind mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Zusammenhang stehende Werbungskosten. Der Kläger hat mit der vereinbarten Ausgleichszahlung die Aufteilung der betrieblichen Versorgungsanwartschaften verhindert.
Dem Kläger fließen künftig die ungekürzten Versorgungsbezüge als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu. Kommt es infolge der Vereinbarung nicht zu einer Verringerung der diesem zufließenden Versorgungsbezüge, stellt die Zahlung keine Einkommensverwendung dar, sondern dient der Sicherung der Einnahmen. Sie ermöglicht einen Werbungskostenabzug.
Hintergrund:
Im Streitjahr galt die mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2015 eingeführte Norm § 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG (Zuweisung einer Ausgleichszahlung zu den Sonderausgaben) noch nicht.
FG Baden-Württemberg v. 19.3.2018 - 10 K 3881/16
1. Enthält ein Ehevertrag eine Regelung, durch die der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird, und beruft sich der scheidungswillige Ehegatte auf die Anwendung dieser Regelung, ist diese gemäß § 8 Abs. 1 VersAusglG einer Wirksamkeitskontrolle zu unterziehen.
2. Dabei ist zwischen der Inhalts- und der Ausübungskontrolle zu unterscheiden. Bei der Inhaltskontrolle ist auf die Verhältnisse und Planungen der Ehegatten im Zeitpunkt des Zustandekommens des Ehevertrages abzustellen. Bei der Ausübungskontrolle sind die Verhältnisse im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe maßgeblich.
3. Hält die ehevertragliche Vereinbarung der Ausübungskontrolle nicht stand, ist eine Vertragsanpassung vorzunehmen. Dabei kann das ehebedingte Versorgungsdefizit der Ehefrau dadurch ausgeglichen werden, dass ihr vom Ehemann während der Ehezeit erworbene Entgeltpunkte in der Höhe übertragen werden, wie sie sie bei Fortsetzung einer fiktiven vollschichtigen Erwerbstätigkeit selbst hätte erzielen können.
OLG Bremen, Beschluss vom 24.05.2017 - Aktenzeichen 4 UF 152/16
Aus den Gründen:
Im vorliegenden Fall sind die Ehegatten bei Vertragsschluss 1994 davon ausgegangen, dass sie eine kinderlose Doppelverdienerehe führen würden. Hiervon abweichend haben sie im Folgejahr eine Tochter bekommen und die Antragsgegnerin hat - entgegen der ursprünglichen Lebensplanung - in der Folgezeit keine Berufstätigkeit ausgeübt. Hierin liegt eine grundlegende Abweichung der tatsächlichen Lebenssituation von den beim Vertragsschluss zugrunde gelegten Lebensumständen. Durch diese tatsächliche Rollenverteilung in der Ehe konnte die Antragsgegnerin für ihr Alter nicht vorsorgen. (…) Daher ist eine Regelung zu treffen, die den berechtigten Interessen beider Ehegatten in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt. Da der Ausgleich unzureichender Vorsorgebeiträge nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, müssen der Antragsgegnerin nun über den vertraglich ursprünglich ausgeschlossenen Versorgungsausgleich diejenigen Versorgungsanrechte zukommen, die ihr seit der Geburt der Tochter bis zum Ende der Ehezeit (31.1.2014) durch die Nichterwerbstätigkeit entgangen sind (vgl. auch BGH, FamRZ 2013, 195 Rn. 37). Denn der durch den Ausschluss des Versorgungsausgleichs benachteiligte Ehegatte darf grundsätzlich durch die Anpassung nach § 242 BGB nicht besser gestellt werden, als er ohne die Ehe und den damit einhergehenden Erwerbsverzicht stünde (vgl. BGH, FamRZ 2013, 770 Rn. 22). Im Wege der Vertragsanpassung müssen somit die ehebedingten Nachteile ausgeglichen werden. Damit ist kein Versorgungsausgleich im eigentlichen Sinne durchzuführen, sondern nur das ehebedingte Versorgungsdefizit der Ehefrau "aufzufüllen".
Ein gesetzlich rentenversicherter Ehegatte kann nicht zum Abschluss einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich verpflichtet werden, die eine Verrechnung seines Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Anrecht seines verbeamteten Ehegatten auf landesrechtliche Beamtenversorgung vorsieht.
Ein verbeamteter Ehegatte hat auch dann keinen Anspruch gegen den anderen Ehegatten auf Abschluss einer saldierenden Vereinbarung zum Versorgungsausgleich, wenn dieser gesetzlich versichert ist und für diesen der Abschluss einer solchen Vereinbarung daher ergebnisneutral wäre.
