Viele Ehegatten haben nach der Trennung den Wunsch, eine friedliche Lösung zu finden. Sie befürchten, dass die beiderseitige anwaltliche Beratung oder Vertretung einen Konflikt erzeugt oder aufputscht. Eine Lösung sehen sie im gemeinsamen Anwaltsbesuch.
Dem liegen jedoch Mißverständnisse zugrunde. Viele Mandanten denken, der Anwalt könnte nach Abwägung der beiderseitigen Argumente den einen richtigen Rechtsrat geben. Wenn er das täte, wäre er aber nicht Anwalt, sondern Entscheider, also Schiedsrichter. Das widerspricht dem Berufsbild des Anwaltes. Anwälte sind Parteivertreter.
Ihre Aufgabe besteht darin, den Mandanten so zu beraten, dass er das für sich wirtschaftlich günstigste Ergebnis erzielen könnte. Ob der Mandant das dann durchsetzen möchte oder ob er Argumente seines Gegners vorwegnimmt, berücksichtigt und ihm entgegenkommt, entscheidet der Mandant, nicht der Anwalt.
Weil das so ist, ist eine gemeinsame Beratung von Ehegatten in einer Interessenkollision nicht nur unbrauchbar, sondern aus gutem Grund verboten.
Ein Anwalt, der das nicht genau nimmt, macht sich des Parteiverrats strafbar und riskiert seine Zulassung.
Bitte erscheinen Sie also zur Erstberatung bei mir nicht unabgesprochen zu zweit.
Nach der Erstberatung können wir gern den anderen Partner einbeziehen und ein Gespräch führen. Es muss dem Anderen aber klar sein, wessen "Lied ich singe".
Vielleicht passen Ihre Vorstellungen von unserer Zusammenarbeit auch besser in eine
Mediation ?
Wenn Sie auf dieser Seite landen, weil ich Ihren getrennt lebenden Ehemann, Ihre Ehefrau oder sonstigen Konfliktpartner vertrete, lade ich Sie ein, sich hier zu informieren und sich von Anfang an Gedanken darüber zu machen, welche Konfliktlösungsmethode Sie wählen. Sie haben darauf Einfluss.
Wenn Sie für sich ebenfalls einen Fachanwalt für Familienrecht wählen, der zugleich Ausbildungen in Mediation und/oder in Cooperativer Praxis (CP) hat, dann erleichtert das vielleicht den Weg zu einer außergerichtlichen Einigung.
Suchen Eheleute gemeinsam einen Rechtsanwalt auf, um sich in ihrer Scheidungsangelegenheit beraten zu lassen, kann das zu Komplikationen führen, sobald zwischen den Ehegatten eine Interessenkollision sichtbar wird. In Scheidungsverfahren kommt es häufig vor, dass sich die scheidungswilligen Eheleute in der Annahme völligen Interessengleichklangs und der Absicht, die Kosten für einen zweiten Anwalt zu sparen, gemeinsam durch einen Anwalt beraten lassen.
Wenn jedoch die gemeinsame Beratung der Eheleute nicht zu der beabsichtigten Scheidungsfolgenvereinbarung führt und es trotz anfänglicher Übereinstimmungen während der anwaltlichen Beratung zu einem Interessenwiderstreit kommt, darf der Rechtsanwalt für keinen der beiden Ehepartner mehr tätig werden.
Der BGH hatte folgenden Fall zu entscheiden:
Beide kamen zum Erstgespräch, an beide schickte die Anwältin wunschgemäß ein Protokoll über die Inhalte der Beratung. Über manche Fragen waren die Eheleute nicht einig. Später mandatierte die Ehefrau einen anderen RA. Nachdem die Rechtsanwältin zunächst weiterhin für den Ehemann tätig geworden war, kündigte dieser ebenso das Mandat.
Wenn widerstreitende Interessen der Eheleute unüberwindbar werden, muss der Anwalt also das Mandat gegenüber beiden Eheleuten niederlegen - mit der Folge, dass beide Eheleute neue Anwälte beauftragen müssen, so dass ihnen Kosten nicht nur für einen, sondern für drei Anwälte entstehen.
