§ 1375 Nr. 2 BGB:
Danach muss nicht mehr abgewartet werden, dass der Ehegatte schon verschleudernd gehandelt hat. Es reicht, wenn illoyale Handlungen zu befürchten sind.
Die amtliche Begründung nennt einige Beispiele:
• Der Ehemann hat sein Vermögen in Aktien und Festgeldkonten angelegt; mit der Trennung beginnt er, die Aktien zu veräußern und die Festgeldkonten aufzulösen; das Geld transferiert er auf sein Girokonto; einen wirtschaftlichen Grund dafür gibt es nicht. Die Ehefrau befürchtet deshalb, der Ehemann habe diese Vermögenswerte nur jederzeit verfügbar gemacht, um sie leichter verschwinden zu lassen und dadurch sein Vermögen zum Nachteil seiner Ehefrau zu vermindern.
• Die Ehefrau ist Alleineigentümerin einer vermieteten Eigentumswohnung. Diese Eigentumswohnung stellt als Kapitalanlage einen erheblichen Teil ihres Vermögens dar. Unmittelbar nach der Trennung inseriert die Ehefrau die Wohnung zum Verkauf, obwohl dies wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Der Ehemann befürchtet nun, dass der Verkauf nur dazu dienen soll, den Erlös beiseite zu schaffen, um ihm keinen Zugewinn ausgleichen zu müssen.
• Die Ehegatten haben während ihrer Ehe in einfachen Vermögensverhältnissen gelebt. Unmittelbar nach der Trennung bucht der Ehemann für sich und seine Freundin eine Luxuskreuzfahrt. Die ausgleichsberechtigte Ehefrau befürchtet nun, dass mit der Bezahlung dieser Kreuzfahrt das ersparte kleine Vermögen des Ehemannes aufgebraucht wird.
Wie beende ich die Zugewinngemeinschaft ohne Scheidung?
Jeder Ehegatte kann sich unter den Voraussetzungen des § 1385 BGB aus der Zugewinngemeinschaft lösen (sinnvoll, wenn man selbst der Ausgleichspflichtige wäre) oder schon Zahlung begehren (wenn man selbst der Ausgleichsberechtigte ist).
Wie erfahre ich, ob im Trennungsjahr Vermögen verschleudert wurde?
Jeder Ehegatte hat gegen den anderen einen Anspruch auf Auskunft über sein Vermögen zum Trennungszeitpunkt. Ist davon etliches bis zum Stichtag „Einreichung der Scheidung“ verschwunden, hat derjenige die Beweislast, es nicht „illoyal verschleudert“ zu haben, sondern es in sinnvolle und notwendige Anschaffungen, z.B. Neueinrichtung des Hausrates investiert zu haben.
Praktisches Problem: manchmal ist das genaue Datum der Trennung streitig.
Die „schleichende Trennung“, bei der sich ein Stichtag nicht ermitteln lässt, stellt die Praxis vor besondere Herausforderungen beim Auskunftsanspruch zum Trennungsvermögen.
OLG Celle, Beschluss vom 23.07.2013 - Aktenzeichen 10 UF 74/12:
Eine im Rahmen des Stufenantrages zum Zugewinnausgleich ergehende Teilentscheidung, mit der ein Ehegatte zur Vermögensauskunft auf einen zwischen den Beteiligten streitig gebliebenen Trennungszeitpunkt verpflichtet wird, ist im Hinblick auf die Gefahr widersprechender weiterer (Teil-) Entscheidungen hinsichtlich des allein durch die Auskunftsverpflichtung nicht in Rechtskraft erwachsenden Trennungszeitpunktes unzulässig, soweit sie nicht mit einer Zwischenfeststellung zum Trennungszeitpunkt verbunden wird.
BGH zur Darlegungslast bei Illoyalität
BGH, Beschluss vom 12.11.2014 - XII ZB 469/13:
Im Rahmen des Zugewinnausgleichs trifft die Ehegatten grundsätzlich die Obliegenheit, eine schlüssig behauptete illoyale Vermögensminderung substantiiert zu bestreiten. Unterbleibt dies, sind die behaupteten Tatsachen als zugestanden anzusehen (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. April 1986 - IVb ZR 2/85 - NJW-RR 1986, 1325).