Bundesgerichtshof, Beschluss v. 30.10.2019 – XII ZB 537/17
• Im Falle der externen Teilung werden für die Bestimmung der Wertgrenzen nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 17 VersAusglG die Ausgleichswerte aller Anrechte bei einem Versorgungsträger zusammengerechnet.
• Im Falle eines Anrechts mit dem Kapitalwert als maßgebliche Bezugsgröße für die Berechnung des Ausgleichswertes, dass sich bereits in der Leistungsphase befindet, kann die abnehmende Anzahl an zukünftig noch zu erwartenden Rentenzahlungen dazu führen, dass der versicherungsmathematische Barwert der Versorgung bei Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung geringer ist als zum Ehezeitende bzw. bei Eintritt in die Leistungsphase. Diese Anrechte können die Gerichte nunmehr vom Wertausgleich bei der Scheidung ausnehmen und den schuldrechtlichen Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung (§§ 20 ff. VersAusglG) vorbehalten.
• Eine Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung (§ 225 FamFG) kann in Zukunft der Antrag (frühestmöglich) zwölf Monate vor dem voraussichtlichen Leistungsbeginn erfolgen (§ 52 Abs. 1 VersAusglG i.V.m. § 226 Abs. 2 FamFG).
Ja, sämtliche rechtskräftigen VA-Entscheidungen seit 1977 sind heutzutage überprüfbar, wenn eine gewisse Wesentlichkeitsgrenze überschritten ist. Denn im September 2009 wurde das VA-Recht erheblich verändert. Früher wurden "Äpfel und Birnen" verrechnet.
Wer durch die Umrechnung benachteiligt wurde, kann evtl. erreichen, dass er erheblich mehr Rente bekommt - in manchen Fällen sogar, ohne dass es den Exgatten benachteiligt. Allerdings darf kein Änderungsantrag unbedacht gestellt werden, denn in manchen Situationen geht der Schuss nach hinten los. Ohne fachkundigen Rat, ggf. eine Proberechnung eines Rentensachverständigen, sollte kein Schritt getan werden.
Das Abänderungsverfahren ist jedoch nicht zur Durchbrechung der Rechtskraft falscher Entscheidungen gedacht.
Bloße Fehler der Ausgangsentscheidung wie Rechen- und Methodenfehler, ungenügende Berechnungsgrundlagen, eine fehlerhafte Bestimmung der Ehezeit oder unrichtige Auskünfte der Versorgungsträger eröffnen das Abänderungsverfahren nach § 225 FamFG nicht.
Wenn sich aber der ehezeitbezogene Wert eines Anrechts durch nachträglich eingetretene Umstände rechtlicher oder tatsächlicher Art rückwirkend wesentlich verändert hat, findet in Bezug auf dieses Anrecht ein Abänderungsverfahren statt. In diesem Fall sind auch die in der Ausgangsentscheidung enthaltenen Fehler bei der Berechnung des Anrechts mit zu korrigieren.
BGH XII ZB 564/12, Beschluss vom 27.05.2015
PS Ohne Mithilfe eines Rentenberaters wird sich nicht beantworten lassen, ob die Abänderung für Sie günstig wäre
Zur Abänderung durch Einführung der Grundrente:
BGH 1.3.2023 XII ZB 444/22
2014 und 2019 wurde die sog. Mütterrente I und II eingeführt, mit der Frauen aus Kindererziehungszeiten eigene Rentenpunkte erwerben. Für die Mutter gibt es dann 1,0 Entgeltpunkte plus 0,5 je Kind in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Für einen Mann, der 1998 geschieden worden war und beim Versorgungsausgleich Rentenpunkte an die Geschiedene abgegeben hatte, stellte sich nun die Frage, ob der damalige Ausgleich retrospektiv gerecht war, denn das Kind waren während der Ehe geboren worden und die diesbezüglichen Rentenpunkte ja erst nach der Scheidung gutgeschrieben worden.
Inzwischen war er in Rente gegangen, ihm fehlten nun Anteile im Wert von damaligen 311 DM mtl. Bei der früheren Ehefrau kam davon nichts mehr an, denn sie war inzwischen verstorben.
Die „Mütterrente“ sollte nun der Grund für eine sogenannte Totalrevision des Versorgungsausgleiches (VA) sein, d.h. der Mann wollte alles nochmal neu ausgerechnet haben. Das ist grundsätzlich denkbar, wenn sie die Alt-Entscheidung zum VA wegen späterer tatsächlicher oder rechtlicher Änderungen als unrichtig herausstellt.