Darauf muss der Rechtsanwalt hinweisen. Weiter hätte die Anwältin die Eheleute darüber belehren müssen, dass sie möglicherweise auch dann, wenn die Eheleute eine Scheidungsfolgenvereinbarung treffen, keinen der Eheleute im Scheidungsverfahren vertreten kann. Dies mit der Folge, dass die Eheleute danach auch im Fall der einvernehmlichen Scheidung die Kosten für zwei Anwälte tragen müssen, weil diese Frage richterlich noch nicht geklärt ist.
Scheidungswillige Eheleute denken oft nicht daran, dass ihre Interessen gegenläufig sein können, weil ihnen die gegenseitigen Rechte unbekannt sind. Sie vertrauen darauf, dass der sie gemeinsam beratende Rechtsanwalt das Beste für sie herausholt, ohne sich klar zu machen, dass dieser in einer gemeinsamen Beratung bei gegenläufigen Interessen dazu nicht in der Lage sein wird, weil das Beste für den einen das Schlechteste für den Anderen ist, jedenfalls beim Verteilen von Ressourcen wie Geld.
Zudem ist ihnen die Gefahr unbekannt, dass der Anwalt, der sie gemeinsam berät, unter Umständen das Mandat gegenüber beiden niederlegen muss, und dass auf sie zusätzliche Anwaltskosten zukommen können.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.09.2013 - IX ZR 322/12
Dass der BGH es sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich nicht auf die leichte Schulter nimmt, wenn ein Anwalt zwei Parteien vertritt, die später einen Interessengegensatz haben könnten, liest man im
Anwaltsblatt 2019.
Die Anwältin hatte zunächst den Ehemann im Scheidungsverfahren gegen seine Ehefrau vertreten, dabei ging es auch um Zugewinn.
Sie nahm dann auch noch den Sohn der Eheleute als Mandanten an, der Volljährigenunterhalt begehrte, und verklagte die Mutter.
Als die Rechtsanwaltskammer hiervon erfuhr, erteilte sie der Anwältin unter Berufung auf § 43 a IV BRAO einen belehrenden Hinweis, dass die Anwältin hier widerstreitende Interessen vertrete (Interessenkollision). Die Sache kam bis zum BGH, so dass der BGH Gelegenheit zu grundsätzlichen Ausführungen zur Interessenkollision in Familiensachen hatte:
„Im rechtlichen Ausgangspunkt stehen die Interessen eines unterhaltsberechtigten volljährigen Kindes im Widerspruch zu denjenigen seiner Eltern, die beide Unterhalt schulden und gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen haften. Ein Rechtsanwalt darf deshalb nicht zugleich die unterhaltspflichtigen Eltern bei der Abwehr des Anspruchs und das unterhaltsberechtigte Kind bei dessen Durchsetzung vertreten. (…) Ein Anwalt, der ein volljähriges Kind bei der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen berät, muss darauf hinweisen, dass sich der Anspruch gegen beide Elternteile richtet. Vertritt der Anwalt bereits einen Elternteil im Rahmen einer unterhalts- oder ehegüterrechtlichen Auseinandersetzung, ist schon dieser Hinweis geeignet, dessen Interessen zu beeinträchtigen. Wenn und soweit sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs des volljährigen Kindes nach den zusammengerechneten Einkommen beider Eltern richtet, kann das Interesse des Kindes überdies darauf gerichtet sein, ein möglichst hohes Einkommen auch desjenigen Elternteils nachzuweisen, dessen Vertretung der Anwalt bereits übernommen hatte und dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse dieser daher kennt. Auch dies schließt eine gemeinsame Vertretung eines Elternteils und des volljährigen Kindes im Rahmen des Kindesunterhalts grundsätzlich aus.“
Im BGH-Fall lag trotzdem – ganz ausnahmsweise – kein Verstoß gegen die BRAO vor. Die Besonderheit hier war, dass der Vater bis dahin allein für den Unterhalt seines Sohnes aufkam und bereit war, dies unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits weiterhin zu tun.
BGH Urteil vom 23.04.2012 - AnwZ(Brfg) 35/11
Dennoch ist keinem Anwalt zu empfehlen, solche doppelten Mandate anzunehmen. Es ist jedenfalls "unsauber". Ich bringe mich aus Prinzip nicht in solche Situationen.