Aus den Gründen:
(…) Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Dem Endvermögen des Antragsgegners sei nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB der Betrag von 52.684,78 € hinzuzurechnen. Nach der vorgenannten Bestimmung habe ein Ehegatte darzulegen und zu beweisen, dass eine Vermögensminderung nicht auf so genannte illoyale Handlungen im Sinne von § 1375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB zurückzuführen sei, wenn sein Endvermögen geringer sei als das Vermögen, das er in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegeben habe. Diese Regelung stehe im Zusammenhang mit der Auskunftspflicht über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung nach § 1379 Abs. 1 Nr. 1 BGB . Der Antragsgegner habe zwar keine Auskunft über sein Vermögen zum Trennungszeitpunkt erteilt, sodass § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht unmittelbar angewendet werden könne. Es liege aber eine Parallele zu der hier zu bewertenden Interessenlage vor. Unstreitig habe der Antragsgegner im Trennungszeitpunkt noch das Geld auf dem Geldmarktkonto besessen. In dem Zeitraum zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags sei das Geld auf die eine oder andere Weise verschwunden. Deshalb stelle sich die Frage, wer darzulegen und zu beweisen habe, was aus dem Geld geworden sei, insbesondere ob es durch eine illoyale Vermögensminderung verbraucht worden sei.
Hätte die Antragstellerin nach allgemeinen Regeln der Darlegungs- und Beweislast ihren Anspruch zu begründen und damit auch die Voraussetzungen einer Vermögensminderung darzulegen und zu beweisen, würde sich ein unverständlicher Wertungswiderspruch im Vergleich zu dem Fall ergeben, in dem der Antragsgegner Auskunft über sein Vermögen zum Trennungszeitpunkt erteilt hätte. In beiden Fällen stehe eindeutig fest, dass das Geld zum Trennungszeitpunkt vorhanden gewesen sei. Der einzige Unterschied sei, dass der Antragsgegner dies in einer gesonderten Auskunft ausdrücklich angegeben hätte. Dieser Unterschied erscheine so geringfügig, dass eine analoge Anwendung des § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB auf den vorliegenden Fall geboten sei. Daher liege die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass das Geld auf dem Geldmarktkonto nicht durch eine illoyale Vermögensminderung verbraucht worden sei, beim Antragsgegner. Er habe für sein Vorbringen jedoch keinen Beweis angeboten.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
a) Nach § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB wird dem Endvermögen eines Ehegatten der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen unter anderem dadurch vermindert ist, dass ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands Vermögen verschwendet hat (Nr. 2) oder Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen (Nr. 3). Dabei ist unter Verschwendung das ziellose und unnütze Ausgeben von Geld in einem Maße zu verstehen, das in keinem Verhältnis zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Ehegatten stand (MünchKommBGB/Koch 6. Aufl. § 1375 Rn. 34; Palandt/Brudermüller BGB 73. Aufl. § 1375 Rn. 27; Haußleiter/Schulz Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung 5. Aufl. Kap. 2 Rn. 93).
Ein großzügiger Lebensstil oder ein Leben über die Verhältnisse reicht dagegen nicht aus. Die Benachteiligungsabsicht im Sinne von § 1375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gegenüber dem anderen Ehegatten muss das leitende Motiv gewesen sein (Senatsurteil vom 19. April 2000 - XII ZR 62/98 - FamRZ 2000, 948, 950).
b) Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein von Endvermögen obliegt grundsätzlich dem Ausgleichsgläubiger (allgemeine Meinung, vgl. nur Senatsbeschluss BGHZ 194, 245 = FamRZ 2012, 1785 Rn. 39 und MünchKommBGB/Koch 6. Aufl. § 1375 Rn. 44). Ob dies in Abweichung hiervon bei einem im Zeitpunkt der Trennung unstreitig vorhandenen Vermögenswert, und zwar auch bei einer am 1. September 2009, dem Inkrafttreten der Güterrechtsreform, bereits rechtskräftig geschiedenen Ehe, in entsprechender Anwendung von § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB anders zu beurteilen sein kann, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
aa) Nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung kann jeder Ehegatte von den dort genannten Zeitpunkten an von dem anderen unter anderem Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung (Nr. 1) verlangen. Ist das Endvermögen eines Ehegatten geringer als das Vermögen, das er in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegeben hat, so hat dieser Ehegatte nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB darzulegen und zu beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf Handlungen im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 bis 3 zurückzuführen ist. Auch hierdurch soll der Schutz des Ausgleichsberechtigten vor illoyalen Vermögensminderungen verstärkt werden (vgl. BT-Drucks. 16/10798 S. 17 f.).