Dafür gibt es sog. Wesentlichkeitsgrenzen:
Eine Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsaus gleich nach dem bis zum 31. August 2009 geltenden Recht kann gemäß § 51 Abs. 1 VersAusglG beim Vorliegen einer wesentlichen Wertänderung abgeändert werden. Wegen der besonderen Voraussetzungen für die Abänderung verweist § 51 Abs. 2 VersAusglG auf die Bestimmungen in § 225 Abs. 2 und 3 FamFG. Danach ist die Ausgangsentscheidung abzuändern, wenn rechtliche oder tat sächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit auf den Ausgleichswert zurückwirken (§ 225 Abs. 2 FamFG) und zu einer wesentlichen Wertänderung führen, die mindestens 5 % des bisherigen Ausgleichswerts beträgt (relative Wesentlichkeitsgrenze: § 225 Abs. 3 Alt. 1 FamFG) und bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße 1 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert 120 % der am Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigt (absolute Wesentlichkeitsgrenze: § 225 Abs. 3 Alt. 2 FamFG). Dabei genügt die Wertänderung nur eines Anrechts.
Die sog. Wesentlichkeitsgrenze der Änderung war überschritten, denn der Wertunterschied wegen der Mütterrente belief sich bei der Frau auf 74 DM, das waren fast 50%.
Die rentenrechtliche Besserbewertung von Kindererziehungszeiten durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23. Juni 2014 (BGBl I S. 787) mit Wirkung zum 1. Juli 2014 (sog. Mütterrente I) sowie durch das RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz vom 28. November 2018 (BGBl I S. 2016) mit Wirkung zum 1. Januar 2019 (sog. Mütterrente II) stellt grundsätzlich eine auf den Ehezeitanteil zurückwirkende rechtliche Veränderung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG dar, die bei der Ermittlung des Ausgleichswerts zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Januar 2022 - XII ZB 175/21 - FamRZ 2022, 586 Rn. 11 mwN).
Im Ergebnis wurde der damalige VA komplett aufgehoben, und weil die Frau inzwischen verstorben war, bekam der Mann seine Rente komplett zurück.
Hinweis: Die Mütterrente wirkt sich erheblich aus, wenn die Mutter in den ersten 30 Lebensmonaten des Kindes keine versicherungspflichtigen Einkünfte hatte. Für solche Altfälle lohnt sich die Überlegung, ob man den Versorgungsausgleich deshalb neu berechnen oder – im Fall einer verstorbenen Frau - rückgängig machen kann. Damit darf man nicht zaudern, denn die Neuberechnung wirkt sich erst ab Antragstellung bei Gericht aus, nicht rückwirkend.
BGH 23.08.2023 XII ZB 202/22
Der BGH hat mit einem Grundsatzurteil den jahrelangen Streit über die Zusatzversorgung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst geklärt. Die Bundesrichter bestätigten die Wirksamkeit der im März 2018 erneut geänderten Startgutschriftenregelung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für rentenferne Versicherte.
Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass bei der Ermittlung der Startgutschrift für die Berechnung der Voll-Leistung die von der Höchstversorgung in Abzug zu bringende voraussichtliche gesetzliche Rente des Versicherten nicht individualisiert, sondern nach dem bei der Berechnung von Pensionsrückstellungen allgemein zulässigen Verfahren (dem so genannten Näherungsverfahren) zu ermitteln ist.
BGH, Urt. v. 20.09.2023 - IV ZR 120/22
Der Anspruch auf Versorgungsausgleich setzt nicht voraus, dass man bedürftig ist. Davon war eine Ärztin, die ein Immobilienvermögen geerbt hatte, aus dem sie rd. 16.500 EUR mtl. einnahm, und die aus dem Zugewinnausgleich bereits rd. 350.000 € vom Ehemann bekommen hatte, weit entfernt.
Das OLG fand, dass sie angesichts ihrer eigenen auskömmlichen Verhältnisse darauf verzichten müsse, vom Ehemann, der weitaus weniger Vermögen besaß, noch Anteile seiner Altersversorgung zu erhalten. Sonst bestehe im Ergebnis ein erhebliches wirtschaftliches Ungleichgewicht. Der Mann sei auf seine Altersvorsorge angewiesen.
Diese Wertung trug der BGH nicht mit.
Zwar sind Fälle einer groben Unbilligkeit nach Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten denkbar (Senatsbeschluss vom 9. September 2015 - XII ZB 211/15 - FamRZ 2016, 35 Rn. 20 mwN) – aber die Ausnahme. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich erst dann der Fall, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich klar abzusehen ist, dass zum einen der auf Grundlage einer Vorsorgevermögensbilanz insgesamt ausgleichsberechtigte Ehegatte über so hohes Einkommen bzw. Vermögen verfügen wird, dass seine Altersversorgung voll abgesichert ist, während zum anderen der insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte auf die ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen ist (Senatsbeschluss vom 8. April 2015 - XII ZB 428/12 - FamRZ 2015, 1001 Rn. 21 mwN).
Nach diesen Maßstäben hätte das Oberlandesgericht das Vorliegen eines Härtefalls iSd § 27 VersAusglG nicht annehmen dürfen. Nach den getroffenen Feststellungen ist zwar die Altersvorsorge der Ehefrau bereits aufgrund ihres vorhandenen Vermögens, der daraus zu erzielenden Einkünfte und ihrer selbst erworbenen Anrechte vollständig gesichert und ist sie nicht auf die Übertragung weiterer Anrechte durch den Ehemann als insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten angewiesen.
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts fehlt es nach den getroffenen Feststellungen jedoch an der Voraussetzung, dass der Ehemann auf die ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts in einer Weise dringend angewiesen ist, die es rechtfertigt, von dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, abzuweichen.
Er verfügt über ehezeitliche Versorgungsanrechte in der berufsständischen Versorgung, die auch nach der Teilung noch eine bei ihm verbleibende Versorgung oberhalb eines durchschnittlichen Renteneinkommens gewährleisten. Hinzu kommt der Erwerb von ehezeitlichen Anrechten der Ehefrau in der Ärzteversorgung und in der gesetzlichen Rentenversicherung durch den Versorgungsausgleich.
(Anmerkung: im Ergebnis bekam er mehr als 2.000 EUR mtl. Rente).
Vermögenswerte sind festgestellt im Umfang einer Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von mindestens 60.000 € zuzüglich eines möglicherweise realisierbaren Verkaufspreises für die derzeit noch betriebene Arztpraxis.
BGH, Beschluss vom 31.01.2024 - Aktenzeichen XII ZB 259/23
Diese Regelungen treffen auch für alle eingetragenen Lebenspartnerschaften zu, die seit 1. Januar 2005 begründet wurden. Haben Sie Ihre Lebenspartnerschaft früher geschlossen, gilt der Versorgungsausgleich nicht. Ausnahme: Sie haben bis zum 31. Dezember 2005 vor dem Amtsgericht für den Fall einer Aufhebung Ihrer Partnerschaft einen Versorgungsausgleich beantragt.
"Scheidungsfolgesachen" sind die wirtschaftlichen Fragen, die mit der Entflechtung der Ehe zu tun haben.
Typischerweise sind das der Versorgungsausgleich, der Nachscheidungsunterhalt, der Zugewinnausgleich, selten der eheliche Hausrat.
Fragen des Trennungsunterhaltes werden vorher geregelt sein. Auch der Kindesunterhalt ist unabhängig von der Scheidung, ebenso Sorge- und Umgangsrecht. Die Auflösung von Miteigentum an Immobilien geht außerhalb des Scheidungsverfahrens.
Mit einem Klick zum YouTube-Video können Sie sich einen ersten Eindruck von mir verschaffen: Sie finden dort ein 35min-Interwiew der RA-Kollegin und "Entscheidungsanwältin" Sylvia Schodruch aus August 2021 mit mir über meine Arbeitshaltung, das Wechselmodell, meine eigenen Patchwork-Erfahrungen, Eheverträge und "Familie ohne Familienrecht".
Meine Mitarbeiterin Jana Grandjean (re) habe ich in der Aachener Kanzlei für Familienrecht selbst ausgebildet und 2022 als Rechtsanwaltsfachangestellte übernommen. Sie entlastet mich in der Praxis mit vertieften Kenntnissen der typischen Abläufe im Familienrecht. Auch für meine Mitarbeiterin ist work-life-balance die Grundlage guter Arbeit. Aufgrund ihrer freien Zeiteinteilung im Homeoffice erreichen Sie uns per email am schnellsten.
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Für manche bin ich so etwas wie ein Coach im Hintergrund, andere geben mir am liebsten nur alle ihre Unterlagen ab und lassen mich die Dinge regeln. Dazwischen gibt es vielfältige Individuen.
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Zu Ihrem ggf. vereinbarten Präsenztermin treffen wir uns in meiner Kanzlei im EG der Eupener Str. 114, 52066 Aachen. Der Kanzleizugang ist barrierefrei. Es gibt einen Parkplatz.
Sie können gern mit diesem Formular oder per e-mail um Kontaktaufnahme bitten und den Fragebogen zur Vorbereitung Ihrer persönlichen Beratung anfordern.
Die Beratung wird nach Zeitaufwand abgerechnet.
Anonyme Zuschriften bleiben unbeantwortet.
Vielen Dank, dass Sie sich an uns gewendet haben.
Wir setzen uns so schnell wie möglich mit Ihnen in Verbindung.
Ein Mandat kommt nur zustande, wenn es ausdrücklich angenommen wird.
„Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen.“
JOHN RUSKIN, englischer Sozialreformer
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