bb) (…)
cc) Bereits unter der Geltung des früheren Zugewinnausgleichsrechts traf den nicht beweisbelasteten Ausgleichsschuldner prozessual die Obliegenheit, eine schlüssig behauptete illoyale Vermögensminderung substantiiert zu bestreiten, weil die vorgetragenen Tatsachen seine eigenen Handlungen betreffen (Senatsurteil vom 23. April 1986 - IVb ZR 2/85 - NJW-RR 1986, 1325 , 1326; OLG Frankfurt FamRZ 2006, 416 ; OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 1858 , 1859). Das ist auch seit dem Inkrafttreten des neuen Zugewinnausgleichsrechts nicht anders zu beurteilen (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 194, 245 = FamRZ 2012, 1785 Rn. 29 f.). Im Übrigen hat der Gesetzgeber diesen Gedanken mit der Einfügung von § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB ersichtlich aufgegriffen (so auch MünchKommBGB/Koch 6. Aufl. § 1375 Rn. 44).
c) Danach traf den Antragsgegner im vorliegenden Fall die Obliegenheit, substantiiert zu bestreiten, über das bei der Trennung unstreitig vorhandene Guthaben auf dem Geldmarktkonto illoyal verfügt zu haben. Denn die Antragstellerin hatte eine illoyale Vermögensminderung schlüssig behauptet, indem sie - wie sich aus ihrem vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Vortrag im Beschwerdeverfahren ergibt - geltend gemacht hat, dass der erhebliche Betrag in dem allein in Betracht kommenden Zeitraum zwischen der Trennung und der Zustellung des Scheidungsantrags nicht im Rahmen einer ordnungsgemäßen Lebensführung verbraucht worden sein kann. Damit hat die Antragstellerin den objektiven und subjektiven Tatbestand einer Handlung im Sinne von § 1375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB schlüssig dargelegt; eine Benachteiligungsabsicht ergibt sich bei den in Rede stehenden wirtschaftlichen Verhältnissen schon aus der Höhe des streitigen Betrags.
Dem Vorbringen ist der Antragsgegner nicht substantiiert entgegengetreten. Nachdem er noch in erster Instanz erklärt hatte, er habe das Guthaben abgehoben und das Geld zuhause verwahrt, dort habe es die Antragstellerin mit einem Nachschlüssel im Wesentlichen entwendet, hat er im Berufungsverfahren - vom Beschwerdegericht ebenfalls in Bezug genommen - behauptet, das Geld verbraucht zu haben. Einzelheiten hierzu hat er trotz des Bestreitens der Antragstellerin nicht dargetan. Das hat zur Folge, dass die behauptete Tatsache, nämlich die Verschwendung des Geldes, als zugestanden anzusehen ist (vgl. Senatsurteil vom 23. April 1986 - IVb ZR 2/85 - NJW-RR 1986, 1325 , 1326).
Danach hat das Beschwerdegericht den Betrag von 52.684,78 € gemäß § 1375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB zu Recht dem Endvermögen des Antragsgegners zugerechnet und auf dieser Grundlage über den Zugewinnausgleich entschieden.
Typische Lebensführung ist nicht illoyal
Der Tatbestand einer illoyalen Vermögensminderung ist nur dann schlüssig dargelegt, wenn der in Rede stehende Betrag nicht im Rahmen einer ordnungsgemäßen Lebensführung verbraucht worden sein kann.
BGH XII ZB 314/14, Beschluss vom 20.05.2015
In folgendem Fall hatte der Mann gegen seine Erwerbsobliegenheit verstoßen, indem er mit 55 Jahren einen Aufhebungsvertrag unterschrieb, sich keine neue Stelle suchte und von der Abfindung zehrte:
Das war "kein Problem", denn die Frau hatte gar keinen Unterhaltsanspruch geltend gemacht - teilen musste er beim Zugewinn nur, was am Stichtag noch übrig war. Die verbrauchten 63.000 € wurden ihm nicht als illoyal zugerechnet.
Grundsätzlich ist bei Abfindungen stets zu beachten, dass diese nicht doppelt verwerten werden, nämlich für den Unterhalt und als Zugewinnausgleich, sog. Doppelverwertungsverbot.
OLG Saarbrücken, Beschluss vom 11.01.2022 - Aktenzeichen 6 UF 91/21